Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1805 - Ulrich Jasper Seetzen
Die Häuser von Damaskus
Syrien

Die Häuser sind hier, wie in Halep [Aleppo], in ihrer Mitte mit einem kleineren oder größeren Hof versehen, welcher mit bunten polierten Steinplatten mosaivisch gepflastert ist. Mitten auf diesem Platze ist ein Marmorbassin, in welches sich aus kleinen Röhren beständig murmelnd fließendes Wasser ergießt. Aus diesem Bassin füllt sich ein kleineres Bassin in der Küche und von dort läuft das überflüssige Wasser durch unterirdische Röhren in das heimliche Gemach. Keine Stadt hat in dieser Hinsicht größere Bequemlichkeiten als Damask. Einige halten gar Fische in dem Bassin. Auf einer Seite des Hofplatzes ist der große offene Divan, auf dessen bunte und vergoldete Verzierung die Damaszener viel verwenden und wo man in der mittleren Jahreszeit den größten Teil des Tages zubringt. Auf der anderen Seite ist der Saal, der sehr hoch und luftig ist, herrliche Mosaive, Vergoldungen, Schnitzwerk und ausgelegte Arbeit und oft sogar einen kleinen Springbrunnen hat. Um den Hof herum an den Wänden stehen immer etliche Pomeranzenbäume, Jasmine usw., auch Weinstöcke, welche man öfters auf das Dach leitet und dort zur Laube bereitet, die außer dem kühlenden Schatten auch noch Weintrauben in Menge liefert.
  Zu diesen Annehmlichkeiten kommt noch, daß Damask in einem Walde von Obstgärten liegt, welche immerwährend eine so erstaunende Menge von Obst und Gemüse hierher liefern, als man nicht leicht in einer anderen Stadt von gleicher Größe antreffen wird. Mit Getreide wird man überdem aus den benachbarten Ebenen beständig im Überfluss versehen und der Weizen von Hauran und Dscholan ist von so vorzüglicher Güte, dass er vielleicht nirgends in der Welt vorzüglicher angetroffen wird.
  Südwestwärts erhebt sich in ziemlicher Ferne über alle nahen Vorberge des Antilibanon der alte Hermon, welcher jetzt unter dem Namen Dschibbal es Schech oder Dschibbal el Teltsch (Schech- oder Schneeberg) bekannt ist und dessen weißes Haupt beim Sonnenschein glänzt.
  Indessen sind die Straßen von Damask entweder schlecht gepflastert oder in mehreren Gassen fehlt das Pflaster auch gänzlich, überdem sind die Gassen unrein und übel riechend. Auch die Häuser haben von außen ein ärmliches Ansehen, weil ihre Außenwände an der Gasse gewöhnlich aus ungebackenen Lehmsteinen bereitet sind, die man mit Lehm bewarf. Die sind klein und sehr unansehnlich, und man ist oft nicht wenig erstaunt, nach einer sehr geringen Erwartung so viel Reizendes in dem Innern der Häuser zu finden.

Kruse, Friedrich (Hg.)
Ulrich Jasper Seetzen’s Reisen durch Syrien, Palästina, Phönicien, die Tansjordan-Länder, Arabia Peträa und Unterägypten
Berlin 1854

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