1746 - James Boswell
Bonnie Prince Charly auf der Flucht
Skye
Nach der Schlacht von Culloden wurde Prinz Charles Edward nach Long Island gebracht, wo er sich einige Zeit versteckt hielt. Aber als bekannt wurde, wo er war, und Truppen nach ihm suchten, musste er die Gegend unbedingt und unverzüglich verlassen. Miss Flora Macdonald, damals eine junge Dame, beseelt von dem heiligen Prinzip der Loyalität, bot mit der Großherzigkeit einer Heldin an, ihn in einem offenen Boot nach Skye zu bringen, obwohl die Küste, die sie verlassen mussten, von Schiffen bewacht war. Er zog Frauenkleider an und wurde als Floras Dienerin Betty Bourke, eine Irin, ausgegeben. Sie entkamen unerkannt, obwohl mehrere Schüsse auf sie abgegeben wurden, um sie anzuhalten, und landeten bei Mugstot, dem Sitz von Sir Alexander Macdonald. Sir Alexander war zu der Zeit in Fort Augustus beim Herzog von Cumberland, aber seine Frau war zu Haus. Prinz Charles stand Wache auf einem Hügel nahe dem Hause, Flora machte Lady Margaret ihre Aufwartung und erzählte ihr, in welchem Unternehmen sie gerade steckte. Die Lady, die tätige Nächstenliebe mit überragenden Fähigkeiten verband, zeigte große Geistesgegenwart und großen Einfallsreichtum und entschied, dass Prince Charles zum alten Raasay gebracht werden sollte, der sich mit einigen ausgesuchten Freunden versteckt hielt. Dieser Plan wurde sofort Kingsburgh mitgeteilt: Er wurde zum Hügel geschickt, das dem Wanderer [dem Prinzen] zu sagen und ihm Essen und Trinken zu bringen. Als Kingsburgh erschien, kam ihm der Prinz mit einem großen Knotenstock entgegen, bereit, wie es schien, ihn niederzuschlagen, bis Kingsburgh sagte: »Ich bin Macdonald of Kingsburgh, Eurer Hoheit zu Diensten.« Der Wanderer antwortete: »Das ist gut!« und war mit dem Plan einverstanden.
Flora Macdonald speiste mit Lady Margaret, an deren Tafel ein Armeeoffizier saß, der hier mit einer Abteilung Soldaten stationiert war und Ausschau nach Prince Charles halten sollte, für den Fall, dass der auf die Insel fliehen würde. Später hat sie sich oft mit ihm darüber amüsiert, dass sie ihn so erfolgreich in die Irre geführt hatte.
Nach dem Essen zogen Flora zu Pferd und ihre sogenannte Dienerin und ein Diener mit Wäsche zu Fuß zum Haus von Kingsburgh. Einmal mussten sie ein kleines Rinnsal, das über die Straße floss, überqueren. Der Wanderer vergaß, welches Geschlecht er angenommen hatte, und hob seine Kleider viel zu sehr an, damit sie nicht nass würden. Kingsburgh sagte ihm dass und bemerkte, dass das zur Entdeckung führen könne. Der Prinz sagte, er wolle in Zukunft vorsichtiger sein. Er hielt sein Wort. Als sie das nächste Wasser überquerten, hob er seine Röcke überhaupt nicht, sondern ließ sie auf dem Wasser treiben. Er war sehr ungelenk in seinen Frauenkleidern, er war so groß und seine Schritte so ausgreifend, dass ein paar Frauen, auf die sie trafen, erzählten, sie hätten eine sehr große Frau gesehen, die aussähe wie ein Mann in Frauenkleidern, und dass das vielleicht der Prinz gewesen wäre, hinter dem man so her sei.
Bei Kingsburgh erwartete ihn ein herzlicher Empfang. Beim Essen schien er fröhlich und genoss hinterher ein vergnügliches Glas mit seinem verdienten Gastgeber. Da er lange Zeit nicht aus den Kleidern gekommen war, war ihm die Bequemlichkeit eines guten Bettes hochwillkommen, und er schlief tief und fest bis zum nächsten Mittag um ein Uhr.
