1768 - Louis-Antoine de Bougainville
Vor Buton, Sulawesi
Gegen 9 Uhr früh erhielten wir Besuch von fünf Anführern oder Orencaien aus Buton. Sie kamen in einem Boot, das einem europäischen glich, aber statt der Ruder mit Pagaien [breiten Paddeln] vorwärts bewegt wurde, und führten am Heck einen holländischen Wimpel. Diese Anführer sind gut gekleidet: sie tragen lange Hosen, Jacken mit Messingknöpfen und Turbane; die übrigen Indianer gehen nur nackend. Sie führten auch das Kennzeichen, welches ihnen die Kompanie gibt, und aus einem Rohr mit einem silbernen Knopf, auf dem man die Buchstaben V. O. C. sieht, besteht; bei dem ältesten stand ein M darüber. Sie sagten, dass sie sich vor kurzem der [britischen] Ostindischen Kompanie unterworfen hätten, ließen sich aber nicht irremachen, als sie hörten, dass wir Franzosen seien, und erklärten, dass sie auch eine besondere Achtung für die Krone Frankreichs hätten. Als Willkommensgruß schenkten sie uns ein kleines Reh. Ich schenkte ihnen dagegen im Namen des Königs seidenen Stoff, den sie in fünf Teile teilten, und lehrte sie die französische Flagge kennen.
Ich bot ihnen Branntwein an, auf den sie schon lauerten. Sie tranken auf die Gesundheit ihres Königs, des Königs von Frankreich, der holländischen Kompanie und auf unsere glückliche Reise. Sie boten uns ihre Dienste an, soviel in ihren Kräften stünde, und erzählten, dass hier seit drei Jahren zu verschiedenen Zeiten drei englische Schiffe passiert hätten, denen sie Holz, Wasser, Früchte und Geflügel geliefert hätten, dass diese ihre Freunde wären und dass wir, wie sie sähen, es auch sein würden. Sie gaben mir Nachricht, dass der König von Buton in dieser Gegend wohne, und ich sah wohl, dass sie durch die Sitten des Hofes eine bessere Lebensart hatten. Sie nennen ihn Sultan und haben diesen Namen vermutlich zugleich mit ihrer Religion von den Arabern erhalten. Der Sultan ist despotisch und mächtig, wenn die Macht in der Menge der Untertanen besteht, denn seine Insel ist groß und stark bevölkert. Als die Orencaies von uns Abschied genommen, gingen sie an Bord der „Etoile" und tranken daselbst so tapfer auf die Gesundheit ihrer neuen Freunde, dass man ihnen helfen musste, sie wieder in ihre Pirogen zu bringen. Als sie schon etwas getrunken hatten, erkundigte ich mich, ob ihre Insel kein Gewürz hervorbrächte? Sie antworteten mit Nein, und ich glaubte es, weil die Holländer hier nur einen so schwachen Posten haben. Er besteht aus sieben oder acht Bambushütten, die mit Palisaden umgeben sind und eine holländische Flagge führen. Hier halten sich im Dienst der Kompanie der Resident und ein Korporal mit drei Mann auf. Übrigens bietet diese Küste den angenehmsten Anblick; sie ist durchgängig bebaut und mit Häusern besetzt; allenthalben sind Kokosbäume angepflanzt. Der Boden steigt ganz sanft an und hat an vielen Orten eingezäunte Gärten. Das Ufer ist ungemein fischreich. Die gegenüberliegende Küste gibt dieser nichts nach und ist ebenso bevölkert.
Bougainville, Louis-Antoine de
Reise um die Welt …
Leipzig 1783