Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

Um 460 v. Chr. · Herodot
Der Kanal

[Der Pharao] Psammetich hatte einen Sohn, Neko [Necho II.], der auch König von Ägypten wurde. Der legte die erste Hand an den Kanal, der in das Erythräische [Rote] Meer führt, und der später von Darius dem Perser weiter ausgegraben wurde. Er ist vier Tagesfahrten lang und so breit, dass zwei Dreiruderer nebeneinander fahren können. Sein Wasser ist aus dem Nil abgeleitet, und zwar nahe der Stadt Bubastis [im Nildelta] in Richtung auf die arabische Stadt Patumus. Und so geht er in das Erythräische Meer: Zunächst führt er in die Ebene auf der arabischen Seite, an die das Gebirge stößt, das sich bis nach Memphis zieht und die Steinbrüche enthält. Dann geht er aber in Schluchten hinein und nach Süden in den Arabischen Meerbusen. Der kürzeste Weg vom Nördlichen Meer [Mittelmeer] in das Erythräische ist der vom Kasischen Gebirge, der Grenze zwischen Ägypten und Syrien, geradeaus 1.000 Stadien [etwa 180 km] in den Arabischen Meerbusen. Aber der Kanal ist viel länger, weil er Krümmungen hat. Während der Bauarbeiten unter König Neko gingen 120.000 Arbeiter zu Grunde. Neko hörte mitten beim Graben auf, weil ihm ein Orakel in den Weg trat, »dass er den Barbaren vorarbeite«. Barbaren sind für die Ägypter alle, die nicht ihre Sprache sprechen.

Herodot's von Halikarnaß Geschichte
Stuttgart 1829
2. Buch, Kapitel 158

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