Um 876 - Snorre Sturlason
Die Wikinger: Harald Schönhaar fährt nach Westen
Nordschottland
König Harald vernahm, dass Wikinger, die im Winter im Westmeer [Nordatlantik] waren, weit umher im Mittelland [Norwegens] heerten; da machte er Seezüge in jedem Sommer und durchsuchte die Inseln und Schären. Sobald aber die Wikinger sein Heer gewahr wurden, so flohen sie alle, und die meisten aufs Meer hinaus. Dieser Arbeit wurde der König überdrüssig, und eines Sommers geschah, dass König Harald mit seinem Heer westlich das Meer umfuhr, da kam er zuerst zu den Shetlands und erschlug da alle Wikinger, die nicht von dannen fliehen konnten. Sodann segelte König Harald südlich zu den Orkneys und reinigte dort alles von Wikingern. Darauf fuhr er hin nach den Hebriden und heerte da. Er erschlug auch viele Wikinger, die früher Kriegsvölker angeführt hatten. Er schlug dort viele Schlachten und errang allezeit den Sieg. Sodann heerte er in Schottland und schlug dort Schlachten. Als er aber westlich nach der Insel Man kam, da hatten sie dort schon erfahren, welche Heerzüge er zuvor gemacht hatte. Da flüchtete alles Volk nach Schottland, und das Land war menschenleer. Auch alles Vieh, das man mitnehmen konnte, war fort. Als nun Harald und seine Mannen an Land stiegen, fanden sie keine Beute mehr. Hornklove [ein Dichter] sagt:
Viele Schild' auf das Eiland
Schifft der Spender der Ringe,
Und den Sand bedecken
Dichte Reihen der Krieger,
Ehe das Heer der Schotten
Vor dem Schildzerstörer
Und dem Kampfgeübten
Eiligst wählte zu fliehen.
In diesen Kämpfen fiel Ivar, der Sohn Rögnvalds, des Jarls [Fürsten] von Märe [in der Gegend von Trondheim]. Zum Ersatz für ihn gab König Harald dem Jarl, als er vom Westen absegelte, die Orkneys und die Shetlands; aber Rögnvald gab seinem Bruder Sigurd die Ländereien weiter, und der blieb im Westen zurück. König Harald übertrug Sigurd das Jarltum, bevor er ostwärts segelte. Dann trat mit Sigurd in Genossenschaft Thorstein der Rote, Sohn Olafs des Weißen und Audurs der Grundreichen. Sie heerten in Schottland und eroberten Caithness und ganz Sutherland bis nach Ekkjalsbakka [vielleicht Strath Oikel am Ende des Dornoch Firth]. Jarl Sigurd erschlug den Melbrigde Tönn, den schottischen Jarl, und band dessen Kopf an seinen Steigbügel, und er stieß sich die Wade an den Zähnen, die aus dessen Kopf hervorstanden. Es kam Geschwulst in den Fuß, und er starb daran und ist in Ekkjalsbakka begraben. Da herrschte Guthorm, sein Sohn, ein Jahr über die Lande, und er starb kinderlos. Hierauf setzten sich die Wikinger in den Landen fest, viele Dänen und Normannen.
Mohnike, Gottlieb (Übersetzer)
Heimskringla: Sagen der Könige Norwegens von Snorre Sturlason
Stralsund 1837
Abgedruckt in:
Ulrike Keller (Hg.)
Reisende in Schottland seit 325 v. Chr.
Wien 2008