Um 1760 - Unbekannter französischer Offizier
Wenig Bemerkenswertes in Hannover
Alles in allem kann man sagen, daß die Stadt schön ist. Die Straßen sind sauber und breit, aber nicht gerade. Die Bürgerhäuser sind alle nach deutscher Weise gebaut, mit dem fensterreichen Giebel der Straße zugekehrt. Aber es gibt hier auch eine große Anzahl von Häusern des Adels, welche die Breitseite der Straße zukehren, einige davon haben sogar Mansardendächer. In der Altstadt gibt es nicht einen schönen Platz; was man so nennt, sind nur Gassen, auf welche mehrere Straßen münden. Das Rathaus ist unbedeutend, die Schiffe der Kirchen sind ziemlich groß, aber wenig oder gar nicht verziert. In der Altstadt haben die Stände ein sehr prächtiges Haus, in welchem sie ihre Sitzungen abhalten. Auch der König von England hat dort ein sehr schönes Haus, welches er bewohnt, wenn er hier ist; es heißt das Palais. Von außen ist es sehr schön, auch im Innern soll es ziemlich gut eingerichtet und einigermaßen möbliert sein. In der Neustadt ist eine sehr schöne Straße, die Calenbergerstr., mit stattlichen Häusern an beiden Seiten, und ein ziemlich schöner viereckiger Platz mit einem Springbrunnen darauf. Die beiden Lustschlösser vor der Stadt, Monbrillant und Herrenhausen, bieten wenig Sehenswertes. Weder durch Größe und Schönheit der Gebäude, noch durch Bilder, Möbeln oder Schönheit der Gärten sind sie bemerkenswert. Nur die große Fontaine in Herrenhausen, welche höher springt als die in St. Cloud, zieht die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich.
Die Befestigungen der Stadt sind wenig bedeutend; es sind Wälle, die von einem breiten, von der Leine gespeisten Graben umgeben sind. Er ist sehr tief und sumpfig, und es würde schwierig sein, ihn zu überschreiten, weil es sehr viel Reisigbündel und Faschinen bedürfte, um einen Übergang herzustellen. Der Wall hat 13 ziemlich große Bastionen und ist mit 22 Kanonen von sehr schöner Arbeit besetzt.
Die Stadt ist für eine Hauptstadt ziemlich klein, aber außerordentlich bevölkert; Höfe hinter den Häusern gibt es nur sehr wenige, noch weniger Gärten, auch Ställe sind selten. Handwerker wohnen hier in großer Anzahl, aber sie arbeiten nur für die Stadt, nicht für auswärts; auch der Handel der zahlreichen Kaufleute ist auf die Stadt beschränkt.
Entnommen aus:
Frankenstein, Norbert (Hg.)
Hannover in alten und neuen Reisebeschreibungen
Düsseldorf 1991