Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1769 - Christoph Adam Carl von Imhoff
Das Leben in Madras/Chennai
Indien
   
Heute morgen, den 2. September, sahen wir die Küste von Indien, und heute, Gott sei gepriesen, langten wir vor Madras an. Die Gegend ist schön, ganz flach und roter Sand, und von weiten sieht man die schönsten blauen Berge. Wir sind ungefähr eine halbe Stunde jetzt vor Madras vor Anker, und Madras sieht superb aus. Die Häuser sehen alle wie Paläste aus, oben ohne Dächer. Der Krieg aber hat ein Ende, und folglich wird es schlimm aussehen mit unserem employment [einer bezahlten Beschäftigung]. Ich fürchte aber doch nichts, weil Mr. Hastings wie unser Freund ist und der Krieg bald wieder ausbrechen wird. Morgen werde ich an Land gehen mit meiner Frau, die sich sehr empfiehlt und ganz passabel wohl ist, doch so, dass sie die Stube hütet.
   Heute, den 3. Sept. hatte Mr. Hastings die Gütigkeit, uns zu schreiben, dass er für Appartements für mich, meine Frau und Kind gesorgt hätte, und es würde ihm lieb sein, uns bald zu sehen (denn Mr. Hastings langte den 2. gleich in Madras an). Wir gingen deswegen gleich, und wir wurden durch einen Inder in Mr. Hastings' Haus gebracht, das wir zur Hälfte mit ihm umsonst, nebst Tafel für uns und Bediente, haben. Da er noch nicht eingerichtet war, so wurden wir in eins der vornehmsten Häuser gebracht. Da es just Mittag war, um zu essen, wurden wir auf die beste Art aufgenommen und fanden eine Tafel so artig als magnifique. Denselbigen Abend wurde meine Frau in einer Chaise mit persischen Pferden abgeholt zum Spazierenfahren, und ich packte die Bagage ein bisschen in Ordnung und die Briefe, die ich brachte, mich zu rekommendieren. Da meine Frau nicht ganz wohl war, so mussten wir fünf Tage warten, bis sie bekannt wurde. Dann musste sie drei Tage aufsitzen im Staat, um alle Visiten anzunehmen, und dann drei Tage zu Gegenvisiten. Sobald meine Frau gesund war, wurde sie zum Gouverneur zum Soupieren mit mir gebeten, und alle Tage sind wir mit die Ersten von der Kost am Tisch und in Gesellschaft.
   Der Krieg hat leider ein Ende, und ich werde einige Monate zubringen müssen, ehe ich eine Stelle bekomme, wie ich sie mir wünsche, nämlich, unter die Mohren zu kommen; der einzige Dienst, bald Geld zu machen. Ich kann es gut abwarten, da ich so wohlfeil leben kann. Meine Bedienung besteht aus zwei Bedienten und einer Kammerjungfer, so schwarz wie der Teufel. Für das Kind und die Frau sechs Palankinträger.
   Da ich im Haus esse an Mr. Hastings Tafel, so brauche ich keinen Koch, keinen Butler und keine Mägde, die Zimmer rein zu halten. Mr. Hastings hat wenigstens 30, muss für das Haus monatlich ohne alle Möbel 440 Florin [10 Florin entsprachen 1 Pfund Sterling] zahlen und hält Tafel für 10 Couverts alle Tage. Des Gouverneurs Tafel ist täglich 40 Couverts mittags und zu Abend in seinem Garten, wo alle Leute hingebeten werden. Mittags kann kommen, wer will. Die Art zu leben ist hier entsetzlich groß, und alle die Leute im Rat, alle Kaufleute und Stabsoffiziers, so einige Jahre da gelebt, haben viel Vermögen. Es ist aber jetzt nicht mehr so geschwind zu erwerben, wie es war. Die Indische Kompanie hat die besten Sporteln selbst an sich gezogen, und ein Kapitän nun ist nicht so gut wie ein Fähnrich vor 10 Jahren war.
   Die Lebensart ist, morgens früh um 5 Uhr aufzustehen, eine oder zwei Stunde spazieren zu reiten und dann Tee zu trinken, wo entweder Visiten kommen oder gemacht werden; denn ohne solche kann man nicht leben, wie ich sehe. Mittags um 1 Uhr isst man, und ich glaube, dass die schlechteste Tafel sechs Schüsseln hat.
