1807-1829 - Donald Macleod
Die Clearances von Sutherland
Seit den Zeiten des Feudalismus und im Übergang vom Vasallentum zum Pachtwesen betrachteten die Bewohner der Berge und Täler von Sutherland die Höfe, auf denen sie wohnten, als ihr Eigentum, wenn es auch Verpflichtungen zu Abgaben und Diensten für den Grundherrn gab. Selbst wenn dessen Titel zweifelhaft war, bezeigten die Einwohner ihm doch eine Art von ehrfürchtiger Stammesverbundenheit. Alles geschah, um dem Herrn zu gefallen. In dieser Art von patriarchalischer Herrschaft auf der einen und Gehorsam und Vertrauen auf der anderen Seite fühlten sich die früheren Pächter und ihre Vorfahren recht wohl und lebten in angenehmen Umständen mit einfachen ländlichen Freuden. Aber der letzte Krieg [gegen Napoleon] und seine Folgen zerstörten diese Zufriedenheit, und es wurde die Grundlage geschaffen für großes Leid und die Entvölkerung. Das war nicht nur in Sutherland so; das gemeinsame Ziel fast aller Landbesitzer im Hochland zu dieser Zeit war, sich der Einwohner zu entledigen und das Land zur Schafweide zu machen, aber in Sutherland wurde dieser Plan mit besonders empörender und durchgreifender Härte durchgesetzt.
Der erste Versuch einer umfassenden Vertreibung wurde in einem Teil von Ross etwa zu Beginn dieses Jahrhunderts [des 19.] gemacht. Aber wegen des Widerstandes der Pächter und aus anderen Gründen wurde sie nicht im großen Maßstab durchgeführt; ungefähr das Gleiche geschah in anderen Gegenden. Wirkungen sind nicht ohne Ursache, auch werden Männer nicht von heute auf morgen Tyrannen oder Monster an Grausamkeit. Eigeninteresse, wirkliches oder nur eingebildetes, ist der Anfang, die moralischen Grenzen werden überschritten, die Unterdrückten zeigen aktiven oder passiven Widerstand, und mit der Arroganz der Macht setzen die Starken die Mittel ein, die ihren Zweck erreichen, und zwar ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Damit erzwingen sie, was sie ihr Recht auf Eigentum nennen, und vergessen dabei völlig die dazu gehörenden Verpflichtungen. Ich will die verstorbene Herzogin oder den Herzog [von Sutherland] nicht als Menschen ohne die üblichen menschlichen Eigenschaften darstellen, wie abscheulich auch immer die Taten waren, die in ihrem Namen und mit ihrer Zustimmung begangen wurden. Sie waren in der Regel abwesend, und wenn sie auch dem allgemeinen Ziel der Vertreibung zustimmten, so wollten sie es zweifellos mit so wenig Härte wie möglich erreichen. Aber ihre Anstifter und Handlanger verfolgten einen bedenkenlosen Kurs und täuschten aus purem Eigennutz diese hohen Herrschaften, indem sie das Volk als faul und rebellisch darstellten, obwohl sie doch – so gaben sie vor – alles Notwendige für ihr Wohlergehen täten.
