Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1872 - Thomas Cook
Die erste Pauschalreise ins Heilige Land

Von den insgesamt 50 Mitgliedern unserer Gruppe kamen 45 mit nach Palästina, einige wenige machten die kurze Tour nach Jerusalem u.s.w. und 40 reisten durch das Land von Jaffa [Tel Aviv] zu den Teichen Salomos, nach Hebron, Bethlehem, zum Berg Tabor, an das Tote Meer, den Jordan, nach Jericho, Bethanien und über den Ölberg nach Jerusalem. Von dessen Gipfel kann man Jerusalem, einst die Freude der Welt, am besten sehen, und mein Plan war, auf der Westseite so wenig wie möglich zu zeigen, bis die großartige Aussicht auf Mauern, Kuppen, Minarette, flache und gewölbte Dächer den überraschten Zuschauer plötzlich an einer bestimmten Stelle überwältigte. Und in der Tat hatten wir einen phantastischen Blick an dem klaren Tag, an dem wir unterhalb der Mauern der Stadt unser Lager aufschlugen. Hier, auf dem Berg Zion, verbrachten wir einen wunderschönen Sabbat; den Gottesdienst der englisch-preußischen Kirche schätzten wir sehr. Morgens und abends wurden Gebete von dem berühmten Reisenden und Erforscher des Orients, Dr. Tristam, vorgesprochen, der gerade einem Räuberscheich im Lande Moab entkommen war.
    Unsere Kavalkade von 40 Sattelpferden, 60 Maultieren für das Gepäck und 22 Eseln, dazu fast 50 Dragomans, Diener und Maultiertreiber, verließ Jerusalem, um über Samaria, Galiläa und die Berge des Libanon nach Beirut zu ziehen.
    Wenn man in Palästina reist, hat man das angenehmste Leben, wenn man zeltet. Die Zelte verfügen über eiserne Bettgestelle, Wolldecken, Teppiche auf dem Boden, und es gibt reichlich schmackhaftes und gut zubereitetes Essen. In der Regel um sechs Uhr morgens, manchmal auch früher, ertönt „Tim Tom“ als Weckruf. Nach einer halben Stunde sind die Zelte abgeschlagen, nach einer Stunde gibt es Frühstück, und um acht Uhr ist alles zum Aufbruch bereit. Nach einem Ritt von vier bis fünf Stunden rasten wir für ein paar Stunden unter Olivenbäumen oder in kühlem Schatten, wo es frisches Wasser gibt, und essen zu Mittag. Während der Rast ziehen die Maultiere weiter, und wenn wir am vorgesehenen Lagerplatz ankommen, finden wir unser mobiles Hotel bereit mit dem gleichen Schlafgemach, dem gleichen Bett und Bettzeug und dem nummerierten Handtuch, das wir am Morgen verlassen haben. Unsere klugen und ausdauernden kleinen Pferde, die an Ritte über Land gewöhnt sind, klettern bemerkenswert trittsicher hügelauf und hügelab, etwa so wie eine Katze, die sich ihren Weg zwischen Schornsteinen sucht. Die Maultiere sind wahre Wunder an Ausdauer und Kraft, sie tragen alle möglichen schweren Lasten und brauchen keine Ruhe von früh bis spät. Landwirte wird es interessieren zu erfahren, dass ein durchschnittliches Pferd 20 bis 25 Pfund wert ist, ein sehr gutes Maultier aber für 50 bis 60 Pfund verkauft wird.
    Vor zwei Jahren sah ich dieses Land als Land der Dürre und Öde, in dem Wolken von Heuschrecken die Luft erfüllten und die Tiere die letzten grünen Blätter und verdorrenden Ähren bedeckten. Nun ist alles frisch und grün, die Hügel sind bedeckt von wunderschönen und wohl duftenden Kräutern und Blumen, Täler und Ebenen mit einem Teppich von Weizen- und Gerstenfeldern, an den Rändern von Blüten in den schönsten Farbtönen und großer Vielfalt umgeben. Die geschichtsträchtigen Ebenen von Scharon, wo, wie Hepworth Dixon sagt, alle Rosen der Vorstellungskraft blühten, beugen sich dem Pflug, und Tausende von Morgen sind mit Getreide bedeckt. Gefühl unterliegt dem Glauben an das Nützliche, und wieder wird im Land Milch und Honig fließen, wenn es richtig bebaut wird. Die Orangenhaine von Jaffa sind voll schöner, saftiger Früchte, und im alten Hafen häufen sich die Ladungen für den Export.

Pudney, John
The Thomas Cook Story
London 1954
Übersetzung: U. Keller

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