1521 - Antonio Pigafetta
Magellans erste Messe auf den Philippinen
vermutlich in Butuan
Am 28. März sahen wir Feuer auf einer Insel und ein kleines Kanu mit acht Mann näherte sich dem Schiff des Kapitäns. Der rief eine Sklavin, die er vor Zeiten von der Insel Sumatra, die die Alten Taprobane nannten, bekommen hatte, und befahl ihr, zu den Leuten im Kanu zu sprechen; die verstanden sie sofort, kamen nahe an das Schiff, wagten sich aber nicht an Bord. Da der Kapitän bemerkte, dass sie ihm nicht trauten, ließ er eine rote Mütze und andere Dinge an einem Stock befestigen und ihnen zeigen. Sie nahmen sie gleich und ruderten geschwind fort, um ihrem König Nachricht zu geben, und nach zwei Stunden sah man zwei große Kähne voller Menschen ankommen. Der König war im größten Fahrzeug und saß auf einem Sitz, der mit einer Matte bedeckt war. Sobald sie an das Schiff des Kapitäns kamen, redete die Sklavin sie an; der König verstand sie (denn in diesem Land ist es üblich, daß Könige mehrere Sprachen verstehen) und befahl geschwinde, daß einige von seinen Leuten an Bord gehen sollten, er aber blieb in einiger Entfernung in seinem Kahn. Sobald die Wilden zum Kapitän kamen, erzeigte er ihnen große Ehre, machte ihnen allerlei Geschenke, wofür der König dem Magelhan einen starken goldenen Stab und ein Gefäß voll Ingwer geben wollte. Der Kapitän wollte es aber nicht annehmen, sondern dankte ihm sehr und nach diesen Komplimenten segelten unsere Schiffe zur Wohnung des Königs.
Am folgenden Tag sandte der Kapitän die Sklavin, die Dolmetscherin war, in einem Boot an Land, um dem König zu sagen, wenn er Lebensmittel habe, solle er solche doch an Bord schicken, wo wir alles treulich bezahlen wollten, denn wir wären als Freunde zu dieser Insel gekommen. Der König kam dann mit acht Mann in seinem Boot an Bord, umarmte den Anführer und gab ihm zwei große porzellanene Gefäße voll rohem Reis, mit Palmblättern bedeckt, zwei große Fische und noch andere Sachen. Der Kapitän hingegen schenkte dem König zwei Kleider, eins aus rotem, eins aus gelbem Tuch, auf türkische Art gemacht, nebst einer roten Mütze, und seinen Leuten gab er Messer und Spiegel. Dann bewirtete er sie und ließ dem König durch die Sklavin sagen, er wolle wie sein Bruder sein, worauf der antwortete, daß er das gleichfalls wünsche. Dann zeigte ihm der Kapitän Tücher von verschiedenen Farben, Leinenzeug, Messer und andere Waren, nebst der ganzen Artillerie, er ließ auch etliche Stücke abfeuern, was sie sehr erschreckte. Dann wurde ein Mann von Kopf bis Fuß bewaffnet und drei andere mußten mit bloßem Degen nach ihm hauen ohne ihn verwunden zu können. Der König war hierüber ganz erstaunt und sagte der Sklavin, daß einer von diesen Leuten sich gegen hundert der seinigen wehren könnte, was sie bestätigte und hinzusetzte, daß sich in jedem Schiff 200 Mann auf die Art bewaffnen könnten, worauf man ihm Kürasse, Degen und Schilde zeigte. Er wurde dann zum Kastell des Schiffes gebracht und man legte ihm die Karte der Reise vor nebst Kompaß und Magnet. Der Kapitän erklärte ihm durch die Dolmetscherin, wie er mit diesem Gerät die Meerenge entdeckt habe und erzählte ihm, wie viel Tage sie zugebracht hätten, ohne Land zu sehen. Das alles befremdete den König außerordentlich; endlich nahm er Abschied und es gefiel dem Kapitän, ihm zwei Mann zur Begleitung mitzugeben, von denen einer ich, Antonio Pigafetta, war.