Ich habe erwähnt, dass der letzte Krieg und seine Folgen der Grund des Übels sind. Großbritannien mit seiner ungeheuer großen Seestreitmacht und seinem Militär hatte, da mit ganz Europa und Nordamerika verfeindet oder von Kontakten abgeschnitten, weitgehend Einfuhren aus dem Ausland verloren und musste den eigenen Bedarf fast vollständig auf eigenem Boden produzieren. Also wurden alle Kräfte der Produktion benötigt, die umfangreiche und täglich wachsende Nachfrage zu befriedigen. Während auf den Ackerflächen eine höhere Getreideernte zu erreichen versucht wurde, wurden die nördlicheren und bergigeren Gegenden interessant für zusätzliche tierische Nahrungsmittel. Und daraus wiederum ergab sich die Spekulation, die menschliche Bevölkerung aus dem schottischen Hochland zu vertreiben und durch Rinder und Schafe für den englischen Markt zu ersetzen. Mit dem Ende des Krieges hätte dies eine Ende gefunden, aber die Getreidegesetze und andere Besteuerungen von Nahrungsmitteln sowie der Ausschluss von ausländischen Nahrungsmitteln überhaupt und die Preissteigerungen, die zu Hungersnöten führten, ließen die wachsende Bevölkerungszahl auf mehr einheimische Produkte drängen. So war es weiterhin im Interesse der Grundherren im Hochland, Tiere den Menschen vorzuziehen, und Spekulanten mit Kapital aus England oder dem Süden Schottlands eigneten sich das Land über die Köpfe der ansässigen Pächter hinweg an. So ging das Unrecht im Hochland weiter und nahm von Jahr zu Jahr zu, bis die Masse an Schuld auf der einen und die Masse an Leiden auf der anderen Seite so groß waren, dass sie jenseits von Darstellbarkeit oder Glaubwürdigkeit war. Deshalb ist es so schwierig, diese Dinge öffentlich zu machen, insbesondere auch, weil diejenigen, die Informationen unterdrücken, zahlreich, mächtig und einflussreich genug sind, die Stimmen der Leidenden verstummen zu lassen. Fast alle neuen Pächter in Sutherland sind Friedensrichter geworden oder sonstige Autoritäten und können so mit dem Anschein des Rechts Gewalt und Unterdrückung anwenden, wo immer es ihnen nützlich erscheint – die Armen haben keine Hilfe auf ihrer Seite und trauen sich kaum zu klagen. Auch die Geistlichkeit, die doch verpflichtet wäre, Unterdrückung anzuprangern und den Unterdrückten beizustehen, haben alle, alle siebzehn Gemeindepfarrer in Sutherland mit nur einer einzigen Ausnahme, den Missetätern Beistand geleistet, indem sie die Leute zu ruhiger Ergebenheit ermahnten, halfen, ihre Notschreie zu unterdrücken, und ihnen predigten, dass all ihre Leiden von Gott gesandt seien als gerechte Strafe für ihre Sünden. Wie diese ehrenwerten Herren aus dem Wechsel Nutzen zogen und so bestochen wurden, ihre Gemeinden im Stich zu lassen, werde ich im Folgenden erläutern.
Die ganze Gegend, mit Ausnahme eines vergleichsweise kleinen Kirchsprengels unter Mr. Demster von Skibo und vergleichbaren Randgebieten, die zwei oder drei Eigentümern gehörten, ist nun in den Händen der Familie Sutherland, die ihre Güter sehr selten, vielleicht alle vier oder fünf Jahre, besucht. Daher rührt die Straflosigkeit derer, die so zerstörerisch und grausam mit Vertreibungen in großem Maßstab und dem Niederreißen und Anstecken von Häusern vorgegangen sind – Letzteres fand nur in Sutherland statt.
Schon vor 1807 waren Leute zum Teil ausgesiedelt worden, aber das lief ordentlich und vergleichsweise günstig ab. Die, die ihre Farmen verlassen mussten, bekamen kleinere Stücke Land, diejenigen, die sich zur Auswanderung entschlossen, konnten sich das auch leisten, denn als sie ihr Vieh verkauften, erzielten sie außerordentlich hohe Preise. Aber im Jahr 1807 begann die Vertreibung auf dem Besitz der Herzogin von Sutherland. Aus den Kirchsprengeln Farr und Larg wurden etwa 90 Familien vertrieben. Diese Leute wurden in gewissem Maß versorgt, indem man ihnen kleinere Grundstücke zuwies, aber viele dieser Grundstücke waren 15 bis 30 km entfernt, sodass die Familien ihr Vieh und ihre Möbel mitnahmen, die Feldfrüchte aber auf den Äckern verblieben. Diese vor Übergriffen durch Tiere oder die neuen Pächter zu schützen, war sehr schwierig und es gab große Verluste. Es gab auch viele körperliche Leiden, denn die Leute mussten ihre Häuser niederreißen und das Bauholz wegschaffen, um neue Häuser zu errichten und gleich zu beziehen; in der Zwischenzeit lebten und schliefen sie unter freiem Himmel, nur wenige hatten Glück und fanden eine leere Scheune oder einen Schuppen bei freundlichen neuen Nachbarn.
Die Auswirkungen auf die Gesundheit der Alten und Gebrechlichen, der Frauen und Kinder kann man sich leicht vorstellen. Manche starben, andere holten sich Krankheiten, die ihnen ihr Lebtag verblieben.
