1623 - Jan Carstensz
Landung am Kap Keer-Weer
Am Morgen des 7. [März] setzten wir wieder Segel; der Wind kam von Nordosten; wir hielten westlichen Kurs, um von Land wegzukommen; nach einer Meile Fahrt ließen wir den Anker bei 5 1/2 Faden fallen, and ich ging selbst mit zwei gut bemannten und bewaffneten Pinassen [Beibooten] an Land, denn am 6. hatten wir vier oder fünf Kanus gesehen, die vom Ufer auf die Schiffe zuhielten. Als wir nahe dem Land waren, sahen wir ein kleines Kanu mit drei Schwarzen; als wir ihnen entgegenruderten, kehrten sie um und setzten einen von den dreien an Land ab, um, wie wir vermuteten, den Eingeborenen zu sagen, daß sie in großer Zahl kommen sollten, um unsere Pinassen anzugreifen und einzunehmen; denn sobald wir in ihre Richtung kamen, versuchten sie, uns anzulocken, und paddelten langsam in Richtung Land. Schließlich schwamm jemand von uns zu ihnen mit ein paar Perlenketten, aber sie ließen ihn nicht nahe genug herankommen; also machten wir Zeichen und riefen sie an, aber sie schenkten dem wenig oder keine Aufmerksamkeit. Daraufhin machten wir uns auf den Rückweg zum Schiff, ohne irgend etwas erreicht zu haben. Sobald die Schwarzen oder Wilden das sahen, folgten sie uns langsam nach, und als wir ihnen Perlen und Gegenstände aus Eisen zeigten, näherten sie sich vorsichtig einer Pinasse. Als einer der Matrosen in der Pinasse aus Versehen das Kanu mit einem seiner Ruder berührte, griffen die Schwarzen unsere Leute an und warfen mehrere Callaways [wahrscheinlich Stöcke oder Keulen] in die Pinasse, ohne jedoch Schaden anzurichten, weil die Männer im Boot sehr vorsichtig waren. Um sie abzuschrecken, feuerte der Korporal seine Muskete ab, die beide traf, so daß sie auf der Stelle starben; dann ruderten wir zurück zu den Schiffen. Dem Ort, an dem dieser Zwischenfall stattfand, haben wir in der neuen Karte den Namen Keer-Weer gegeben, weil wir merkten, daß das Land hier gegen Südwest und West geht; die Breite ist 7 Grad.
Am Morgen des 9. war das Wetter gut und der Wind westlich, so daß wir mit Kurs NNW unter Segel gingen; nach einer Meile Fahrt sahen wir zwei Gruppen von Kanus von Land ablegen und auf uns zuhalten; eine Gruppe bestand aus sieben, die andere aus acht kleinen Kanus; da wir dicht am Wind lagen und nicht von Land freikommen konnten, gingen wir bei 3 Faden vor Anker. Eins der genannten Kanus kam so nahe, daß wir es anrufen konnten, aber die zweite Gruppe hielt sich zurück, worauf das Kanu, das sich uns genähert hatte, zu der zweiten Gruppe paddelte. Aus ihren verschiedenen Gesten wurde uns klar genug, daß ihre Absichten von Anfang an alles andere als freundlich waren, aber Gottes Vorsehung hinderte sie an der Ausführung ihres bösen Plans. Am Abend gingen wir mit der Strömung unter Segel bei Westwind und mit Kurs NNW. Während der ersten Wache änderten wir unseren Kurs nach SW und SW bei W und segelten so die ganze Nacht, bis wir bei Tagesanbruch feststellten, daß das Wasser flacher wurde; wir ankerten nach 5 Meilen bei 2 1/2 Faden.
Am Morgen des 10. setzten wir wieder Segel bei Wind aus WNW mit Kurs SW; mittags waren wir bei 7° 35'. Am Abend ankerten wir bei 3 Faden über schlammigem Grund, etwa 1 1/2 Meilen von Land entfernt.
Anmerkung: Wegen des lehmigen und schlammigen Grundes ist es hier unmöglich, mit Pinassen oder Booten zu landen; ein Mann würde bis zur Mitte einsinken. Das Wasser ist nicht tiefer als 3 bis 4 Faden in 3 bis 4 Meilen Entfernung von Land. Das Land ist niedrig und halb unter Wasser, bei Flut ist es ganz überspült. Es ist bedeckt mit wild wachsenden Bäumen; die am Ufer ähneln den Tannenbäumen bei uns daheim, scheinen aber keine Früchte zu tragen. Die Eingeborenen sind kohlschwarz wie die Kaffern. Sie laufen splitternackt herum und tragen ihre Männlichkeit in einer kleinen Schale von Schneckenmuscheln, die mit Faden an den Körper gebunden ist; in der Mitte der Nase haben sie zwei Löcher mit Borsten oder Stacheln von Schweinen oder Schwertfischen darin, die auf jeder Seite mindestens drei Finger breit hervorstehen, so daß sie mehr wie Monstren denn wie Menschen aussehen. Sie scheinen bösartig und böswillig zu sein. Ihre Kanus sind klein und können nicht mehr als drei oder vier Leute aufnehmen; sie sind aus einem Stück Holz gemacht, und die Eingeborenen stehen darin und paddeln mit langen Rudern. Ihre Waffen sind Pfeil und Bogen, Assegays [Wurfspeere] und Callaways, die sie sehr behende und geschickt benutzen; Eisenstücke, Parangs [große malaiische Dolche] und Messer sind bei ihnen besonders beliebt. Das Land, an dem wir entlanggesegelt sind, ist nicht nur öde und von Wilden bewohnt, auch die See gibt in dieser Gegend nichts her als Haie und Schwertfische und ähnlich unnatürliche Monstren. Und die Vögel sind genauso unzugänglich und scheu wie die Menschen.
Journal kept by Jan Carstensz on his Voyage to Nova Guinea
In: Heeres, J.E.
Het Aandel der Nederlanders in de Outdekking van Australie 1606-1765
(Holländisch und englisch)
Leyden/London 1899
Übersetzung: U. Keller
Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende in Australien 1623-1990
Wien 2000