1639 - Johann Albrecht von Mandelsloh, Reisender aus Holstein
Persepolis, Iran
Man sieht, daß daselbst ein fürtrefflich Gebäude muß gewesen sein. Das Fundament von einem Pallast ist bei 10 Ellen hoch aus einem ganzen Marmel-Felsen gehauen; man gehet auf vier Stiegen mit fünfundneunzig Stufen hinauf, welche auch aus weißen Marmelsteinen gehauen und sehr breit. Oben auf dem Platze, nicht fern von der Stiege, sieht man vier Stücke Mauern, es scheint als wenn‘s zwei große Pforten gewesen. An den ersten beiden Mauern sind in Stein gehauen zwei große Pferde mit seltsamen Hauptgestellen und Sätteln. An der andern Mauer oder Tor waren zwei andere Tiere wie Pferde, waren aber vom Kopf als Löwen anzusehen, trugen Kronen und hatten Flügel. Nicht weit hiervon zur Rechten stehen aus weiß und schwarzem Marmel geschnittene 19 hohe Säulen und daneben 11 kleine Stümpfe; es sollen vor etlichen Jahren noch 40 Säulen gestanden sein. Man kann aber nicht recht erkennen, ob diese Säulen in einem Saal oder Pallast oder sonst frei unter bloßem Himmel zum Zierrath gestanden. Wenn man von den Säulen etwas höher hinaufgehet, sind zwei nicht so gar große Gemächer oder Kammern gewesen, an welchen noch etliche hohe Türen und Fenster-Pfosten, gleich auch die Wände von schönem hellglänzenden Marmel, daß man gleich wie zu Ispahan in der großen Meßtzid sich darinnen bespiegeln kann. Inwendig an der Seite bei den Türen sind allerhand alte Figuren oder Bilder eingehauen, übernatürlicher Größe, deren etliche sitzen, etliche stehen, haben lang über die Schulter herunter hangendes Haar und breite Bärte, alle aber mit langen, bis auf die Füße herunter gehenden Röcken mit weiten Ärmeln angetan, und sind an den Lenden umgürtet; die Köpfe waren mit runden Mützen bedecket; dergleichen Habit und Zierrath habe ich auf der ganzen Reise auch sonst nirgends gesehen.
Nicht ferne hiervon sind auf solche Art noch zwei andere Kammern zu erkennen, davon auch nicht mehr als die Türen und Fenster-Löcher zu sehen. Es sind in diesem Gebäude gleich noch heutigen Tages bei den jetzigen Persern sehr viele Türen gewesen, ohne Zweifel wegen der kühlen und durchstreichenden Luft an den heißen Tagen.
Es steht auch nicht fern von diesen Gemächern eine viereckige Säule, in welcher ein großer, hell polierter Stein, etliche sagten, daß es ein Jaspis sei. Im selbigen, wie auch an etlichen Marmel-Tafeln waren seltsame Charakter oder Schrift eingegraben, die niemand lesen kann, die Buchstaben gehen fast alle oben spitz zu und stehen auf breiten Füßen, es scheint, als wenn sie mit Gold eingelegt gewesen wären. Der übrige leere Teil des Platzes ist schön gleich und eben, hält in der Länge 3000 und der Breite 200 Schritte.
Mandelsloh, Johann Albrecht von
Morgenländische Reise-Beschreibung
Hamburg 1696