1846 - Anonymus
Lustiges Leben in Adelaide
Ein kleiner, gut angelegter Hafen. Die Schiffe können unmittelbar an die Werfte anlegen, die Güter werden mit leichter Mühe mit eisernen Kränen gelöscht. Man geht damit um, den Hafen zu verlegen, weil das Einsegeln von schwer beladenen Schiffen zu gefährlich ist, doch wird daran wohl vorläufig nicht gedacht werden können; am Hafen liegt das Custom-house, ein sehr schönes Gebäude, Lagerplatz für Waren und Wohnung für Officianten etc. Das Leben und Treiben am Hafen macht einen sonderbaren Eindruck auf jeden Neuankommenden, zumal wenn man noch keine Idee von dem großen Handel hat, der von England aus mit hier unterhalten wird. Zur Zeit liegen häufig 95 der größten Schiffe im Hafen und viele kleine Küstenfahrer. Die Einwohnerzahl des Hafenplatzes schätzt man auf 1.500 Seelen in 50 hölzernen und steinernen Häusern. Vom Hafen nach der Stadt, die ungefähr eine deutsche Meile voneinander liegen, fahren stündlich zweirädrige Karren mit Passagieren zu 18 d., die Waren werden in größeren Karren, drays genannt, mit 8-17 Bullochsen bespannt, herauf und herunter gefahren. Der Weg vom Hafen nach Adelaide ist eine große Fläche von Heide, Gras und Sumpfland und von so trübseligem Ansehen, daß man, in Berücksichtigung der großen Erwartungen, die man von dem Lande hat, auf dem Gedanken kömmt, man wäre eher in einer Wüstenei als in Süd-Australien.
Die Stadt Adelaide ist sehr großartig angelegt. Der Fluß Torrens trennt Nord-Adelaide von Süd-Adelaide. Süd-Adelaide ist der bevölkertste Teil der Stadt und der Umfang der Stadt ist gewiß dreimal so groß wie in Hamburg. Die Hauptstraßen der Stadt Hemoly und Rowlan Street sind wohl eine englische Meile lang und bilden Querstraßen, King William Street, Gawler Place, etc., den frequentesten Teil der Stadt. Die Hemoly und Rowland Street bestehen fast aus lauter Läden, die zum Teil so schön und großartig sind, wie man sie in Hamburg selten findet. Die übrigen von diesen Hauptteilen entfernten Häuser sind zum Teil aus Lehm oder Holz, erbärmliche Hütten. Fast kein Haus ist ohne Wanzen und Flöhe. Das Gouvernement besitzt das schönste Haus in der Stadt; dann zeichnen sich noch besonders die beiden Bankgebäude, ein Clubhouse, zwei Auktionshallen, ein Public-Boardinghouse und einige andere Privathäuser durch eine schöne massive Bauart aus. Kirchen und Wirtshäuser sind hier im Überfluß, letztere machen durchgängig die besten Geschäfte; man hat keine Idee davon, wie lustig der geringe Mann hier lebt; er verdient mit vieler Arbeit viel Geld und gibt es mit großer Leichtigkeit wieder aus.
Allgemeine Auswanderungs-Zeitung
Nr. 51, September 1847