1500 - João de Barros
Pedro Alvarez Cabral entdeckt Brasilien
Porto Seguro
Am folgenden Tage, als am 9. März liess Pedralvarez seine Segel, die aufgerollt gewesen, herunter und stach mit der ganzen Flotte in See [von Lissabon], wobei er seinen Lauf nach den Inseln des Vorgebirgs richtete, wo er Wasser füllen wollte und nach dreizehn Tagen ankam. Aber als er, bevor er noch das Cap erreicht, zwischen jenen Inseln hinfuhr, brach ein Sturm los, wodurch das Schiff des Capitäns Luis Pirez von dem übrigen Geschwader getrennt wurde, welcher sodann nach Lissabon zurückkehrte.
Da sich die Flotte, nachdem der Sturm vorüber war, wieder gesammelt hatte, wagte sie sich, um dem Lande Guinea auszuweichen, wo sie die Windstillen in ihrer Fahrt aufhalten konnten und weil man sicher war, das Vorgebirge der guten Hoffnung umsegeln zu können, weit in die hohe See, und da sie schon einen Monat in diesem grossen Bogen fortgesegelt war, stiess sie in der zweiten Octave von Ostern, welches am 24. April war, auf die Küste eines andern Festlands, das nach der Schätzung der Piloten wohl vierhundertfünfzig Meilen westlich von der Küste von Guinea und unter dem zehnten Grade südlicher Breite liegen mochte. Die Leute aber waren so fest überzeugt, dass der ganzen Küste von Afrika gegenüber kein westliches Festland liege, dass die meisten Piloten versicherten, dies Land müsse eine grosse Insel, wie die Terceiras-Inseln [Azoren] sein oder wie die, welche Christoforo Colombo entdeckt, welche letztere Castilien gehörten und welche die Castilier gewöhnlich Antillen nennen.
Um sich nun zu vergewissern, ob dies eine Insel oder ein Festland sei, fuhr er einen ganzen Tag längs der Küste hin, und liess auch an einem Orte, der sich zu einem Landungsplatze besonders zu eignen schien, ein Boot aussetzen. Kaum war dies am Lande, als viele nackte Leute den Strand herabkamen, und zwar waren dieselben nicht schwarz und kraus von Haaren, wie die Bewohner von Guinea, sondern sie hatten alle eine braune Hautfarbe, langes schlichtes Haar und ein ganz wunderlich gestaltetes Gesicht. Denn dieses war so beschmiert und von dem Aussehen der übrigen Menschen, die sie gesehen, so ganz verschieden, dass die Bootsmannschaft sogleich zurückkehrte, um über das, was sie gesehn, und über den Hafen, der ihnen ein guter Ankerplatz schien, Bericht abzustatten.
Pedralvarez lief nun mit der ganzen Flotte in den Hafen ein, um das Land genauer zu erkunden , und befahl denen im Boote, sich so nahe als möglich am Lande zu halten, und zu versuchen, ob sie nicht einen von den Menschen, die sie sähen, aufgreifen könnten, ohne sie jedoch durch einen Schuss zu erschrecken, der sie vertreiben würde. Aber sie warteten dies nicht ab, denn wie sie gewahrten, dass die Flotte auf sie zukam und dass das Boot nochmals nach dem Ufer fuhr, nahmen sie Reissaus und flüchteten auf einen überhängenden Hügel, wo sie sich alle in einen Haufen stellten und das Treiben der Unsern beobachteten.
Während nun Pedralvarez in einiger Entfernung vom Hafen vor Anker ging, legten sich die im Boote in demselben nieder, um diesen wunderlichen Leuten nicht noch mehr Furcht einzujagen, als sie bereits zu haben schienen, indem sie sich auf den Hügel zurückzogen; und ein Neger, ein Schiffsjunge redete sie alsbald in der Sprache von Guinea an und andre, die einige Worte Arabisch konnten, thaten dessgleichcn, aber sie merkten weder auf die Rede, noch auf die Zeichen, in welchen doch die Natur allen Völkern gemeinschaftlich war. Als die im Boote sahen, dass sie weder auf die Zeichen, noch auf die Sachen, welche sie ihnen an's Ufer warfen, Acht hatten, wurden sie müde ein Zeichen des Verständnisses von ihnen zu erwarten und kehrten zu Pedralvarez zurück, um zu erzählen, was sie gesehn.
Dieser beschloss des audern Tages mehr Boote und Leute hinzuschicken: aber in der Nacht kam ein solcher Sturm über sie, dass sie die Anker lichten mussten und immer längs der Kiste nach Süden steuerten, weil ihnen der Wind in dieser Richtung günstig war, bis sie in einem sehr sichern Hafen und Ankerplatz anlangten, der sie vor dem Sturme, den sie aushielten, schützte, und welchen Pedralvarez aus diesem Grunde den Namen Porto seguro (sicherer Hafen) gab, den er noch jetzt führt. Am andern Tage bekamen die Leute vom Lande die Flotte zu Gesicht, und obgleich Alle ein Volk ausmachen so scheint es doch, dass Gott gestattete, dass diese nicht so scheu wären, wie die ersten.
Barros, João de
Asia
Übersetzt von E. Feust
Erster Band, Nürnberg 1844