Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1190 - Otto von St. Blasien
Kaiser Barbarossa ertrinkt
Bei Tarsus, Türkei

 

Als dies [die Eroberung von Konya, damals Ikonium genannt] vollbracht und das Heer durch die Fülle der Beutestücke bereichert worden war, zog der Kaiser nah Abbruch des Lagers von Ikonium hinweg im Triumphe, während die Fürsten der Armenier von allen Seiten ihm zuströmten und und vornehmlich Leo (II.), der edelste Fürst der Christen jenes Landes, welche in den Gebirgen wohnen; von ihnen mit Freude aufgenommen und durch würdige Lobeserhebungen für seine Herkunft und Besiegung der Heiden begrüßt, marschiert er unter großem Jubel und Ruhm nach Tarsus zu, das berühmt ist durch die Geburt des Apostels Paulus, während alle ihm zu Diensten geneigt waren. Denn die Erde schwieg vor seinem Anblick. Aber Gott, der schrecklich ist in seinem Rath über die Menschenkinder, zeigte, daß noch nicht die Zeit gekommen sei, sich über Zion zu erbarmen (nach Psalm 66, 5 und 102, 14).; er schnitt den festesten Anker des Schiffleins Petri ab, indem er nach solchen und so vielen Glückserfolgen in dem Kaiser Friedrich das Tau der Hoffnung zerriß, und ließ das noch nicht ganz geläuterte Schifflein selbst in Mitten der Stürme dieser Zeit erschüttert und gepeitscht werden. Denn der herrliche Kaiser Friedrich, als er auf dem Marsche nach Tarsus in einem Fluß, über den ein Theil des Heeres schon übergesetzt worden war, einstieg, um sich zu erfrischen – denn die Hitze war allzu groß – sank unter, obwohl er des Schwimmens kundig war, da die plötzliche Kälte die natürliche Wärme auslöschte, und so erreichte in jämmerlichem Tode der Kaiser , mächtig zu Wasser und zu Land, das Ende seines Lebens. (Am 10. Juni ertrank Friedrich im Salef (Calycadnus)). Es wird von einigen berichtet, daß dies im Cydnusflusse geschehen sei, in welchem auch Alexander der Große in ähnlicher Weise in Gefahr geriet, wenn auch nicht seinen Tod fand. Denn der Cydnus ist in der Nähe von Tarsus. Er starb im 38. Jahre seines Königthums, im 25. aber seines Kaiserthums, im Jahre 1160 seit der göttlichen Fleischwerdung. Durch seinen Tod wurde das ganze Heer der Christen unheilbar verwundet; es betrauerte mit unermeßlicher Wehklage den Kaiser, der, wenn er länger gelebt hätte, dem ganzen Osten furchtbar gewesen wäre, und nachdem seine Eingeweide mit dem übrigen Fleische in Tarsus begraben worden waren, wurde seine Gebeine nach Antiochia gebracht und mit königlicher Pracht auf gebührendste Weise beigesetzt.

 

Die Chronik des Otto von St. Blasien
Übersetzt von Horst Kohl
Leipzig 1894, Nachdruck London /New York 1970

Reiseliteratur weltweit - Geschichten rund um den Globus. Erlebtes und Überliefertes aus allen Teilen der Welt. Entdecker – Forscher – Abenteurer. Augenzeugenberichte aus drei Jahrtausenden. Die Sammlung wird laufend erweitert – Lesen Sie mal wieder rein!