1650-1668 - Jean Baptiste Tavernier
Von der Insel Hormuz und Bander Abbas
Ormus ist eine Insel, gelegen unter dem 92. Grad und 45 Minuten nach der Länge und unter dem 25. Grad 30 Minuten nach der Breite im Eingang des Persischen Meerbusens, zwei gute Meilen vom festen Land; sie hat mehr als zwei Meilen im Umkreis. Es wächst dort kein Baum noch ein einziges Gras; alles ist mit Salz bedeckt, das sehr gut und wie Schnee ist, und ist deshalb ganz und gar unfruchtbar. Darüber hinaus findet man auch kein süsses Wasser außer dem, das vom Himmel fällt, und das in Zisternen aufgehoben wird. Der Sand von Ormus hat seinen Preis, weil er sehr schwarz und glänzend ist und man sich seiner bedient, um ihn über Geschriebenes zu streuen. Die Portugiesen in Ormus schickten früher allen ihren Kaufhäusern in Indien von diesem Sand, und die Fremden, die nach Lissabon kamen, um orientalische Waren einzukaufen, erkannten an diesem Sand, dass sie aus Indien stammten, und verließen sich darauf. Aber die Portugiesen mißbrauchten den leichten Glauben der fremden Kaufleute und ließen von diesem Sand nach Lissabon kommen und machten die indischen Waren nach und erhöhten ihren Preis; dieser Betrug wurde aber entdeckt.
Vor der Ankunft der Portugiesen in Ormus gab es dort eine Stadt, in der die Könige von Ormus, die auch Könige von Lar waren, ihren Sitz zu halten pflegten. Wie nun diese Stadt den Portugiesen in die Hände geriet, fanden sie dort zwei junge Prinzen, Söhne des verstorbenen Königs, die sie mit sich nach Spanien führten, weil sie wohl gewachsen waren. Obschon sie von Farbe etwas braun waren, erwies ihnen der König alle Höflichkeiten, und ließ ihnen so viel zukommen, dass sie davon leben konnten. Einmal, nachdem man ihnen am Tag vorher den Escorial und alles, was sonst in Madrid sehenswert ist, gezeigt hatte, fragte der König, wie es ihnen in Spanien gefiele, und was sie von dem, was sie gesehn hätten, dächten; worauf sie zur Antwort gaben, dass ihnen nichts vorgekommen wäre, worüber man sich nicht wundern müsse. Als aber beide Prinzen zugleich anfingen zu seufzen und der König die Ursache zu wissen begehrte, gaben sie an, dass die Traurigkeit, nicht mehr unter ihrem Baum zu sein, sie zu seufzen bewogen hätte. Denn man muss wissen, dass nahe der Stadt Ormus ein Baum stand, der auch er einzige auf der ganzen Insel war, von der ich schon berichtet habe, dass dort nichts wächst. Dieser Baum ist von eben der Art, wie der, der eine Stunde von Bander zu finden ist, und in Persien als ein Wunder gilt; in Indien gibt es aber viele davon. Die Perser nennen ihn Lul, die Portugiesen Arber de Reys, und die Franzosen l'arbre de Banianes, weil die Banianen darunter eine Pagode nebst einer Karawanserei mit vielen kleinen Teichen, in denen man baden kann, gebaut haben. Dieser Baum hat nur einen einzigen Stamm und macht doch fast einen kleinen Wald; denn von seinen Zweigen hängen Ranken herunter, die, sobald sie die Erde berühren, Wurzel schlagen und Saft bilden und nach zwei oder drei Jahren einen neuen Stamm und neue Zweige hervorbringen, die diesen Baum in unglaublicher Weise fortpflanzen.