Am Vormittag ging die Tochter in das Zimmer ihres Vaters, der auch zu Bett lag, und teilte ihm ihre Befürchtungen mit, dass ein Trupp Soldaten heraufkommen könne, und dass der Gast nicht zu lange verweilen sollte. Der Vater sagte: Lass den armen Mann nach seinen Mühseligkeiten ausruhen; und was mich anbelangt, so kümmert es mich nicht, wenn sie dieses alte graue Haupt zehn oder elf Jahre früher als der natürliche Tod zu erwarten wäre abschlagen. Dann wickelte er sich in sein Bettzeug und schlief weiter.
Am Nachmittag des gleichen Tages brach der Wanderer, immer noch in Frauenkleidern, mit Flora Macdonald und einem Diener nach Portree auf. Weil seine Schuhe sehr schlecht waren, gab Kingsburgh ihm neue und sagte, während er die alten aufhob: »Ich werde sie in Ehren halten bis Ihr in St. James's [dem Königspalast in London] wohl etabliert seid. Dann komme ich zu Euch und zeige sie Euch, um Euch an die Ereignisse der letzten Nacht und den Schutz unter meinem Dach zu erinnern!« Der Prinz lächelte und sagte: »Haltet Euer Wort!« Kingsburgh behielt diese Schuhe sein Leben lang. Nach seinem Tod kaufte sie ein diensteifriger Jakobiner für 20 Guineen.
Die alte Mrs. Macdonald nahm die Laken, in denen der Prinz gelegen hatte, nachdem ihr Gast sie verlassen hatte, faltete sie sorgsam und trug ihrer Tochter auf, sie nicht zu waschen, sondern sie nach ihrem Tod darin als ihrem Leichentuch einzuhüllen. Das wurde auch eingehalten.
Auf dem Weg nach Portree wechselte Prince Charles zurück in Männerkleidung: eine Tartan-Jacke, eine Weste, Schottenrock und ein Plaid, eine Perücke und eine Mütze.
Mr. Donald M'Donald, genannt Donald Roy, war als Eilbote zum jetzigen Chef von Raasay, damals dem jungen Erben, geschickt worden; der war zu der Zeit im Haus seiner Schwester, etwa drei Meilen von Portree, und kümmerte sich um seinen Bruder, Dr. Macleod, der sich von einer Wunde erholte, die er in der Schlacht von Culloden erhalten hatte. Mr. M'Donald berichtete dem jungen Raasay von dem Plan, den Wanderer zum alten Raasay zu bringen. Ihm wurde gesagt, der Prinz sei nach Knoidart geflohen, einem Teil des Gutes Glengarry. Nun war die Frage, was am besten zu tun sei. Donald Roy schlug vor, den Wanderer aufs Festland zu bringen. Aber der junge Raasay hielt das im Moment für zu gefährlich und meinte, es sei besser, ihn auf Raasay zu verstecken, bis der alte Raasay informiert sei, wo er wäre und einen Vorschlag machen könne, was am besten zu tun sei. Die Schwierigkeit war aber, ihn nach Raasay bringen. Einer Mannschaft aus Portree konnten sie nicht trauen, und alle Boote auf Raasay waren von den Soldaten zerstört oder mitgenommen worden; es gab nur noch zwei, die Malcom M'Leod gehörten und die er irgendwo versteckt hatte.
Als Dr. Macleod von diesem Problem hörte, sagte er, er würde noch einmal sein Leben für Prinz Charles riskieren. Und nachdem sich herausstellt hatte, dass es an einem kleinen See nicht weit weg ein kleines Boot gab, brachten es der junge Raasay und Dr. Macleod mithilfe einiger Frauen an die Küste; das war außerordentlich anstrengend, denn es ging über eine Meile Land, und die eine Hälfte davon war Moor, die andere ein steiler Abhang.
