Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1817 - Thomas Edward Bowdich
Beim König der Ashanti - Einzug in Kumasi

Um zwei Uhr hielten wir in Kumasi unter einem Fetisch oder Opfer eines totes Schafes, das in rote Seide gehüllt und zwischen zwei hohen Stangen aufgehängt war, unseren Einzug. Über 5.000 Menschen, größtenteils Krieger, kamen uns mit einer fürchterlichen kriegerischen Musik, die durch ihr Gemisch noch misstönender wurde, entgegen; denn Hörner, Trommeln, Klappern und Gong-gons wurde alle mit einem Eifer in Bewegung gesetzt, der an Raserei grenzte, um so durch den ersten Eindruck auf uns zu wirken. Der Rauch, der uns von dem unaufhörlichen Abschießen der Musketen umgab, beschränkte unsere Sicht auf die nächsten Gegenstände; und wir mussten Halt machen, während die Hauptleute in einem von ihren Kriegern gebildeten Kreise ihren phyrrhischen Tanz ausführten, eine Menge englischer, holländischer und dänischer Flaggen wurden nach allen Richtungen hin geschwenkt, indem ihre Träger von einer Seite zur anderen sprangen und sich mit einem leidenschaftlichen Enthusiasmus bewegten, der nur von dem der Hauptleute, welche ihnen folgten, übertroffen wurde, die ihre glänzenden Flinten so nahe daran abschossen, dass die Flaggen oft im Feuer zu stehen schienen; und sah man sie selbst aus dem Rauch wieder, so glichen sie an Gebärden und Verrenkungen Wahnsinnigen. Ihr Gefolge steht rings um uns her um ebenfalls zu feuern. Die Kleidung der Hauptleute war ein Kriegshut mit vergoldeten, vor herausstehenden Widderhörnern, auf dem sich nach beiden Seiten außer allem Verhältnis ein ungeheurer Busch von Adlerfedern ausbreitete, und der unter dem Kinn mit Kauribändern befestigt war. Die Weste war von rotem Zeug mit Fetischen und Saphies (Stückchen Papier mit maurischen Schriftzügen als Amulett) in Gold und Silber bedeckt; und gestickte Futterale beinahe aus allen Farben, die ihnen, wenn sie sich bewegten, an den Leib schlugen, und die mit kleinen ehernen Schellen, Hörnern und Schwänzen von Tieren, Muschelschalen und Messern abwechselten; lange Leopardenschwänze hingen vom Rücken herab, befestigt an einem kleinen, mit Fetischen bedeckten Bogen. Sie trugen leichte baumwollene Matrosenbeinkleider mit ungeheuren Stiefeln von grobem roten Leder, die bis auf den halben Schenkel hinauf reichten und durch kleine Ketten an ihrem Leibgurt befestigt waren. Auch diesen hatte man mit Schellen, Pferdeschwänzen, Amuletten und unzähligen Stückchen Leder ausgeputzt. Ein kleiner Köcher vergifteter Pfeile hing von ihrem Handgelenk herab, und zwischen den Zähnen hielten sie eine lange eiserne Kette, an deren Ende ein Stück Papier mit maurischen Schriftzeichen befestigt war. In der linken Hand trugen sie einen kleinen, mit rotem Zeug überzogenen Speer, woran einige seidene Troddeln befestigt waren. Die schwarze Farbe erhöhte noch die Wirkung dieses Putzes und vollendete den Eindruck, die Gestalt nicht für menschlich zu halten.
Diese Vorstellung dauerte ungefähr eine halbe Stunde, ehe uns gestattet wurde, von Kriegern umgeben weiter zu gehen; deren Zahl machte bei der Menge des Volkes unsere Bewegung so langsam, als hätte sich dies in Cheapside (einer der volkreichsten und gedrängtesten Straßen Londons) zugetragen. Die verschiedenen rechts abgehenden Straßen waren voll gedrängt von Menschen, und da die zur Linken an einer Anhöhe hinliefen, so erhoben sich unzählige Reihen Köpfe übereinander. Die breiten offenen Hallen der Häuser waren wie die vorderen Seiten der Schaubühnen bei kleinen Theatern mit Frauen und Kindern der besseren Art angefüllt, alle voller Ungeduld, zum ersten Mal weiße Männer zu sehen. Ihre Ausrufe verhallten bei dem Schießen und der Musik, aber ihre Gebärden trugen das Gepräge der ganzen Szene.  
