Um 325 vor Christus - Arrian
Über die Fischfresser
Pakistanische und iranische Küste des Indischen Ozeans
Die Fischfresser nähren sich von Fischen, wie ja auch der Name besagt. Wenige von ihnen treiben Fischfang, denn nur wenige haben Schiffe oder verstehen die Kunst, Fische zu fangen. Die meisten gibt ihnen die Ebbe. (Einige haben Netze für den Fischfang, die sie selbst verfertigen und die bis zu zwei Stadien [350 m] lang sind. Sie stricken sie aus dem Bast der Palmen, der wie Garn gedreht wird.) Ist nun die See wieder zurückgegangen und das Erdreich nicht mehr davon bedeckt, so findet sich zwar an den trockenen Stellen selten etwas Fisch; wo es aber tiefer ist und ein wenig Wasser stehen bleibt, da trifft man sie in großer Menge an. Die meisten sind klein, es finden sich aber auch große. Sie umgeben diese Stellen mit Netzen und fangen die Fische heraus.
Die zartesten Fische verzehren sie roh, wie sie sie aus dem Wasser ziehen. Die großen und harten trocknen sie an der Sonne. Wenn sie ganz trocken sind, werden sie gerieben; davon machen sie Mehl und Brot. Einige kochen Brei aus diesem Mehl.
Ihr Vieh frisst auch die gedörrten Fische. Denn das Land bringt keine Weiden mit Gras hervor.
An vielen Orten fangen sie auch Krebse, Austern und Muscheln.
Das Salz wächst in dem Land von selbst. Sie machen Öl davon.
Leute, die an wüsten Orten und in einer Gegend wohnen, die entweder gar keine oder keine zahmen Bäume trägt, leben einzig und allein von Fischen. Wenige besäen etwas Land, und was sie durch den Ackerbau hervorbringen, ist nur ihr Zugemüse zu den Fischen. Denn die Fische sind ihr Brot.
Die Häuser werden auf folgende Art gebaut: Die gemeinen und armen Leute machen sich ihre Hütten aus Fischgräten. Die Reichen nehmen die Gebeine der Walfische, die die See an Land wirft, und benutzen es statt des Holzes. Von den breiten Knochen, die sie finden, verfertigen sie die Türen. Denn es halten sich dem ausländischen Meer große Walfische und andere, weit größere Fische auf als im Mittelmeer. Von diesen Walfischen kommen hin und wieder einige an Land, weil sie bei Ebbe auf den seichten Stellen sitzen bleiben. Einige werden auch von einem starken Sturm an Land geworfen. Sie verfaulen. Ist nun das Fleisch abgeschmolzen, so bleiben die Gebeine übrig, die die Leute für ihre Häuser gebrauchen. Die Gebeine in den Seiten, die große sind, stellen in den Häusern Balken vor. Die kleineren sind die Latten, die an den Kinnbacken die Türen. Denn viele dieser Walfische sind 35 Klafter lang.
Arrianus, Flavius; Schmid, Konrad Arnold
Arrians Indische Merkwürdigkeiten und Hannos Seereise …
Braunschweig und Wolfenbüttel 1764