Die zwei tapferen Brüder ruderten das kleine Boot mithilfe eines Jungen nach Raasay, wo sie Captain M'Leod zu finden hofften, wie Malcolm damals genannt wurde, um eins seiner guten Boote für den Rückweg nach Portree zu nehmen und den Wanderer aufzunehmen. Falls sie Malcolm nicht finden sollten, wollten sie das kleine Boot weiter benutzen, obwohl das sehr gefährlich war.
Zum Glück fanden sie gleich nach der Landung ihren Cousin Malcolm, der mit größtem Eifer eines seiner beiden Boote fertig machte; dabei waren auch zwei starke Männer, John M'Kenzie und Donald M'Friar. Malcolm als der älteste war sehr vorsichtig und meinte, da der junge Raasay in diesem unglückseligen Geschäft bisher nicht in Erscheinung getreten sei, sollte er nichts riskieren. Aber Dr. Macleod und er selbst seien bekannt und sollten diese Expedition übernehmen. Der junge Raasay antwortete unter Eid, er werde gehen, würde er auch Leben und Vermögen dabei aufs Spiel setzen. »Also in Gottes Namen!«, sagte Malcolm, »dann geht es los!« Die zwei Bootsleute aber rührten sich nicht, weil sie nicht wussten, was ihr Bestimmungsort war. M'Kenzie erklärte, kein Ruder würde er anfassen, solange er nicht wisse, wohin es ginge. Da wurden die beiden in das Geheimnis eingeweiht und darauf eingeschworen. Sobald sie Bescheid wussten, wollten sie unverzüglich in See stechen. Das Boot landete etwa eine halbe Meile vom Gasthof in Portree entfernt.
All das war erledigt, bevor der Wanderer nach Portree kam. Malcolm M'Leod und M'friar wurden ausgeschickt, um nach ihm Ausschau zu halten. Er erschien bald und ging in das Gasthaus. Hier empfing ihn Donald Roy, den er in Mugstot getroffen hatte, und erklärte ihm, was geplant war. Er wollte eine Guinee (20 Shillings) gegen Silber tauschen, aber der Wirt hatte nur 13 Shillings. Er war im Begriff, diesen Tausch einzugehen, aber Donald Roy sagte klugerweise, dass man ihn dann für einen besonderen Mann halten würde; so kam der Tausch nicht zustande. Er verließ unauffällig das Haus und verließ nun auch seine schöne Beschützerin Flora. Er hat sie nie wieder gesehen. Donald Roy stellte ihm Malcolm Macleod als Hauptmann seiner Armee vor. Der junge Raasay und Dr. Macleod warteten unruhig und ungeduldig im Boot. Als der Wanderer kam, wurden ihm ihre Namen genannt. Er ließ die üblichen Ehrenbezeigungen nicht zu, sondern begrüßte sie als ebenbürtig.
