1521 - Antonio Pigafetta
Auf der ersten Weltumrundung: Brunei
Am 9.Juli schickte der König der Insel, die Borneo [Kalimantan] heißt, ein Fahrzeug an uns ab, da sie dort Prao nennen. Es gleicht einem schönen Jagdschiff; das Vorder- und Hinterteil war mit Gold verziert und auf dem Vorderteil wehte eine blaue und weiße Flagge, deren Spitze ein großer Federbusch von Pfauenfedern schmückte. Auf dem Schiffe waren verschiedene Leute, die Flöten bliesen und Trommeln schlugen. Mit diesem Prao kamen zwei andere Fahrzeuge, die sie Almadie nennen und die unseren Fischerbooten gleichen. Acht von den vornehmsten Männern in den Booten kamen jetzt an Bord unserer Schiffe, wo wir sie auf Teppichen, die im Hinterteil des Schiffes ausgebreitet waren, zum Sitzen nötigten. Hier überreichten sie unseren Leuten ein hölzernes, bemaltes, mit einem gelbseidenen Tuch bedecktes Gefäß, mit Betel und Areka angefüllt (welches eine Art Frucht ist, die sie mit Jasmin und Pomeranzenblüte kauen), zwei Käfige voller Hühner, zwei Ziegen, drei Gefäße voll Wein von destilliertem Reis und verschiedene Bündel Zuckerrohr; das schenkten sie auch dem andere Schiff und nahmen Abschied, nachdem sie uns umarmt hatten. Dieser Reiswein ist so hell wie Wasser, aber dabei so stark, daß er leicht berauscht; sie nennen ihn in ihrer Sprache Arak.
Sechs Tage später sandte der König zum zweiten Mal Praos mit großem Prunk und Flötenspiel, Trommeln und klingenden Zimbeln aus Messing. Die Praos umgaben unser Schiff und die Leute begrüßten uns mit ihren Tuchmützen, die nur die Hälfte des Kopfes bedeckten, und wir erwiderten ihren Gruß dadurch, daß wir unser Geschütz ohne Kugel abfeuerten. Dann überreichten sie uns verschiedene Speisen, alle aus Reis bereitet, einige in längliche Stücke geschnitten und in Blätter eingewickelt, andere von der Gestalt und Größe eines Zuckerhutes, noch andere in Form kleiner Kuchen. Dazu gaben sie Eier und Honig und sagten, ihr König erlaube uns, Holz und Wasser einzunehmen und mit seinen Untertanen nach Gutdünken Handel zu treiben. Als wir das hörten, stiegen acht von uns in ein Prao und brachten dem König ein Geschenk, das in folgenden Dingen bestand: Ein Kleid von grünem Samt auf türkische Art, ein Sessel, mit violettem Samt beschlagen, fünf Ellen rotes Tuch, eine rote Mütze, ein gläsernes Gefäß mit einem Deckel, einige Bogen Papier und ein vergoldetes Schreibzeug. Der Königin schenkten wir drei Ellen gelbes Tuch, ein Paar Schuhe, mit Silber beschlagen, ein kleines Schächtelchen mit Nähnadeln, dem Gouverneur drei Ellen rotes Tuch, eine Mütze und eine silberne Tasse. Dem Vornehmsten von denen, die mit dem Prao gekommen waren, gaben wir ein Kleid aus rotem und grünem Tuch auf türkische Art und einige Bogen Papier und den anderen Sieben ein Stück Tuch, eine Mütze und einige Bogen Papier, so gingen wir ab, um den König zu besuchen. Als wir nahe bei der Stadt waren, mußten wir beinahe zwei Stunden in dem Prao bleiben.
Endlich erschienen zwei Elefanten, mit Seidenzeug behangen, und zwei Mann mit Porzellangefäßen, mit Seidenzeug bedeckt, um die Geschenke darin zu tragen. Unsere Abgesandten stiegen auf die Elefanten, und die zwölf Mann gingen mit den Geschenken in den Porzellangefäßen vor ihnen her zum Haus des Befehlshabers. Hier wurde ihnen eine Abendmahlzeit von vielen Speisen vorgesetzt, und die Nacht brachten sie auf baumwollenen Matratzen zu. Den folgenden Tag blieben sie zu Hause bis um die Mittagsstunde, dann kamen die Elefanten wieder, und nun gingen sie wieder in der gleichen Ordnung mit den zwölf Leuten zum Palast des Königs. Alle Straßen waren auf dessen Befehl mit bewaffneten Leuten besetzt, die Lanzen, Säbel und Schilde hatten. In einem Hof vor dem Palast stiegen sie ab und einige Stufen hinauf, vom Befehlshaber begleitet, in einen großen Saal, wo sie verschiedene Personen von Stand vorfanden. Hier setzten sie sich auf Teppiche und die Geschenke wurden neben ihnen aufgestellt. Am Ende dieses Raumes war ein anderes Zimmer, etwas höher, aber kleiner, mit seidenen Tapeten behangen, und hatte zwei mit seidenen Vorhängen zugezogene Fenster, durch die das Licht in den ersten Raum fiel. In dem standen dreihundert Mann mit kleinen Degen in den Händen, die sich auf die Lenden stützten, diese hielten sich hier als Wache des Königs auf. Am anderen Ende des kleinen Zimmers war ein großes Fenster, von dem man einen Vorhang aus Goldstücken wegzog und da hindurch den König erblickte, der mit seinem Sohn an einem Tisch saß und Betel kaute. Hinter ihm konnte man sein ganzes Serail sehen. Einer von den Vornehmen sagte unseren Leuten, sie könnten nicht mit dem König sprechen, verlangten sie aber etwas, so sollten sie es nur ihm sagen, er würde es dann einem der Vornehmsten melden und dieser dem Bruder des Befehlshabers, der sich in dem kleinen Zimmer aufhielt. Von ihm würde sein Gesuch ein anderer erfahren, der in des Königs Zimmer zugegen wäre, und dem er es durch ein durch die Wand gestecktes Sprachrohr melden müßte. Dann belehrte sie derselbe Mann, wie sie dem König drei Verbeugungen mit aufgehobenen und über dem Kopf zusammengeschlagenen Händen machen müßten. Ebenso müßten sie auch die Füße einen nach dem anderen aufheben und dann die eigenen Hände küssen.