   Als wir ungefähr eine halbe Meile von dem Orte, wo wir die Stadt betreten hatten, den Palast erreichten, machten wir wieder Halt, und durch eine offene Reihe gingen die Träger,  um Geschenke und Gepäck in dem uns angewiesenen Haus niederzulegen. Hier erfreute uns die Betrachtung einiger Caboceers [lokaler Fürsten, Statthalter], die mit ihrem Gefolge vorbeizogen, und die Pracht dieses für uns neuen Schauspiels setzte uns in Erstaunen. Musiker mit Hörnern und Flöten, geübt, zusammen zu blasen, schienen durch ihre wilden Melodien unser Gehör ergötzen zu wollen; während sehr große Sonnenschirme, die durch die Träger auf- und zugezogen wurden, und große, um uns her sich bewegende Fächer bei der brennenden Sonnenhitze, bei Wolken von Staub und einer beinahe erstickenden Luft uns Kühlung zufächelten. Mit demselben Leichenschritt wurden wir dann noch eine Straße hinaufgequetscht zu einem nach vorn zu offenen Haus, wo ein Bote des Königs uns bat, eine fernere Einladung des Königs abzuwarten. Hier wurde unsere Aufmerksamkeit über das Erstaunen der Menge zu einem höchst unmenschlichen Schauspiel hingelenkt, das einige Minuten lang im Prunk an uns vorüber geführt wurde. Es war ein Mann, den sie, noch ehe sie ihn opferten, peinigten. Seine Hände waren auf den Rücken gebunden, durch seine Wange hatte man ein Messer gesteckt, woran seine Lippen in Gestalt einer Acht befestigt waren; ein Ohr war abgeschnitten und wurde vor ihm hergetragen, während das andere nur noch an einem kleinen Stück Haut am Kopf hing. Mehrere Wunden hatte er in seinem Rücken, und unter jedem Schulterblatt steckte ein Messer. An einem durch seine Nase gezogenen Strick wurde er von Männern, die sich durch sehr große Mützen von zottigen schwarzen Häuten verunstaltet hatten, unter Trommelschall fortgeführt. Leicht kann man sich das Gefühl denken, das diese grässliche Barbarei in uns erregte. Bald befreite uns jedoch die Erlaubnis, zum König zu kommen, von diesem schrecklichen Schauspiel, und wir kamen durch eine sehr breite und ungefähr eine Viertelmeile betragende Straße auf dem Marktplatz an.
   Unsere im Vorbeigehen gemachten Beobachtungen ließen uns ein Schauspiel ahnen, was unsere Erwartungen übertreffen würde; aber sie hatten uns keineswegs auf die Entwicklung einer Szene vorbereitet, die sich nun vor unseren Augen entfaltete. Eine fast eine Meile große Ebene war von nie gesehener Pracht vollgedrängt. Der König, seine Vasallen und Hauptleute strahlten aus der Ferne, umgeben von Begleitern jeder Art, und vor ihnen eine Masse von Kriegern, die ihn für uns unzugänglich zu machen schien. Die Sonne strahlte mit einem Glanz, der ebenso wenig wie die Hitze zu ertragen war, von den massiv goldenen Zierraten zurück, die uns allenthalben entgegenglänzten. Mehr als hundert Musikantentrupps ließen auf einmal bei unserer Ankunft die Lieblingsstücke ihrer Hauptleute ertönen; Hörner schmetterten, Trommeln wirbelten, metallene Instrumente ertönten, und dann schwiegen sie eine Zeitlang vor den sanften Tönen ihrer langen Flöten, deren Ton in der Tat sehr harmonisch war, und ein angenehmes Instrument, gleich einem Dudelsack oder einer Pfeife, begleitete sie. Wenigstens hundert sehr große Sonnenschirme oder Thronhimmel, die wohl dreißig Personen schützen konnten, wurden nicht ohne Wirkung von den Trägern auf und nieder gezogen. Sie waren aus scharlachroten, gelben und den hellsten seidenen Zeugen verfertigt und auf der Spitze mit Halbmonden, Pelikanen, Elefanten, Fässern Waffen und Schwertern von Gold noch besonders verziert, auch waren sie von verschiedener Gestalt, meist aber gewölbt; und die herunter hängenden Zierrate (in einigen waren auch kleine Spiegel) schlangenförmig und auf eine phantastische Weise aufgeschnitten und gezackt. Aus einigen ragten nach außen Rüssel und kleine Elefantenzähne, einige waren mit Leopardenhäuten überzogen und mit natürlichen, ausgestopften Tieren besetzt. Die Staats-Tragesessel waren gleich langen Wiegen hinten höher, und die Stangen lagen auf den Häuptern der Träger; Sitz- und Kopfkissen waren mit karmesinrotem Taffet bezogen, und die reichsten Stoffe hingen an den Seiten herab. Unzählige kleine Sonnenschirme aus verschiedenen farbigen Streifen drängten sich dazwischen, während verschiedene große Bäume durch den Kontrast den Glanz noch vermehrten. „Discolor unde auri per ramos aura refulsit [Wo durch Grün abstechend der goldene Schimmer hervorblinkt].“
   Des Königs Boten mit goldenen Brustplatten machten uns Platz, und wir begannen, während Bambusrohre und englische Flaggen vor uns hergetragen wurden, unsere Runde. Bei jedem Caboceer standen wir still, um ihm die Hand zu reichen, was , da ihr Gefolge einigen Raum vor ihnen einnahm, uns lange genug aufhielt, um einige Zierrate aus dem allgemeinen Glanz und Prunkschimmer besonders nahe zu betrachten.
