Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1746 - Henry Ellis auf der Suche nach der Nordwestpassage
Die Eskimos: Kleidung und Schneeaugen
Hudson Bay, Kanada

 

Was die Kleidung dieser Leute betrifft, so könnte vieles, so nicht unangenehm seyn dürfte, davon gesagt werden: jedoch ich werde davon sehr kürzlich handeln. Die Manns-Kleider sind von See-Hunde- und Hirsch-Fellen, und zuweilen auch von zusammen geneheten Häuten der Land- und See-Vögel gemacht. Alle ihre Röcke haben Kappen gleich denjenigen, welche die Capuciner tragen; sie werden vorne an der Brust gleich einem Mannshemde zugemacht und reichen nicht weiter herunter als bis zur Mitte des Schenkels; ihre Beinkleider werden vorne und hinten wie ein Beutel mit einer Schnur dichte zusammen gezogen und mitten um den Leib festgebunden. Sie tragen verschiedene Paar Stiefeln und Strümpfe über einander um sich warm zu halten, und diese lassen kein Wasser ein. Der Unterschied zwischen der Manns- und Weibskleidung bestehet darin, daß die Weiber eine Schleppe an ihren Jupen haben, welche bis auf die Fersen herunter geht. Ihre Kappen sind größer und weiter an den Schultern, damit sie darin ihre Kinder gemächlicher auf dem Rücken tragen können. Ihre Stiefeln sind auch um ein großes weiter und gemeiniglich mit kleinen Stücken Fischbein ausgesteckt, weil sie ihr Kind, wenn sie nöthig haben es von dem Arm zu thun, in einen von ihren Stiefeln stecken, bis sie es wieder aufnehmen können. Etliche wenige unter ihnen tragen Hemden von Seehunde-Blasen, welche fast auf eben die Art, als die in Europa zusammen genehet sind. Gemeiniglich sind ihre Kleider sehr sauber genehet, welches sie mit einer elfenbeinernen Nadel und den Spannadern von Hirschen verrichten, welche sie zerspalten und statt des Zwirns gebraucht werden. Man merkt auch einen ziemlichen Geschmack und Verstand in ihrer Art sich mit Streifen von verschiedenen bunten Fellen auszuputzen. Diese sind gleichwie ein Saum, oder Aufschlag und Einfassung an die Kleider genehet, und dieses alles siehet sehr sauber und nett ja so gar schön, oder zum wenigsten so wohl artig, als anständig aus.
   Wenn ihre Kleider und andre Bedürfnisse wohl ausgesonnen sind, so sind es ihre Schnee-Augen, wie sie dieselben recht füglich nennen, nicht weniger. Dieß sind Stücken Holz oder Elfenbein, die niedlich gemacht sind das Gesicht zu bedecken, und welche hinten am Kopfe fest gebunden werden. Es sind zwey Löcher darin, die eben so lang als die Augen, aber schmahl sind. Hierdurch sehen sie sehr deutlich und ohne einiges Ungemach zu empfinden. Diese Erfindung verwahret sie gegen die Schnee-Blindheit, eine sehr beschwerliche und schmerzliche Kranckheit, die durch das Licht, welches von dem Schnee auf die Augen zurückstrahlet, verursachet wird, insonderheit im Frühlinge, wenn die Sonne ziemlich hoch ist. Der Gebrauch dieser Schnee-Augen stärket das Gesicht ungemein, und sie haben sich dergestalt dazu gewöhnet, daß, wenn sie etwas in einer großen Weite beobachten wollen, sie gemeiniglich dadurch sehen, so wie wir durch Ferngläser thun.

 

Ellis, Henry
Reise nach Hudsons Meerbusen, welche von zweyen Eglischen Schiffen, der Dobbs-Galley und California, in den Jahren 1746 und1747 wegen Entdeckung einer nordwestlichen Durchfahrt in die Süd-See verrichtet worden …
Göttingen 1750

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