1690 - Engelbert Kämpfer
Schwimmende Dörfer bei Ayuthia
Thailand
Außerhalb der Stadt liegen auch viele Dörfer und Vorstädte, von denen einige aus Wohnschiffen bestehen, deren jedes mit zwei, drei und mehr Familien besetzt ist, die in diesen Behältnissen oft ihren Ort verwechseln, und an alle Orte, besonders bei hohem Wasser, herumfahren und ihre Waren verkaufen. Die gemeinen feststehenden Dörfer sind meist von Bambusried, Brettern und schlechtem Zeuge erbauet. Einige stehen längst dem Ufer auf klafterhohen Stelzen, damit das Wasser, welches immer einige Monate das Land ganz überschwemmet, unterwegs fließen kann. Jedes Haus hat daher eine Treppe, deren sich in der trockenen Jahrszeit bedienet, und einen Kahn, mit dem man bei hohem Wasser ausfährt.
Andere Dörfer stehen auf höherem Boden und haben keine Treppen und Kähne, weil sie der Überschwemmung nicht unterworfen sind. An diesen erhabeneren Orten findet man auch Klöster, Tempel, Brandplätze, wo die Leichen eingeäschert werden, und Höfe, wo die Knochen und die Asche verbrannter, vornehmer Leichen unter kostbaren Pyramiden eingesenkt werden. In einiger Entfernung von der Stadt nach Süden haben die Holländer am Ufer des abschießenden Stroms ihre Lage- und Packhäuser auf einem trockenen Boden prächtig und bequem angelegt. Weiter hin an eben diesem Fluss befinden sich noch die Kolonien oder Dörfer der Japaner (welche die besten Soldaten der vorigen Könige waren), der Peguer und Malten. Auf der anderen Seite des Flusses liegt ein Dorf von Portugiesen, die mit schwarzen Weibern gezeugt sind, und denn eine Europäische Dominikanerkirche St. Domingo mit drei portugiesischen Mönchen. Hinter derselben liegt noch eine kleine Augustinerkirche, deren zwei Patres mit jenen in einem Schilfhause ganz friedlich leben. Unweit davon und noch in eben demselben Campe liegt auch noch eine Jesuitenkirche, welche nach ihrer Hauptkirche in Goa die St. Pauluskirche heisst, die Herrn Jesuiten lieben den Apostel Paulus und nennen sich nach ihm durch ganz Asien lieber Pauliner als Jesuiten. Ihr Kollegium bestand damals aus zwei europäischen Mönchen und drei schwarzen Brüdern, die aus Siam gebürtig waren. Der Metropolitan hatte an der Südwestseite der Stadt am gegenüberliegenden Ufer des Flusses, wo aus derselben der Arm Klam Nanja ausgeht, einen Palast von Steinen und auch eine ansehnliche Kirche erbauen lassen, welche aber damals ledig standen, weil jener Bischof sich im Gefängnis befand. Unsere Geistlichen in Siam haben mich versichert, daß in der Gegend von Judja allein drei tausend und sechs hundert Christen über sieben Jahre wären, die alle zur heil. Kommunion gelassen würden.
Käempfer, Engelbert
Geschichte und Beschreibung von Siam
Hrg. von Christian Wilhelm Dohm, Band 1, Lemgo 1777