851 - Anonymus (Arabischer Kaufmann)
Die Malediven
Das dritte der Meere, die wir namentlich anführen müssen, ist das Meer Herkend. Zwischen diesem Meer und dem von Delarowi liegen eine Menge Inseln, deren neunzehnhundert sein sollen, welche diese beiden Meere voneinander absondern und von einer Königin regiert werden. Bei diesen Inseln findet man Ambra, sowohl in großen Klumpen als auch in kleinen Stücken, die wie losgerissene Pflanzen aussehen. Dieser Ambra wächst auf dem Meeresgrunde wie die Pflanzen auf dem Erdboden, und wenn das Meer stürmisch ist, so wird er durch das Toben der Wellen vom Boden losgerissen und wie Erdschwämme oder Pilze ans Gestade geworfen. Es gibt auf diesen Inseln viele Palmbäume, die Kokosnüsse tragen; und sie liegen eine, auch wohl vier Meilen voneinander ab und sind samt und sonders bewohnt. Der Reichtum ihrer Einwohner besteht in Muscheln, womit sogar die Schatzkammer der Königin angefüllt ist. Man sagt, es gäbe nicht leicht geschicktere Arbeiter als diese Inselbewohner; und sie verfertigen aus den Fasern der Kokosnüsse Hemden, die aus einem einzigen Stück bestehen, sowie Mäntel und andere Kleidungsstücke. Von eben diesem Baum bauen sie auch Schiffe und Häuser, wie sie denn überhaupt in allen Arten von Handarbeiten ungemein viel Geschicklichkeit besitzen. Ihre Muscheln fischen sie aus dem Meer, wenn sie sich an der Oberfläche des Wassers zeigen. Dann werfen sie nämlich Zweige von Kokosnussbäumen in das Wasser, woran sich die Muscheln festsetzen. In ihrer Mundart nennen sie dieselben Kaptaje.
Ehrmann, Theophil Friedrich
Reise zweier Muhammedaner auf dem Indischen Ozean im 9. Jahrhundert
in: Neueste Beiträge zur Kunde von Indien
Band 2; Weimar 1806