1862 - Osgood Mackenzie
Der Garten von Inverewe
Im Jahr 1862 kaufte meine Mutter für mich die zwei Güter Inverewe und Kernsary an der Westküste von Ross-shire.
Kernsary liegt im Binnenland, aber zu Inverewe gehört ein ziemlich langes Stück Küste. Nachdem wir etwa zwei Jahre lang darüber nachgedacht hatten, wo wir unser Heim errichten sollten, entschieden wir uns schließlich für eine unbewachsene Halbinsel aus runden und hohen Felsen, die ins Meer vorstießen.
Ansonsten bestanden die »Policies« (so nennt man in Schottland das eingefriedete Land um das Herrenhaus herum) hauptsächlich aus steilen Hängen, die nach Süden und Westen abfielen; eine Ausnahme bildete nur ein schmaler Uferstreifen, die einzige Stelle, an der die Küste nicht felsig war. Aus diesem Steifen, ehemals ein Strand, wurde der Garten. Ich möchte hinzufügen, dass die Halbinsel, dessen gälischer Name Am Ploc (der hohe Klotz) sie sehr gut beschreibt, aus Torridon, rotem Sandstein, bestand.
Diese Halbinsel war, wo nicht der nackte Fels zutage trat, überwiegend mit niedrigem Heidekraut und noch niedrigeren Krähenbeeren bewachsen, und der wenige Erdboden bestand aus schwarzem Torf von etwa 3 cm bis zu 1 m Tiefe. In Senken hatte es ursprünglich mehr Torf gegeben, aber der war von den Bauern, die vor vierzig Jahre hier gelebt hatten, als Feuerungsmaterial abgebaut worden. Es gab hier nirgendwo etwas, was auch nur ansatzweise als guter Boden gelten konnte, es gab auch wenig Kies oder Sand. Aber an ein paar Stellen lagen verwittertes Gestein und Torf durcheinander, und als wir darauf stießen, hielten wir es für vergleichsweise erstklassig. Nur eine vielversprechende Sache gab es auf diesem Gelände, das so hoffnungslos für die Kultivierung schien, und das war, dass das Gestein gar nicht kompakt und fest war.
Wir mussten hinter dem für das Haus vorgesehenen Platz viel Fels wegsprengen, bevor wir mit dem Bau beginnen konnten. Dabei fiel uns auf, dass der Stein mit zunehmender Tiefe immer weicher wurde und sogar dünne Schichten von rosa Lehm auftraten. Die Lage unserer Halbinsel ist ungünstig, denn sie fängt jeden Sturm ein. Mit Ausnahme der dünnen, niedrigen Linie des Nordendes von Lewis am Horizont, fast 70 Kilometer entfernt, gibt es nichts zwischen hier und Labrador. Und immer geht die salzige Gischt darüber hin. Den Hängen hinter dem Haus geht es etwas besser, aber auch sie werden von den Südweststürmen überfegt, die hier so ausdauernd und heftig auftreten.
Nun sollte ich wohl bemerken, dass es mit Ausnahme von zwei winzigen Weiden, etwa einen Meter hoch, weit und breit nichts gab, dass einem Busch oder einem Baum ähnlich gesehen hätte. Eine dieser Zwergweiden habe ich als Denkwürdigkeit bewahrt, und an die Stelle der anderen habe ich neulich eine Azalee gepflanzt, die, so meine ich, bald auf ihren Nachbarn herabsehen wird, auf die kleine, eingeborene Weide.
Ich begann die Arbeiten mit Beginn des Frühjahrs 1864, indem ich einen Zaun an der engsten Stelle der Halbinsel von Ufer zu Ufer zog, um die Schafe auszusperren. Ich war damals sehr jung, noch nicht volljährig, als das Land gekauft wurde, und vollständig unvertraut mit allem, was Forstwirtschaft oder Gartenbau betraf. Ich hatte nie ein längerfristiges Zuhause gehabt, weil ich zum großen Teil auf dem Kontinent aufgewachsen bin; aber ich wollte schon immer gärtnern und pflanzen und habe, das ist meine feste Überzeugung, die Liebe zu Bäumen und Blumen von Vater und Großvater geerbt.
Meine Mutter kümmerte sich um alles, was mit dem Hausbau zu tun hatte, und ich nahm alles andere in Angriff, entschieden, Erfolg zu haben, wenn es nur irgend möglich war. Hätte ich nur damals gewusst, was ich heute weiß, und hätte ich nur damals mit der Erfahrung von heute beginnen können! Zum Beispiel hatte ich noch nie von der kleinen Pinus montana [Latsche] gehört. Hätte ich damals schon gewusst, wie gut sie geeignet ist, hätte ich damit begonnen, einen breiten Gürtel in den Felsen um die Halbinsel herum anzulegen, gerade über der Hochwassermarke, um die gewaltigen Winde abzufangen, die die für die Vegetation so schädliche Gischt mitbringen.
