Um 1850 - Robert Fortune
Über den Tee
Weniges, was mit dem Pflanzenreiche in Verbindung steht, hat in so hohem Grade die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie der chinesische Teestrauch. Seine Kultur auf den chinesischen Hügeln, die eigentümliche Spezies oder Abart, welche den im Handel vorkommenden grünen oder schwarzen Tee liefert, die Art, wie die Blätter bereitet werden, sind immer Gegenstand eines besonderen Interesse gewesen. Die Eifersucht der chinesischen Regierung in früheren Zeiten hinderte die Fremden, irgendeinen der Distrikte zu besuchen, wo der Tee gebaut wird, und das wenige, was man von chinesischen Kaufleuten darüber erfahren konnte, war nicht der Art, dass man sich hätte auf die Richtigkeit ihrer Angaben verlassen können. Wir finden daher, dass diejenigen, welche bei uns über diesen Gegenstand geschrieben haben, häufig einander widersprechen, indem einige behaupten, der schwarze und der grüne Tee würden von einer und derselben Spezies gewonnen und der Unterschied in der Farbe rühre nur von einer verschiedenen Art der Bereitung her, andere hingegen, der schwarze Tee werde von der Pflanze gewonnen, welche die Botaniker Thea bohea nennen, der grüne von der Thea viridis, welche beide wir seit vielen Jahren in unsern Gärten in England haben.
Während meiner Reisen in China, seit dem letzten Krieg [dem ersten Opiumkrieg], habe ich häufig Gelegenheit gehabt, mehrere ausgedehnte Teedistrikte in den Gebieten von Kanton, Fokien [Fujian]und Chekiang [Zhejiang] zu besuchen, wo sowohl schwarzer als grüner Tee gebaut wird, und kann jetzt dem Leser das Resultat meiner Beobachtungen vorlegen. Diese zeigen, dass selbst die, welche am besten im Stande waren darüber zu urteilen, getäuscht worden sind, und dass der größere Teil der schwarzen und grünen Teesorten, welche jährlich aus China nach Europa und Amerika gebracht werden, von einer und derselben Spezies oder Abart, nämlich der Thea viridis gewonnen werden. Getrocknete Exemplare dieser Pflanze habe ich in den genannten Distrikten selbst hergestellt, und diese befinden sich jetzt in dem Herbarium der Gartenbaugesellschaft von London, so dass man über diesen Gegenstand nicht länger in Zweifel sein kann. In verschiedenen Teilen der Provinz Kanton, wo ich Gelegenheit hatte, den Teebau zu beachten, erwies sich die Spezies als die Thea bohea, oder die gewöhnlich so genannte schwarze Teepflanze. In den Gegenden, wo grüner Tee gebaut wird, weiter nördlich, - ich meine namentlich die Provinz Chekiang - habe ich auch nicht eine einzige Pflanze dieser Spezies gesehen, die auf den Feldern und in den Gärten in der Nähe von Kanton so gewöhnlich ist.
Sämtliche Pflanzen in der Gegend des grünen Tees in der Nähe von Ningbo, auf den Inseln des Archipelagus von Chusan [Zhousan], und in allen Teilen der Provinz, welche ich Gelegenheit hatte zu besuchen, erwiesen sich ohne Ausnahme als die Thea viridis. Zweihundert Meilen weiter nordwestlich und nur in geringer Entfernung von den Teehügeln dieser Gegend fand ich in den Gärten ebenfalls dieselbe Spezies des Teestrauchs.