   Die Caboceers wie ihre vornehmsten Offiziere und Diener tragen Ashanti-Kleider von fremder kostbarer Seide aus allen möglichen Farben und Mustern; sie waren unglaublich groß und schwer und wurden so wie eine römische Toga über die Schulter geworfen getragen; ihre Schläfen umgab ein kleines seidenes Netz, und an kunstvoll gearbeiteten Halsbändern von massivem Gold hingen teuer erkaufte maurische Zaubersprüche in kleinen viereckigen Gehäusen aus Gold, Silber und seltsamer Stickerei. Einige trugen auch Halsbänder aus Agris-Steinen, die bis zur Mitte des Körpers  herab reichten. Ein Bund von Gold und Perlen umgab das Knie. Von dem einige ähnliche Schnüre  herabhingen. Kleine goldene Reife, woran Goldmünzen, Ringe und Tiergestalten hingen, lagen fest um die Knöchel. Ihre Sandalen waren aus rotem, grünem und weißem Leder, Armbänder und unbearbeitete Stücke Gold, die so schwer waren, dass sie die Hand auf einen Knaben, der sich gewöhnlich durch Schönheit auszeichnete, stützen mussten, hingen von ihrem linken Armgelenk herab. Goldene und silberne Rohre und Bambusstäbe blendeten das Auge von allen Seiten. Wolfs- und Widderköpfe, dem Leben nachgebildet, aus Gold gegossen, hingen von den aus Gold gearbeiteten Griffen der Schwerter herab, die in großer Menge rings um sie herum getragen wurden; die Klingen hatten die Gestalt von runden Sicheln und waren durch Blut verrostet, die Scheiden waren von Leopardenhäuten oder der Haut eines Fisches, die wie Chagrin [Pferde- oder Eselsleder] aussah. Die großen Trommeln, die ein Mann auf dem Kopf trug und zwei andere schlugen, waren mit den Schenkelknochen ihrer Feinde umgeben und mit ihren Schädeln geschmückt. Auf den auf dem Boden stehenden und mit Leopardenhaut bezogenen Pauken kratzte man mit nassen Fingern. Die Handgelenke der Tambours waren mit Schellen und geformten Stücken Eisen behangen, die laut klingelten, während sie schlugen. Kleinere Trommeln hingen an Streifen roten Stoffes vom Hals herab, die Hörner (Zähne von jungen Elefanten) waren am Mundstück mit Gold und den Kinnladen menschlicher Schlachtopfer ausgeschmückt. Die Kriegsmützen von Adlerfedern ragten aus dem Hintergrund hervor, und große Fächer aus den Schwungfedern des Straußes bewegten sich um die Vornehmsten, während gleich hinter ihren Stühlen aus schwarzen Holz und mit eingelegter Arbeit aus Elfenbein und Gold in erhabener Arbeit ihre schönsten Jünglinge standen, mit breiten Gürteln aus Leopardenhaut, mit Muschelschalen bedeckt und voll kleiner Messer in goldenen und silbernen Scheiden, deren Griff aus blauem Achat waren. Patronentaschen aus Elefantenleder, auf gleiche Weise verziert, hingen auf die Erde herab; ein großes Schwert mit goldenem Griff, an der linken Schulter befestigt, und seidene Schärpen und Roßschweife, gewöhnlich von weißer Farbe, hingen von den Armen und Westen herab. Ihre langen dänischen Musketen waren in kleinen Zwischenräumen mit goldenen Reifen, und die Schäfte mit Muscheln verziert. Schön gewachsene Mädchen standen mit silbernen Becken hinter den Stühlen einiger Personen. Deren Tragsessel, auf die mühevollste Weise mit eingelegter Arbeit und zwei dran befestigten Schellen versehen, lagen, wie wir sehen konnten, auf den Köpfen ihrer