1666 - Albrecht Herport
Die Perlen von Ceylon / Sri Lanka
An der Ost-Seiten diser Insul Ceilon, fünff Stund von Manaren, ist ein köstlicher Perle-Banck, der sich bey 3 oder 4 Stund in See streckt, darauß die Portugesen vor Zeiten ein grossen Schatz gezogen, ist aber von den Holländeren noch niemahlen ersucht worden, als seit 8 Jahren, da sie den Portugesen die Festung Manaren eingenommen. Nach dem aber jetzund dise Bancken visitiert vnd für köstlich approbiert worden, haben sie auch eine Fischerey angestellt, vnd durch gantz Indien kundtbahr gemacht, daß solche ausgehendes Mertzens fürgenommen werden solle; Deßwegen Hr. von der Laan, als verwaltet diser sachen, nach Manaren geschickt, der mit sich nam vnseren 6 Soldaten für sein Leibquardi, vnd sind den 7. Febr. mit einem Hugger (Hoeker= kleines Frachtschiff) von Columbo abgesäglet, vnd den 11. dito zu Manaren ankommen, da dann auff den bestimbten Tag bey 400 Fahrzeug angelangt, vnd einem jeden in seiner Sprach vorbehalten worden, daß sie 20 Tag für sich vnd dann ein Tag für die Compagnie fischen mögen; vnd zur contribution geben, namlich die Einwohner für einen Stein (mit welchen sie sich ins Wasser lassen) alle Tag 8 Fanem (Münze) - die frembden aber 16 (deren 12 ein Thaler wärth sind:) vnd so die Zeit verflossen, sollen sie die Perle öffentlich allhier verkauffen: Darauff sie dem Strand nach Hütten gemacht, so sich von der Kirchen, genannt Arripen (jetztArippu), biß in die 3. Stunden weit erstreckten.
WIE DIE PERLEN GEFISCHET ODER GEFANGEN WERDEN.
Erstlich, wurde alle Morgen auß vnserem Quartier, da der Commandant war, ein Stuck gelößt, zum Zeichen daß sie alle zugleich vnd keiner vor dem anderen anfahen sollind. Darauff also bald die gantze Floot-Schiff sich in See begabe, wann sie nun auff die Bancken kommen, welche an etlichen Orthen 6 auch 7 Klaffter tieff sind, machen sie den Korb, darinnen sie hinunder fahren fertig, hencken ein Stein von 30 Pfund schwer daran, vnd lassen sich darmit hinunder, wann sie nun auff den Grund kommen, so brechen sie die Ousters ab, mit einem darzu gemachten eysernen Instrument (sind so hart auffeinander als ein Mauren) vnd wann sie den Korb voll haben, begeben sie sich widerumb in die höhe, hernach wird der Korb, so an einem Seil angebunden, auch hinauff gezogen, (das Wasser ist so clar, daß man sie gehen, vnd wie sie die Ousters abbrechen, sehen kan) es geschieht aber etlichmahl, daß sie in dem Wasser Tod bleiben, da sie wegen deß starcken vnd ungesunden Gestancks der Ousters, in Kranckheit fallen, dann ertrincken: Wann sie nun jhre Schiff voll haben, kommen sie an Landt vnd legen die Ousters in das Sand, daß sie durch die Sonnen-Hitz verfaulen, darauß ein solcher gifftiger Gestanck entspringt, das grosse Kranckheiten verursachst, vnd viel an dem hitzigen Fieber vnd Haubtweh sterben müssen; Zu diser Zeit sind jnnerthalb 6 Wochen bey 1500 Persohnen gestorben, theils an diser von dem greulichen Gestanck, entspringenden heissen Fieber, Cors (ndl. Koorts=Fieber), theils dann auch wegen deß Wassers, welches wir allzumahl trincken müßten, das von Lät vnd Moder so weiß war, als Milch, dann wir sonst kein ander süsses Wasser, vnd doch dessen noch kaum genug hatten, wegen der viele deß Volcks, welches damahlen geachtet wurd, sampt Weib vnd Kinden auff 200000 Persohnen, welche sambtlich auff einem Platz das Wasser holen müßten; Es war ein Weyer, welcher in der ründe bey einer halben Stund weit vnd vngefahr eines Spies tieff in der Mitte war, darauß in den 6. Wochen, so lang man allda verbliben, so viel genommen vnd getruncken worden, daß hernach ein Mann, biß an sein Mitte hindurch gehen könte.
Umb dise gegne deß Lands hatte es bey 2 Jahren lang niemahlen geregnet, als jetzund vnd nicht mehr als ein Schütte, dannenhar die Erden so trocken war, daß das Wasser gleich als auff einem Stein darauff stehen bliben, welches wir also bald auß den Gruben außgeschöpfft vnd getruncken; welches vns dann widerumb ein wenig erquickte;
Wann nun die Ousters bey 10 Tagen an der Sonnen gelegen, so öffnen sie sich vnd ist dann das jnwendige Fleisch oder Ousters verfaulst, vnd findt man dann die Perle gleichsamb bloos darinn ligen; sind aber nit in allen, dann man offtermalen 20 auffthut, daß nicht ein Perle darinn ist, hingegen findt man auch offtermalen 20 Perle in einem Ouster, hernach wird ein Platz geordnet, die Perle zu verkauffen, da sich dann auch frembde Kauff- vnd Handels-Leuth einfinden lassen; Es hat ein jeder der Perle zuverkauffen hat, 9 möscheme Sib, deren eins grössere Löcher hat, als das ander, welche Perle nun durch die kleinste Löcher fallen, die werden für Perle-Staub bey der Gewicht verkaufft; die anderen aber werden schon taxiert, als die so in der grösse eines Hanffkorns sind, werden vmb 2 Fanem verkauft, die anderen höher, vnd so fortan, biß auff die, so in dem grösten Sib bleiben, die werden für einen Schatz gehalten, also daß dieselben nicht wie die anderen gewürdiget, sonder dem höchstbietenden verkaufft werden, jnsonderheit wann sie rund vnd ohne fläcken sind; die grösten die damahlen sind gefangen worden, sind in der grösse eienr gemeinen Haselnuß, welche dazumahl auff disem Platz vmb 80. Reichs-Thaler sind verkauft worden.
Nicht vergebens werden die Perle alldort so wol als in der gantzen Welt, so köstlich geachtet; dann es so vieler Menschen Leben kostet, die vmb derselben willen sich in ein solche Tods-gefahr begeben vnd elendiglich verderben müsse.
Herport, Albrecht
Reise nach Java, Formosa, Vorderindien und Ceylon
Neu herausgeben nach der zu Bern im Verlag von Georg Sonnleitner im Jahre 1669 erschienen Original-Ausgabe
in der Reihe: Reisebeschreibungen von deutschen Beamten und Kriegsleuten im Dienst der Niederländischen West- und Ost-Indischen Kompagnien 1602-1797; Herausgegeben von S. P: L'Honoré Naber, 5. Band, Haag 1931