Ich wusste damals nicht, dass es wenig Zweck hat, Pinus austriaca [österreichische Schwarzkiefer], Bergesche, Spierlingsbaum oder sogar Birken als Teil eines Waldes zu pflanzen. Sie sehen zwar einige Jahre lang gut aus, werden aber im Laufe der Zeit von schneller wachsenden Arten erstickt, und man muss sich die Mühe nehmen, die meisten herauszuschneiden. Würde ich noch einmal von vorn anfangen, würde ich als erstes, wie schon gesagt, eine Reihe Pinus montana aus Tirol über der Hochwassermarke setzen, dahinter Pinus austriaca, und als dritte die wunderbare Pinus laricio [korsische Schwarzkiefer]. Diese dreifache Reihe von Nadelbäumen wäre mein Schutz gegen die Stürme des Ozeans, und hinter dem durch sie geschaffenen Schutzschild würde ich die normalen Bäume pflanzen, Waldkiefern, Silbertannen, Sykomoren, Eichen, Buchen, und so weiter.
Wenn man mich fragte, welchen Baum ich nach Festigkeit des Holzes und Wachstumsgeschwindigkeit auf schlechten Böden und in exponierten Lagen am höchsten schätze, so kann die Antwort nur lauten: Die korsische Schwarzkiefer. Ich habe sie auf ihrer Heimatinsel an Berghängen in 3.000 m Höhe gesehen, mit nichts zwischen ihr und Spanien und Algerien, wo sie zu enormer Größe wachsen: Einige, die ich ausgemessen habe, brachten es auf sechs Meter Umfang. Hierzulande produzieren sie im Vergleich zu Waldkiefern im gleichen Alter die doppelte Menge an Nutzholz und sind unempfindlich gegen Rinder, Schafe, Rotwild und Kaninchen, was kein anderer Baum leistet, den ich kenne. Auf der Werft von Savona erklärte man mir, dass Laricio-Holz so gut ist wie das beste Hartholz von der Ostsee.
Ich gebe es ungern zu, kann es aber nicht länger abstreiten, dass, was Bäume betrifft, die ausländischen weit widerstandsfähiger und wachstumsfreudiger als unsere einheimischen. Die Waldkiefer, wie sie heutzutage gezogen wird, ist häufig außerordentlich empfindlich gegen die atlantischen Stürme. In den guten alten Zeiten war das nicht so, denn man findet große Waldreste von Pinus sylvestris auf den windumtosten höchsten Gipfeln unserer Westküste. Mein Bruder, der verstorbene Kenneth Mackenzie of Gairloch, gab mir hundert Pflanzen der richtigen Züchtung aus seinem alten Nadelwaldforst in Glasleitir am Loch Maree. Die sind wie die Reste der alten Art bei Coulan in Glen Torridon oder in den großartigen Tälern von Locheil so verschieden in Wachstum und Beschaffenheit von denen, die heute meistens verkauft werden, wie schottischer Kohl von Blumenkohl. Ich habe die Setzlinge Seite an Seite in der Baumschule meines Bruder wachsen sehen; in den Monaten März und April waren die Nadeln der zugekauften Setzlinge rostrot, wie versengt, während die der einheimischen glänzend dunkelgrün waren.
Vier oder fünf Jahre sah meine kleine Halbinsel armselig aus, und alle, die ihr Übles vorhergesagt hatten, und das waren viele, meinten, sie hätten es ja gewusst! Aber schließlich konnten wir aus den Fenstern des Salons ein paar kleine grüne Kleckse über der Heide aufkommen sehen. Das waren die österreichischen und ein paar heimatliche Föhren, die um das Haus herum an Ehrenplätzen verteilt worden waren. Um das fünfte oder sechste Jahr herum begann alles, in die Höhe zu schießen. Sogar die kleinen Laubbäume, die bis dahin nach unten gewachsen waren, strebten nun in die Höhe, viele neu aus der Wurzel. Nun begann die wahre Freude und wir konnten sehen, wie Mühe und viel Arbeit Früchte trugen.
Die jungen Bäume hatten mit weniger Feinden zu kämpfen als heute. Moorhühner stolzierten herum und wunderten sich, was mit ihrem Moor geschah, richteten aber keinen Schaden an. Birkhühner schätzten unsere Bemühungen, pickten die Knospen aus den kleinen Waldkiefern und taten so ihr Bestes, sie wie die kleinen Pinus montana werden zu lassen. Feldhasen und Schneehasen zerstörten einige der dicken jungen Triebe an den österreichischen Tannen und den Eichen. Aber im Ganzen ging es meinen jungen Bäumen besser, als es Pflanzungen heute mit der Kaninchenplage, Rehen und Hirschen haben.