Lieblinge, und Scharen kleiner Knaben saßen ringsum und schwenkten seltsam geschmückte Elefantenschweife. Die Krieger saßen auf dem Boden dabei und so dicht aneinander, dass wir nicht hindurch konnten, ohne auf ihre Füße zu treten, was ihnen jedoch völlig gleichgültig zu sein schien. Ihre Mützen waren aus Pangolin [Schuppentier] und Leopardenhaut, von denen die Schwänze hinten herabhingen. Als Patronentasche dienten kleine Kürbisse, die mit Leoparden- und Schweinshaut überzogen waren und die Gehänge waren mit roten Muscheln und kleinen ehernen Schellen dicht aneinander behangen. An Hüften und Schultern bemerkten wir eine Menge Messer, eiserne Ketten und Halsbänder zeichneten die Kühnsten aus, stolzer [waren sie] auf diesen Vorzug als auf Gold. Ihre Musketen hatten so wie die Schlösser einen Überzug aus Leopardenhaut. Die Seiten ihrer Gesichter waren mit langen Strichen von weißer Farbe auf seltsame Weise bemalt und ihre Arme gestreift, so dass es wie eine Rüstung aussah.
   Plötzlich wurden wir durch den Anblick von Mauren, die ganz anders gekleidet waren, überrascht, siebzehn an der Zahl, die alle vornehm zu sein schienen; denn sie hatten Mäntel von weißem Atlas, reich verziert mit Stickerei. Hemden und Beinkleider waren aus Seide  und ein sehr großer Turban aus weißem Musselin war mit einer Kante von verschiedenfarbigen Steinen besetzt. Ihre Begleiter trugen rote  Mützen und Turbane, und lange weiße Hemden hingen über ihre weiten Hosen herab, die der Gemeinen waren aus dunkelblauem Zeug. Langsam erhoben sie, als wir vorübergingen, ihre Augen vom Boden, und sahen höchst boshaft und hämisch auf uns.
   Das fortdauernde Blasen der Hörner, ein betäubendes Wirbeln der Trommeln und das vollere Konzert in den Zwischenräumen verkündeten, dass wir uns dem König näherten; schon gingen wir vor den Haupt-Offizieren seines Hofstaates vorüber. Der Kammerherr, der Goldhorn-Bläser, der Kapitän der Boten, der Befehlshaber der königlichen Hinrichtungen, der über Kauf und Verkauf gesetzte Kapitän, der Aufseher über den königlichen Begräbnisplatz, das Oberhaupt der Musiker saßen da, umgeben von einem Gefolge und einem Glanz, der von Würde und Wichtigkeit ihrer Ämter zeugte. Hinter dem Koch standen eine Menge kleiner Gerichte, die mit Leopardenfellen zugedeckt waren, und eine große Menge massives Silbergeschirr war vor ihm ausgestellt, Punschschüsseln, Schwenkkessel, Kaffeekannen, Deckelkrüge, und ein sehr großes Gefäß mit schweren Griffen und Klauenfüßen, das wahrscheinlich Weihrauch enthielt. Auf einem dieser Gefäße bemerkte ich eine portugiesische Inschrift, und überhaupt schienen mir alle von dieser Arbeit zu sein. Der Scharfrichter, ein Mann von ungeheurer Größe, trug ein massiv goldenes Beil auf der Brust; den Arme-Sünder-Stuhl trug man vor ihm her, mit geronnenem Blut und Fett gleichsam überdeckt. Des Königs vier Dolmetscher umgab eine Pracht, die alles schon Gesehene übertraf, und ihre besonderen Insignien, goldene Bambusstäbe, oben in Bündeln wie Fasces zusammengebunden, umgaben sie ringsum. Der Schatzmeister vermehrte die Pracht seines Anzuges noch durch die Auslegung seines ganzen Geschirrs: Schüsseln, Büchsen, Waagschalen und Gewichte, alle waren aus gediegenem Gold.
