1646 - Jürgen Andersen
Die Stadt Mokka
In der Stadt Mokka haben die Holländer eine Faktorei, unterhalten von einen Directeur Namens Signor Meyer von Königsberg und einem Oberkaufmann Signor Almar, einem Niederländer, sowie einem Unterkaufmann mit zwei Assistenten und zwei Jungen.
Die Dänen haben früher auch hier eine Faktorei gehabt, aber jetzt nicht mehr. Die Engländer hatten damals noch ein Comptoir stehen, aber unbewohnt, weil diese Nation sich mit dem Patschal verunwilligt und er ihnen ferner da zu negotiieren verboten hat, was den Holländern zum besseren Profit gereichte.
Mit den Holländern hätte es auch bald Streit gegeben, denn im vergangenen Jahr hatte einer von ihren Assistenten sich zu Mohammedisten geschlagen, sich beschneiden und beim Großherzog von Sangiar als gemeinen Reiter bestellen lassen mit monatlichem Sold von 12 Reichtstalern. Diesen begehrte der Visiteur unserer Compagnie herauszugehen, im widrigen Fall würde die Holländische Compagnie sich gegen ihn nicht gar so freundlich erklären, wozu der Patschal lachend sagte: Das wird der große Sultan Eman Gemyl Pascha wohl zu machen wissen! Und ich weiß nicht, denn ihr Frangii oder Deutsche habt hier bei uns immer exercitium religionis frei, wir haben ihn nicht dazu gezwungen, Muselmann zu werden, sondern es ist sein freier Wille. Er bat deswegen, der Visitieur sollte um Aushändigung des Schreibers nicht länger anhalten, es wäre doch nur vergebens. Es wäre auch nicht billig, dass sie einen, der ihr Glaubensgenosse geworden wäre, sich unter ihre Protection begeben habe, die sie ihm auch zugesagt hätten, verlassen und sein Verderben zulassen sollten. Hierauf sandte der Visiteur den Direktor zu dem Schreiber in der Meinung, ihn mit guten Worten vom Mohammedismo wieder abzuwenden; es war aber vergebens, denn der boshafte Mensch hatte gar lästerlich wider die Christen geredet, was, mag ich nicht schreiben, um Ärgernis zu verhüten.
Am vierten Tag nach unserer Ankunft hier in Mokka haben wir unsere 120 Sklaven an Land und auf den Markt gebracht, um sie wie das Vieh an die Mohammedaner zu verkaufen. Bei solchem Kauf haben sie die Manier, dass sie die Sklaven erst am Arm nehmen und drücken, ob sie auch stark sind, item sehen sie, ob sie starke Beine und große oder kleinen Hände haben und ob sie auch wohl proportioniert sind und ob die Knaben fein im Gesicht wären; danach wurde der Kauf gemacht. Wir bekamen für das Stück 20, 30 oder auch 40 Reichstaler, obwohl doch keiner von ihnen über einen Taler gekostet hatte. Die Knaben von feinem Angesicht wurden bald verschnitten und bei großen Herren zur Aufwartung im Frauenzimmer gebraucht.
Die Stadt Mokka liegt auf dem 14. nördlichen Grad im fruchtbaren Arabien, von den Einwohnern Yaman genannt. Dieses Land wurde regiert vom Fürsten von Sangiar names Sultan Emman Gemyl, der war damals ein junger Herr von 18 Jahren, er hatte nur ein Jahr die Regierung geführt, in die er sich mit List und Gewalt eingeschlichen hatte. Denn als vor zwei Jahren der alte Erbfürst von Sangiar namens Sultan Istickbal Hormer Pascha gestorben war und zwei junge Herren hinterlassen hatte, hat dieser jetzige Fürst, der nur eines gemeinen Patschal Sohn, aber sehr reich war, mit Geschenken die affection der Größten erkauft und mit einer ziemlich großen Armee die Untertanen überrumpelt, dem gemeinen Mann einen Schrecken eingejagt und sie so zum Gehorsam gebracht; er hätte zwar auch gern die beiden jungen Herren als rechte Erben in seiner Gewalt gehabt, aber sie entwischten ihm, und der eine floh zum Patschal von Bassora, der andere zu Schah Abbas in Persien, wo ich ihn selbst gesehen habe.