Nachdem die Portugiesen sich zum Herrn von Ormus gemacht hatten, fingen sie an, aus einer übel gebauten eine überaus schöne und prächtige Stadt zu machen, denn diese Nation liebt die Pracht sehr. Die Eisen an den Türen und Fenstern waren alle vergoldet, und man sagt durchweg im Land, dass, wenn die Portugiesen die Herren von Ormus geblieben wären, man jetzt an den Türen und Fenstern statt des Eisens lauter Gold und Silber sehen würde. Weil die Portugiesen alle reich waren, lagen sie im Wettstreit miteinander im Bau prächtiger Häuser und Herstellung zierlicher Badewannen, in denen sie und ihre Frauen und Kinder den ganzen Tag im Wasser lagen wegen der übergroßen Hitze, die sie sehr plagte, und weswegen auch nur wenige von ihnen alt wurden. Die Festung war auch damals sehr schön und überaus gut unterhalten, sie hatten auch auf einer Höhe der Insel eine Kirche, der Heiligen Jungfrau gewidmet, erbaut, worin sie ihren Gottesdienst verrichteten und dorthin ihren einzigen Spaziergang machen konnten.
Was die Festung anbelangt, so ist sie noch bis heute in ziemlich gutem Zustand; nachdem die Könige von Persien sich ihrer bemächtigt haben, unterhalten sie dort eine Besatzung. Der Khan von Ormus, der zu Bander Hof hält, setzt dort einen Kommandanten nach seinem Gefallen ein. Die Stadt ist aber ganz und gar verwüstet, und die Holländer haben die besten Steine und den schönsten Marmor unter dem Vorwand, für ihre leeren Schiffe Ballast einzunehmen, nach Batavia gebracht und dort ihre Häuser damit gebaut und verziert. Sie hätten noch mehr auf diese Weise weggebracht, wenn der Khan von Ormus sich nicht endlich widersetzt und es ihnen verboten hätte. Dagegen ist ihnen erlaubt, so viel Salz zu laden, wie ihnen beliebt. Dieses Salz ist schön und weiß, wie ich schon berichtet habe, und würzt ziemlich gut. Sie bringen es bis nach Japan und packen es in eben die Kisten, in denen sie Nägelein gebracht haben. Denn es ist so, dass wegen der überaus großen Hitze im Land man gezwungen ist, sobald die Schiffe in Ormus angekommen sind, die Nägelein in Säcke zu schütten. Ein jeder Sack hält 200 Pfund, und man legt sie am Meer entlang, damit es die Nägelein befeuchte. Wenn sie etliche Tage am Ufer gelegen haben, trägt man sie in die Packhäuser und begießt sie jeden Tag mit Meerwasser, bis man sie nach Isphahan oder andere Orte in Persien verschickt; wenn man das nicht täte, würden alle Nägelein wegen der großen Trockenheit zu lauter Staub werden.
Zwischen der Insel Ormus und dem festen Lande ist das Meer nicht sonderlich tief; daher passieren die großen Schiffe, die in den Meerbusen hinein oder heraus gehen, die andere Seite der Insel. Die Festung, die auf der Spitze der Insel gegen Abend aufgeführt ist, ist ganz von Meer umgeben und hat Persien vor sich. Eines Tages, als ich mit dem Herrn de l'Etoile am Gestade bei Bander gegen Aufgang der Sonne spazieren ging, sahen wir im Meer zwischen der Insel und dem festen Lande ich weiß nicht was, was sich im Wasser erhob; anfänglich konnten wir nicht erkennen, was es war. Wie wir aber richtig hinsahen, erkannten wir endlich, dass es ein Mensch war, der sich vor uns zu fürchten schien und sich deshalb nicht nähern wollte. Bald schwamm er, bald stand er auf den Füßen, weil das Meer, wie schon berichtet, dort sehr flach ist. Wir gaben ihm Zeichen, dass er herüber kommen sollte und gaben Zeichen, so gut wir es von fern zu verstehen geben konnten, dass er von uns nichts zu Böses zu befürchten hätte. Als er zu uns gekommen war, hörten wir, dass es ein Engländer war, den der König von der Compagnie begehrt hatte, um ihm in der Festung Ormus zu dienen; weil ihm dies Gefängnis verdrießlich war, zumal da diejenigen, die dort hingeschickt werden, selten wieder heraus kommen, so hatte er es gewagt, zwei Meilen durch das Meer zu schwimmen, um sich in Freiheit zu setzen. Weil er nun nichts als ein bisschen Leinwand um den Leib hatte, gingen wir nach Bander, von wo wir ihn mit Essen und Kleidung versahen und die Angelegenheit das Haupt der Engelländischen Compagnie wissen ließen, worauf man den Flüchtigen gegen Abend nach Bander und heimlich in höchster Eile auf ein Schiff brachte, das dort vor Anker lag.