Donald Roy blieb auf Skye, um Nachrichten einzuholen und Alarm auszulösen, falls die Truppen von der Fahrt nach Raasay wüssten. Prinz Charles wurde in der Nacht mit dem Boot dorthin gebracht. Während der Fahrt schlief er ein wenig, die Landung fand bei Tagesanbruch statt. Es war schwierig, eine Unterkunft zu finden, weil fast alle Häuser von Soldaten niedergebrannt worden waren. Sie gingen zu einer kleinen Hütte, die ein paar Schäfer vor kurzem gebaut hatten, richteten sie, so gut es ging, und machten aus Heidekraut ein Bett, zündeten ein Feuer an und aßen, was ihnen an Proviant von Kingsburgh mitgegeben worden war. Man stellte fest, dass der Prinz kein Weizenbrot und keinen Weinbrand trinken wollte, solange es Haferbrot und Whisky gab. »Denn« so sagte er, »das ist das Essen und Trinken meiner Heimat.«
Da der junge Raasay der einzige war, der sich ungefährdet zeigen konnte, ging er auf die Suche nach weiteren Nahrungsmitteln. Er war mitten zwischen seinen eigenen Kühen, Schafen und Ziegen, konnte aber kein Tier mitnehmen, um Entdeckung zu vermeiden, sondern musste sich ungesehen versorgen. Er holte ein Zicklein und brachte es in seinem Plaid zur Hütte. Es wurde geschlachtet und zubereitet und gab eine hoch geschätzte Mahlzeit ab. Der müde Wanderer, dessen Gesundheit nun durch Hunger, Müdigkeit und dauernde Wachsamkeit erheblich gelitten hatte, schlief lange, schreckte aber häufig hoch. Malcolm erzählte, dass er immer wieder wach wurde und in verschiedenen Sprachen, Französisch, Italienisch und Englisch, Selbstgespräche hielt. Ich muss dazu anmerken, dass der gute Malcolm den Unterschied zwischen Französisch und Englisch wahrscheinlich gar nicht kannte. Einer seiner Ausrufe in Englisch war: »O Gott, armes Schottland!«
Wenn sie in der Hütte waren, wurden die Bootsleute M'Kenzie und M'Friar als Wachen an Aussichtspunkten postiert. Und eines Tages passierte etwas, was nicht übergangen werden darf. Ein Mann wanderte über die Insel und verkaufte Tabak. Keiner kannte ihn, und man hielt ihn für einen Spion. M'Kenzie kam angerannt und meldete, dass dieser Mann sich näherte. Darauf hielten die drei Herren, nämlich der junge Raasay, Dr. Macleod und Malcolm, Kriegsrat und waren alle der Meinung, dass dieser Mann sofort umgebracht werden müsse. Prinz Charles machte sofort ein bedenkliches und sogar hartes Gesicht und sagte: »Da sei Gott vor, dass wir einem Mann das Leben nehmen, der vielleicht unschuldig ist, wir können unser Leben auch anders schützen!« Die Herren bestanden aber auf ihrem Plan, während er genauso auf seiner barmherzigen Sicht bestand. John M'Kenzie, der als Beobachter an der Tür der Hütte saß und die Debatte mitgehört hatte, sagte auf gälisch: » Also der muss erschossen werden. Ihr seid der König, aber wir das Parlament, und wir tun, was wir wollen. Prinz Charles merkte, dass die Leute darüber lächelten und fragte, was er gesagt habe; als man es ihm auf englisch erzählte, meinte er, er sei ein kluger Kerl, und lachte lauthals, ungeachtet der gefährlichen Lage, in der er sich befand. Zum Glück bemerkte der unbekannte Mann nicht, dass jemand in der Hütte war, zumindest kam er nicht näher, sondern ging vorbei und wusste so nicht, in welcher Gefahr schwebte. Es stellte sich später heraus, dass es jemand von der Hochlandarmee war, der selbst gefährdet war. Wäre er zur Hütte gekommen, wäre er beiseite gebracht worden. Malcolm sagte mir: »Mitnehmen konnten wir ihn nicht, und laufen lassen hätten wir ihn auch nicht können. In dieser Lage hätte ich sogar meinen Bruder erschossen, wenn ich mir seiner nicht sicher gewesen wäre.«
Der Prinz sagte seinen Begleitern, dass er es nicht für angebracht hielte, lange an einem Ort zu verweilen, und dass er ein französisches Schiff erwarte, dass nach Loch Broom, in das Land der Mackenzies, kommen solle. Es wurde der Vorschlag gemacht, ihn mit einem von Malcolms Booten nach Loch Broom zu bringen, obwohl die Entfernung an der Küste entlang 70 km betrug. Aber das war ihm zu gefährlich. Auch wollte er zunächst Nachrichten einholen. Deshalb schrieb der junge Raasay an seinen Freund M'Kenzie of Applecross und erhielt die Nachricht, dass kein französisches Schiff erschienen wäre.