   Dir zu sagen, wie warm es ist, so will ich Dir eine Beschreibung machen. Die Häuser sind mit großen Altanen, was wir hier Veranda heißen, gebaut. Die Fenster sind wie unsere spanischen Rohrsessel geflochten, ohne Gläser, damit die Luft durchstreichen kann, wenn Wind oder Luft geht, welches meistens abends von der See kommt. Die Betten sind ganz harte baumwollene Matratzen und weiße Tücher darüber mit feinen musselinen Vorhängen, damit die Moskitos, eigentlich ein vergifteter Schnak, nicht hineinkommen sollen. Diese Tiere sind entsetzlich beschwerlich, besonders zu Neuankommenden. Ich bin ganz voll Beulen, ungefähr wie Linsen, von ihren Bissen, die nur rote Flecken sind, wenn man sie nicht kratzt, aber Beulen werden, da man genötigt ist zu kratzen, weil es wie die Krätze juckt. Meine Vorhänge nutzen mir gegenwärtig nichts, weil ich sie der Hitze wegen nicht zulassen kann. Da nun alle Fenster offen, ohne dass man sie alle angelweit öffne, so kommen sie hunderteweis und richten manche Leute so zu, dass sie gar nicht gehen oder aus den Augen sehen können.
   Ich vergaß zu sagen, wie die Tage hier nach dem Essen geendigt werden. Ich will es also noch sagen. Nach dem Mittagessen, man mag zu Haus oder zu Gast essen, legt man sich aufs Bett und schläft bis abends 5 oder auch 6 Uhr. Dann trinkt man in seiner Stube Tee, der tassenweise von den Bedienten in die Kammer gebracht wird, während man sich anzieht. Abends zieht man sich so gut an, wie man sonst mittags tut, und dann geht man in seinem Palankin, den sechs Schwarze tragen und wo vielleicht noch zehn schwarze Bedienten nebenherlaufen, und macht Visiten oder geht dahin, wo man Mittag gegessen hat. Denn hier ist die Mode, wo man Mittag isst, isst man abends auch, welches schön ist, da man mittags zum Schlafen eilt. Abends spielt man, wenn man will, aber entsetzlich hoch. Der Einsatz von einer Pagoda ist das geringste; das ist ein Goldstück, wie ein runder kleiner Knopf, das 4 Florin gilt. Um 9 Uhr soupiert man bis 11, bis 12.
   Hier hast Du die Lebensart. Ihre Arbeit sieht man nicht. Die Schreiber und die schwarzen Kerle, die man »Debash« heißt, wo jeder einen hat, tun alles, nehmen Bediente an und schaffen ab, führen die Rechnung vom Haus, von der Handlung und allem. Daraus kannst du schließen, wie gescheit sie sind. Sie rechnen die größte Rechnung im Kopf geschwinder aus als der beste Rechenmeister auf Papier.
   Die Festung Madras, wo gar keine Schwarzen wohnen, ist recht schön und die Häuser meistens Paläste. Die schwarze Stadt, 200 Schritte davon, ist schlecht; meistens niedrige Häuser, nicht so hoch wie unser Bauernhaus, bis auf einige große. Alle Nationen von der Welt leben darin, doch die meisten bestehen aus Malabaren, Hindus, Mohren.
   Und die sich Portugiesen nennen, wollen von den Portugiesen abstammen, die dem Weg nach Indien gefunden haben. Sie sind meistens schwarz, doch welche braun wie eine Kuh, ich kann die Farbe nicht besser beschreiben. Um sich kenntlich zu machen, malen sie alle mit einem, zwei und drei Strichen über der Nase auf die Stirn. Sie tragen alle Ohrringe von Gold mit guten Steinen, wenn sie können, und die Weibsleute meistens Ringe mit einem Anhänger an der Nase.