Nachdem die Unsrigen diese königlichen Verbeugungen gemacht hatten, sagten sie, sie wären Untertanen des Königs von Spanien und wünschten mit dem König des Landes in Frieden zu leben. Der König ließ ihnen antworten, daß der König von Spanien sein Freund sein wolle, wäre ihm sehr angenehm, und er wünsche mit ihm ebenfalls in Freundschaft zu leben, übrigens möchten sie sich mit Holz und Wasser versehen und handeln so viel sie wollten. Dann übereichten unsere Leute die Geschenke, indem sie bei jedem eine leichte Kopfneigung machten. Der König ließ dagegen einem jeden ein Stück gold- und silberbesticktes Seidenzeug geben, welches ihnen auf die linke Schulter gelegt und dann weggenommen wurde. Dann wurden ihnen Gewürznelken, Zimt und Zucker aufgetragen, und sobald sie diese Speisen verzehrt hatten, wurden die Vorhänge schleunigst zugezogen und die Fenster zugemacht.
Alle Männer in diesen beiden Zimmern trugen ein Stück buntfarbiges Seidenzeug um die Lenden, einige hatten Dolche mit goldenen Griffen, mit Perlen besetzt, und viele Ringe mit Edelsteinen besetzt.
Die Unsrigen verließen jetzt den Palast, wurden auf den Elefanten wieder zum Haus des Befehlshabers geführt und acht Männer gingen mit den Geschenken des Königs voran. Sobald sie bei dem Haus ankamen, legten sie jedem von den Unsrigen sein Geschenk auf die linke Schulter und erhielten für ihre Mühe ein paar Messer. Einige Zeit später kamen neun andere Männer aus dem Gefolge zum Haus des Gouverneurs. Jeder trug eine Schüssel, und in jeder Schüssel waren zehn bis zwölf kleinere Porzellanschüsseln mit Kalbfleisch, Kapaunen, Hühnern, Pfauen und anderen Vögeln und Fischen angefüllt. Wie nun die Stunde der Abendmahlzeit heranrückte, setzten sie sich auf eine schöne Matte von Binsen und aßen von dreißig bis zweiunddreißig verschiedenen Speisen, aus Fleisch und Fisch, mit Essig und anderen Dingen bereitet. Zu jeder Speise tranken sie Branntwein aus einem kleinen Gefäß aus Porzellan, das nicht größer als ein Ei war. Auch hatten sie andere Speisen, die mit so viel Zucker bereitet waren, daß sie sie mit goldenen Löffeln von der gleichen Form wie die unseren essen mußten.
An dem Ort, wo sie zwei Nächte schliefen, brannten beständig auf zwei etwas erhöhten silbernen Leuchtern zwei große Wachskerzen und zwei große Lampen.
Endlich kamen unsere Leute auf den Elefanten wieder an das Ufer des Meeres und fanden zwei Boote, die sie an Bord der Schiffe brachten.
Die Stadt ist ganz im Salzwasser gebaut, ausgenommen die Häuser des Königs und einiger Vornehmer. Die Anzahl der Häuser beläuft sich auf 20 bis 25.000. Sie sind ganz aus Holz und stehen auf starken Pfählen hoch über der Erde. Wenn das Wasser steigt, fahren die Weiber in kleinen Kähnen in der ganzen Stadt herum und verkaufen allerlei Lebensmittel. Das Haus des Königs ist aus großen Quadersteinen aufgemauert und mit Wällen wie eine Festung umgeben. Der König ist ein Schwarzer und heißt Raja Siapada. Er ist sehr fett und ungefähr vierzig Jahre alt. In seinem Haus befinden sich bloß Weiber und die Töchter seiner Vornehmsten, die sein ganzes Hauswesen bestellen. Er verläßt seinen Palast niemals, außer wenn er auf die Jagd oder in den Krieg geht, und keiner darf mit ihm anders als durch ein Sprachrohr reden, was sie für ehrerbietiger halten. Er unterhält in seinen Diensten zehn Schreiber, die alles, was geschieht, auf ganz dünnen Baumrinden aufschreiben und Chiritoles genannt werden.
Pigafetta, Antonio
Erste Reise um die Welt durch Ferdinand Magelhan
Übersetzt aus dem Italienischen
In: Beiträge zur Völker- und Länderkunde
Band 4, Leipzig 1784