Insoweit bestätigte meine eigene Beobachtung genau die Ansicht, welche ich mir vor meiner Abreise aus England über diesen Gegenstand gebildet hatte, nämlich, dass die schwarzen Teesorten von der Thea bohea bereitet werden, die grünen von der Thea viridis. Als ich die nördlichen Gegenden verließ, um nach Foo-chow-foo [Fuzhou] am Min-Flusse, in der Provinz Fokien, zu reisen, zweifelte ich nicht, dass ich dort die Teehügel mit der anderen Spezies, der Thea bohea, bedeckt finden würde, von der nach unserer gewöhnlichen Meinung die schwarzen Teesorten gewonnen werden; dies schien um so wahrscheinlicher, als diese Spezies wirklich ihren Namen von den Bohea-Hügeln in dieser Provinz erhalten hat. Wie groß aber war meine Überraschung, als ich fand, dass alle Pflanzen auf den Teehügeln bei Foo-chow-foo genau dieselben waren wie in den nördlichen Gegenden, wo der grüne Tee gebaut wird. Hier waren also Grünteepflanzungen auf den Schwarzteehügeln, und nicht eine Pflanze der Thea bohea zu sehen. Noch mehr, während meines Aufenthaltes hier waren die Eingeborenen eben emsig mit der Bereitung des schwarzen Tees beschäftigt. Obgleich mir die spezifischen Unterschiede der Teepflanzen sehr wohl bekannt waren, so war ich doch höchst überrascht, und die Entdeckung war mir zugleich so interessant, dass ich mir eine Anzahl von Proben für das Herbarium verschaffte und eine frische Pflanze mit der Wurzel ausgrub, die ich mit nach Chekiang nahm. Als ich diese mit denen verglich, welche auf den Grünteehügeln wachsen, konnte ich durchaus keinen Unterschied bemerken. Es scheint sonach, dass die schwarzen und grünen Teesorten der nördlichem Gegenden Chinas (der Gegenden, in denen der größere Teil der Teesorten gewonnen wird, welche auf ausländische Märkte kommen) beide von einer und derselben Art erzeugt werden, und zwar der Thea viridis, dem gewöhnlich so genannten Grünteestrauch. Die schwarzen und grünen Teesorten hingegen, welche in bedeutender Quantität in der Nähe von Kanton bereitet werden, von der Thea bohea, oder dem schwarzen Tee. Und in der Tat, wenn wir die Sache vorurteilsfrei überlegen, so scheint hierin durchaus nichts Wunderbares zu sein. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass unsere frühere Ansicht auf Angaben beruhte, die von Chinesen in Kanton gemacht wurden, die nur das sagen, was ihrem Zweck dient, und sich selten Mühe geben sich zu überzeugen, ob die Nachrichten, welche sie mitteilen, wahr oder falsch sind.
Der Boden in den Teedistrikten ist, wie man denken kann, in den nördlichen Provinzen viel fetter als in Quan-tung [Guangdong]. In Fokien und Chekiang ist ein reicher sandiger Lehm. Der Teestrauch gedeiht nicht gut, wenn er nicht einen fetten Boden hat. Das beständige Abpflücken der Blätter ist seinem Fortkommen sehr schädlich, und bewirkt allerdings, dass er endlich ganz eingeht. Der Pflanzer muss daher hauptsächlich immer darauf bedacht sein, seinen Strauch so stark und gesund als möglich zu erhalten, und dies ist bei magerem Boden nicht möglich.
In den nördlichen Gegenden von China liegen die Teepflanzungen immer an den unteren und fruchtbarsten Abhängen der Hügel, nie im flachen Lande. Die Sträucher werden etwa vier Fuß auseinander in Reihen gepflanzt, zwischen denen ein eben so großer Zwischenraum gelassen ist, und nehmen sich, von Ferne gesehen, wie kleine Immergrünsträucher aus.