Zu Anfang setzte ich nur sehr wenige der selteneren Bäume. Wellingtonias waren damals der letzte Schrei, und ich sah mich genötigt, in vier zu investieren, und ich pflanzte sie an den besten Stellen, die ich in der Nähe des Hauses finden konnte. Ich versuchte, Löcher für sie zu graben. Ich nahm das bisschen Torf weg, dass sich fand; wie gut erinnere ich mich an den Klang des Spatens, wenn er auf Felsen stieß! Am nächsten Morgen (die Nacht war nass gewesen) hatten wir nichts als vier kleine Teiche, und ich musste dafür sorgen, dass ein alter Mann mit einer Kiepe bessere Erde auf seinem Rücken herbei schleppte. Ich habe die Wellingtonias gerade gemessen: In ihren 43 Lebensjahren haben sie etwa 20 m Höhe erreicht bei einem Umfang von 2,5 m in einer Höhe von 1,8 m. Und sie wachsen immer weiter. Das verdanken wir dem alten Mann mit seiner Kiepe.
Silbertannen sind an geschützten Stellen gut gewachsen, manche davon sind ebenfalls 18 bis 21 m hoch. Eins hat mich sehr überrascht, nämlich, dass Eichen, von denen ich nur wenige gepflanzt hatte, weil ich annahm, sie würden hier nicht gedeihen, fast so groß geworden sind wie die Tannen, Kiefern, Lärchen und Buchen.
Erst nach 15 bis 20 Jahren, als die gepflanzten Bäume einen guten Windschutz abgaben, nahm ich die ersten gewöhnlichen Bäume heraus, insbesondere meine Feinde, die »eingekauften« Waldkiefern, wie ich sie nenne. Die wurden nach wie vor von den Stürmen umgeblasen. Dann begann ich, alles mögliche an die gerodeten Stellen zu setzen: Douglastannen, Blutbuchen, Ross- und Edelkastanien, zwei Arten Weißfichten, Spanische Tannen, Nordmanntannen, Monterey- und Lawson-Zypressen, Riesenthujas, Traubenkirschen, Scharlach-Eichen und andere. Jetzt wirkt es, als ob sie schon immer Teil der Anpflanzungen waren. Ich mache einfach weiter und habe eine ganze Menge Eukalyptus, Rhododendron, Erdbeerbäume, Grieselinen, Cordylinen und Büschel von Bambus und neuseeländischem Flachs verteilt, die dem Rand meiner Anlage ein ansprechendes Bild geben.
Sogar der Eukalyptus ist widerstandsfähiger als die mindere Art der Waldkiefer. Weder Wind noch Schnee oder Frost scheint ihm zuzusetzen. Für den Fall, dass es den Leser interessiert, nenne ich hier die stabilsten Arten: Eycalyptus coccifera, E. Gunnii, E. Whittinghamensis, E. cordata, E. coriacea, E. urnigera, und eine oder zwei andere. Ich warne aber vor Eucalyptus globosa – genau die Art, die die meisten Leute zu pflanzen pflegen.
Ich sollte vielleicht auch über die sprechen, die bei mir nicht so gut florierten, z. B. die Rottanne. An tiefer gelegenen geschützten Stellen wächst sie mit einer Rate von fast 1 m pro Jahr, aber sobald sie eine Höhe von 9 m erreicht, wirkt sie zwischen den anderen Bäumen wie ein Schornstein aus Backstein – so hat es mein Förster sehr passend beschrieben. Selbst wenn sie nicht direkt dem Wind vom Atlantik ausgesetzt ist, wird sie rostrot und zerzaust. Ich habe es auch mit ein paar Exemplaren von Seidenkiefern versucht, aber das hat nicht funktioniert. Ich bedaure, es nicht mit Zirbelkiefern oder Monterey-Kiefern versucht zu haben. Erstere würde gewiss ein Erfolg; da die Monterey-Zypresse so gut gedeiht, wäre wohl auch die Monterey-Kiefer vielversprechend, da beide, wie man mir gesagt hat, aus derselben Gegend in Kalifornien kommen.
Im Moment habe ich die fixe Idee, Stellen zu roden, sie mit einem wild- und kaninchensicheren Zaun zu umgeben und sie mit fast jedem seltenen exotischen Baum oder Busch zu bepflanzen, von dem ich weiß, dass er in Devon, Cornwall und im Westen Irlands gut gedeiht. Ich kann wohl sagen, dass ich ganz gute Erfolge aufweise, und nichts würde mir mehr Vergnügen bereiten als der Besuch einer Abordnung der Royal Horticultural Society. Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen triumphierte, als ich die bezaubernde Sammlung im temperierten Gewächshaus von Kew besuchte und bin sicher, dass ich recht viel von dem, was da unter Glas wächst, im fernen Norden im Freien besser kultivieren kann.