Gegenüber der Festung von Ormus hatten die Portugiesen auf dem festen Lande gegen Persien zu eine andere Festung, fünfhundert Schritt von Bander gelegen, wo sie ihre ausgerüsteten Barken, 25 oder 30, liegen hatten, weil sonst kein Ort der Insel dazu geeignet war. Wenn man Schiffe im Meerbusen sah, schossen die in der Festung von Ormus ein Geschütz los, womit den Barken das Zeichen gegeben wurde, von diesen Schiffen den Zoll einzufordern; denn sonst hätten sie bis nach Balsora gehen können. Zu dieser Zeit gewonnen die Kaufleute viel, und man traute ihren Angaben zu den Waren, ohne die Schiffe zu durchsuchen. Jetzt aber, da der Handel sehr geschwächt ist, gehen die Sachen für die Kaufleute nicht mehr so gut. Ich habe noch unter der Festung zu Bander einige von diesen Barken gesehen, aber der König von Persien achtet ihrer nicht und ihre Anzahl ist sehr gering, weil sie jetzt nicht mehr gebraucht werden.
Schah Abbas hätte niemals Ormus ohne die Hilfe der Engländer bekommen; denn da die Perser gar keine Schiffsmacht haben, so konnten sie das nicht allein unternehmen. Deswegen kamen sie dann mit den Engländern überein, dass der König sich zu Gomron, auch Bander Abbassi genannt, aufhalten sollte und mit 200.000 Mann die Küsten bewachen. Weil nun die Einwohner von Ormus kein anderes Wasser als das in den Zisternen haben, wie schon von mir berichtet, und dies bald zu Ende gehen würde, so wären die Portugiesen gezwungen, Wasser auf dem Festland zu holen; unterdessen sollten die Engländer von ihren Schiffen aus Stadt und Festung beschießen, und im Falle eines Sieges sollte der Raub in gleiche Teile zwischen dem König von Persien und den Engländern geteilt werden. Was aber die Menschen anging, so sollten alle Christen den Engländern zufallen, die mit ihnen nach Gutdünken verfahren könnten, wie Lösegeld für sie zu verlangen, sie zu Sklaven zu machen oder ihnen die Freiheit zu geben. Sollten sich aber Mohammedaner in der Stadt befinden, sollten sie dem König von Persien verfallen sein. Von allen Zöllen, die zu Gomron eingenommen würden, sollten die Hälfte dem König, die andere den Engländern zukommen. Zu welchem Zweck die Engländer ein Haus neben dem Zollhaus bauen sollten, zu dem sie und der König je einen Schlüssel hatten. Die Stadt sollte geschleift werden und in die Festung eine persische Besatzung gelegt werden. Die Engländer sollten zu jeder Zeit vier Kriegsschiffe im Hafen halten, um zu verhindern, dass die Portugiesen zu Wasser einen Anschlag ins Werk setzten.
Ormus wurde eingenommen; es wäre aber schwer hergegangen, wenn der portugiesische Kommandant dem Rat seiner Kriegsoffiziere gefolgt wäre, nämlich die Schleuse zu öffnen und den Graben zwischen der Stadt und der Festung mit Wasser zu füllen, was die Belagerer sehr behindert hätte.
Nach der Übergabe von Ormus wurde der Raub so geteilt, dass ein Teil der König, einen anderen die Engländer bekamen; Letzterer wurde in ein großen Schiff mit mehr als 60 Geschützen geladen, um ihn nach London zu bringen. Das Schiff begab sich nach Surate, um von da mit vier oder fünf anderen, die jedes Jahr abzufahren pflegten, nach England zu gehen. Als dieses Schiff nach Surate gelangt war, kam der englische Präsident nebst all seinen Leuten, um sich mit dem General über die Einnahme von Ormus lustig zu machen, und etliche Tage später, als die Flotte abreisen sollte, wurde ein herzliches Gastmahl auf dem Admiralsschiff und den übrigen zugerüstet, und es wurden beim Gesundheit-Trinken Kanonen abgefeuert. Wie nun das kleinste Schiff sein Geschütz losbrannte, kam das Feuer aus dem Rohr hinaus ohne dass man weiß wie, und weil die Ankertaue gleich anfingen zu brennen und auch das Meer sehr hoch ging, stieß dieses kleine Schiff an das des Admirals, so dass in weniger als zwei Stunden beide Schiffe vom Feuer verzehrt wurden. Dieses Unglück ließ viele Leute denken, dass es eine rechtmäßige Strafe Gottes war, die die Engländer wohl verdienten, weil sie sich mit den Ungläubigen wider Christen verbunden hatten.