Die Grundstücke sind klein, etwa zu ein bis fünf Acres [1 acre = 0,4 ha]; und in der Tat: Jeder kleine Hausbesitzer hat seinen eignen kleinen Teegarten, dessen Ertrag den Bedarf seiner Familie deckt, und aus dem Überschuss erlöst er noch einige Taler, die auf andere Bedürfnisse des Lebens gewandt werden. Dasselbe System wird von allem, was sich auf chinesischen Ackerbau bezieht, beobachtet. Die Baumwoll-, Seiden- und Reispflanzungen werden in der Regel nach demselben Plane bewirtschaftet. Man kann selten etwas Lieblicheres sehen als eine Familie im Innern von China, die mit dem Einsammeln der Teeblätter oder einer anderen Feldarbeit beschäftigt ist. Ein alter Mann, vielleicht der Großvater oder gar der Urgroßvater, mit patriarchalischem Ansehen, leitet die Arbeiten seiner Kinder und Enkel auf dem Felde. Ein Teil derselben steht in der Blüte ihrer Jahre, andere sind noch in ihrer Kindheit. Er steht mitten unter ihnen, von Alter gebeugt; aber, zur Ehre der Chinesen als Nation muss es gesagt sein, alle sehen mit eben so viel Stolz als Liebe auf ihn, und sein hohes Alter und seine grauen Haare werden geehrt und geliebt. Wenn die Arbeit des Tages vollendet ist und sie dann in ihre Hütte zurückkehren, so besteht ihr einfaches Mahl hauptsächlich aus Reis, Fischen und Gemüse, die sie mit großem Appetit verzehren, und dabei sind sie glücklich und zufrieden. Ich glaube wirklich, dass es kein Land in der Welt gibt, wo die Ackerbau treibende Bevölkerung sich so wohl befindet wie im Norden von China. Arbeit ist ihnen eine Lust, denn ihre Früchte werden von ihnen selbst verzehrt, und die Peitsche des Unterdrückers ist ihnen unbekannt.
In den Grünteedistrikten von Chekiang, in der Nähe von Ningbo, wird die erste Blätterernte gewöhnlich gegen Mitte April gesammelt. Diese besteht aus den jungen Blätterknospen, die sich eben zu entfalten beginnen und gibt eine feine und delikate Sorte jungen Hyson (in England Russischer Tee genannt),die bei den Eingeborenen in hohem Werte steht und in der Regel in kleinen Quantitäten an gute Freunde als Geschenk geschickt wird. Es ist ein seltener und kostspieliger Artikel, und das Abbrechen der noch so jungen Blätter richtet in den Teepflanzungen großen Schaden an. Der Sommerregen jedoch, der in dieser Jahreszeit sehr reichlich fällt, gibt sowohl dem Boden als der Luft die nötige Feuchtigkeit, und wenn die Pflanzen jung und kräftig sind, treiben sie bald wieder frische Blätter.
Vierzehn Tage bis drei Wochen nach der ersten Einsammlung oder etwa Anfang Mai sind die Sträucher wieder mit neuen Blättern bedeckt und zur zweiten Ernte reif, die in der Tat die wichtigste in der ganzen Jahreszeit ist. Die dritte und letzte Ernte, welche stattfindet, sobald sich wieder neue Blätter gebildet haben, gibt eine sehr geringe Sorte, die, wie ich glaube, selten nach auswärts versandt wird.
Die Einsammlung und Bereitung der Teeblätter ist außerordentlich einfach. Wir sind so lange gewohnt gewesen alles, was auf die Chinesen Bezug hat, zu übertreiben und zu entstellen, dass wir in allen ihren Künsten und Gewerben etwas ganz Eigentümliches zu finden erwarten, und was ganz von dem gewöhnlichen Wege abweicht, dahingegen gerade viele Verfahrensweisen in China bei weitem einfacher sind als in den meisten anderen Teilen der Welt. Um das Verfahren beim Rollen und Trocknen der Blätter, welches ich jetzt beschreiben will, richtig zu verstehen, darf man nicht vergessen, dass der Hauptzweck dabei ist, die Feuchtigkeit zu entfernen und zugleich so viel wie möglich von dem Aroma und den anderen wünschenswerten Bestandteilen der Spezies zu erhalten. Das System, nach dem man zu diesem Zwecke verfährt, ist eben so einfach als zweckmäßig.
