1833 - Ernst Christoph Doebel
Sklavenmarkt in Alexandria
Mein Freund führte mich zum Sklavenmarkt, auf dem er sich seine Gattin gekauft hatte. Der Anblick der Männer und Frauen, die ohne Kleider und nur notdürftig die Scham mit geflochtenen Troddeln bedeckt, auf geflochtenen Stroh- und Rohrmatten dasaßen, muß auf jeden Europäer einen schmerzlichen und zugleich widrigen Eindruck machen. Ihre Anzahl belief sich auf 60 bis 80 Personen beiderlei Geschlechts, und die Frauen waren von den Männern getrennt. Die meisten sahen gleichgültig, fast stumpfsinnig vor sich hin, nur einige schienen mit wehmütigen Gebärden ihr Schicksal zu erwarten. Der Preis für einen Sklaven oder eine Sklavin ist verschieden, von 10 bis 80 Kronentaler, je nach dem Alter, der Schönheit und dem Wachstum. Kinder kauft man oft von der Mutter Brust hinweg, und die Arme muß dazu schweigen. Bejahrte Frauenzimmer werden von den Sklavenhändlern zur Zucht behalten, und nicht selten wird auf ein junges Mädchen, das sich von ihrem Herrn Mutter fühlt, wiederum verkauft oder vertauscht, wodurch der Sklavenhändler doppelt gewinnt. Uns so findet man auf dem Markt neben den schwarzen auch braune Sklaven, Kinder weißer Männer, deren Gesichtszüge deshalb schöner und proportionierter sind. Indessen ist auch die Mehrzahl der Neger nicht häßlich, und außer der schwarzen Farbe unterscheidet sich die Bildung ihres Gesichts nicht viel von der der Europäer. Ich habe Sklaven und Sklavinnen gesehen, die vermöge ihrer korallenroten, nicht zu stark aufgeworfenen Lippen, ihrer blendend weißen, zwei Perlenschnüren vergleichbaren Zahnreihen und der glänzenden Weiße ihrer wie Sterne funkelnden Augen auch bei uns für Schönheiten ersten Ranges gelten würden. In keinem Land habe ich mehr Schwarze, aber nirgends auch mehr Blinde gefunden als in Ägypten, letztere jedoch nur unter den Eingeborenen. Die Schwarzen sind von diesem Leiden, das durch die glühende trockene Luft und durch den feinen, stets in der Luft fliegenden, ätzenden Sand entsteht, verschont, und ich habe keinen gesehen, der an den Augen gelitten oder dem ein Zahn gefehlt hätte. Von ihrem künftigen Schicksal nichts ahnend, spielen die Negerkinder auf dem Markt, und ihre samtartige Haut, die sie oft mit irgendeiner Fettigkeit einreiben, glänzt in der Sonne. Denselben Mann bemerkt man auch auf der Haut der Erwachsenen. Kommt ein Käufer, so müssen sich alle von ihren -Matten erheben und in Reih und Glied stellen, und gewöhnlich bringen die Türken ein Hakim, eine Art Arzt, mit, der die Gestalten untersucht, ob sie gesund und stark von Nerven sind. Denn der Türke schaut weniger auf Schönheit der Gesichtszüge als auf starken, kräftigen Körperbau, weil er die Sklaven zur Arbeit braucht. Deshalb müssen die unglücklichen Geschöpfe allerhand Bewegungen mit den Armen, Beinen und dem Körper machen, und wenn einer nur das geringste Versehen begeht, so saust ihm die aus Elephantenhaut zusammengedreht Peitsche seines unbarmherzigen Herrn gleich auf den Rücken. Abends werden die Sklaven gleich dem Vieh in einen Stall getrieben und morgens wieder auf den Markt gebracht, wo sie den ganzen Tag über in der brennenden Sonnenhitze, ohne irgendeine Beschäftigung, sitzen, bis der Abend sie wieder auf ihr kümmerliches Ruhelager entführt.
Doebel, Ernst Christoph
Wanderungen im Morgenlande
Band 1, Leipzig 1845