Und nun will etwas über den Garten sagen, Küchengarten nennen ihn alle meine englischen Freunde. Wie so oft bei uns im Hochland der Fall, habe ich nur einen Garten für Obst, Blumen und Gemüse. Wie schon gesagt, besteht er hauptsächlich aus dem ehemaligen Strand; die meisten Leute würden sagen, dass das nicht gerade hoffnungsfroh stimmt. Auch jetzt noch, trotz Mauer und fester Uferlinie, droht der Atlantik hin und wieder durch die unteren Tore zu kommen, und die Eistaucher, die davor lässig auf dem Meer dümpeln, scheinen von den leuchtenden Farben im Inneren fasziniert zu sein, wenn man ihretwegen diese Tore offen lässt.
Der Boden dieses ehemaligen Strandes bestand aus einer 1,2 m dicken Schicht, die zu drei Vierteln aus Kies und aus einer ganz guten dunklen Erde bestand. Die Millionen von Kieselsteinen mussten wir loswerden. Beim Ausgraben wurden meistens Gabeln benutzt. Jeder Arbeiter hatte sich gegenüber einen Jungen oder ein Mädchen, und das Auslesen ähnelte einer sehr guten Kartoffelernte. Das war alles sehr teuer, denn tausende von Schubkarrenladungen mussten in die See ausgeleert werden, und anstelle des Kieses mussten unzählige Wagenladungen von Torf, roter Erde, die von weither kam, und einer Art von blauem lehmigen Mergel aus dem Meer herangeschafft werden. Der Schlick war voll mit verrottenden Austernschalen und Krabben und anderen guten Dingen und wurde bei Ebbe geholt.
Den ganzen Garten entlang läuft eine Terrasse, die aus einem steilen Hang geschnitten ist, der direkt an den alten Strand anschließt. Sie wurde aus fest zusammengebackenem Kies herausgebrochen und mit Erde bedeckt, die von weither kam. Die Tiefe beträgt 3,6 m von der höchsten Stelle, und an der Wand wurde eine Stützmauer gezogen, vor die dann Spalierobst gepflanzt wurde.
Bei den Grabungen fanden wir eine große Anzahl von Löchern oder Gängen, die tief in den Hang hineinreichten. Aus verschiedenen Anzeichen schlossen wir, dass sie einstmals von einer Kolonie Dachse bewohnt waren, und nachdem Licht hinein gekommen war, holten wir eine fette Ernte von Himbeerschösslingen ein – so weit wir sehen konnten, war alles voll davon. Offensichtlich fraßen Dachse, wie Bären auch, Obst sehr gern und bestritten mit wilden Himbeeren ihren Nachtisch. Gefressen- und Verdautwerden hatten ihre Keimfähigkeit nicht beeinträchtigt. Das ist heute noch so mit dem Samen von Darwins Berberitze, die die Vögel aufpicken und dann überall verteilen. Sonst wuchsen dort keine Himbeeren, aber den Anblick der Schösslinge fand ich sehr ermutigend, und ich dachte, wo einmal wilde Himbeeren gewachsen waren, müssten auch moderne Züchtungen prosperieren. Meine Erwartungen wurden voll erfüllt. Ich glaube, dass mein Garten, dessen Anlage drei bis vier Jahre dauerte, mich für all die Mühe und die hohen Ausgaben entschädigt hat.
Was Blumen angeht, so denke ich, dass alle, die in Großbritannien wachsen, auch bei mir wachsen können. Einmal besuchte ich in einer warmen Ecke der Isle of Wright einen Garten. Es war Juni, als meine Gastgeberin und ich auf den Gärtner trafen, der große Exemplare von Agapanthus in Töpfen aus dem Gewächshaus nach draußen trug. Als wir vorbeikamen, meinte er, man könne jetzt wohl wagen, sie ins Freie zu bringen. Ich konnte nicht umhin, dem alten Mann zu sagen, dass sein Klima wohl nicht viel wert sein könne, denn im hohen Norden Schottlands holten wir sie nicht hinein und müssten sie im Freien nicht einmal schützen. Ich habe große Gruppen von Agapanthus dreißig Jahre oder mehr im Freien gehabt, und die weißen wie die blauen blühen jedes Jahr sehr üppig.
Mackenzie, Osgood Hanbury
A hundred years in the Highlands
London 1921
Übersetzung: U. Keller
Abgedruckt in:
Ulrike Keller (Hrg.)
Reisende in Schottland seit 325 v. Chr.
Wien 2008