Deshalb wurde entschieden, nach Skye zurückzukehren, was sie auch taten. Sie landeten in Strath, wo wie sich in einem Kuhstall niederließen, der Mr Niccolson of Scorbeck gehörte. Die See war sehr rau, und das Boot nahm viel Wasser über. Der Wanderer fragte, ob das gefährlich wäre, denn er war so ein Fahrzeug nicht gewöhnt. Auf die Antwort, das sei es nicht, sang er mit viel Verve ein gälisches Lied. Er hatte inzwischen ganz gut Gälisch gelernt.
Der junge Raasay wurde nun zu Donald Roy geschickt, um sich nach den letzen Neuigkeiten zu erkundigen. Und der Wanderer beauftragte Dr. Macleod mit großem Nachdruck, ein Boot an eine bestimmte Stelle 10 km weiter weg zu besorgen, denn es handle sich um eine ausgesprochen wichtige Angelegenheit. Und er gab dem Doktor ein Kästchen, das Gabel, Messer und Löffel in Silber enthielt, und sagte ihm, er solle das behalten, bis sie sich wiedersehen würden, was, so glaubte der Doktor, in zwei Tagen der Fall sein würde. Aber es war alles nur eine Finte. Er hatte anderes vor, dachte aber, es sei am besten, nur so wenige Leute wie unbedingt notwendig einzuweihen. Er ging mit Malcolm ein bisschen von der Hütte weg und vertraute sich ihm an: »Ich gebe mich in Eure Hand. Bringt mich in das Land von M'Kinnon.« Malcolm wendete ein, dass das sehr gefährlich sei, weil so viele Soldaten unterwegs waren. Er antwortete: »Alles ist jetzt gefährlich, was wir noch tun können.« Und dann fügte er hinzu, Malcolm sei jetzt sein Herr und er sein Diener. Er nahm den Sack, in dem seine Wäsche war, auf die Schulter; und da seine Weste aus rotem Schottenstoff mit einem goldgedrehtem Knopf feiner war als Malcolms, die nur aus einfachem Schottenstoff war, zog er dessen Weste an und gab ihm seine mit der Bemerkung, dass es nicht gut aussähe, wenn der Diener besser angezogen wäre als der Herr.
Malcolm war sehr gut zu Fuß, aber Prince Charles war noch schneller. Der sagte ihm, er mache sich nicht so sehr Sorgen wegen der Suchtruppen, denen er einmal auf Schussweite nahe gekommen war. Aber er habe Bedenken wegen der Hochländer, die gegen ihn seien. Er war an das Marschieren gewöhnt, denn in Italien war er häufig auf der Jagd, und auch jetzt noch war er so sehr Jäger, dass er auf Rebhühner schießen wollte. Aber Malcom riet ihm davon ab und meinte, dass Schüsse von den Booten gehört werden könnten, die an der Küste patrouillierten.
Auf ihrem Weg durch die Berge nahmen sie viele Umwege, um nicht an Häusern vorbei zu kommen. Malcom fragte ihn, um seine Stimmung herauszufinden, was sie denn tun sollten, wenn sie auf eine Abteilung Soldaten stießen. »Kämpfen natürlich!«, sagte er. Und fragte Malcolm, ob er in seinem jetzigen Aufzug erkannt werden würde, und Malcom antwortete, ja, das würde er. »Dann will ich mir mein Gesicht mit Pulver schwärzen.« »Dann«, sagte Malcolm, »würde man Euch umso eher erkennen!« »Also muss ich mich in die größtmögliche Unordnung bringen.« Er nahm seine Perücke ab, wickelte sich ein Tuch um den Kopf und stülpte seine Nachtmütze darüber, riss die Rüschen von seinem Hemd, nahm die Schnallen von den Schuhen, die Malcolm dann mit Bindfaden festband. Aber Malcolm meinte immer noch, er wäre zu erkennen. »Ich habe so ein merkwürdiges Gesicht«, sagte der Prinz, »dass jeder, der mich einmal gesehen hat, mich immer sofort wiedererkennt.«
Die schreckliche Geschichte von dem kaltblütigen Massaker, nachdem schon für die Armee unter dem Herzog von Cumberland der Sieg erklärt war, wollte er nicht glauben. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein General so barbarisch vorgehen könnte.