Im Laufe des Jahres 1809 gab es eine große Vertreibung in den Sprengeln Loth, Clyne und Golspie. Mehrere hundert Familien wurden unter schlimmeren Bedingungen als vorher heimatlos. Jede Möglichkeit wurde genutzt, die Leute zu entmutigen und dazu zu bringen, ihr Heim ohne Aufsehen aufzugeben und das Land zu verlassen. Die, die sich nicht dazu bringen ließen, erhielten kleine Stücke Moor oder Sumpfland in Dornoch und an der Küste bei Brora, wo es völlig unmöglich war, das Leben zu fristen; so sollten sie dazu gebracht werden, ganz wegzugehen. Damals waren die Ländereien unter der Verwaltung von Mr. Young als Leiter und Mr. Patrick Sellar als Schreiber und Unterverwalter; letzter spielt in meinen Geschichten eine besondere Rolle. Diese Herren stammten beide aus Moray [der Gegend um Elgin], und um die eigenen Landsleute zu bevorzugen und die Einheimischen loszuwerden, wurden Erstere dauerhaft beschäftigt bei allen Baumaßnahmen unter ihrer Leitung, während Letztere nur für viel geringere Löhne und nur dann beschäftigt wurden, wenn Fremde nicht zur Verfügung standen.
So wurde ein großer Teil der Bevölkerung in diesen fünf Sprengeln im Laufe von zwei bis drei Jahren entwurzelt, und die Wenigen, die die Zuteilungen von miserablem Land, von denen ich gesprochen habe, angenommen haben, leben mit ihren Nachkommen in bitterer Armut. Dazu gehören die Witwen und Waisen der mehr als 100 Familienoberhäupter, die auf dem Weg zum Markt ertrunken waren, als die Fähre zwischen Sutherland und Tain unterging. Diese armen Kreaturen mussten jedes Angebot einer Heimstatt annehmen, weil sie einfach nicht in der Lage waren, ganz fortzugehen.
Bis 1812 wurden jährlich Vertreibungen durchgeführt, mal mehr, mal weniger. Die Güter Gordonbush und Uppet wurden durch Kauf zu herzoglichen Besitztümern, und in den Jahren bis 1829 gelangte die ganze Gegend mit den wenigen Ausnahmen, die ich schon erwähnt habe, in die Hände dieser großen Familie.
Im Jahr 1811 begann eine neue Phase der Entvölkerung; ein großer Teil der Bevölkerung erhielt Aufforderungen, das Land zu verlassen. Die Ländereien wurden zu großen Einheiten zusammengefasst und als Schaffarmen auf den Markt gebracht.
Jeden Tag sah man Fremde, die die in Frage kommenden Ländereien besichtigten, bevor sie ein Gebot abgaben. Sie schienen in großer Furcht vor rauer Behandlung durch die Leute zu sein, die sie ersetzen sollten; aber wie sich zeigte, gab es dafür keinen Grund. Sie wurden alle freundlich und sogar gastfreundlich empfangen. Es gab somit keine Entschuldigung für die Maßnahmen, die die Gutsverwalter und ihre Untergebenen später anwandten. Ein Anlass war aber schnell mit einem vorher ausgeheckten Plan gefunden. Ein Mann aus dem Süden namens Reid, Betreiber einer Schaffarm, gab an, dass er von einigen Einheimischen in Kildonan gefolgt und körperlich bedroht worden sei. Die Verwalter gingen auf diese ausgedachte Geschichte sofort ein und holten sich sechzig bis hundert ihrer Anhänger und der neuen Einwohner und schworen sie als Hilfspolizisten ein. Sie richteten und luden die Kanone in Dunrobin Castle, die seit der letzten Niederlage der unglücklichen Stuarts [knapp 100 Jahre vorher] geschwiegen hatte. Boten wurden ausgeschickt, die verkündeten, die Leute sollten sich zu einer bestimmten Stunde im Schloß einfinden, damit man friedlich verhandle. Eine große Anzahl Leute wollte der Aufforderung Folge leisten, denn sie wussten nichts von bösen Absichten, bis eine große Gruppe, noch ungefähr 10 km vom Schloß entfernt, von jemandem informiert wurde, dem das Geheimnis bekannt war. Darauf hielten sie an, berieten sich und beschlossen, sich zum Gasthaus von Golspie zu begeben und dort auf ein Treffen mit den Verwaltern zu warten. Diese waren über das Misslingen ihres Planes sehr ungehalten und sagten bei ihrer Ankunft den Leuten zu deren großem Erstaunen, dass eine gewisse Anzahl nach Dornoch ins Gefängnis gehen müsse wegen das Verdachts, einen Anschlag auf Mr. Reids Leben ausgeführt zu haben. Die Leute erklärten einstimmig ihre Unschuld und dass sie es