1660 - Johann Jacob Saar
In Kapstadt
Den ersten März [1660] sind wir mit Gottes Hilfe am Kap angekommen, mit drei Kranken, aber ohne Tote auf unserem Schiff, und haben die Pferde gleich an Land bringen lassen; den anderen Tag wurden alle unsere Wasserfässer nach oben auf dem Schiff gebracht, von Ober- und Unterbüttner wohl versehen, und täglich wieder mit frischem Wasser angefüllt; wir bekamen auch alle Tage Ochsen- und Schaffleisch und andere Erfrischung: dabei aber wurde auf allen Schiffen verboten, auch Plakate angeschlagen, von den Heiden nichts zu kaufen als etwa Straußeneier oder Fische: aber von großen Tieren, Kühen, Ochsen, Schafen, nichts; wie auch keine Rhinozeros-Hörner, keine Elefanten-Zähne, unter Verlust aller Gage oder Besoldung.
Diese Heiden werden genannt Hottentotten, fast Unmenschen, von Statur nicht groß, sehr dürr und mager; sie führen eine unannehmliche Sprache, wie wenn Sie gluckten wie die indianische Hähne; sonst sind sie nackend, außer dass sie um Ihren Leib ein Mäntelein von groben Schaffell tragen, und ein Trumm von Pelz davor, die Natur zu verhüllen. Wenn man ans Land kommt, kommen Sie gelaufen und schreien Brocqua in ihrer Sprache; das ist Brot, und so sie das erlangen, so treten Sie mit den Füssen drauf, heben ihr Schaffell auf, sich besehen zu lassen, wie Sie beschaffen sind, weil ihnen in Ihrer Kindheit der linke Testikel ausgenommen wird. Ihr Zierrat ist, dass Sie Ihre bloßen Leiber mit allerlei Fett schmieren; daher Sie dann gewaltig übel riechen, und das Gedärme von den Schafen brauchen Sie, Ihre Füße mit zu umwinden, und wenn Sie ein Schaf schlachten, so nehmen Sie einen Teil des Gedärms, reinigen es von inliegenden Unflat nur ein wenig, weil sie es nur durch die Finger ziehen; denn legen Sie es aufs Feuer, und wenn es eine kleine Weile darauf gelegen, nehmen sie es wieder ab, und verzehren es; das ist mit einem rechten Grauen zu sehen.
Man kann nicht wissen, was Ihre Religion sei: aber früh, wenn es Tag will werden, so kommen Sie zusammen und halten einander bei den Händen und tanzen und schreien in ihrer Sprache gegen den Himmel hinauf, daraus muss man annehmen, dass sie doch von Gott einige Wissenschaft haben müssen, wie sie dann einmal selbst gesagt haben, als man sie nach ihrem Glauben fragte: Sie glauben an den, der alles erschaffen habe, Himmel, Erde, Meer, und alles, was auf Erden sei.
Sonst können Sie mächtig laufen; eben deswegen sind Pferde von Batavia dahin gebracht worden, eine Kompanie Reiter zu formieren aus unserer Soldateska, die da am Kap liegt, weil ihnen, den Heiden, durchaus nicht zu trauen ist; sintemal Sie allerlei Schelmenstücke anzurichten wissen. Anno 1652 haben die Holländer erst eine Fortresse dahin gebaut, bei welcher die englischen Schiffe, so daselbst anlanden, ihren Ankergrund geben müssen, als einen Zoll.
Es sind allerlei Tiere auf der Insel, sonderlich Löwen, derer zwei Häute in unseres Gouverneurs Hause hangen: davon einer von einem Heiden mit einem Pfeil erschossen, der andere im Wald von einem wilden Schwein erwürgt worden ist, das sich gegen ihn gewehrt hat. Diese Schweine nennt man Eisenschwein [Stachelschwein], und sie haben auf ihrem Rücken einen Schuh lange, schwarze und weiße, aber mächtig harte Federn, dass man ein Loch mit in ein Tuch machen kann oder in Holz oder Zeug; wie denn die Schneider selbige anstatt eines Pfriemes gebrauchen. Als nun gedachter Löwe sich an das Schwein machte, dieses aber sich gegen ihn wehrte und mit seiner Feder ihn in die linke Brust stieß, nahe ans Herz, musste er sich zu Tode bluten, dass man beide tot beisammen fand; wie man ihn dann zum Wahrzeichen, samt der Feder, noch sehen kann.
