1492 - Christoph Columbus
Die erste Landung auf Hispaniola
[Der Text ist ein Auszug aus der ersten deutschen Übersetzung des Briefes, in dem Columbus dem spanischen Hof von seinen Entdeckungen berichtet.]
Spaniola ist die allerstärkste und mächtigste Insel unter denen allen und hat mehr Häfen des Meeres als alle anderen, die ich in der Christenheit gesehen habe, und hat viel gutes Wasser, was ein Wunder ist. Und das Erdreich dieser Insel hat übermassen die allerhöchsten Berge und Täler, und sind sehr fruchtbar und hübsche Berge, darin man wohl wandeln mag, voll hübscher Bäume von tausenderlei Gestalt, und so schön und hoch, dass man schätzt, sie reichen bis an den Himmel. Und ich glaube, dass sie das Laub nicht verlieren, weil sie im Winter so frisch sind, etliche mit Frucht, etliche mit Blüten, und etliche mit grünen Blättern wie sie bei uns in Spanien im Mai sind, wo es doch jetzt November war, als ich da durchfuhr. Und die Distelvögel und Finken und dreihunderterlei Vögel hörte ich im Vorbeifahren wohl singen auch jetzt im November.
Auch gibt es in der beschriebenen Insel sechs- oder achterlei Dattelbäume, was ein Wunder ist zu sehen gegen die in unserem Lande. Desgleichen gibt es gibt es viele anderlei Bäume mit Früchten und auch Kräuter und Honig von mancherlei Gestalt. Desgleichen ist in demselben Land auch mancherlei Erz und Metall. Und auf dieser beschriebenen Insel ist solches gute feldgebaute Korn oder was man haben will. Und die Wasser des Mehrteils fließen und tragen Gold mit sich aus den Bergen.
[…]
Die Insel Spaniola ist gelegen an einem Ende, dass man besser dahin kommen mag als zu den anderen, daraus Gold zu führen und anderes, so auch darin ist. Ich habe Besitz genommen von einer gar großen Stadt, die habe ich geheißen Lanavitat [La Navidad, aufgebaut aus Trümmern der Santa Maria, die dort gestrandet war], und in der derselben Stadt habe ich auch eine Bastei oder ein Schloß gebaut, wie man es nennt, und habe den Glauben, sie sei jetzt gut gemacht. Darin habe ich gelassen Volk mit Büchsen und Geschütz und allerlei Waffen, so dazugehört. Auch Speise für ein ganzes Jahr und Meister, die Schiffe bauen können, und habe so große Liebe und auch Freundschaft geschlossen mit dem König desselben Landes und er mit mir, dass er mich schätzt, als wäre ich sein Bruder. Und wenn er auch seinen Willen wollte verkehren gegen das Volk, das ich in der Bastei gelassen habe, und vermeinte, es zu bedrängen und Schaden zu tun, so vermögen es doch er und sie Seinen nicht, denn sie nichts von Wehr und sind nur nackte Leute, und wie ich gesagt habe, so furchtsam, wie man auf der Welt nur sein kann.
[Als Kolumbus ein knappes Jahr später zurückkehrt, sind die 43 zurückgelassenen Leute tot und das Fort zerstört.]
Colombo, Christforo
Eyn schön hübsch lesen von etlichen inßlen …
Straßburg 1497