nicht zuließen, dass irgendjemand unter diesem Vorwand eingekerkert würde. Ohne weitere Herausforderung las der Landvogt den Riot Act [Aufforderung zur Auflösung einer Versammlung von 12 oder mehr Personen; wer nach einer Stunde noch nicht Folge geleistet hatte, wurde verhaftet] vor; das war etwas ganz Neues und Unverständliches für die armen Leute von Sutherland, die so lange schon ihr Unrecht schweigend ertragen hatten. Wie dem auch sei, sie gingen sofort auseinander und kehrten ruhig nach Hause zurück. Die Verwalter, die nun den gewünschten Anlass gefunden hatten, bestiegen ihre Pferde und galoppierten unter vorgetäuschtem Alarm zum Schloß, suchten Schutz bei ihren Waffen und schickten einen Expressboten nach Fort George, der Soldaten zur Unterdrückung eines Aufstandes in Sutherland anforderte! Dem 21. Infanterieregiment (Iren) wurde befohlen, in Eilmärschen bei Tag und Nacht die 80 km zurückzulegen, versehen mit Artillerie und Wagenladungen voller Munition. Bei ihrer Ankunft hörte man den einen oder anderen sagen, jetzt würden sie Rache nehmen für die Schlächterei an ihren Landsleuten bei Tara Hill und Ballinamuck [1798 in Irland]. Sie wurden aber enttäuscht, denn sie fanden keine Rebellen, mit denen sie hätten kämpfen können. Und so wurden sie in ihre Kasernen zurückbeordert, nachdem ein paar Gefangene gemacht worden waren, die aber wieder freigelassen wurden. Die Einwohner aber, erschreckt und mutlos geworden durch diese gegen sie gerichtete Übermacht und nichts als Feinde ringsum sehend, auch auf den Seiten, wo Hilfe und Unterstützung hätte erwartet werden können, ergaben sich still in ihr Schicksal. Auch predigten die Geistlichen immerzu Unterwerfung und erklärten, diese Ereignisse seien von Gott vorherbestimmt. Vergeltung und ewige Verdammnis treffe die, die auch nur den geringsten Widerstand leisteten. Kein Wunder, dass die armen Hochlandbewohner davor zurückschreckten. Das Ergebnis war, dass weite Landstriche im Mai 1812 die Besitzer wechselten.
Im März 1814 wurde eine große Anzahl der Einwohner in den Sprengeln Farr und Kildon aufgefordert, ihre Farmen im kommenden Mai aufzugeben. Um ihr Verschwinden mitsamt ihrem Vieh zu beschleunigen, wurde ein paar Tage später auf Anweisung von Mr. Sellar die Heide in Brand gesteckt. Man muss erklären, was das für Folgen hat: Im Frühjahr, insbesondere wenn Futter knapp ist, wie es in diesem Jahr der Fall war, lebt das Vieh im Hochland fast ausschließlich von Heidekraut. Und sobald das Gras um die Heidekrautwurzeln zu sprießen beginnt, bekommen die Tiere gut etwas zu beißen und sind in ganz passablem Zustand. Durch das Verbrennen der Heide ging diese Nahrungsquelle verloren. Da gerade Friede herrschte – Napoleon hielt sich zu dieser Zeit auf Elba auf – gab es wenig Nachfrage nach guten Tieren, um so weniger nach diesen verhungernden Kreaturen, die auf der verbrannten Heide herumstreiften, bis ein großer Teil verloren oder für nur wenig Geld verkauft war. Die Felder wurden wie üblich von den alten Pächtern abgeerntet, aber da die Zäune zum größten Teil durch die Brandstiftung zerstört waren, brachen die Tiere der neuen Pächter im Sommer und während der Ernte dauernd in die Felder ein. Die, die zurückgeblieben waren, um auf die Ernte aufzupassen, hatten keine Bleibe. Die Bewachung wurde sogar verboten, und die Leute wurden von den neuen Schäfern und deren Hunden verjagt und daran gehindert, sich um ihr eigenes Getreide zu kümmern. Wie im gesamten Frühjahr war es auch zur Erntezeit nass und kalt; es war eine Katastrophe für die armen Leute, die sich auch unter Schwierigkeiten die Reste ihrer Ernte sichern wollten. Scheunen, Trockenböden und Mühlen waren bis auf die wenigen, die die neuen Pächter brauchen konnten, in Brand gesteckt oder sonst wie zerstört worden. Obdach gab es nur noch auf der anderen Seite des Flusses, der aber wegen des andauernden Regens über die Ufer getreten war. So verloren die Leute trotz all ihrer Mühen und Entbehrungen fast die ganze Ernte wie auch vorher schon ihre Tiere und waren so vollständig ruiniert.