Als M'Kinnons Haus nur noch drei Kilometer entfernt war, fragte Malcom, ob der Prinz den Grundherrn zu sehen wünschte. »Nein«, sagte der, »auf keinen Fall. Ich weiß, dass auch er ein guter und ehrlicher Mann ist, aber im Moment kann er mir nichts nützen. Ihr müsst mich zu einem anderen Haus bringen, aber es muss ein Herrenhaus sein.« Malcolm entschied sich für das Haus seines Schwagers, Mr. John M'Kinnon, um von dort auf das Festland überzusetzen und die Hilfe von Macdonald of Scothouse in Anspruch zu nehmen. Der Wanderer war zunächst dagegen, weil Scothouse einen Cousin hatte, der ihm verdächtig erschien, gab aber dann doch nach.
In der Nähe von M'Kinnons Haus trafen sie einen Mann namens Ross, der Freiwilliger bei der Hochlandarmee gewesen war. Er betrachtete eingehend den Wanderer in seiner Verkleidung und erkannte ihn gleich, schlug die Hände zusammen und rief aus: »O weh, steht die Sache so?« Nachdem er nun entdeckt war, fragte Malcolm, was nun zu tun sei. Prinz Charles sagte: »Lasst ihn schwören, dass er das Geheimnis bewahrt.« Darauf zog Malcolm seinen Dolch und ließ Ross bei der nackten Schneide einen schweren Eid tun, dass er nicht sagen würde, dass er den Wanderer gesehen habe, bis dessen Flucht öffentlich bekannt sei.
Malcolm's Schwester, deren Haus sie recht früh am Morgen erreichten, fragte, wen er denn da mitgebracht hätte. Er erzählte ihr, es sei ein Lewis Caw aus Crieff, der ebenso auf der Flucht sei wie er selbst. Er hätte ihn als Diener engagiert, aber dann sei er krank geworden. »Armer Mann«, sagte sie, »er tut mir leid. Und gleichzeitig gefällt mir einen Mann von solcher Erscheinung.« Ihr Mann war gerade nicht zu Hause, wurde aber jede Minute zurück erwartet. Sie setzte ihrem Bruder ein reichliches Hochlandfrühstück vor. Prinz Charles benahm sich als Diener sehr angemessen, saß in respektvoller Entfernung und hatte seine Mütze abgenommen. Malcom sagte dann zu ihm: »Mr. Caw, Ihr braucht ein Frühstück genauso wie ich. Es gibt genug für uns beide: Kommt näher und teilt es mit mir.« Daraufhin erhob er sich, machte einen tiefen Diener, setzte sich zu seinem angeblichen Herrn, und langte herzhaft zu. Dann kam eine alte Frau, die nach althergebrachter Gastfreundschaft warmes Wasser brachte und Malcolm die Füße wusch. Er wollte gern, dass sie auch die Füße des armen Mannes wusch, der ihm aufwartete. Sie war zunächst dagegen, aus Stolz, weil sie dachte, er stehe unter ihr, und in der umschreibenden Sprache der Hochländer und der Iren sagte sie heftig: »Auch wenn ich Eures Vaters Sohn die Füße wasche, warum soll ich seines Vaters Sohn die Füße waschen?« Aber zuletzt ließ sie sich doch überreden.
