Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1836 - Helmuth von Moltke, preußischer Offizier in osmanischen Diensten

Die Wasserreservoirs von Konstantinopel

 

Die griechischen Kaiser hatten dafür gesorgt, daß Konstantinopel nie ohne einen bedeutenden Vorrath von Wasser innerhalb der Mauern selbst war; für diesen Zweck hatten sie sehr große gemauerte Bassins angelegt, die theils offen, theils unterirdisch und mit Gewölben überdeckt waren, welche auf Hunderten von schönen Granit- und Marmorsäulen ruhen. Diese letztern Hallen dienen gegenwärtig den Seidenspinnern zu einem kühlen Aufenthalt im Sommer. Die offenen Reservoirs (Tschukur-bostan) sind mit Gärten und Häusern angefüllt, und man lebt eigentlich mit Bezug auf ein so unentbehrliches Bedürfniß, wie das Waser, aus der Hand in den Mund. Konstantinopel könnte sich keine acht Tage gegen einen Feind verteidigen, welcher den Wasserfaden an irgend einem Theile seines fünf Meilen langen Laufs durchschnitte. Mehmet, der Eroberer, und Suleiman, dem Prachtvollen, kam es freilich nicht in den Sinn, daß ihre Hauptstadt je belagert werden könne; heute liegen die Sachen anders, und es ist ein Glück, daß die Reservoirs trotz ihrer anderweitigen Verwendung doch wenigstens noch da sind.

 

Moltke, Helmuth von
Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839
Berlin, Posen, Bomberg 1841

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