1586 - Walter Bigges et. al.
Mit Francis Drake in Cartagena
Kolumbien
Von dannen sind wir aus der Insel [Santo Domingo auf Hispaniola] an das feste Land gekommen und haben letztlich daselbst die Stadt Cartagena ins Gesicht gebracht, welche so nahe an dem Gestade des Meeres gelegen, daß die auf unseren Auslegern von den Schiffen mit den Schlangen oder Feldgeschütz leicht dahin reichen haben mögen.
Fünf Meilen von der Stadt nach unsrigen Meilen sind wir angelandet und an dem Portum oder Hafen abgestiegen, allda uns niemand gehindert, war auch kein Bollwerk, Feste, Schanze vorhanden; sind also ungefähr um vier Uhr nachmittags daselbst eingezogen. Wie es nun gegen Abend ging, hat uns unser Anführer und Leutenant [Jacob] Carleil ans Land gesetzt und in eine Schlachtordnung gestellt, ob es vielleicht underwegen etlich wären gewest, die sich mit uns schlagen oder sonst listigerweise angreifen hätten wollen, daß wir ihnen also stattlicher begegnen und Widerstand tun hätten mögen. Sind also bei Mitternacht Fuß für Fuß durch das sandige Gestade gegangen, damit wir nicht etwa, wie zuvor geschehen, durch Anleitung dessen so des Weges nicht kundig gingen.
[...]
Als wir nun kaum eine halbe Meile Weges von der Stadt waren, siehe, da kamen hundert Reiter von dort, die uns ansprengen wollten. Aber unsere Schützen sind ihnen so tapfer begegnet, daß sie beim ersten Abschießen in die Flucht getrieben worden und dieweil sie uns auch an einem buschigen und waldigen und ihnen gar ungelegenen Ort begegnet, sind sie wieder hingezogen, von dannen sie gekommen waren.
Eben um dieselbige Zeit haben wir ein gewaltig Krachen von Geschütz und Büchsen gehört; derhalben so hat unser General Obrister [Christof Carleil] ein Zeichen geben und dem Unter-Admiral [Frobiger] und von den Hauptleuten als Frenar, Whyre, Crosse und andern, auf daß sie mit ihren Auslegern und andern kleinen Schiffen die an der Schanze nächst an der Stadt gelegen anfielen und einnehmen, welches sie sich zu tun gleichwohl unterstanden, hat ihnen aber ihr Vorhaben nicht geraten wollen mit dem daß solcher Ort sehr wohl versehen und der Eingang sehr eng, auch der Platz mit eisern überzwerchs gespannten Ketten verwahrt.
Ist also auf dasselbige Mal anders nicht ausgerichtet worden, allein daß die so am andern Teil des Hafens eine ganze Meile Wegs von uns gehalten, zu den Waffen griffen, also war unser Volk nun zerteilt. Um eine halbe Meile Wegs von der Stadt war der Weg, den wir gingen sehr eng, denn er nicht breiter gewest als fünf Schritte; an einer Seite hat das Meer angestoßen, auf der andern Seite ist der Hafen gelegen, welches ein Ort gewesen auswendig mit einem Graben umfangen, auch mit steinern Mauern gar wohl versehen, also daß man das Geschütz gemächlich darauf stellen hat können und meines Bedenkens ein Werk gewest, welches man nicht besser und füglicher zurichten hätte mögen und war am selben Ort nicht mehr Platz offen als man mit einem Pferde oder Wagen in Zeit der Not durchkommen möchte, mit angefüllten Schanzkörben verwahrt, welche sie sich anstatt der Bollwerke wieder des Feindes Anlauf getrefflich gebrauchten.
