Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1684 - Christoph Schweitzer
Colombo
Ceylon / Sri Lanka

Die Portugesen haben solche Stadt, wie schon hiebevor gehört, erbawet, als aber die Holländisch Ostindische Compagnie dieselbe vor 28 Jahren erobert, haben sie gleich anfangen zu brechen und graben, auff ihre Art zubauen, darmit biß dato noch continuirt, wie sie dann bereits in ein Casteel und daran eine Stadt formirt. Das Casteel ligt gegen Westen am Meer, gegen Nord-Ost, an der Stadt, und von Osten biß zu Suden, an einem süssen Wassergraben, ist bevestiget mit grossen Pasteyen von rothen weichen Steinen gemacht, auf deren jeder 20 biß 30 Canonen stehen können, hatt starcke Contre-Scharpen, auff der Seiten deß Meers vil Klippen, dar niemand mit Schiffen anlanden kan, auff der Seiten deß Landes, gehet rund umbher ein breites Wasser, in welchem vil Crocodil sich aufhalten, und täglich gesehen werden, es hat 3. Außgäng, einen gegen Sud-Westen, heisset die Port de Gala, ist ein schmaler Fahrweg zwischen dem süssen Refier- und gesaltzenen Meer-Wasser, einen Mußqueten Schuß darvon, gegen Calture, ist das Land mit schönen fruchtbaren Gärten, 2 Stund weit gezieret und bewohnet. Der ander Außgang heisset die Port Delft, weil die darüber gebaute Pünt also genennet wird, gehet in die Stadt, auff der lincken Seiten ist das Meer, und auff der Rechten ein grosses Stück tieff ausgegraben Land, das Püffels-Feld genennet, kan voll Wasser gelassen werden. Der dritte Außgang heisset die Wasser-Port, recht gegen Nord-Westen, auff der lincken Seiten ist ein Wasser-Paß mit vilen Metallen Stücken, die das einlauffen der Schiffen wöhren und die Ree verwahren kennen, wohl versehen. Das Casteel ist innwendig gezieret auff den Wällen und in den Strassen mit vilen Bäumen, allerdings den Nußbäumen gleich, tragen keine Früchten, aber das gantze Jahr hangen sie voll unriechende gelbe, rothe und weisse Blumen, den Tulpanen sehr ähnlich. Deß Casteels Grösse ist ungefähr 40 Morgen-Felds, darinn wohnet der Gouverneur, und alle andere Kauffleut, Officier und Soldaten, zwischen der Mauren und dem Meer, logiren in gemachten stroh- und laub Hütlen, bey 4000 allerley Compagnies Sclaven die arbeiten müssen, darüber seynd Holländer gesetzt die werden Mucadons genennet, und commandirt ein jeder 80, 90 biß 100 derselben, und muß rechenschafft geben. In disem Casteel ligt auch ein wohl versehenes Zeug-Haus, zwey Pulver-Keller und etliche Packhäuser, darauff die Kauffmanns Wahren liggen, die Kirch, hinden daran ein schöner Pferdstall, wohl versehen mit Persianischen Pferdten; unden am Wasser-Paß hat es eine Seeg- und oben bey der Port de Gala ein Pulver-Mühl, welche beyde durch den Wind getriben werden.
   Die Stadt Colombo ist wegen schöner Bäume und Gärten vil lustiger als das Casteel, ist ebener Gestalten mit 5. Pasteyen, Nahmens Victoria, Constantia, Concordia, Harlem und Enckhausen, wohl bevestiget. Ligt gegen Norden an der Ree, dar die Schiff ligen, auff der anderen Seiten , an dem Crocodilreichen Wasser, sie hat drey Außgäng, einen wie schon oben gemelt die Port Delft, den anderen unweit darvon gegen dem Meer auff den Fischmarckt, den dritten bey der Port Victoria oder Negombo, welcher am meisten gebraucht wird. In der Stadt wohnen Officier und Soldaten, Burger und Handwercks-Leut, schwartze, gelbe und weisse durcheinander, der Ursach alle Nacht von den Holländern fleissig Patrolirt werden muß. Ob es schon offt lange Zeit aneinander regnet, ist die Stadt doch nicht unsauber. Innwendig der Stadt ist auch ein wohlgebauter Hospithal, darein die krancke Holländer gelegt, von darzu bestelten Barbierern und Sclaven mit Medicamenten und Pflagen ordentlich bedienet werden. Der darüber bestellte Ober-Inspector war Dr. Hermannus, jetzo Professor Medic. Zu Leyden. Er brachte ein gutes Lob von den Soldaten und Bohtsgesellen, die under seinen Handen gewesen, mit hinweg. Er war ein rechter Tyrann über seine Sclaven, mit schlagen, und geißlen, wie er dann eines Todschlags an seiner Sclavin, die er in den Hoff hinder sein Haus begraben lassen, beschuldiget, der Ursach etlich Tag in sein Haus in apprehensie genommen, hernachmals wider loß gelassen worden. Unweit dem Spital ist ein Waisen-Haus, darinn vil Holländische Kinder aufferzogen werden, die Buben lernen Holländisch lesen und schreiben, und wann sie tüchtig zu Trommenschlager oder Soldaten gemacht, die Mägdlen lernen auch lesen, schreiben, würcken und nehen, so lang biß ein Freyer kompt und sie zur Ehe nimmet, das geschihet offt in 12. 13. oder 14. Jahr ihres Alters, ob sie ehlich oder unehlich, wird nicht vil darnach gefragt; der Holländische Kirchhoff ist mitten in der Stadt mit einer Maur umringet, darinnen ein Malabarische Schul gebauet, ausserhalb dem Kirchhoff, wird die gantze Woch von Mohren und Persianern allerhand Seiden und Leinwat, und von den Malabaren, Maldivischen und Singulesen Innwohnern allerhand Fruchten, gedörrte Fisch, Zwibel, Zucker und Reis verkauft.

Schweitzer, Christoph
Reise nach Java und Ceylon 1675-1682
Neu herausgeben nach der zu Tübingen im Verlag Johann Georg Cotta im Jahre 1680 erschienenen Originalausgabe
in der Reihe Reisebeschreibungen von deutschen Beamten und Kriegsleuten im Dienst der Niederländischen West- und Ost-Indischen Kompagnien 1602-1797
Herausgegeben von S. P: L'Honoré Naber, 11. Band, Haag 1931

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