   Auf meine Ehre, ich bin recht bös, dass alles, was man von hier schicken kann, verboten ist oder so viel Zoll darauf, dass es den Wert übersteigt. So kurz wie ich hier bin, so wollte ich ein Präsent schicken, das viel in Deutschland und wenig hier ist, um zu zeigen, dass ich an Euch denke, und vielleicht mehr als ihr glaubt. Unsere Schönheiten bestehen zwar nur aus wenigen. Schöner Musselin, schöne Zitze [feine Baumwollstoffe], schönes Porzellan und schöne Steine sind alles, was dieses Land Vorzügliches hat, ich müsste denn Elefanten, Büffelochsen, Tiger oder Schlangen schicken wollen, welche letzteren wir sehr im Überfluss haben. Ich lege hier ein kleines Muster von einen Musselin bei, wovon meine Frau, die sich tausendmal empfiehlt, etliche Morgenhabits hat, nur um die Art zu zeigen und Eure Meinung zu hören. Ich glaube, dass es in Deutschland verdient, in des Obristen von Imhoffs Kabinett zu kommen. Die Blume ist von den Flügeln eines Käfers, und es sieht sehr artig aus. Die Schwarzen, und zwar die vornehmsten, tragen dergleichen Habits, so wie der weiß und simpel ist, den ich dir gezeichnet schicke. Das Porzellan, so wir hier haben, ist von den Chinesen, und die Diamanten und alle Sorten von Steinen wachsen nicht weit von hier, sind aber trotzdem wenigstens so teuer wie in Europa, weil die Leute, die hier Geld machen, Steine kaufen und auf diese Art ihr Geld nach Europa bringen, denn bei Geld verliert man mehr.
   Unser Winter, der vorbei ist, bestand in großen Schauern von Regen und etwas Wind. Er war dieses Jahr sehr mild. Es regnete ungefähr sechs Wochen lang, und unter diesen waren einige Tage, die gut waren. Vor dem Regen war es sehr heiß, und im November hatten wir schwere Gewitter, die einige Leute und unter anderen einen Offizier totschlugen. Feuer haben wir nicht zu fürchten. Unsere Häuser sind aus Stein wie von weißem Marmor und so glänzend wie feine kölnische Pfeifen. Jetzt haben wir es bei Tag so heiß wie bei uns im Sommer, nachts aber so kühl wie bei uns im Mai. So bleibt es bis Februar, wo die Hitze kommt, die dann immer zunimmt und es beinahe zur Hölle macht, denn Madras liegt nur zwischen 12 und 13 Grad von der Sonne [vom Äquator]. Die Bäume bleiben alle das ganze Jahr grün, und alles Obst wächst das ganze Jahr durch, doch einige Zeit besser als zur anderen. Dreimal ist Ernte hier, und doch ist beinahe Hunger zu fürchten, weil letztes Jahr so trocken war und weil die Schwarzen nichts als Reis essen. Die Mohren essen nichts als Reis das ganze Jahr und trinken Pfefferwasser. Die anderen essen Fisch und Hühner mit Reis, aber Kühe umzubringen, halten sie für Sünde, und so alle übrige Tiere. Die Schwarzen, die sich Portugiesen nennen, sind die einzigen, die alles essen, derer sind aber nicht viele hier. Sie haben eine besondere Sprache, sind eigentlich Katholiken und wollen von den Portugiesen abstammen, die Indien zuerst gefunden haben.
   Die Dörfer hier sind Hütten so groß wie Musketier-Zelte, mit spanischen Rohr oder sonst Schilf bedeckt. Sie stehen im hohen Gras und sehen sehr wild aus, die Leute aber sind viel besser als wir. Der allgemeine Charakter der Inder hier ist, dass sie entsetzlich phlegmatisch sind, langsam in ihren Geschäften und in allem nicht leicht böse zu machen, leicht zu erschrecken, wo sie dann nicht wissen, was sie machen sollen. Ihre Geduld macht mich oft recht ärgerlich. Zum Exempel ich will was geschwind haben, ich kriege es nicht, ich zanke, fluche, mache, was ich Lust habe. Mein Kerl tut nicht, als ob er geschwinde sein könnte, und ich glaube, dass er nicht glaubt, dass ich bös bin oder bös sein kann. Sie sind sehr geschickt und machen alles nach, was du ihnen zum Muster gibst, ohne Handwerkszeug, und der Arbeitslohn ist wohlfeil. Sie heiraten alle sehr jung, vielleicht mit sechs, sieben Jahren, und leben zusammen mit zwölf. Jeder heiratet so viele Frauen, wie er ernähren kann. Deswegen haben die Armen nicht mehr als eine oder höchstens drei. Die Vornehmen aber sehr viele. Die Reichen lassen ihre Frauen nicht sehen, und die Armen arbeiten alle Arbeit.