Sobald sie an Land waren, hob der König die Hände gen Himmel und wandte sie gegen unsere beiden Leute, die eben das taten wie auch alle anderen. Er nahm dann den Antonio bei der Hand und einer von seinen vornehmsten nahm den anderen, und sie führten sie an einen mit Stroh gedeckten Ort, wo ein großes Boot, das er seinen Feinden abgenommen hatte, auf das Ufer gezogen war. Sie setzten sich auf dessen Vorderteil und sprachen in Zeichen, während alle Leute des Königs darum herumstanden, mit Schwertern, Dolchen, Lanzen und Schilden bewaffnet. Es wurde auch eine große Schüssel Schweinefleisch und ein großes Gefäß mit Wein hierher gebracht, und jedes Mal wurde eine Tasse davon getrunken, und das übrige stand stets beim König, auch als es nur noch wenig war. Es trank auch außer ihm keiner davon, und wenn er die Tasse nahm um zu trinken, hob er die Hände gen Himmel, wandte sie dann gegen unsere Leute, und streckte die Linke gegen Antonio aus, als ob er ihn schlagen wollte, und dann trank er. Eben das tat auch Antonio, und so machte es jeder gegen den anderen. So aßen sie mit vielen Zeremonien und Freundschaftsbezeugungen Fleisch am Karfreitag. Die Unsrigen schenkten hierauf dem König viele Dinge, die ihnen der Kapitän mitgegeben hatte. Antonio schrieb auch vieles auf, was sie ihm sagten, und als ihn der König und seine Leute schreiben sahen, und nachher hörten, dass er ihre Sachen nennen konnte, wunderten sie sich sehr.
Endlich kam die Stunde des Abendessens, wo einige sehr große Porzellanschüsseln voll Reis und andere Schüsseln mit Schweinefleisch in der eigenen Brühe aufgetragen wurden, die mit denselben Zeichen und Zeremonien verzehrt wurden.
Sie begaben sich dann zum Palast des Königs, der die Gestalt einer Scheune hatte, in der man Heu aufbewahrt, mit Blättern von Feigen und Palmen gedeckt und auf Pfählen über der Erde stehend, so daß man mit Leitern hinaufsteigen mußte. Hier nötigte man sie zum Sitzen, mit den Beinen kreuzweise untergeschlagen wie die Schneider, und innerhalb einer halben Stunde wurde ein gebratener Fisch, frisch gesammelter Ingwer und Wein gebracht, und der älteste Sohn des Königs, den sie den Prinzen nannten, kam zu den Fremden. Da befahl ihm der König, sich neben die Fremden zu setzen, was er auch tat, und man brachte dann zwei Schüsseln, eine mit Fisch in seiner eigenen Brühe und die andere mit Reis, damit sie mit dem Prinzen essen mochten, und es wurde so viel gegessen und getrunken, daß sie betrunken wurden.
Wenn es dunkel ist, bedienen sie sich zur Beleuchtung einer Art Harz von einem Baum, das sie in Palmblätter wickeln. Endlich machte der König ein Zeichen, dass er schlafen gehen wollte, und ließ die Unsrigen bei dem Prinzen, mit dem sie auf einer Matte aus Rohr und Kissen aus Laub schliefen. Sobald es Tag war entfernte sich der Prinz, als aber unsere Leute aufstanden, kam einer von seinen Brüdern und begleitete sie bis an die Insel, wo sie den Kapitän fanden, der ihm und seinen Leuten viele Geschenke machte.
Auf der Insel, zu der der König kam, um unsere Schiffe zu sehen, findet man große Stücke Gold, wie Nüsse oder Eier auf der Erde verstreut. Auch alle Gefäße des Königs sind aus Gold, und sein ganzes Haus war sehr ordentlich eingerichtet. Unter dem ganzen Volk gab es keinen schöneren Mann als ihn, er hatte sehr schwarzes Haar, das ihm bis über die Schulter reichte, und trug einen seidenen Schleier auf dem Kopf. In den Ohren hatte er zwei große und dicke goldene Ringe. Seine Kleidung war aus Baumwolle, mit Seide bestickt; sie bedeckte ihn vom Gürtel bis an die Knie; an der einen Seite trug er einen Dolch mit einem goldenen Griff und einer hölzernen geschnitzten Scheide. An jedem Finger hatte er drei goldene Ringe; er pflegte sie mit Weihrauch und Storaxöl zu salben oder reiben; dabei war seine Farbe olivenartig und und der ganze Leib bemalt.
Diese beiden Inseln heißen Buthuan und Caleghan. Wenn die beiden Brüder, die Söhne des Königs, die sich auch Könige nennen lassen, einander besuchen wollten, kamen sie hierher in das Haus des Königs. Der älter wurde Raja Colambu und der jüngere Raja Siagu genannt.