Was die übrigen Artikel des Vertrages anbelangt, so hielten weder der König noch die Engländer ihre Zusagen ein. Der König wollte sowohl die Christen wie die Mohammedaner für sich behalten und gab vor, dass sie seine Untertanen seien, weil sie sich in seinem Land aufhielten. Er schickte sie nach Isphahan, um sich ihrer in Dingen zu bedienen, in denen er sie tüchtig fand; dort nahmen die meisten Portugiesen den mohammedanischen Glauben an. Er behielt auch die groben Geschütze für sich, von denen er etliche in die Festung Lar, die übrigen nach Isphahan bringen ließ, wohin auch das Uhrwerk von Ormus gebracht wurde.
Die Engländer aber hielten ihre Zusagen auch nicht, denn nachdem sie im ersten Jahr vier Schiffe ihrem Versprechen gemäß unterhalten hatten, schickten sie im anderen Jahr nur drei, dann nur noch eines, und nach fünf oder sechs Jahren sah man keines mehr. sie unterließen aber nicht, alle Jahre die Hälfte des Zolls zu fordern, aber der Schah Bander, oder das Haupt der Kaufleute, handelte heimlich mit den Kaufleuten, als er sah, dass die Engländer ihrem Versprechen nicht nachkamen, und redete den Engländern ein, dass ein Ballen, der für mehr als 1.000 Taler Waren enthielt, nicht mehr als 200 wert wäre, heimlich aber ließ er sich das übrige von den Kaufleuten bezahlen und gab nicht zu, dass die Engländer etwas öffnen ließen oder in des Zollhaus kamen. Zur Beschönigung seines Verfahrens brachte er vor, dass sich die Kaufleute beklagten, wenn man ihre Ballen besichtige, und ausdrücklich sagten, wenn er mit der scharfen Untersuchung fortführe, sie nicht mehr nach Gomron kommen würden. Wenn ein Kaufmann mehrere Ballen im Zollhaus hatte, ließ der Schah Bander bei Nacht einen Gutteil desselben in des Kaufmanns Behausung tragen, damit die Engländer dessen nicht gewahr würden. So wurden sie also um den größten Teil dessen betrogen, was ihnen laut Vertrag an Zoll zukommen sollte. Der König zieht an Zoll 16 vom Hundert, und man muss noch dem Schah Bander und seinen Bedienten 2 für das Hundert zahlen, um geschwind abgefertigt zu werden und aus der ungesunden Luft und der großen Hitze zu Gomron zu entkommen. Obwohl nun im Jahr meistens 20.000 bis 22.000 Toman aus diesem Zoll erhoben werden, so habe ich doch gesehen, dass man den Engländern kaum 500 bis 600 davon gegeben hat. Agenten und Makler bekommen ebenso viel vom Schah Bander, damit sie durch die Finger sehen. Die Engländer bemühen sich, dem Schah Bander das gleiche anzutun und ihn nach Kräften zu betrügen. Denn weil die englische und die holländische Kompagnie keinen Zoll in Persien zahlen, lassen die Engländer die Waren vieler Kaufleute nach Absprache mit dem Zeichen der Kompagnie versehen und geben ihnen die Waren zu Gomron wieder und geben sich den Anschein, dass sie sie verkaufen, wofür sie nicht mehr als 2 vom Hundert geben. Man muss dazu sagen, dass die Zölle in Persien und Indien nicht vermietet werden, und dass der Schah Bander nichts anderes als ein Beamter ist, vom König eingesetzt, nur von dem, was er einnimmt, Rechenschaft ablegt. Dies ist, was ich merkwürdiges von der Insel und Stadt Ormus erfahren habe. Jetzt ist es an der Zeit, von Gomron oder Bander Abas, das [Ormus] gegenüber auf dem festen Land liegt, zu reden.