Aber zurück zum Maitermin, ich versuche, von der Vertreibung der Einwohner zu berichten. Zu einer vollständigen Beschreibung bin ich nicht in der Lage. Wäre ich es, überstiegen die Schreckensbilder jede Vorstellungskraft.
Alle Häuser waren von den Pächtern oder deren Vorfahren selbst gebaut worden, nicht, wie im Süden, von den Grundherren. Deshalb waren sie ihr Eigentum, wenn nicht nach dem Gesetz, so doch rechtmäßig. Sie waren aus Sumpffichte gebaut, die sehr gute Dachbalken abgibt, aber sehr leicht brennbar ist. Seit undenklichen Zeiten gehört diese Art Holz dem Pächter, auf dessen Land sie wächst. Holz aus höheren Lagen, um das man den Herrn oder Verwalter bitten musste, konnte der Herr beanspruchen, aber nicht die Sumpffichte, und in jedem Haus gab es in der Regel beides.
Bei den vorangegangenen Vertreibungen war den Pächtern erlaubt gewesen, das Holz ihrer Häuser mitzunehmen, um auf den neuen Grundstücken neue Häuser zu bauen, aber jetzt wurde ein neues Verfahren angewandt: Man steckte die Häuser in Brand. Die arbeitstüchtigen Männer waren, als das begann, unterwegs mit ihrem Vieh oder anderweitig irgendwo beschäftigt, sodass die unmittelbar durch die Brandstiftung Betroffenen die Alten und Kranken, Frauen und Kinder waren. Da das Land nun in den Händen des Verwalters war und als Schafweide genutzt werden sollte, und da die Leute keinen Widerstand geleistet hatten, erwarteten sie zumindest ein kleines bisschen Rücksicht dahingehend, dass sie noch ihre Gebäude nutzen und auf ihre Ernte aufpassen könnten, bis sie nach und nach umzögen. Umso größer war ihre Bestürzung, als gleich nach dem Maitermin und zwei Monate nach der Aufforderung begonnen wurde, die Häuser niederzureißen und dann über ihrem Kopf anzuzünden. Die Alten und die Frauen versuchten, die Hausbalken zu retten, wie es ihr gutes Recht war. Aber die Zerstörer gingen äußerst schnell vor und demolierten alles um sich herum, und als in einem weiten Landstrich alle Gebäude eingerissen hatten, setzten sie sie schließlich in Brand. So wurden Balken, Mobiliar und alles andere, was man nicht sofort weggeschafft hatte, ein Raub der Flammen oder anderweitig zerstört.
Dies ging mit der größten Geschwindigkeit wie auch bedenkenloser Grausamkeit vor sich. Die Schreie der Opfer, das Durcheinander, die Verzweiflung und der Schrecken in den Gesichtern der einen Seite, die blindwütige Grausamkeit auf der anderen lassen sich nicht beschreiben. Mr. Sellar nahm an diesen Aktionen teil, und zwar, wie mehrere Zeugen beim nachfolgenden Prozess beschworen, als Anstifter und Befehlshaber. Aufruhr, Erschöpfung und Kälte zogen viele Todesfälle nach sich. Die Leute hatten auf einmal kein Dach mehr über dem Kopf und waren den Elementen ausgesetzt. Manche alten Männer gingen in den Wald oder auf steile Hänge, wo sie dem Wahnsinn nahe oder ganz irre herumwanderten. Einige lebten nur einige Tage. Schwangere Frauen kamen verfrüht in die Wehen, und mehrere Kinder überlebten die Leiden nicht. Ich war Augenzeuge dieser Szenen, und nicht nur ich kann die Wahrheit dessen, was ich hier berichte, bezeugen, sondern auch viele andere.
