Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1649 - Johann von der Behr
Die Menschen von Ceylon / Sri Lanka

Die Weiber in der Insul Ceilon hat die Natur vor anderem indischen Frauen-Volk wohl gebildet, und können selbige nach den Glöcklein, die sie schön zu stimmen wissen, artig tanzen; geben überdies gute Seiltänzerinnen, drehen sich in solcher Behendigkeit in einem Kreis herum, dass einem das Gesicht vergehen möchte, und wissen durch den Reif hurtig zu springen. Derselben Kinder, so wohl Knaben als Mägdlein, sonderlich derer Eltern von vornehmen Geschlecht sind, tragen benebenst ihren Eltern an Ohren, Händen, Armen, Füssen und Fußzehen metallene, gläserne, silberne oder goldene Ringe; stecken auch eine goldene Nadel durch die Ohren, welches sie für einen nicht geringe Zierrat halten. Die Söhne dürfen nichts anders lernen und treiben als was der Vater gelernt und getrieben hat.
   Sonst verstehen sich die Weiber daselbst auch wohl auf das Kochen und Braten, absonderlich der Hühner, derer man um einen Taler etliche zwanzig bekommen kann, können auch den Leguan trefflich wohl zurichten, welches ein dem Krokodil schier ähnliches Tier ist, und die Bäume auf und ab zu laufen pflegt, ist am Bauch grünlich mit vier Füssen und Klauen.
   Anstatt des Brotes, so bei dem gemeinen Mann selten zu finden, brauchen sie eine Wurzel, genant Uffa, welche sie zuvor kochen, nachmals abscheren, und in Stücke zerschneiden; ist nicht üblen Geschmackes, ingleichen brauchen sie auch den Reis, der erst in Wasser sauber abgesotten, hernach auf den Kohlen getrocknet, in einer porzellanen Schale aufgesetzt und davon ein klein wenig zu jeden Bissen genossen wird.
   Bei ihren Mahlzeiten sitzen sie nach Art der Türken mit kreuzweis geschränkten Füssen auf einer Strohmatten, essen mit den Händen ohne Löffel und Messer auf gut französisch.
   Ihr Trank ist insgemein bloß Wasser. Aus ihrem Trinkgeschirr lassen sie die Christen nicht gerne trinken, oder aber sie, die Christen, müssen das Gefäß nicht an Mund kommen lassen, sondern es nur in die Höhe halten, und also den Trunk in den Hals hinein gießen. Denn sie tragen immer Sorge, als ob man vielleicht Schweine- oder zahmes Büffelfleisch gegessen habe, wovor sie einen Ekel tragen: denn sie geben vor, die Seelen der Menschen führen darein, und dahero sich solches enthalten, Ne matrum nati carnes in viscera condant, damit nicht einer einen Bissen von seinem Großvater oder Großmutter einschlucke, und verdaue. Sie dürfen ihn auch wohl gar Abba nennen, und sehen mit schelen Augen, wenn ihm Leid geschieht oder er in unsere Hände gerät.
   Auf dieser Insel gibt es viel hohes Gebirge: sonderlich ist ein Berg, welchen sie vor den höchsten in Indien halten, der Adamsberg genant, darauf sie einem des ersten Menschen Adam Fußstapfen noch heutiges Tages zeigen. Selbige haben sie als ein besonderes Heiligtum eingefass, und brennen darinnen Tag und Nacht kupferne Lampen, in welche sie Klappersnußöl gießen, wallen oder gehen dahin jährlich zu gewisser Zeit, und bringen mit Klappersnußöl ein Opfer; wovon einem jeden sein Sentiment gelassen wird. So wird auch dafür gehalten, dass Ceilon ein Teil vom Paradies soll gewesen sein. Die Insel ist über alle Maßen reich an Erd- und Bäumfrüchten, (davon vorher ein mehrers berühret) Vieh und Vögeln, es gibt Gold- und Silberminen oder Schächte: auch werden daselbst viele Edelgesteine gefunden von allerhand Sorten, sonderlich Rubine, Smaragde, Türkis und Saphire.

Behr, Johann von der
Reise nach Java, Vorderindien, Persien und Ceylon 1641-1650
Neu herausgeben nach der zu Breslau im Verlag von Urb. Spalthholtz im Jahre 1669 erschienen Original-Ausgabe
in der Reihe: Reisebeschreibungen von deutschen Beamten und Kriegsleuten im Dienst der Niederländischen West- und Ost-Indischen Kompagnien 1602-1797; Herausgegeben von S. P: L'Honoré Naber, 4. Band, Haag 1930

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