   Unsere einfältige Lebensart hier, die sechsmal so groß ist, wie sie sein sollte, macht, dass man länger hier sein muss, um so viel zu ersparen, wie man braucht. Ich lebe zum Exempel sparsamer als ein Verheirateter, weil ich umsonst esse und trinke und dadurch wenigstens zehn Bediente erspare, und doch habe ich zehn, das sind sechs Palankinträger, wo andere zwölf haben, für Mann und Frau besonders, denn ich kann nicht von Rechts wegen gehen, wenn die Frau zum Essen getragen wird, und weniger als sechs tragen nicht. Ich habe eine Magd für Frau und Kind, wo jedes Kind hier zwei Mägde allein hat. Ich habe einen Bedienten. Meine Frau einen, der neben dem Palankin geht und der beim Essen aufwartet, und ich habe nur einen Sonnenschirmträger, der wieder notwendig ist, um die Sonne abzuhalten, wenn man sich austragen lässt, denn Gehen ist gar nicht Mode, und es ist auch zu warm dazu. Andere haben zwölf Träger für sich und ihre Frau. Einen Kutscher; so viel Pferde, so viel Bediente dazu, die allezeit mitlaufen, du magst so stark reiten oder fahren, wie du willst. Einen Kerl mit einem silbernen Läuferrock, eine Art Läufer, der, wenn man die Treppe hinauf oder hinunterpassiert, einem auf mohrisch sagt, dass man Acht geben soll, nicht zu fallen. Bloß Staat! Vier Kerls mit Säbeln auf der Schulter, die vor der Kutsche oder dem Palankin oder, wenn du zu Fuß bist, mit dir laufen, zwei Köche, zwei Mundschenke, einer für Wein und Bier, der andere für Tee und Kaffee. Einen Lichteranzünder, denn alle Häuser sind voller schönen Lampen, die alle Nacht brennen; und etliche Kerls zum Messerputzen, zum Küchengeschirrputzen, zum Wasserholen, zum Hauszukehren, zwei Weibsleute, eine für die Zimmer, die andere für die Treppen, so dass wenigstens dreißig Bediente gebraucht werden, wo man in England oder Deutschland zehn hat. Meiner Frau Bedienter zum Exempel zögert, mir einen Teller zu geben, weil jeder sein Geschäft allein hat. Die Bedienten sind ziemlich wohlfeil, und meine zehn kommen mich nur auf 50 Florin monatlich, und nur die Magd bekommt zu essen.
   Die Soldaten habe ich in meinem ersten Brief schon beschrieben. Die Weißen sind wenige, und diese liederlich, schlecht exerziert und in der Garnison hier in schlechter Ordnung. Die Schwarzen sind eine Art Panduren [Fußsoldaten vom Balkan], voller Unordnung, und es ist mir unbegreiflich, wie man damit soviel ausrichten kann. Es muss folglich der Feind entsetzlich schlecht sein. Die schwarze Sprache ist hier dreierlei und deswegen schwer zu lernen; so sehr verschieden von allen Sprachen, dass man gar nicht die Pronunciation hören kann. Der Mohren-Gott zum Exempel heißt Bismila Arachma Nirahime [die ersten Worte des Korans]. Die Wörter werden so lang wie möglich gedehnt und lauten deswegen entsetzlich fremd.