Am letzten Tag des März, Ostern war nahe, bestellte der Anführer einen Priester, der die Messe lesen sollte, und ließ dem König sagen, daß er nicht an Land käme, um mit ihm zu speisen, sondern bloß um die Messe zu hören. Sobald der König das vernahm, sandte er dem Kapitän zwei geschlachtete Schweine. Und da die Meßzeit heranrückte, landeten ungefähr 50 von unseren Männern, unbewaffnet und aufs beste gekleidet; die übrigen waren alle bewaffnet, und ehe die Boote das Land erreichten, wurde als Zeichen des Friedens sechsmal gefeuert. Dann landeten wir, die beiden Brüder, die Söhne des Königs, umarmten den Kapitän und gingen in guter Ordnung mit bis dahin, wo man alles für die Messe bereitet hatte; das war nicht weit vom Ufer. Hier wollte der Kapitän, bevor die Messe begann, die beiden Prinzen mit wohlriechendem Wasser besprengen. Als die Messe zur Hälfte vorbei war, wollten die beiden Könige auch wie wir das Kreuz küssen, sie opferten aber nicht dabei; als der Priester die geweihte Hostie in die Höhe hob, blieben sie auf den Knien und beteten sie mit gefalteten Händen an, zur gleichen Zeit wurde mit einer Büchse von den Unsrigen ein Signal gemacht und die ganze Artillerie der Schiffe abgefeuert. Danach kommunizierten einige von unseren Leuten.
Als die Messe nun zu Ende war, stellte der Kapitän ein Gefecht mit bloßen Degen zwischen einigen bewaffneten Leuten an, das den Königen viel Vergnügen machte. Dann ließ er vom Schiff das Kreuz mit den Nägeln und der Dornenkrone bringen und befahl, daß sich alle davor verneigen sollten, und gab den Fremden durch die Dolmetscherin zu verstehen, daß der Kaiser, sein Herr, ihm dieses Panier gegeben hätte, damit sie es an allen Orten, zu denen sie kämen, aufrichteten, und dass er es daher auch hier zu ihrem Nutzen und Vorteil aufpflanzen wolle, damit, wenn je ein anderes christliches Schiff hierher käme, sie dieses Kreuz sehen und daraus entnehmen könnten, dass die Unsrigen da gewesen wären und ihnen dadurch abgehalten würden, ihnen oder ihrem Eigentum Schaden zuzufügen. Sollten sie dennoch feindlich angegriffen werden, so dürften sie nur dieses Kreuz zeigen und man würde sie sogleich frei lassen. Sie sollten es daher auf die Spitze des höchsten Berges stellen, damit sie es alle Tage und von allen Seiten sehen könnten; auch müßten sie es anbeten, und so lange sie das täten, würden ihnen weder Donner noch Blitz oder Sturm schaden können. Als die Könige dies hörten, dankten sie dem Kapitän sehr und versprachen, ihm in allen Dingen zu folgen. Der Kapitän fragte sie dann, ob sie Mauren oder Heiden wären und woran sie glaubten. Sie antworteten darauf, daß sie keinen anderen Gottesdienst hätten als die gefalteten Hände und das Gesicht gen Himmel zu heben und daß sie ihren Gott Abba nannten. Diese Antwort erfreute den Kapitän sehr, was der ältere König nicht gleich bemerkte, weil der schnell die Hände gen Himmel hob. Man fragte ihn dann, warum sie so wenig Lebensmittel hätten, er antwortete, das käme daher, daß dies nicht sein gewöhnlicher Wohnsitz wäre und er nur hierher käme, wenn er und sein Bruder sich sehen wollten, daß er aber seine Wohnung auf einer anderen Insel habe, wo auch seine Familie lebte. Er erzählte ferner, er habe viele Feinde, die wir mit unseren Schiffen leicht bezwingen könnten, wodurch wir ihn unendlich verbinden würden. Diese Feinde bewohnten nach seinem Bericht zwei Inseln, aber es sei jetzt nicht die richtige Zeit, sie aufzusuchen. Darauf ließ ihm der Kapitän sagen, daß, wenn Gott ihm die Gnade erzeigte, ihn noch einmal in diese Gegenden kommen zu lassen, er so viele Leute mitbringen würde, daß er alle seine Feinde überwinden wollte. Jetzt aber wolle er zu Tische gehen und nach dem Essen das Kreuz auf der Spitze des Berges errichten. Hiermit waren sie zufrieden. Der Kapitän ließ also noch einmal alle Gewehre abfeuern und nahm, nachdem er die beiden Könige und andere von den Vornehmsten umarmt hatte, endlich Abschied.
Nach der Mahlzeit kam unser Befehlshaber Magelhan mit seinen Leuten zurück und errichtete auf der Spitze des höchsten Berges in Gesellschaft der beiden Könige das Kreuz. Dann ließ er ihnen sagen, daß sie seine lieben Freunde wären, seitdem das Kreuz an diesem Ort stünde, und daß sie sich darüber sehr freuen sollten. Dann fragte er sie, ob in dieser Gegend kein Hafen wäre, wo er Lebensmittel bekommen könne. Sie sagten es gäbe deren drei, Zeilon, Zubuth und Calaghan, Zubuth aber wäre der beste, wo der meiste Handel getrieben würde. Und sie erboten sich, uns Piloten zu geben, die uns den Weg dahin zeigen sollten. Der Kapitän dankte ihnen und überlegte, ob er dort hingehen sollte, was er endlich zu seinem Unglück tat.