Und waren an solchem Ort sechs große Stücke, die recht auf die unsrigen gerichtet waren und auf unsern Haufen zu schießen. Es waren auch an der Seite des Hafens zwei Schiffe mit Rudern, die man heutigentags Galeeren nennt, darauf elf Stück-Geschütze und bei drei- oder vierhundert Hackenschützen, die uns auch von der Seite angriffen; die Feste aber ward von dreihundert wehrbaren Mann, so Schützen als Landsknechte, bewahrt und versehen, welche uns alle mit sonders Fleiß gewahrt haben ihr großes Geschütz und Hacken abgehen und sich hören lassen. Wir aber, ehe es Tag geworden, haben uns des Vorteils in der Finsternis gebraucht und sind auf Befehl unseres Obristen Leutenant allezeit durch den Sande, den das Meer angeworfen, heimlich fortgegangen und nachher zu ihnen gekommen, daß also alle ihre Schüsse, welche sie auf uns von ferne zu tun Fleiß angewandt, umsonst und vergebens getan sind worden. Derselbig unser Oberst-Leutenant General hat verboten, daß niemand aus den unserigen ehe abschießen sollte dann wir an die Mauer kommen.
Alsdann sind wir mit aller Macht samt Büchsen und Lanzen auf die Schanze und Körbe, mit Erde gefüllt, zugelaufen. Dann an dem Ort wurde es fürs beste angesehen, den Feind anzugreifen, und haben alles vom obersten bis zum untersten geworfen unangesehen man sich der Enden auf das beste beschirmt und beschützt hatte; und alsbald unsere Hackenschützen angeschossen, sind wir untereinander samt dem Feinde eingelaufen und weil unsere Spieße oder Lanzen länger denn die ihrigen wir auch als der Feind besser gewappnet und mit Harnisch versehen gewesen als sie, konnten sie wider unsere Schüsse und Wehr nicht genügsam Gegenstand tun, sondern mußten weichen.
Hat auch im ersten Anlauf unser Obrister Leutenant einen spanischen Fähnrich, welcher sich tapfer bis in den Tod gewehrt hat, mit eigener Hand umgebracht. Wir sind ihnen auf den Füßen alsbald sie die Flucht gaben nachgefolgt und haben ihnen keine Zeit oder Platz gelassen, ihren Atem zu erholen oder sich irgends aufzuhalten, also daß wir letztlich auf den Markt in der Stadt kamen, und ob sie gleich denselben Markt eine Weile wieder uns gehalten, so mußten sie doch uns denselben letztlich lassen und davon weichen, wie sie uns dann letztlich auch die ganze Stadt geräumt, sich außer derselben alle die Zeit, die wir darinnen waren, gehalten. Sie hatten jeder Strassen Ausgang tapfer mit Wällen und außen herum mit Gräben gar künstlich versehen und die Eingänge auch ganz fleißig verwahrt, aber die so darum und darin gewesen, sind von den Unsern leicht vertrieben, aus welchen wenig entweder erschlagen oder verwundet sind worden.
Es waren auch indianische Schützen in große Anzahl an Orten, die ihnen dazu am bequemsten deuchten, bestellt, welche, so viel wie ihnen möglich war, ihre vergifteten Pfeile auf uns abgeschossen, und wen sie damit getroffen, der mußte davon sterben und ist für ein großes Wunder gehalten worden, wenn er von denselben getroffen, daß er mit dem Leben davon kam. Haben also etliche aus den Unsern mit dergleichen ihren kurzen spitzigen Knüppeln, die oben vergiftet waren, deren sie viel an dem großen Weg, durch den wir mußten, in die Erde geschlagen, die Unsrigen dermaßen verwundet, daß sie kaum mit dem Leben davon kamen: Wir sind auch den Streichen und Schüssen, welche sie auf uns geladen, durch das Gestade des Meeres entgangen, da sie gemeint haben, daß wir ihnen in die Hände fallen hätten sollen.
[Nach sechs Wochen im geplünderten Cartagena segeln Drake und seine Leute nach England zurück, weil ein „pestilienzisch Fieber“ mit vielen Todesfällen weitere Eroberungszüge unmöglich macht.]
Bigges, Walter; Crofts; Drake, Francis
Relation oder Beschreibung der Rheiß und Schiffahrt auß Engellandt …
o.O. 1589