Die Stadt Mokka, um ihrer weiter zu gedenken, liegt auf unebenem Feld gegen das große Gebirge Imscheborra, an das sich im Nordosten das Gebirge Aden erstreckt. Ihre Form ist ein Dreieck, nicht ganz befestigt, sie soll aber vormals eine starke Mauer gehabt haben, von der noch etliche rudera zu sehen sind. Ich konnte um sie in sieben Stunden herum gehen. Sie hat einen feinen Hafen oder eine Reede, aber das Wasser ist doch nicht so tief, dass bei Ebbe Schiffe ankern können, sondern sie müssen ein paar Musketenschüsse weit liegen. Die Straßen der Stadt sind gar unordentlich gesetzt, die Häuser schlecht und oben platt. Man soll sie nicht für eine so große Handelsstadt ansehen, wie sie doch in Wahrheit ist. Denn zu dieser Zeit treibt sie vornehmsten Handel im ganzen Orient durch Schifffahrt wie nach Goa und Suratte; wie auch mit Afrika, Palästina und Syrien, mit denen Handel zu Lande mit Karawanen betrieben wird. Die Einwohner der Stadt sind von allerhand nationes, eingeborene Araber und Türken, Abessinier, Armenier und Juden, die die vornehmsten Kaufleute sind. Die Armenier haben hier eine und die Abessinier zwei Kirchen. Man sieht hier auch viele Kaffern wandeln und handeln, die von der Küsten Mosambiques gebürtig sind; von ihnen sind etliche mohammedanisch, etliche aber abessinischen Glaubens, etliche auch Christen, aber wenige, und Romanisch-Katholische. Etliche andere aber sind pure lautere Heiden, die viel den Himmel, Sonne und Mond, viel die steinernen Bilder anbeten, die von Gestalt dem bösen Geist nicht unähnlich sind.
Es sind in der Stadt vier große Marktplätze zu finden. Auf den einen, den größten, Meidan Hymahr genannt, werden alle Tage Pferde, Maultiere, Esel und Kamele zum Verkauf gebracht. Auf den anderen Markt werden Büffel, Ochsen, Kühe, Ziegen, Hunde und andere lebendige kleine Tiere gebracht. Auf dem dritten Markt, nämlich Meidan Danye, sitzen allerlei Handwerker und Krämer, die mit altem Eisen, Kleidern und alten Sachen handeln. Auf dem vierten Markt, Meidan Sarff, sitzen die Wechsler, die meistenteils Juden sind, die alle alten und fremden Münzen einhandeln. Auf diesen Markt werden auch die Sklaven zum Verkauf gebracht. Mokka hat noch nicht lange so große negotia und trafiquen. Wie ein Jude, der portugiesisch reden konnte, mir berichtete, war früher der meiste Handel in der Stadt Aden. Vor 100 und etliche 30 Jahre soll der türkische Kaiser Solim die Stadt Aden den Portugiesen abgenommen haben und dessen Privilegien und Handel nach Mokka verlegt haben; daher ist Mokka im Flor und Aden im Abnehmen.
Der Gubernator dieser Stadt, der auch das Kommando über Aden hat, residiert hier in einem wohl gebauten Palast nicht weit von der Faktorei der Holländer am Ende der großen Straße, Ayn Gibbel genannt. Wenn er Tafel hält, müssen seine Spielleute über der Pforte sitzen und spielen, etliche auf Schalmeien gar lieblich, etliche schlagen auf kleine Trommeln, etliche blasen arabische Trompeten, die klingen, als ob ein Haufen Jagdhunde heulen.
Der Patschal hält sich in Kleidung nicht prächtig, sondern gar schlecht, aber er lässt sich trefflich aufwarten, nicht allein von seinen Dienern, sondern auch vom Stadtvolk, das aus Zwang zu ihm muss; es hat große Furcht vor ihm, denn wenn er zürnt, achtet er eines Menschen Leben ebenso gering wie das eines Hundes. Er hat nur 1000 Mann in Garnison, die meistenteils Eingeborene des Landes sind, da er keiner fremden Nation leicht traut.
Orientalische Reisebeschreibung von Jürgen Andersen
in: Olearius, Adam (Hg.)
Orientalische Reisebeschreibungen
Schleswig 1669; Nachdruck 1980