Wenn das Wetter trocken ist, sieht man die Eingeborenen in kleinen Gruppen, je nachdem die Familie größer oder kleiner ist, an den Abhängen aller Hügel mit Pflücken der Teeblätter beschäftigt. Sie gehen dabei nicht so vorsichtig zu Werke, wie ich mir vorgestellt hatte, sondern streifen die Blätter schnell ab und werfen sie alle untereinander in runde Körbe, die zu diesem Zwecke aus Spänen von Bambus oder Rohr gemacht sind. Anfang Mai, wenn die hauptsächlichste Blätterernte stattfindet, sind die jungen Samenkapseln ungefähr so groß wie Erbsen; diese werden ebenfalls abgestreift und mit den Blättern zusammen getrocknet. Es sind dies die Samenkapseln, welche wir oft in unserem Tee finden und die einige Ähnlichkeit mit jungen Kapern haben. Wenn eine hinlängliche Quantität Blätter gepflückt ist, werden sie in die Hütte oder Scheuer nach Hause getragen, wo die Operation des Trocknens vor sich geht.
Die chinesischen Hütten in dem Hügellande, wo der Tee gebaut wird, sind einfach und von plumper Bauart und erinnern sehr an die Wohnungen unserer Bauern, die man ehedem in Schottland häufig sehen konnte, wo Kühe und Schweine in einem und demselben Raume mit ihrem Besitzer wohnten und fraßen. Nur waren die schottischen Hütten selbst damals besser und bequemer eingerichtet als die chinesischen heutzutage. Dennoch wird in diesen armseligen Behausungen ein großer Teil der verschiedenen Teesorten bereitet, welche hoch klingende Namen führen. Scheuern, Schuppen und andere Nebengebäude, namentlich bei den Tempeln und Klöstern, werden ebenfalls oft zu demselben Zwecke gebraucht.
Die Pfannen, in denen der Tee getrocknet wird, sind von Eisen, so dünn wie möglich, rund und ziemlich flach, und in der Tat ganz, oder wenigstens beinahe, dieselben Gefäße, deren sich die Landeseingeborenen zum Kochen des Reises bedienen. Eine Reihe dieser Pfannen wird zwischen Mauerwerk und Gipsmörtel eingesetzt, unter denselben befindet sich eine Feuerungsröhre, die an dem einen Ende einen Rost oder vielmehr eine Feuerstelle hat, an dem anderen ein Loch, durch welches der Rauch hinausziehen kann. Eine Esse gilt bei den Chinesen als Nebensache, und in manchen Fällen, die ich beobachten konnte, stand es dem Rauche frei, nachdem er unter den Trockenpfannen durchgezogen war, sich durch die Türen und Dächer der Häuser einen Ausweg zu suchen, was allerdings in China nicht eben sehr schwer ist.
Wenn die Pfannen eingesetzt sind, wird zuerst das Mauerwerk und der Gipsmörtel am Rande sauber abgeglättet und ein wenig höher aufgeführt, namentlich der Teil hinter den Pfannen, und zwar so, dass es allmählich nach oben zu weiter wird. Wenn dies fertig ist, hat das Ganze das Ansehen einer Reihe großer Becken mit hohem Rückenrande, indem jedes Becken drei- bis viermal so groß ist als die flache eiserne Pfanne, welche unten unmittelbar über dem Feuerrohre steht. Wenn das Feuer angezündet ist, so wird der obere aus Gipsmörtel gebildete Teil dieser Becken ebenfalls warm, obwohl nicht so heiß wie die unten befindliche eiserne Pfanne; und da die auf diese Weise gebildeten Becken vorn niedriger sind und an den Seiten und hinten allmählich höher und weiter werden, so können die mit dem Trocknen beschäftigten Personen leicht mit den Blättern umgehen und dieselben an dem Rücken des Beckens umeinander werfen.
