1521 - Antonio Pigafetta
Magellans Tod
Mactan (Mathan)
Am Freitag, den 26. April, schickte Zula, der Oberste der Insel Mathan, einen seiner Söhne zum Kapitän, um ihm zwei Ziegen zu schenken, und ließ ihm sagen, daß er nicht glaubte, der andere Befehlshaber, Cilapulapu, würde dem König von Spanien treu bleiben. Wenn ihm aber der Kapitän in der folgenden Nacht ein Boot voll mit seinen Leuten schicken würde, würde er sich mit deren Hilfe seinem Gegner widersetzen. Unser Befehlshaber überlegte, ob er in eigener Person mit drei Booten zu dieser Unternehmung aufbrechen sollte. Seine Leute baten ihn aber, sich nicht der Gefahr auszusetzen, sondern bloß die verlangte Hilfe zu schicken, aber als guter Kapitän wollte er seine Gefährten nicht verlassen, sondern ging mitten in der Nacht mit sechzig Mann, mit Kürassen und Sturmhauben bewaffnet, in Gesellschaft des zum Christentums bekehrten Königs und Prinzen und vieler anderer vornehmer Insulaner in zwanzig oder dreißig Booten ab.
Drei Stunden vor Tage kamen sie auf Mathan an, landeten aber nicht, denn der Kapitän wollte noch nicht fechten, sondern schickte den Mohren zu Cilapulapu und ließ ihm sagen, wenn der dem König von Spanien gehorchen und den neuen christlichen König als seinen Oberherrn anerkennen würde, wäre er sein Freund. Täte er das aber nicht, so sollte er ihn nur erwarten und würde dann finden, daß er lange Lanzen nötig habe. Cilapulapu gab zur Antwort, er hätte keine Lanzen, sondern nur einige verbrannte Rohre und zugespitzte verbrannte Stangen, sie möchten aber doch nicht jetzt zum Angriff kommen und lieber den Tag erwarten, damit er eine größere Anzahl der Seinigen zusammenbringen könnte. Dies war aber bloß eine Erfindung, damit die Unsrigen ihn in neben diese Stunde angreifen möchten, weil er viele tiefe Gräben rund um sein Haus hatte machen lassen, in die wir in der Finsternis hineinstürzen sollten. Wir warteten aber lieber auf den Tag, und sobald es hell war, sprangen neunundvierzig Mann bis an die Schenkel ins Wasser und gingen so zwei Büchsenschüsse weit, ehe sie auf dem Trockenen landen konnten. Dies geschah, weil die Boote wegen vieler Steine im Wasser nicht näher ans Land kommen konnten. Unsere übrige Mannschaft blieb zur Bewachung der Boote zurück. Sobald unsere Leute an Land gekommen waren sahen sie, daß die Indianer sich in drei Haufen, jeder mit mehr als 1.000 Mann, geteilt hatten. Zwei dieser Haufen stellten sich nah an unsere Seite und der dritte kam uns entgegen. Als der Kapitän das sah, teilte er die Seinigen in zwei Teile, und so fingen wir an zu fechten. Die Schützen feuerten jetzt beinahe eine halbe Stunde vergeblich auf große Entfernung, denn die Schüsse gingen höchstens durch die Brustwehren und hölzernen Schilde der Feinde. Hierauf schrie ihnen der Kapitän zu, sie sollten nicht mehr feuern, sie schossen aber weiter fort. Mittlerweile machte die Feinde untereinander ein gräuliches Geschrei und ermunterten sich, nicht zu weichen. Und da sie sahen, daß die Unsrigen ihre Büchsen abgefeuert hatten, schrien sie desto mehr und sprangen hier und da herum, mit ihren Schilden bedeckt. Sie schossen auch eine solche Menge Pfeile, Lanzen aus Rohr, zugespitzte verbrannte Hölzer, Steine und trockene Erde auf den Kapitän, daß er sich davor kaum retten konnte und daher, um sie zu erschrecken, einige von seinen Leuten abschickte, ihre Häuser in Brand zu stecken. Sie wurden aber nur noch mehr erbittert, als sie die Flammen sahen, töteten zwei unserer Leute und zwangen zwanzig oder dreißig, in das Feuer zu springen, und dann drangen sie mit solcher Wut und Heftigkeit und in so großer Menge auf uns ein, daß sie uns zum Weichen zwangen. In diesem Handgemenge wurde dem Kapitän das rechte Bein mit einem vergiftetem Pfeil durchbohrt, worauf er befahl, daß wir uns langsam zurückziehen sollten; die Feinde folgten uns. Jetzt blieb der Kapitän mit sechs oder acht Leute allein, und da die Feinde das bemerkten, schossen sie ihm beständig auf die Beine, die, wie sie sahen, ungeschützt waren, so daß er sich vor den vielen Lanzen, Pfeilen und Steinen kaum noch halten konnte. Zum Unglück konnte auch die Artillerie in den Booten uns wegen der Entfernung keine Hilfe leisten. Endlich erreichten wir dennoch das Ufer und zogen uns bis an die Knie ins Wasser zurück. Die Feinde folgten uns aber immer weiter und entrissen den Unsrigen ihre Lanzen, mit denen sie dann auf uns schossen. Zuletzt wandten sich alle dahin, wo der Kapitän war; zwei Mal stießen sie ihm durch heftige Lanzenstöße die Sturmhaube vom Kopf. Er aber als tapferer Ritter zog sich immer dichter mit den Seinigen zusammen und focht auf diese Art noch über eine Stunde, ohne sich zum Rückzug entschließen zu können. Zuletzt traf ihn ein Indianer mit einer Rohrlanze ins Gesicht. Sie ging auf der einen Seite hinein und auf der anderen hinaus, so daß er tot zur Erde fiel. Als die Seinigen das sahen, zogen sie sich so gut sie konnten zu den Booten zurück, immer noch von Feinden verfolgt, die unaufhörlich Lanzen und Pfeile schossen, wodurch viele verwundet und ein Indianer, der unser Wegweiser war, getötet wurde. Der christliche König blieb während dieser Zeit unverrückt an seiner Stelle, weil ihm der Kapitän bei der Landung befohlen hatte, sich nicht von den Booten zu entfernen, sondern bloß Acht zu haben, wie die Unsrigen fechten würden. Als er vom Tod unseres Anführers erfuhr, fing er an bitterlich zu weinen, denn er liebte ihn sehr, und ebenso weinten auch alle unsere Leute, denn er war gewiß der tapferste und beste Befehlshaber seines Zeitalters. Von den Unsrigen wurden bei dieser unglückseligen Begebenheit sieben oder acht getötet und viele verwundet, auch wurden drei zum Christentum bekehrte Indianer, die uns zu Hilfe eilten, von den Schüssen aus den Booten getötet. Die Feinde hatten fünfzehn Tote und unzählige Verwundete.
Pigafetta, Antonio
Erste Reise um die Welt durch Ferdinand Magelhan
Übersetzt aus dem Italienischen
In: Beiträge zur Völker- und Länderkunde
Band 4, Leipzig 1784