   Ein Verzug von einigen Minuten, während wir uns einzeln nahten, des Königs Hand anzufassen, erlaubte uns, ihn genau zu betrachten. Seine Haltung zog unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich. Angeborene Würde bei Fürsten, die wir so gern  Barbaren nennen, schien mir der Aufmerksamkeit doppelt wert. Seine Manieren waren seinem Stande angemessen, und doch zugleich herablassend. Ungeachtet dessen, das sein Erstaunen groß zu sein schien, verlor er doch auch nicht einen Augenblick die Haltung eines Monarchen. Er schien etwa achtunddreißig Jahre alt zu sein, zur Korpulenz neigend und von wohlwollendem Wesen. Um seine Schläfen trug er ein Stirnband aus roten Korallenkugeln, ein Halsband von goldenen Mispel-Schalen (cock-spur shells), die am breitesten Ende aufgereiht waren, und über seine rechte Schulter eine rote seidene Schnur, woran drei in Gold gefasste Saphies hingen. Seine Armbänder waren das reichste Gemisch von Korallen und Gold und seine Finger mit Ringen bedeckt. Sein Kleid war aus dunkelgrüner Seide. Ein ausgezacktes Diadem war zierlich mit weißer Farbe auf seine Stirn gemalt, so wie eine Art von Epauletten auf jeder Schulter, und ein anderer Zierrat gleich einer völlig aufgeblühten Rose, wo ein Blatt sich über das andere erhob, bedeckte ihm fast die ganze Brust. Kniebänder bestanden aus roten Korallen und seine Knöchelbänder aus einem goldenen Schmuck der feinsten Arbeit, woran kleine Trommeln, Becken, Stühle, Schwerter, Flinten und Vögel dicht aneinander hingen. Seine Sandalen waren aus weichem weißem Leder, hatten Querbänder von erhabener Arbeit, mit Saphies in kleinen goldenen und silbernen Einfassungen. Er saß auf einem niedrigen, reich mit Gold verzierten Stuhl, und hatte ein Paar goldene Kastagnetten an seinen Fingern und Daumen, durch deren Zusammenschlagen er Stillschweigen gebot. Die Gürtel der Wachen hinter seinem Stuhl waren mit Gold reich besetzt und mit Zierraten aus dem gleichen Metall, die menschlichen Kinnladen glichen, bedeckt. Die Elefantenschweife, die ihn wie eine kleine Wolke umwogten, funkelten von Gold, und große Federbüsche schwenkte man dazwischen. Sein Eunuch führte den Vorsitz über diese Dienerschaft und trug ein einziges Stück massiven Goldes um den Hals. Der königliche Thron, mit Gold fast bedeckt, stand unter einem glänzenden Schirm, von dem aus Gold in der Dicke eines Pergamentes verfertigte Trommeln, Becken, Hörner und verschiedene andere musikalische Instrumente hingen. Ebenso hingen große goldene Reife an scharlachrotem Tuch von den Staatsschwertern herab, deren Scheiden wie auch Griffe ebenso eingefasst waren; Beile, auf ähnliche Art verziert, hingen dazwischen. Die Brust der Oorahs und anderer vom Gefolge war mit großen Sternen, Stühlen, Halbmonden, und kapseln der Baumwollstaude, alles aus Gold, verziert.
   Wir setzten unseren Zug durch diesen blendenden Kreis fort, der bis zuletzt uns eine Mannigfaltigkeit darbot, die weit über alle Beschreibung und Erinnerung ging. So viel neuer, noch nie gesehener Glanz ließ uns das Beschwerliche der Hitze und des Gefolges, worin wir uns fast zerarbeiteten, vergessen. Dennoch waren wir fast erschöpft, als wir das Ende erreichten, und nun, statt in unsere Wohnung geführt zu werden, wie wir gewiss hofften, ersuchte man uns, unter einem Baum in einiger Entfernung zu sitzen, um die Höflichkeitsbezeigungen aller wieder zu empfangen.