Nachdem die Blätter von den Hügeln hereingebracht sind, werden sie zuerst in der Hütte oder dem Trockenhause hingelegt. Hierauf zündet jemand vorn an der Röhre ein kleines Feuer an, welches so genau wie möglich verteilt wird. Bald nachdem die warme Luft unter den Pfannen zu zirkulieren begonnen hat, werden diese heiß, und nun wird aus einem Siebe oder Korbe eine Quantität Blätter in die Pfannen geschüttet, die dann von den zu diesem Zwecke angestellten Männern und Frauen untereinander gemengt und aufgeschüttelt werden. Die Hitze beginnt sogleich auf die Blätter ihre Einwirkung zu üben; sie fangen an zu platzen und zu knistern und werden von dem durch die Wärme ausdünstenden Saft beinahe ganz nass. Dieser Teil des Prozesses dauert etwa fünf Minuten, in welcher Zeit die Blätter ihre Sprödigkeit verlieren, sich auseinander rollen und weich und geschmeidig werden. Sie werden dann aus den Pfannen herausgenommen und auf einen Tisch geworfen, dessen Blatt aus gespaltenen Bambusstäben zusammengesetzt ist. Hierauf treten drei bis vier Personen an den Tisch, jeder erhält seinen Teil von dem auf demselben liegenden Haufen Teeblätter, von denen er, so viel er fassen kann, in die Hände nimmt und nun anfängt zu rollen. Von diesem Verfahren kann ich keine bessere Vorstellung geben, als wenn ich es mit der Hantierung des Bäckers beim Kneten und Rollen des Teiges vergleiche. Der Zweck dabei ist, den Saft und die Feuchtigkeit auszupressen und zugleich die Blätter zusammenzudrehen. Zwei oder dreimal während der Operation werden die kleinen Päckchen zusammengerollter Blätter in die Höhe gehoben und auf dem Tische aufgeschüttelt, dann wieder zusammen genommen und wie zuvor gedrückt und gerollt. Dieser Teil des Verfahrens dauert ebenfalls etwa fünf Minuten, während welcher Zeit ein großer Teil des grünen Saftes ausgepresst wird, den man zwischen den Bambusspänen hinabtropfen sieht. Wenn die Blätter nun gedrückt, zusammengedreht und gerollt sind, nehmen sie kaum den vierten Teil des Raumes ein wie vor dieser Operation.
Sobald man mit dem Rollen fertig ist, werden die Blätter wieder von dem Tische weggenommen und zum letzten Mal auseinander geschüttelt, auf einer Art großen Schirm, der ebenfalls von Bambusspänen gemacht ist, dünn ausgebreitet, und so der Luft ausgesetzt. Die besten Tage für diese Arbeit sind die, an denen das Wetter trocken und der Himmel bewölkt ist, so dass die Sonne nur wenig hervorkommt, weil die in den Blättern noch übrige Feuchtigkeit so allmählich wie möglich abgesondert und die Blätter so weich und geschmeidig wie möglich erhalten werden müssen. Bei hellem Sonnenschein ist die Hitze zu groß und die Feuchtigkeit verdunstet zu schnell, die Blätter bleiben zusammengekräuselt und grob und können dann nicht mehr den noch übrigen Teil des Prozesses aushalten. Wie lange die Blätter so im Freien ausgesetzt bleiben, ist nicht bestimmt, weil dies zum großen Teil vom Wetter und dem Gutdünken der bei der Arbeit beschäftigten Personen abhängt. Zuweilen habe ich gesehen, dass man den noch übrigen Teil der Operation vornahm, ohne die Blätter erst vorher an die Luft zu setzen.