   Wir haben heute den 25. [Dezember, den] heiligen Christtag; der erste, wo ich so fein Wetter sah. Ich aß Mittag beim Gouverneur und werde abends in einer großen Gesellschaft wieder da essen, die Tafel wenigstens 60 Couverts. Es ist hier wie überall in der Welt mit den Christkind-Geschenken. Jeder Bediente bekommt eine Monatsgage, und alle andere Bedienten kommen auch, nämlich von Mr. Hastings und dergleichen, so dass ich über 60 Florin habe wegschenken müssen, ohne einen Kreuzer zu kriegen. Am 28. ist ein Ball, den die Gesellschaft der Freimaurer gibt für alle Europäer. Diesen werden wir solenn feiern, und nächstes neue Jahr ist ein Public Ball beim Gouverneur.
   Die ersten Jahre hier sind die schlimmsten. Alles, was man erspart, geht auf Anschaffen an, und du wirst dich wundern, wenn ich dir sage, dass ich wenigstens für 2.000 Florin schon in den vier Monate angeschafft, und doch 1.000 Florin noch übrig habe, obschon meine Gage das ganze Jahr nicht soviel macht, und in acht Monaten mehr hoffe ich noch ein paar tausend Florin mehr zu erwerben. Wie, das sind Geheimnisse. Nicht jeder erwirbt, und es sind hier welche zehn und mehr Jahre, die nicht soviel wie 1.000 Florin erspart haben.
   Unser Freund Mr. Hastings wird schwerlich reich werden, ob er schon Gelegenheiten hat, die sich andere nur wünschen - wenigstens nicht so reich wie Mr. Bourchier, Gouverneur hier, der jetzt nach England geht und einige wenige 100.000 Florin mitnimmt. Des Gouverneurs Bruder geht auch ab nach Haus und bringt 400.000 Florin mit, und ein Obrist, Frischmann mit Namen, ein deutscher Schweizer, ist froh, dass er 200.000 Florin mitkriegt. Er ist 18 Jahre hier gewesen und hat sein Geld in den letzten 4 Jahren gemacht. Ein artiger Kerl. Überhaupt haben wir artige Offiziere, nur ein wenig zu viele, denn da einige so reich nach Haus kommen, so denken die Narren, man dürfte nur herüberfahren und reich werden. Es kostet aber manchen sein Leben, und mancher kann vor Armut nicht mehr nach Haus, weil nach Haus zu kommen jeden etliche 1.000 Florin kostet. Denn kein Kapitän von einem Schiff nimmt einen Weißen nach Haus unter 2.000 Florin, und eine Familie kostet ein kleines Kapital in Deutschland. Und da man nur von den Reichen redet, so hört man nicht, dass viele hier das liebe Brot nicht haben.
   Die Welt ist überall die Welt und überall einander sehr gleich. Der Unterschied ist nur in Kleinigkeiten, die Sprache, das Wetter, und deswegen sind die Provisionen verschieden, aber die Menschen nur in der Farbe. Die Schwarzen lieben Geld so sehr wie wir. Sie haben so gut gescheite Leute wie wir. Sie sind so voller Laster wie wir und haben ebenso wenig Tugenden, eher mehr, denn sie haben mehr Geduld als alle andere Menschen in der Welt und sind weniger grausam als wir. Ein Passagier von unserem Schiff versuchte den Sand, ob er auch nach Dreck schmeckte wie in Europa, und wunderte sich, keinen Unterschied zu finden. Um Dir ein Exempel von unserer Hitze doch zu geben, so muss ich dir sagen, dass es letzten Juli so heiß hier war, dass ein Glas mit kaltem Wasser auf dem Tisch entzweibarst. Niemand kann bei Tag ausgehen, und alle Läden müssen fest zugemacht werden, damit die Luft nicht in die Zimmer kommt, weil der Wind so heiß ist, wie wenn er aus einem Ofen oder bei einer Feuersbrunst entstünde. Nachts aber haben wir es kühl, weil der Wind sich ändert und von der See kommt.

 

Koch, Gerhard (Hg.)
Imhoff Indienfahrer
Göttingen 2001

Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende in Indien seit 326 v. Chr.
Wien 2007

Reiseliteratur weltweit - Geschichten rund um den Globus. Erlebtes und Überliefertes aus allen Teilen der Welt. Entdecker – Forscher – Abenteurer. Augenzeugenberichte aus drei Jahrtausenden. Die Sammlung wird laufend erweitert – Lesen Sie mal wieder rein!