Bei Zerstörung in so großem Ausmaß ist es eigentlich sinnlos, auf Einzelschicksale einzugehen – das Leid war zu groß und traf alle. Ich werde aber kurz ein paar besonders schlimme Fälle erwähnen, an die ich mich erinnere. John MacKay's Frau, Ravigill, fiel durch das Dach, als sie versuchte, die Dachbalken zu retten, weil ihr Mann nicht da war. Sie kam deshalb in die Wehen, unter freiem Himmel und vor allen Leuten. Donald Munro in Garvott lag mit Fieber im Bett und wurde aus seinem Haus ins Freie geholt. Dolan Macbeath, ein kranker und bettlägeriger Mann, wurde das Dach über dem Kopf abgedeckt; Wind und Wetter ausgesetzt, endete der Tod seine Leiden. Ich war dabei, als das Haus von William Chisholm in Badinloskin zerstört und verbrannt wurde. Darin lag seine Schwiegermutter, eine alte bettlägerige Frau von fast hundert Jahren, und niemand von der Familie war da. Ich sagte das den Leuten, die das Haus anzünden wollten, und bat sie zu warten, bis Mr. Sellar käme. Als er da war, erzählte ich ihm von der armen alten Frau, die man nicht wegbringen könne. »Verdammt soll sie sein, die alte Hexe hat schon zu lange gelebt. Verbrennt sie!« rief er. Sofort wurde das Haus in Brand gesetzt, und ihre Bettdecke ging in Flammen auf, bevor sie aus dem Haus geholt werden konnte. Sie wurde in einen kleinen Schuppen gebracht, der nur mit Mühe vor Brandstiftung bewahrt werden konnte. Die Tochter der alten Frau kam zurück, als das Haus schon brannte, und half den Nachbarn, ihre Mutter aus Flammen und Rauch zu retten. Das war ein Schreckensbild, das ich nie vergessen und nicht richtig beschreiben kann. Sie starb innerhalb von fünf Tagen.
Beim Gerichtstag im Frühling 1816 wurde Mr. Sellar wegen dieser Vorgänge der Prozess gemacht. Die Anklage lautete auf Mord, Brandstiftung etc. und wurde von einem Anwalt Seiner Majestät vertreten. Im Bericht dieses Verfahrens, veröffentlicht von Mr. Sellar's Anwalt, steht: »Seine Lordschaft [der Richter] hat sich hauptsächlich zu diesem Verfahren entschlossen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen und dem Geschrei im Lande ein Ende zu machen.« Wenn das und nicht die Suche nach Gerechtigkeit der Grund für den Prozess war, so war er sehr erfolgreich, denn zum Erstaunen aller Einheimischen wurde der Herr freigesprochen, und die Unterdrücker konnten nun umso unverfrorener und ohne Strafe befürchten zu müssen weiter machen, wie sich im Folgenden zeigt.
Die Verwalter zogen ihre Vorteile aus dem gebrochenen Mut und der Niedergeschlagenheit der Leute, die schon zitterten, wenn sie angesprochen oder auch nur angesehen wurden. Sie dachten sich etwas Neues aus, und das war, jeden Haushaltsvorstand dazu zu bringen, ein Papier zu unterzeichnen, in dem er zusagte, umzuziehen. Drohungen wie auch Versprechungen wurden dabei eingesetzt, aber die Versprechungen wurden nie eingehalten, während die Drohungen wahr gemacht wurden. Ungefähr einen Monat, nachdem die Verwalter diese Papiere erhalten hatten, und dreizehn Tage vor dem Maitermin begann das Werk der Zerstörung mit Brandstiftung unter den Kleinpächtern in Teilen von Farr, Rogart, Golspie und dem ganzen Sprengel Kildonan. Ich war Augenzeuge. Solch ein großes Unglück hatten die Leute nicht erwartet. Große Gruppen, bewaffnet mit Holzbündeln und anderem leicht entzündlichem Material, stürzten sich in jedem dieser Gebiete auf die Häuser der todgeweihten Menschen und setzten sie sofort in Brand; mit größter Schnelligkeit gingen sie vor, bis etwa 300 Häuser in Flammen standen. Bestürzung und Durcheinander waren immens, wenig oder gar keine Zeit gab es, Menschen oder Sachen in Sicherheit zu bringen; die Leute versuchten zuerst Kranke und Hilflose und dann ihre wertvollsten Besitztümer vor dem Feuer zu retten. Die Schreie von Frauen und Kindern, das Gebrüll der verängstigten Tiere, die zudem noch von den bellenden Hunden der Schäfer durch Rauch und Feuer gejagt wurden, bildeten eine Szene, die man nicht beschreiben kann; man es musste sehen, um es glauben zu können. Am Tage hüllte eine dichte Rauchwolke das ganze Land ein und zog noch weit auf das Meer hinaus. Bei Nacht zeigte sich ein großartiges, aber schreckliches Bild: Alle Häuser in einem ausgedehnten Gebiet auf einmal in Flammen! Ich stieg abends gegen elf Uhr auf einen Hügel und zählte 250 brennende Häuser; viele von ihnen gehörten Verwandten von mir, und alle Hausbesitzer kannte ich persönlich. Aber wie es ihnen ging, ob sie in den Flammen umgekommen waren oder nicht, das konnte ich nicht sagen. Die Feuerbrunst hielt sechs Tage an, bis alle Heimstätten zu Asche oder rauchenden Ruinen geworden waren. An einem dieser Tage verlor ein Boot auf dem Weg an die Küste in dem dichten Rauch seinen Kurs. Bei Nacht aber konnte es im Licht der Feuer seinen Weg finden.