Nachdem auf diese Weise ein Teil der überflüssigen Feuchtigkeit beseitigt ist, werden die Blätter, die nun weich und geschmeidig sind, wieder in die Trockenpfannen geworfen, und nun beginnt die zweite Heizung. Wie vorher nimmt wieder einer seinen Posten am Ofen ein und unterhält ein gelindes und beständiges Feuer, andere nehmen an den verschiedenen Trockenpfannen Platz, - an jeder Pfanne einer - und fangen an, die Blätter untereinander zu rühren und aufzuschütteln, damit alle einen gleichen Anteil an Feuer erhalten und nichts versenge oder verbrenne. Die Trocknung geht auf diese Weise allmählich und regelmäßig vor sich. Dieser Teil der Operation wird bald leichter, denn da die Blätter ihre Feuchtigkeit verlieren, so drehen und kräuseln sie sich zusammen, und nehmen folglich bei weitem weniger Raum ein als anfänglich, und können dann natürlich leichter untereinander gemengt werden. Die Teeblätter werden jetzt für die bloße Hand zu heiß und man bedient sich daher statt der Finger eines kleinen und sauberen Besens von Bambus, um sie unten in der Pfanne untereinander zu rühren. Sie werden nun an der glatten Einfassung von Tonmörtel, die den hintern Rand der Trockenpfanne bildet, in die Höhe geworfen, und rollen an dieser heißen schiefen Fläche hinab, wodurch sie zugleich allmählich trocknen und sich zusammendrehen. Während dieser Operation verlassen die bei der Arbeit angestellten Männer und Frauen nie ihre Plätze; einer unterhält fortwährend ein gelindes Feuer, die andern rühren die Blätter um. Man bemüht sich nicht gerade einen bestimmten Grad der Temperatur zu erhalten und bedient sich keines Thermometers dabei, sondern ein gelindes und fortwährendes Feuer reicht hin; das heißt, die Pfanne wird so heiß gemacht und gehalten, dass ich meine Hand nicht einen Augenblick darauf liegen lassen konnte. Um eine richtige Vorstellung von der Zeit zu erhalten, die für diesen zweiten Teil des Prozesses erfordert wird, nahm ich bei verschiedenen Gelegenheiten und in verschiedenen Teepflanzungen meine Uhr zu Hilfe und fand, dass man ungefähr eine Stunde dazu brauchte, d. h. von der Zeit wo die Blätter, nachdem sie der Luft ausgesetzt gewesen waren, in die Pfanne geschüttet wurden, bis sie vollkommen trocken waren.
Wenn die Trocknung in großem Maßstabe betrieben wird, so gebraucht man einige Pfannen in der Reihe um den Prozess zu endigen, während in anderen, und zwar den heißesten, die Blätter vor dem Quetschen und Rollen erhitzt und geschweißt werden. Auf diese Weise können eine Menge Hände zu gleicher Zeit beschäftigt werden und die Arbeit geht schnell und ohne Verlust von Zeit und Hitze vor sich, welches letztere namentlich in einem so schlecht mit Feuerungsmaterial versorgten Lande sehr wichtig ist.
Der auf die eben beschriebene Weise bereitete Tee hat eine grünliche Farbe und ist vortrefflich. Die Chinesen in der Provinz Chekiang nennen ihn Tsaou-tsing, oder in der Pfanne getrockneten Tee, zum Unterschiede von der Hong-tsing genannten Sorte, die in flachen Bambuskörben über gelindem Kohlenfeuer getrocknet wird.
Letztere Sorte, der Hong-tsing, wird auf folgende Weise bereitet: der erste Prozess, bis zum Rollen und der Aussetzung im Freien, ist genau derselbe wie eben beschrieben, anstatt aber zum zweitenmal in die Trockenpfanne zu kommen, wie der Tsaou-tsing, wird der Hong-tsing in flache Körbe geschüttet, die auf Fässer mit Kohlen und Asche gesetzt werden. Die Kohlen werden dann angezündet und brennen langsam, so dass eine gelinde Hitze ausströmt. Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden Teesorten besteht einzig in der Feuerung, da der letztere weniger und langsamer getrocknet wird als der erstere. Der Hong-tsing ist nicht so grün wie der Tsaou-tsing und wird, wie ich glaube, selten nach England versandt. Der russische Tee wird auf diese Weise getrocknet.