   Die vielfachen Töne ihrer Musikchöre gaben unseren Ohren neue Kraft; den Schall der kriegerischen Instrumente unterbrach der kurze, aber sanfte Widerhall der Flöten; die bunten Thronhimmel schienen in der Ferne zu tanzen, und indem sie auf und nieder gezogen wurden, entfalteten sie in der Nähe ihre Pracht, Flaggen und Paniere dazwischen, und die Oberhäupter saßen zwischen Scharen von Musketieren hoch auf ihren Tragbahren. Sie stiegen ab, als sie bis auf ungefähr dreißig Schritte vor uns angekommen waren. Ihre vornehmsten Kapitäne gingen voran, mit goldenen Griffen an den Schwertern; eine Schar Soldaten folgte mit umgekehrten Waffen, dann ihre Musikchöre, und die, die die vergoldeten Bambusrohre, Pfeifen und Elefantenschweife trugen. Der Oberbefehlshaber, mit einer kleinen Wache unter einem Schirm, wurde von den Händen seiner Lieblingssklaven, die die Mitte des Leibes umfassten, fast ganz getragen, während Hauptleute ihm ganz nahe seine Kriegstaten und Beinamen ins Ohr schrieen, was hinter und vor ihm von Stentorstimmen wiederholt wurde; der größte Teil der Krieger machte den Nachtrab. Alle Hauptleute von zweitem Rang wurden auf den Schultern eines starken Sklaven getragen; einen anziehenden Anblick gewährten aber die noch unmündigen und jungen Caboceers, von denen viele nicht älter als fünf oder sechs Jahre waren, und überladen mit Schmuck auf dieselbe Weise unter einem Thronhimmel getragen wurden, umgeben von allem Pomp und Pracht ihrer Vorgänger. Unter andern sahen wir den Enkel des Cheboo, den der König großmütigerweise auf den Stuhl seines verräterischen Feindes gesetzt hatte. Eine Menge Fetischmänner oder Priester drehten sich im Vorübergehen mit erstaunlicher Geschwindigkeit im Kreis herum. Ihre Gebärden dabei waren so verschieden wie ihr Schmuck, einige tanzten mit unwiderstehlichen Gauklersprüngen vorüber, andere mit den Gebärden und der Haltung als forderten sie zum Kampf heraus. Ein ausgezeichneter Caboceer tanzte einige Minuten lang vor uns den Kriegstanz mit einem langen Speer, der bei jedem Sprung, den er tat, an uns vorüberstreifte. Die größere Menge jedoch ging in Ordnung und mit Würde vorüber, einige ließen eine Sandale, andere beide fallen, einige drehten sich auch, nachdem sie jedem von uns die Hand angefasst hatten, im Kreise herum. Die Dienerschaft anderer kniete vor ihnen und warf Staub auf ihre Häupter, und die Mauren beehrten uns dem Anschein nach mit einem Segen. Des Königs Boten, welche auch bei uns standen und deren langes Haar in Flechten wild durcheinander herabhing, machten wenig Umstände und treiben den glänzenden Zug vorwärts, dennoch war es beinahe acht Uhr, bis der König herankam.
   Es war eine schöne, sternenhelle Nacht, und die Fackeln, die man vor ihm hertrug, zeigten im milderen Glanz die Pracht seiner königlichen Umgebung und machten die menschlichen Trophäen der Soldaten noch grässlicher. Die Schädel von drei Caboceers der Banda, die seine hartnäckigsten Feinde gewesen waren, zierten die größten Trommeln; die Gefäße, in welche die Knaben ihre Fackeln tauchten, waren aus Gold. Er hielt inne, um zum zweiten Mal nach unseren Namen zu fragen und uns eine gute Nacht zu wünschen. Seine Anrede war mild und bedachtsam. Ihm folgten seine Muhmen, Schwestern und andere seiner Familie mit Reihen feiner goldener Ketten um den Hals. Zahlreiche Oberbefehlshaber folgen, und es dauerte lange, ehe wir die Freiheit erhielten, uns in unsere Wohnung zu begeben. Wir schätzten die Zahl der Krieger auf dreißigtausend Mann.

Bowdich, Thomas Edward
Mission der Englisch-Afrikanischen Compagnie von Cape Coast Castle nach Ashantee
Weimar 1820

Reiseliteratur weltweit - Geschichten rund um den Globus. Erlebtes und Überliefertes aus allen Teilen der Welt. Entdecker – Forscher – Abenteurer. Augenzeugenberichte aus drei Jahrtausenden. Die Sammlung wird laufend erweitert – Lesen Sie mal wieder rein!