Es gibt dort auch viele Elefanten, viele Strauße, von deren Eiern ich viele Male gegessen habe, und einmal habe ich probiert, wie viel Hühnereier in ein solches Straußenei gehen, und habe befunden, dass es sechsunddreißig in sich begriff. In Holland hängen es die Barbiere in ihre Stuben und haben gemeiniglich ihre Baumwolle darinnen. Ich hab derer zwei gehabt, und für das eine auf Batavia einen halben Reichstaler auszuschneiden gegeben, und als ich es einmal aus meiner Kisten auslegte, sprang meine Meerkatze, die ich auch hatte, und viel Kunst konnte, und für die mir in India noch sechs Reichstaler geboten worden waren, die ich aber mit nach Haus zu bringen gedachte; Diese, spreche ich, sprang auf die Kiste, und warf’s herab, dass es in Stücke sprang, worüber ich so entrüstet war, dass ich Sie dick abprügelte. Sie wurde mir aber krank, und bald darauf starb sie, dass ich also zu doppeltem Schaden kam.
Den zwölften März haben alle Schiff ihr Wasser schon gehabt, und fuhr das Volk noch alle Tag zur Hälfte ans Land, auf zwei, drei, Tage da zu bleiben, und bei den Bauern, die aus Holland dahin kommen sind, mit ihren Weibern und Kindern, sonderlich Fisch zu kaufen. Die Ost-Indianische Compagnia hat es geschafft, das Land zu bebauen und anzusäen, und es sind an die dreißig, die da Ihr Hauswesen haben, eine halbe Meile von dem Forteresse: aber weiter dürfen sie sich, der Heiden wegen, der Hottentotten, nicht wagen. Aber es ist so bei der Compagnia verordnet, dass Sie zehn Jahre in India zubringen müssen ehe sie wieder heim dürfen; dergleichen auch einer tun muss, der sein Weib mitnehmen will, dagegen ist eine ledige Person nur auf fünf Jahre versprochen, das sind die Soldaten; die Boots-Gesellen drei Jahre, die Reise hin und wieder aber nicht mitgerechnet.
Den 15. März kam Ordre, dass alles, was zu Land war und die Passage nach Haus nehmen wollte, sich auf die Schiffe verfügen sollte, worauf wir unsere Rahen und Stengen strichen, wegen des allzeit zu Mittag harten Winds, der zur See und vom Land kommt, nur auf ein Stunde lang, und von zwei hohen Bergen auf dem Kap, deren einer, der größte, den man wegen der Wolken, mit welchen er stets bedeckt ist, nicht recht sehen kann, der Tafelberg heißt, recht geformt wie eine Tafel, doch länger als breit, und so gewaltigen Wind gibt, dass man nicht anders meinen sollte, es müsse Schiff und alles über und über gehen; weswegen es auch mit drei Ankern gehalten werden muss. Der andere Berg wird genannt der Löwenberg, unter jenem liegend, zur rechten Hand, wenn man an den Hafen will, allerdings geformt wie ein Löwe.
Wir bekamen wohl Lust, auf den Tafelberg eine Reise zu tun; es wollte aber die Zeit nicht leiden.
Den 16. Dito ging alles vom Land zu Schiff, und es wurde wieder angefangen, Stengen und Rahen aufzuwinden, und die Wände wurden fest eingesetzt, die Wasserfässer und was vonnöten war, herbei gebracht, Schafe, und auf jedes Schiff vier Kühe verschafft.
Den 17. und 18. musste alles arbeiten helfen, das Schiff in seine rechte Form zu bringen, von unten bis oben gesäubert; den folgenden 19. wurden die Segel angeschlagen, und noch selbigen Tag das Scheid-Mahl gehalten. Am Abend kamen unser Admiral und Vice-Admiral, Schiffer und Kaufleute, und es wurde befohlen, unsere Anker bis auf einen zu winden, den 20. im Namen Gottes zu passieren. Darauf ging es unter Segel.
Saar, Johann Jacob
Reisen nach Java, Banda, Ceylon und Persien 1644-1660
Neuausgabe Haag 1930