Als das Kreuz aufgestellt war, fiel jeder auf die Knie, sagte ein Vaterunser und Avemaria und betete das Kreuz an, was die Könige auch taten. Jetzt stiegen wir in die Ebene hinunter, wo wir viele bebaute Felder bemerkten, als wir den Weg zum Boot nahmen. Hierher ließen die Könige einige Kokosnüsse zur Erfrischung bringen, und der Kapitän bat, ihm Piloten mitzugeben, weil der den folgenden Tag absegeln wollte; zu ihrer Sicherheit versprach er, einen von unseren Leuten zurückzulassen. Sie gaben darauf zur Antwort, sie wären für seinen Befehl bereit. Nachher aber änderte der ältere Raja seine Meinung, und als der Kapitän am Morgen absegeln wollte, ließ er ihm sagen, er möge doch die Gefälligkeit haben und noch zwei Tage warten, während sie die Reisernte einbringen und einige andere Sachen zusammenbringen würden. Zu diesem Zweck möge er einige von seinen Leuten an Land schicken, die ihm helfen könnten, damit sie eher fertig würden, und daß er selbst der Pilot sein wollte. Der Kapitän sandte ihm also einige Leute, diese fingen aber gleich bei ihrer Ankunft an, so viel zu essen und zu trinken, daß sie nachher den ganzen Tag schliefen, und als der Kapitän nach ihnen schickte, um einige holen zu lassen, entschuldigten sie sich, daß sie krank wären. Diesen ganzen Tag wurde also nichts unternommen, aber am folgenden arbeiten sie sehr fleißig, den Reis einzusammeln.
Einer von den Insulanern brachte später eine Schüssel voll Reis und acht oder zehn Feigen zum Schiff, die er gegen ein Messer eintauschen wollte, das nicht über drei Pfennige kostete. Da der Kapitän erfuhr, daß er weiter nichts als ein Messer verlangte, ließ er ihn zu sich kommen und zeigte ihm allerhand Sachen und fragte, ob er die nicht für seinen Reis eintauschen wollte; er zog auch einen Real (eine spanische Silbermünze, von der acht einen Piaster ausmachen) aus der Börse und bot ihm solche für seine Ware, er wollte es aber nicht nehmen. Dann zeigte er ihm einen Dukaten, aber selbst den schlug er aus, wie auch einen Dublon, und blieb dabei, daß er ein Messer haben wollte, was man ihm denn auch gerne gab.
Als nach diesem Vorfall einer der Unsrigen an Land ging, um Wasser zu holen, wollte ihm einer der Eingeborenen eine durchbrochene Krone aus gediegenem Gold und eine Halskette gegen sechs Schnüre Glaskorallen geben. Der Kapitän aber wollte in Zukunft dergleichen Tauschhandel nicht erlauben, damit sie glauben möchten, wir setzten einen größeren Wert auf unsere Waren als sie selbst auf ihr Gold.
Diese Insulaner sind sehr gelenkig und stark, sie gehen nackend, bemalen sich den ganzen Leib und bedecken, wie oben angemerkt, die Schamteile mit einem Tuch. Die Weiber sind vom Gürtel nach unten bekleidet und haben lange schwarze Haare, die bis auf die Erde hängen; ihre Ohren sind durchbohrt und sie tragen darin goldene Zierrate von verschiedener Gestalt. Diese Leute kauen beinahe unaufhörlich eine Frucht, die sie Areka nennen und die einer Birne ähnlich ist. Sie schneiden sie in vier Stücke und wickeln dann jedes in ein Blatt von einem Baum, Betel genannt, welche den Blättern des Lorbeerbaumes ähneln. Dann stecken sie es in den Mund und speien es aus, wenn sie es lange genug gekaut haben, wovon ihnen der Mund sehr rot wird. Jedermann bedient sich der Frucht zur Erfrischung, und man sagt, sie könnten sich ihrer nicht ohne große Gefahr für ihre Gesundheit enthalten. Auf dieser Insel, Messana genannt, findet man Hunde, Katzen, Schweine, Hühner, Ziegen, Reis, Ingwer, Kokosnüsse, Feigen, Apfelsinen, Hirse, Buchweizen, Gerste, Wachs und viel Gold. Sie liegt im 9. und 3/5 Grad nördlicher Breite und 162 Grad der Länge von Sevilla.
Wir blieben acht Tage auf der Insel Messana und segelten dann nach Nordwesten.
Pigafetta, Antonio
Erste Reise um die Welt durch Ferdinand Magelhan
Übersetzt aus dem Italienischen
In: Beiträge zur Völker- und Länderkunde
Band 4, Leipzig 1784