Wenn die Trocknung vollendet ist, wird der Tee ausgesucht, gesiebt, in verschiedene Arten und Qualitäten gesondert und zum Verpacken bereitet. Dies ist ein Teil der Operation, welcher große Sorgfalt erfordert, namentlich wenn der Tee für den fremden Markt bestimmt ist, da der Preis der Sorte in eben so hohem Maße von der Kleinheit und Gleichförmigkeit des Blattes abhängt wie von anderen guten Eigenschaften. In den Gegenden, wo der Tee ausschließlich für die Ausfuhr bereitet wird, sind die Eingeborenen bei dem Rollen sehr eigen, und daher kommt es, dass die Teesorten aus diesen Gegenden besser gesondert und gleichmäßiger sind - obwohl ich bezweifle, dass sie wirklich der Qualität nach besser sind - als in den östlichen Teilen der Provinz Chekiang. Wenn die Sorten gehörig gesondert sind, zieht ein Mann ein Paar reine Tuch- oder Strohschuhe an und tritt den Tee fest in die Körbe oder Kisten, und die Operation gilt nun, soweit sie den Teepflanzer betrifft, für vollendet.
Wenn der Tee für den Verkauf fertig ist, kommen die großen Teehändler oder deren Diener aus den Hauptstädten des Bezirks und schlagen in allen den kleinen Wirtshäusern und Speisehäusern, die man in allen Teilen des Landes in großer Anzahl findet, ihre Wohnung auf. Sie bringen auch Lastträger mit, welche die landesüblichen Kupfermünzen tragen, womit sie ihre Einkäufe bezahlen. Sobald es bekannt wird, dass die Kaufleute in der Gegend angekommen sind, bringen die Teepflanzer ihre Produkte zur Ansicht und zum Verkauf. Auf allen Straßen sieht man diese kleinen Bauern oder deren Arbeiter herbei eilen, jeder trägt zwei Körbe oder Kisten, die an einem über die Schultern gelegten Bambusstock herabhängen. Wenn sie an der Wohnung des Kaufmannes ankommen, werden die Körbe vor diesem geöffnet und der Kaufmann nimmt die Qualität des Tees in Augenschein. Ist er mit dem Aussehen und dem Dufte zufrieden, und können sich die Parteien über den Preis einigen, so wird der Tee gewogen, das Geld bezahlt, und der Pflanzer entfernt sich mit einer Schnur Kupfermünzen über der Schulter und kehrt zu seinem Gehöft zurück. Scheint aber das Gebot zu niedrig, so nimmt er die Körbe anscheinend mit der größten Gleichgültigkeit wieder auf und trägt sie zu einem anderen, gegenüber wohnenden Kaufmann. Zuweilen kommt es vor, dass ein Kaufmann noch vor der Teeernte mit dem einen oder anderen Teepflanzer einen Kontrakt schließt, in welchem Fall der Preis nach der gewöhnlichen Weise bestimmt und in der Regel ein Teil im Voraus bezahlt wird. dies ist, so weit ich erfahren konnte, häufig in Kanton der Fall, wenn ein fremder Kaufmann sich eine besondere Sorte Tee sichern will.
Nachdem der Tee in der Gegend, wo er angebaut worden, aufgekauft ist, wird er nach der am passendsten gelegenen Stadt gebracht und dort sortiert und für die europäischen und amerikanischen Märkte verpackt.
Fortune, Robert
Wanderungen in China während der Jahre 1843-1845 nebst Reisen in die Theegegenden Chinas und Indiens 1848-1851
Leipzig 1854; Faksimile Amsterdam 1984
Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende in China seit 630
Wien 2006