Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

Nach 1521 - João de Barros
Beschreibung der nördlichen Molukken

Unter dem Namen der Molukken verstehen wir vorzüglich fünf Gewürzinseln, die auf einer Strecke von 25 Meilen so nahe beieinander liegen, daß man auf jeder derselben die zunächst liegende sehen kann. Die nördlichste, Ternate, liegt einen halben Grad südlich der Linie, die zweite ist Tidor, die dritte Mutel, die vierte Makieng und die fünfte Baschang. Drei haben ihre eigenen Könige. Sie sind alle nur klein, und die größte hat nicht über sechs Meilen im Umfang (im Durchmesser?). Von fern haben sie die Gestalt runder Hügel; an den Ufern befindet sich jedoch etwas flaches Land. Sie sind mit Riffen umgeben, die den ankernden Schiffen oft gefährlich werden. Da die Sonne ihnen beständig nahe ist und die Dünste emporzieht, die stets über ihnen schweben, sieht man die Bäume nie entblättert und den Boden nie von Kräutern entblößt; jedes Gewächs hat jedoch seine bestimmte Erntezeit, bis auf die Gewürznelken, die nur alle zwei Jahre Früchte liefern, weil die jungen Knospen beim Einsammeln mit abgeschlagen werden. Die Erde ist meistens schwarz, fett, und so leicht und locker, daß sie bei den stärksten Regengüssen alles Wasser in sich zieht. Die Luft ist gesund in den hohen Gegenden, auf der Insel Baschang ist sie aber wegen der Sümpfe ungesund. Die Natur hat auf diesen Inseln ihre Gaben verschiedentlich ausgeteilt. Die große Insel Batoschina bringt nur Lebensmittel hervor und keine Gewürze, da hingegen auf den übrigen nur die Letzteren gedeihen. Einige von ihnen, z. B. Batschina Moro und Ternate, haben auch feuerspeiende Berge.
   Die Gewürznelken wachsen nur auf den Molukken, so wie die Muskatnüsse nur auf der Insel Banda vorkommen. Die Bewohner dieser Insel bauen zwar etwas Reis und Mais, sie nähren sich aber gewöhnlicher von Sago. Der ist das Mark eines Baums, der dem Palmbaum ähnlich ist. Der Stamm wird in Scheite gespaltet und das Mark mit spitzen Stäbchen herausgeklaubt. Man rührt es in einem Gefäß mit Wasser zu Brei und läßt es stehen, bis der mehlige Satz sich am Boden lagert. Hierauf wird das Wasser abgegossen und der Bodenteig in Formen getan und gebacken. Außerdem gibt es dort mancherlei Früchte, die wir in unseren Gegenden nicht kennen. An Schafen, Ziegen und Wildbret fehlt es dort zwar nicht, so wenig wie an zahmem und wildem Geflügel; man macht sich aber dort weniger aus Fleischspeisen als aus Fischen, woran die dortigen Meere einen Überfluß haben, und außer den uns bekannten noch viele Arten liefern. Metalle findet man nicht auf diesen Inseln.
   Die Einwohner sind kupferbraun, glatthaarig, stark von Gliederbau, steif in ihrer Haltung, sehr geneigt zum Krieg, sonst aber so träge zu allem, was Fleiß und Arbeit erfordert, daß sie den Ackerbau und selbst den Handel ihren Frauen überlassen. Sie sind sehr gelehrig, aber tückisch, lügenhaft und undankbar, und so stolz, daß Not und Armut sie nicht demütigen. Mit einem Wort, die Portugiesen sagen von diesen Inseln, daß sie der Sitz allen Bösen sind und nichts Gutes hervorbringen außer Gewürznelken.
   Es scheint, daß diese Inseln von verschiedenen Menscharten bevölkert worden sind; denn außer daß zwischen allen beständig Haß und Feindschaft herrscht, sind auch die Sprachen so verschieden, daß die nächsten Ortschaften einander nicht verstehen. Worte, Ton, Aussprache und Gebrauch der Sprachorgane, alles zeugt von dieser Verschiedenheit, und wenn sie irgendeine Sprache haben, durch die sie sich gegenseitig verständlich machen können, so ist es die malayische, deren sich die gebildeten Klassen bedienen, und die die Mauren bei ihnen eingeführt haben. Vor der deren Ankunft wußten sie nichts von der Einteilung derZeit, von Maß und Gewicht und irgendeiner festen Religion. Alles, was sie selbst über ihren Ursprung wissen, beruht auf alten Sagen und Volksliedern. sie bekennen jedoch, daß sie nicht von Eingeborenen, sondern vnr Fremden abstammen, die mit chinesischen, malayischen oder javanischen Dschunken dahin kamen. Die Sage gibt jedoch den Chinesen den Vorzug. bis zur Ankunft der Chinesen wurden die Gewürznelken nur als Arznei gebraucht; während der chinesischen Oberherrschaft wurde aus ihnen aber ein Handelszweig, und dann fing man an, sie sorgfältiger zu pflanzen.
   Nachdem diese Inseln eine Zeit lang von den Chinesen wegen ihrer Gewürze besucht worden waren, lockte dieser Handel auch die Javaner dorthin, und die Chinesen gaben diesen Zweig ihrer Schiffahrt wieder auf. Nach dem Bau von Singapur und Malakka nahem auch die Malayen teil an diesen Handel. Diese brachten die Lehre Mohammeds zu den Inseln der Molukken und Banda. Tidor Bondsche, der Vater des Königs Boleif, war der Erste, der ungefähr 80 Jahre vor der Ankunft der Portugiesen diese Religion angenommen hatte.

Soltau, Dietrich Wilhelm
Geschichte der Entdeckungen und Eroberungen der Portugiesen im Orient vom Jahre 1415 bis 1539; nach Anleitung der Asia des João de Barros
Band 3, Braunschweig 1821

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