Und nun will ich die Landzuteilungen beschreiben, auf denen sich nach den Feuersbrünsten die Vertriebenen nach Gusto der Verwalter niederlassen durften. Diese lagen im Allgemeinen an der Küste, damit die, die das Land nicht verlassen konnten oder wollten, sich ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei aus der See holten. Um ihnen alles andere unmöglich zu machen, waren diese Zuteilungen nicht nur klein, zwischen 400 und 1.200 m², ihr Zustand und ihre Lage waren auch so, dass sie zu nichts nutze waren. Wenn sich der Leser die Mühe macht, die Karte zurate zu ziehen, so sieht er, dass Sutherland im Norden vom Nordmeer, im Süden durch Ross, im Westen durch den Minch, im Nordosten durch Caithness und im Südwesten vom Moray Firth begrenzt wird. An die Küsten also, die den größten Teil von Sutherland umgeben, wurden die Massen an Einwohnern, mehrere tausend Familien, von den gnadenlosen Tyrannen getrieben. Dort sollten sie ihr Leben fristen und von der Luft oder von der See leben. Denn die Stellen, die ihnen zugestanden worden waren, kann man nicht Land nennen, sie bestanden aus schmalen Streifen, Vorgebirgen, Klippen und Abstürzen, Felsen und tiefen Spalten, dazwischen Sumpf und Morast. Für die Verwalter war es wertlos und von der Natur offensichtlich niemals als Platz für Mensch oder Nutztiere gedacht. So waren alle Zuteilungen mit wenigen Ausnahmen. Erde, in der etwas angebaut werden konnte, war so selten und dünn verstreut, dass der Besitzer sie in einem Korb davontragen und woanders abladen konnte, wenn es Streitereien gab. An vielen Stellen wagten die Leute so steile Stückchen zu bebauen, dass, während einer grub, der andere die Erde mit den Händen halten musste, damit sie nicht abrutschte und in die See fiel. Sie rutschte aber doch immer wieder hinunter, und dann mussten die Leute im Frühjahr sie wieder hochtragen und auf den höheren Lagen verteilen. Viele Stellen waren so klein, das sie selten mehr als ein paar Handvoll Saatkörner aufnehmen konnten, und zur Erntezeit, wenn es denn eine Ernte gab, bestand immer die Gefahr, dass das Getreide in die See geblasen wurde; in diesem rauen und ungeschützten Landstrich konnte weder Baum noch Busch wachsen. In den Jahren, in denen es eine nennenswerte Ernte hätte geben können, wurde sie meistens durch Sturm und Mehltau vernichtet, bevor sie reifen konnte. An manchen Stellen an der Nordküste wird die Brandung durch Spalten gepresst, so dass sie bis in große Höhe aufsteigt und ihre Gischt auf das umliegende Land sprüht; das vernichtet alles, was dort wachsen könnte. Das waren die Umstände, in denen die schicksalsergebene Bevölkerung nun leben musste.
Macleod, Donald
The Highland Clearances
in: Mackenzie, Alexander: The history of the Highland clearances
Inverness 1883; Nachdruck Edinburgh 1991
Übersetzung: U. Keller
Abgedruckt in:
Ulrike Keller (Hrg.)
Reisende in Schottland seit 325 v. Chr.
Wien 2008