Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1497 - João de Barros
Vasco da Gama in der Bucht Sankt Helena
Südafrika

Das erste Land, wo Vasco da Gama vor seiner Ankunft am Vorgebirge der Guten Hoffnung anlegte, war die Bay, die wir jetzt St. Helena nennen, fünf Monate nachdem er Lissabon verlassen hatte; hier stieg er an Land, um Wasser einzunehmen und die Sonnenhöhe zu bestimmen.
    Wie nun Vasco da Gama mit den Steuerleuten beschäftigt war, die Sonnenhöhe auf diese Weise aufzunehmen, wurde ihm berichtet, man sehe hinter einem Hügel zwei Neger gebückt umhergehen, als ob sie Kräuter sammelten, und da er hauptsächlich wünschte, jemand zu finden, der ihm über das Land Bescheid geben könnte, befahl er sehr erfreut, die Neger auf einem Umweg leise zu umzingeln und zu ergreifen. Diese aber, wie sie gebückt umhergingen und sich beschäftigten, unter dem Gebüsch mit einem Feuerbrande in der Hand Honig zu sammeln, merkten die Leute, welche sie umzingelten, nicht eher, als bis diese sie anpackten, und es wurde einer von ihnen gefangen. Vasco da Gama aber hatte keinen Dolmetscher, der ihn verstanden hätte, und da der von dieser Neuigkeit eingeschüchtert, und erschreckt, auf die Zeichen, welche die Natur allen Menschen gemeinsam gemacht, nicht merkte, liess er zwei Schiffsjungen kommen, von denen der eine ein Neger war, und die sich zum Essen und Trinken neben ihn setzten, während er sich, ihn zu ermutigen, von ihm entfernte. Dies schlug sehr gut an, weil ihn die Schiffsjungen zum Essen einluden, der Art, dass er, als Vasco da Gama zu ihm zurückkehrte, bereits ohne Furcht war, und nach einigen Hügeln deutend, die etwa zwei Meilen von da entfernt sein mochten, durch Zeichen zu verstehen gab, dass am Fuße derselben das Dorf seiner Landsleute liege. Darauf befahl Vasco da Gama, da er keinen besseren Kundschafter aussenden konnte, um die andern zu rufen, ihn mit einigen Kleinigkeiten, kleinen Schellen und Glaskorallen und einer Mütze freizulassen, wobei er ihm zu verstehen gab, er möchte hingehen und mit seinen Gefährten zurückkehren, damit er ihnen ähnliche Geschenke gebe. Dieses tat er sogleich und brachte noch denselben Nachmittag zehn oder zwölf mit, die da holen wollten, was er erhalten, und was man ihnen auch schenkte; und so viel Proben von Gold, Silber und Gewürz man ihnen zeigte, schienen sie keines davon zu kennen.
    Am andern Tage kamen mit diesen schon mehr als vierzig, und diese taten so vertraut, dass ein Soldat namens Fernão Veloso Vasco da Gama bat, er möchte ihn mit ihnen nach ihrem Dorfe gehen lassen, damit er über das Land etwas mehr Kunde einziehen könnte, als sie gaben, was ihm Vasco da Gama aber erst auf die Bitte seines Bruders, Paulo da Gama, gestattete.

Nachdem sich Fernão Veloso mit den Negern entfernt und Vasco da Gama sich auf sein Schiff zurückgezogen hatte, blieb Nicolao Coelho auf dem Lande zurück, um die Leute zu beaufsichtigen, während die einen Holz sammelten und die andern Seekrebse, deren es dort viele gab, auflasen. Paulo da Gama, der nicht müßig gehen wollte und zwischen einem Zuge kleiner Fische einige junge Walfische herumschwimmen sah, ließ zwei Boote zusammenbinden, um sie mit Wurfpfeil und Harpune anzupacken. eine Unterhaltung, die ihn jedoch fast das Leben gekostet hätte: denn die Matrosen des Bootes, worauf er fuhr, hatten zwei Taue der Harpunen, die sie warfen, an den Pfosten des Bootes, die festgekeilt waren, befestigt, und da sie nun einen Walfisch trafen, wehrte er sich in wütendem Schmerze dergestalt. dass das Boot hätte umschlagen müssen, wenn nicht das Tau lang und das Meer seicht gewesen wäre, so dass er auf das Trockne geriet, ohne weiter schwimmen zu können, und ihnen frisches Fleisch gab. Und da schon der Abend herannahte und alle nach dem Schiff zurückkehren wollten, sahen sie Fernão Veloso sehr eilig einen Hügel herablaufen, und weil Vasco da Gama, der sich nach seiner Rückkehr umschaute, ihn so eilig kommen sah, ließ er dem Boote des Nicolao Coelho, das vom Lande abstieß, zurufen, sie sollten umkehren, ihn aufzunehmen; die Bootsleute aber zögerten, da sie Fernão Veloso mit so eiligen Schritten dem Strande zulaufen sahen, absichtlich, ihn aufzunehmen, weil er nie aufhörte, mit seinen Heldentaten zu prahlen. Dieser Aufenthalt brachte die Neger, welche die Landung der Unsrigen im Versteck erwarteten, auf die Vermutung, derselbe Fernão Veloso habe irgendein Zeichen gegeben, dass sie nicht an's Land gehen sollten. Und da er nun in das Boot springen wollte, packten ihn zwei Neger an, um ihn zurückzuhalten, eine Kühnheit, die sie mit blutigen Köpfen büssten, und worauf die Übrigen herbeikamen; und sie schleuderten und schossen so viele Steine und Pfeile nach dem Boot, dass Vasco da Gama, als er herbeieilte, um sie zu beruhigen, durch einen Pfeil am Schenkel verwundet wurde; und auch Gonzalo Alvarez, der Schiffmeister des St. Gabriel, und zwei Matrosen erhielten jeder ihre Wunde. Als nun Vasco da Gama sah, dass bei ihnen kein Frieden zu stiften sei, ließ er nach den Schiffen zurückrudern, und zum Abschied wendeten einige Armbrustschützen von den Unsern noch ihr Geschoss gegen sie, damit sie nicht ohne Strafe blieben; und zwei Tage darauf ging Vasco da Gamma mit günstigem Winde unter Segel, ohne dass er, wie er gewünscht, Erkundungen über das Land eingezogen hätte, weil Fernão Veloso nichts erfahren, was er hätte erzählen können als nur die Gefahr, die er, wie er sagte, unter den Negern bestanden; diese hatten ihn, sowie sie sich vom Strand entfernt hatten, zum Umkehren gezwungen, als ob sie ihn zum Anlocken hätten brauchen wollen, um, wenn man ihn an Bord nehmen wollte, eine Tücke der Art, wie sie gezeigt, auszuüben.

Feust, E. (Hg.)
Die Asia des João de Barros
Nürnberg 1844

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