1487-88 - João de Barros
B. Diaz umrundet das Kap der Guten Hoffnung
Da sie die Säulen, die sie mitbrachten, in solchen Zwischenräumen, die ihnen geeignet erschienen, auf der Längenlinie aufrichteten, wurden dieselben auch nur an bemerkliche Orte gesetzt, wie die erste Säule, vom heiligen Jakob genannt, an einem Orte, dem sie den Namen Serra Parda (braunes Gebirge) gaben und der unter dem 24. Breitengrad, hundert und zwanzig Meilen jenseits der letzten Säule steht, welche Diego Cao gesetzt [bei Cape Cross]. Desgleichen benannten sie die Vorgebirge, Buchten, und Strecken Landes, die sie entdeckten, entweder auf Grund des Tages, an dem sie dort ankamen, oder aus irgendeiner anderen Ursache, wie die Bucht, die wir jetzt das Voltas nennen, und der sie vielen des Lavierens, unter dem sie damals vorbeisegelten, diesen Namen Angra das Voltas [Lüderitzbucht in Namibia] gaben. Hier hatten Stürme, die ihn nicht weiter segeln ließen, den Bartholomeu Diaz fünf Tage lang aufgehalten, und die Bucht liegt unter dem 29. Grad südlicher Breite.
Als sie von da wieder in See gestochen waren, trieb sie derselbe Sturm drei Tage mit gerafften Segeln vor sich her, und weil die Schiffe klein und die Wellen schon kälter und nicht mehr von der Art waren wie in den Breiten von Guinea, so hielten sie sich für verloren, obwohl die Wellen an der Küste von Spanien zur Zeit eines Sturmes auch sehr kalt sind. Aber da der Sturm, welcher das Meer so sehr in Wut versetzte, nachließ, schlugen sie, um Land zu finden, eine östliche Richtung ein, indem sie glaubten, daß die Küste noch immer im allgemeinen von Nord nach Süd laufe, wie sie bis dahin gefunden. Wie sie jedoch merkten, daß sie so einige Tage steuerten, ohne darauf zu stoßen, schlugen sie die nördliche Richtung ein und gelangten so in eine Bucht, die sie wegen der vielen Kühe, die sie von ihren Hirten gehütet auf dem Lande weiden sahen, "Dos Vaqueiros" (Bucht der Kuhhirten) nannten. Und da sie keinen Dolmetscher bei sich hatten, der jene verstanden hätte, so konnten sie mit ihnen nicht zur Unterredung kommen; sie trieben vielmehr, wie Leute, die eine solche Neuigkeit erschreckt, ihr Vieh in das Land hinein, so daß die Unsern nichts weiteres über sie in Erfahrung brachten, als daß sie Neger mit krausem Haar waren wie die von Guinea. Als sie nun längs der Küste weiterfuhren, und zwar in einer neuen Richtung, worüber die Kapitäne sehr erfreut waren, kamen sie an eine kleine Insel, welche unter dem 33 3/4. Grade südlicher Breite liegt [nördlich der Mosselbai]. Und da richteten sie eine Säule auf, genannt "Vom Kreuz", welche der Insel den Namen gab, die etwas über eine halbe Meile vom Lande entfernt ist und die, weil zwei Quellen darauf sind, viele "Penedo das Fontes" (Quellfelsen) nennen. Hier erhoben die Leute, da sie der Stürme, die sie bestanden, müde waren und sich sehr davor fürchteten, alle mit einer Stimme laute Klagen und forderten, daß man nicht weitersegeln solle; denn, so sagten sie, da die Nahrungsmittel anfingen zu verderben, so sollten sie umkehren, das Schiff aufsuchen, das sie mit den Vorräten zurückgelassen und das schon so weit zurückgeblieben sei, daß sie, auch wenn sie es erreichten, alle verhungert sein würden, um wie viel mehr, wenn sie weiter segelten. Für eine Fahrt sei es auch genug, soviel Land zu entdecken, und sie brächten schon die wichtigste Neuigkeit, die man von jener Entdeckung gebracht, nämlich daß sie entdeckt, daß das Land fast durchaus nach Osten laufe, woraus erhelle, daß irgendein großes Vorgebirge hinter ihm läge, und es sei ein besserer Rat, umzukehren und dieses aufzusuchen. Den Klagen so vieler Leute Genüge zu tun, stieg Bartholomeu Diaz mit den Kapitänen, Offizieren und einigen der angesehensten Seeleute ans Land,und nachdem er sie vereidet, hieß er sie in Wahrheit sagen, was sie nach ihrer Meinung im Dienste des Königs tun müßten, und da sie aus den oben genannten und andern ebenso triftigen Gründen alle dahin übereinstimmten, daß man nach dem Reiche zurückkehren solle, ließ er über dieses Gutachten ein Protokoll aufnehmen, das sie alle unterzeichneten. Aber da es sein Wunsch war, weiterzufahren, und er nur so weit nachgegeben hatte, weil ihm seine Pflicht und die Instruktion des Königs, wodurch ihm dieser vorschrieb, alle Angelegenheiten von Wichtigkeit mit den vornehmsten Personen, die ihn begleiteten, zu beraten, diese Verbindlichkeit auferlegte, so bat er alle, als es zur Unterzeichnung ihres Beschlusses kam, sie möchten für gut finden, daß sie noch zwei oder drei Tage an der Küste hinführen, und wenn sie dann nichts fänden, was sie veranlassen könnte, weiterzusegeln, so wollten sie dann umkehren, was ihm auch zugestanden wurde. Aber binnen der drei Tage, die er sich ausgebeten, fiel nichts weiter vor, als daß sie an einen Fluß gelangten, der unter dem 32 2/3. Breitengrade 25 Meilen jenseits der Insel da Cruz liegt [Bushman's River]. Und da Joao Infante, der Kapitän des Schiffs "St. Panteleao", der erste war, der an das Land stieg, erhielt der Fluß den Namen "Don Infante", den er noch jetzt führt.
Hier kehrten sie um, weil das Schiffsvolk seine Klagen erneuerte. Als sie nun wieder bei der Insel da Cruz angekommen waren und Bartholomeu Diaz sich von der Säule trennen mußte, die er dort auf gerichtet hatte, geschah solches mit so viel Schmerz und Empfindung, als ob er allda einen für immer verbannten Sohn zurückließe, indem ihm vor die Seele trat, unter welchen Gefahren seiner Person und all dieses Volkes sie von so fern hergekommen, bloß um dies zu erreichen, da ihnen Gott die Hauptsache nicht bewilligt hatte. Sie fuhren hierauf weiter und bekamen jenes große und merkwürdige Vorgebirge zu Gesicht, das so viele Jahrhunderte verborgen geblieben war, als mit welchem, sobald es einmal zu Tage käme, nicht allein es selbst, sondern auch die andre neue Länderwelt entdeckt wäre. Diesem gaben Bartholomeu Diaz und die von seiner Mannschaft wegen der Gefahren und Stürme, die sie bei seiner Umschiffung bestanden, den Namen "Tormentoso"; aber als sie in das Reich zurückkehrten, legte ihm der König Don Joao einen andern, schöneren Namen bei, indem er es "Cabo de Boa Esperanza" nannte, weil es die Hoffnung erregte, das so sehr ersehnte und so viele Jahre gesuchte Indien zu entdecken.
Feust, E. (Hg.)
Die Asia des João de Barros
Nürnberg 1844