Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

25 - 24 v. Chr. - Strabo
Babylon
Irak

Babylon liegt in der Ebene und seine Mauer hat einen Umfang von 365 Stadien (67,5 km) und eine Dicke von zweiunddreißig (9,9 m) Fuß; die Höhe zwischen den fünfzig Mauertürmen beträgt fünfzig Ellen (23 m), die der Türme aber sechzig (27,7 m); der Weg auf der Mauer hin ist so breit, daß Vierspänner leicht beieinander vorbeifahren können. Deshalb wird sowohl diese Mauer den sieben Wunderwerken beigezählt, als der schwebende Garten, welcher bei einer viereckigen Gestalt auf jeder Seite eine Länge von vier Plethren (123 m) hat. Er wird von Schwibbogen bildenden Gewölben getragen, die, eines über dem anderen, auf würfelförmigen Pfeilern ruhen; diese Pfeiler aber sind hohl und mit Erde ausgefüllt, so daß sie die Wurzeln der größten Bäume fassen, und sowohl sie selbst, als die Schwibbogen und Gewölbe sind aus gebrannten Ziegelsteinen und Erdpech ausgeführt. Das oberste Stockwerk hat treppenähnliche Aufgänge und neben denselben liegende Schraubenpumpen, vermittelst deren dazu angestellte Leute beständig das Wasser aus dem Euphrat in den Garten hinaufheben. Denn der ein Stadium (0,185 km) breite Strom fließt mitten durch die Stadt, und der Garten liegt am Strome.
    Daselbst fand sich auch das jetzt vernichtete Grabmal des Belus, welches, wie man sagt, Xerxes zerstörte. Es war aber eine vierseitige Pyramide aus gebrannten Ziegelsteinen und sowohl selbst ein Stadium hoch, als auch jede der Seiten ein Stadium lang. Alexander wollte sie wiederherstellen, aber das Unternehmen war groß und erforderte viel Zeit (denn schon das Wegräumen des Schuttes war eine Arbeit von zwei Monaten für zehntausend Menschen), so daß er das schon begonnene Werk nicht vollenden konnte; denn alsbald befiel den König seine Krankheit und der Tod; von den Späteren aber kümmere sich niemand darum. Doch auch das übrige wurde vernachlässigt; denn einen Teil der Stadt zerstörten die Perser, einen anderen die Zeit und die Geringschätzung solcher Werke von Seiten der Macedonier und besonders seitdem Selenkus Nikator in der Nähe von Babylon, etwa 300 Stadien (55 km) davon, Seleucia am Tigris erbaute. Denn sowohl er, als alle seine Nachfolger begünstigten diese Stadt und verlegten ihren Königssitz dahin; und so ist sie denn jetzt größer geworden als Babylon, dieses aber größtenteils verödet, so daß man kein Bedenken tragen darf, auch von ihm zu sagen, was Lustspieldichter von Megalopolis in Arkadien sagte:
Doch große Wüstenei ist jetzt die Große Stadt.

Strabo
Erdbeschreibung in siebzehn Büchern
Übersetzt von C.C. Groskurd
Berlin/Stettin 1831-1834

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