Bander Abbas, so genannt, weil der berühmte Schah Abbas als erster diesen Ort zu vergrößern angefangen hat. Jetzt ist es eine ziemlich große Stadt voll schöner Packhäuser, in denen oben die Behausungen der Kaufleute sind. Als die Portugiesen noch Besitzer von Ormus waren und auch in dieser Stadt wohnten, geschah doch aller Handel zu Bander, weil die sicherste Landestelle, die man an dieser Küste finden kann, hier ist. Vor 15 Jahren war es noch ein offener Ort, und weil man dort noch des Nachts hinein kommen und so dem Zoll entgehen konnte, hat man ihn mit Mauern umgeben. Die Engländer und Holländer haben hier ihre Kaufhäuser und Wohnungen schön am Gestade des Meeres gebaut, und weil es hier die beste Landemöglichkeit im ganzen Persischen Meerbusen gibt, finden sich allzeit eine große Menge Schiffe hier ein, die aus Indien kommen und Waren für Persien, die Türkei und andere Orte Asiens und Europas mitbringen. Zu den Zeiten, da Schiffe ankommen sollen, findet man dort viele Kaufleute, aber meistenteils Perser und Armenier und Inder, die sich in Persien aufhalten; man würde einen viel größeren Zulauf sehen, wenn sie nicht die böse Luft zu Bander scheuten, die sie zwingt, in Isphahan zu bleiben, bis die anderen Kaufleute wieder kommen, von denen sie diejenigen Waren, die sie brauchen, einkaufen.
Die Luft zu Bander ist so ungesund und heiß, dass die Fremden, sofern sie gesund bleiben wollen, dort nicht länger als den Christmonat, den Jänner, den Hornung und März bleiben; denn was die Einheimischen anbelangt, die die Luft gewohnt sind, so können sie länger ausharren, bis in den April, und dann begeben sie sich drei oder vier Tagereisen weit weg, um frische Luft für fünf oder sechs Monate im Gebirge zu suchen und in dieser Zeit das zu verzehren, was sie in den vorigen vier oder fünf Monaten gewonnen haben. Diejenigen, die es wagen sollten, in der großen Hitze zu Gomron zu bleiben, würden ein solch hitziges Fieber bekommen, dass, auch wenn sie nicht daran stürben, sie wohl schwerlich ihre vorige Gesundheit wieder erlangen würden, und diese unvollkommene Gesundheit zieht eine gelbe Farbe nach sich, die das Leben lang nicht zu vergehen pflegt. Wenn der Monat März vorüber ist, fängt der Wind an, sich zu wenden, so dass man ihn gewöhnlich von Westen oder Südwesten hat, und er macht einem so warm, dass man kaum Atem holen kann. Die Araber nennen ihn El Samiel oder den Fischwind, und die Perser Bade-Sambour, weil er die, über die er hingeht, jählings ums Leben bringt. Am wunderlichsten aber ist, dass, wenn man einen Schenkel oder Arm oder anderes von einem so erstickten Menschen in die Hand nimmt, es wie leimige Fettigkeit wirkt und als ob der Mensch schon vor einem Monat verstorben sei. dieser Wind wird gewöhnlich im Juni, Juli und August gespürt und nicht nur hier, sondern auch in Mossul und Bagdad. Hätte ich mich im Jahr 1632 auf dem Wege von Isphahan nach Bagdad nicht in Gesellschaft etlicher arabischer Kaufleute befunden, hätte ich ohne Zweifel mit vier Persern ersticken müssen. Denn weil die Araber wussten, dass dieser Wind kommen würde, so hießen sie uns geschwind abzusteigen, auf den Bauch zu legen und uns mit unseren Mäntels zu bedecken. Wir mussten so eine gute halbe Stunde bleiben, und diese Zeit über meinte ich zu ersticken; als wir wieder aufstanden, fanden wir unsere Pferde ganz im Wasser, so dass sie aus Mangel an Kraft uns nicht tragen konnten. Dies widerfuhr uns zwei Tagesreisen von Bagdad, und am denkwürdigsten ist, dass, wenn dieser Wind weht, niemand auf einem Schiff, selbst wenn er nackt wäre, verletzt wird. Es ist oft so heiß, dass man brennt, als ob man vom Donnerstrahl berührt worden sei.