Dann gingen sie zu Bett und schliefen eine Zeitlang. Und als Malcolm aufwachte, wurde ihm berichtet, das John M'Kinnon, sein Schwager, in Sicht sei. Er sprang hinaus, um mit ihm zu reden, bevor er auf Prinz Charles traf. Nachdem er ihn begrüßt hatte, zeigte er auf die See und fragte er ihn: »Wie wäre es, wenn der Prinz auf einem dieser Boote wäre?« »Da sei Gott vor«, erwiderte John. »Und wenn er hier wäre?« fragte Malcolm weiter. »Ich wünschte, es wäre so. Wir würden uns schon um ihn kümmern.« »Na dann, er ist in Deinem Haus.« sagte Malcolm. John, von Freude übermannt, wollte gleich ins Haus rennen und ihm huldigen, aber Malcolm hielt ihn zurück und sagte: »Du musst jetzt vernünftig sein und nichts tun, was zu seiner Entdeckung führt.« John nahm sich zusammen, und nachdem er alle Diener mit verschiedenen Aufgaben weggeschickt hatte, wurde er seinem Gast vorgestellt. Der wünschte, dass John ein kleines Boot, das nicht weit vom Haus lag, fertig mache. Obwohl es nur klein und nicht dicht war, wollten sie es lieber benutzen, als sich an den Laird M'Kinnon zu wenden. John aber dachte darüber anders, und als er zurückkam, sagte er ihnen, dass sein Herr und Lady M'Kinnon mit dem Boot des Laird kämen. Prinz Charles sagte zu seinem treuen Malcolm: »Das ist mir nicht Recht, aber wir müssen jetzt das Beste daraus machen.« Dann kam M'Kinnon vom Strand hoch und erwies dem Wanderer seine Ehrerbietung. Seine Gemahlin wartete in einer Höhle, zu der sie jetzt alle gingen, und wo sie mit kaltem Fleisch und Wein bewirtet wurden. Mr Malcolm Macleod, dessen Rolle nun durch den Laird eingenommen wurde, bat um Erlaubnis, sich entfernen zu dürfen, was ihm gestattet wurde. Prinz Charles schrieb eine kleine Botschaft, die seine Freunde informierte, dass er Skye verlassen habe, und dass er sich für die ihm erwiesenen Freundlichkeiten bedanke. Er unterschrieb mit dem Namen James Thompson. Er wünschte, dass diese Nachricht möglichst schnell an den jungen Raasay und Dr. Macleod gelange, damit sie nicht weiter auf ihn warteten. Er verabschiedete sich herzlich von Malcolm, und bestand darauf, dass er eine silberne Schnalle für die Halsbinde annahm wie auch zehn Guineen aus seiner Börse, obwohl, so erzählte Malcolm mir, nicht mehr als vierzig darin zu sein schienen. Malcolm wollte das Geld nicht annehmen und sagte, er hätte selber einiges Geld. Aber Prinz Charles antwortete: »Ihr werdet das Geld brauchen. Ich bekomme wieder welches, wenn ich auf dem Festland bin.«
Der Laird von M'Kinnon brachte ihn dann an die gegenüberliegende Küste von Knoidart. Der alte Raasay, der benachrichtigt worden war, kam zur gleichen Zeit nach Skye herüber; aber da sie nichts voneinander wussten, und jeder seine Befürchtungen hatte, hielten sie sich voneinander fern.
Das sind die Einzelheiten, die ich über die außergewöhnliche Verstecke und die Flucht von Prinz Charles auf den Hebriden zusammengetragen habe. Er war oft in Lebensgefahr. Die Truppen folgten ihm von Long Island hinüber nach Skye und nach Portree, haben ihn aber dort verloren. Ich höre nun auf, denn ich habe keine verlässliche Kunde mehr über die Mühen und Gefahren, die er noch bis zur Flucht nach Frankreich durchzustehen hatte.
Boswell, James
The journal of a tour to the Hebrides
London 1786; Nachdruck London 1984
Übersetzung: U. Keller
Abgedruckt in:
Ulrike Keller (Hrg.)
Reisende in Schottland seit 325 v. Chr.
Wien 2008