Weil nun die Luft zu Gomron böse und schädlich ist, so kann man leicht folgern, dass auch der Erdboden nur wenig Gutes hervor bringt, denn es gibt nichts als Sand, und das Wasser, das aus den Zisternen stammt, ist nicht vom besten. Wenn man die Kosten aufbringen will, läßt man das Wasser aus einer gar guten Quelle, die drei Meilen von Bandar liegt, bringen, und dieses Wasser wird Issin genannt und man verkauft es sehr teuer. Ohne dieses sähe man nicht das geringste Kräutlein um Bandar, aber durch den großen Fleiß, den man gebrauchte, sind endlich Zwiebeln, Salat und Rüben hervor gekommen. Die Zeit über, in der gehandelt wird, kann einer gar wohl dort leben, denn es mangelt weder an Schiras- noch an Yesd-Wein, und die Hammel, Tauben und Rebhühner werden als gemeine Speise gebraucht. Hühner pflegt man aber gar selten zu essen, weil sie nach Meerwasser schmecken. Was Fische anbelangt, so werden sie sehr gut und in großer Menge gefangen. Es gibt auch Muschelaustern und allerhand getrocknete und eingemachte Früchte.
Die Einwohner des Landes sind sehr schwarz und haben nicht mehr als ein Hemd an Kleidung. Sie haben keine andere Beschäftigung als das Fischen, sie essen kein Brot, und es sind ihrer sehr wenige, die die Mittel haben, ein wenig Reis zu erstehen. Die Völker, die von Balsora bis Sinde, das auf der Seite gegen Indien liegt, wohnen, haben keine andere Speise als Datteln und Fische, die sie meistens an der Luft trocknen lassen. Sie nehmen den Kopf und die Eingeweide nebst den Dattelnüssen [Kernen von Datteln], die sie gegessen haben, lassen das in einem etwas gesalzenen Wasser einkochen, und geben es abends ihren Kühen, wenn die von der Weiden kommen, auf denen sie nichts als elendes Gesträuch gefunden haben.
Unter den Fischen, mit denen das Meer um Bander angefüllt ist, sind auch gute Schollen, Schmerlen und Sardinen. Wenn man aber Austern essen will, so muss man sie extra bei den Fischern holen lassen, weil die Einwohner des Landes keine zu essen pflegen. Die größte Lust, die man zu Bander haben kann, ist, wenn man unter den Banianenbaum geht und dort kleine Gastereien veranstaltet; des Morgens kann man im Kühlen Hasen jagen, denn es mangelt nicht an guten Hasen; die Engländer und die Holländer bringen sie mit, wenn sie aus Isphahan und Schiras kommen.
Es gibt zwei Festungen zu Bander, eine gegen Abend, die andere gegen Morgen; dorthin retirierten die Portugiesen ihre Schiffe, wie schon bemerkt. Die Stadt wird von Tag zu Tag berühmter durch ihren Handel, sie hat auch an Einwohnern zugenommen; und nachdem man den Holländern verboten hat, Steine aus Ormus auszuführen, hat man sich ihrer bedient, um schöne Häuser daraus zu bauen.
Eine der wichtigsten Ursachen, warum Ormus miniert worden ist und der Handel in Bander Abbas und nicht in Bander Congo stattfindet, wo es gesunde Luft und auch gutes Wasser gibt, ist, dass es von Ormus bis Bander Congo viele Inseln gibt, die die Schifffahrt gefährlich machen; auch braucht man Wind aus mehr als einer Richtung. Dazu kommt noch, dass für ein Schiff, das 20 oder 25 Geschütze führt, die Wassertiefe nicht genügend ist; so ein Schiff kann weder nach Bander Congo noch nach Balsora kommen. Es ist auch sehr verdrießlich, dass von Bander Congo bis Lar der Weg dermaßen böse ist, dass man kaum eine elende Karawanserei finden kann. Den Weg von Bander Abbas bis Lar kann man aber innerhalb von sieben oder acht Tagen hinter sich bringen und findet allenthalben gute Karawansereien und Erfrischungen.
Tavernier, Jean Baptiste
Beschreibung der sechs Reisen
Genf 1681