1608 - Johann Verken
Beim Samorin von Calicut
Kozhikode
Was nun belanget den Keyser von Calikuth, ist zu wissen daß dieses ein sehr gewaltiger Herr, vnd mächtiger Potentat sey, der vber sehr viel Land vnd Königreich herschet, er hat vber die hundert Könige vnder jm, vnd kan in kurtzer Zeit vber die zehen mahl hundert tausent Mann zu Felde bringen, er führet für vnnd für Krieg mit etlichen benachbarten Landen, als Persien, Syrien, vnnd Meden, desgleichen hat er auch viel Kriege mit den Portugesen, welche jhm dann etliche Stätt in seinem Lande eingenommen, vnnd dieselben mit Hülff etlicher Könige, so doch auch vnter sein Reich gehören, inhalten, auch selbst wider jhn Krieg führen. Sonst ist er in einem grossen ansehen bey seynem Volck, dann so bald jhn seine Herren vnd Edelen nur von ferrne sehen, so neigen sie sich gegen jhm, heben jhre in einander geschlagene oder gefaltene Hände dreymal gegen jhm auff, vnd fallen auff die Knie mit gebücktem Haupt für jhm zur Erden nider. Als nun die Holländer mit jhrem Admiral wie gemelt in seinen Hoff kommen, haben sie jhm funden vnten vor seinem Pallast stehen, mit etlich hundert Mann seiner Herrn vnd Edelen vmbgeben, welcher, als jm der Admiral gebührliche Reuerentz gethan, Ihn vnd die seinen freundlich empfangen, sich gegen jhnen mit dem Haupt vnd lachenden Gebärden geneiget, vnd darauff den Admiral bey der Hand genommen, vnd jhn mit sich hinein in seinen Pallast geführet, da er jhn dann lang bey sich behalten, darnach ist er mit ihm vnnd vielen seiner Weiber wider herauß von seinem Pallast auff einen Gang gangen, vnnd eine Zeitlang daselbst stehen blieben, daß jhn jederman wol sehen mögen, wie er dann auch kurtz hernach wiederumb herunter gangen, vnd haben jhm seine Edelleuth sehr viel grosse Schüsseln, mit allerley köstlichen Confecten nachgetragen, da er dann selbst Persönlich herumb gangen, vnd mit seiner eigenen Hand einem jeden Soldaten allerley Confecten außgetheilet vnd geben hat. Seinen Geschmuck belangend, ist zu wissen, daß er gantz nacket vom Haupt an biß auff die Fußsohlen gangen, ausgenommen vom Nabel an, biß auff die Knie, da er mit einem sehr schönen weissen, vnd auff bevden Seyten einer Hand breyt bundt oder farbig gewobenen Tuch vmbgeben vnd bekleidet war, vorne an seinem gantzen Leib vnd Angesicht war er mit gelber Farb oder Sandelholtz vnd andern köstlichen Kräutern gemacht, angestrichen, hatte vmb seinen Leib fünff güldene gürtel, deren einer rund, die andern vier aber, je einer Hand breyt waren, gantz voll mit köstlichen Edelgesteinen versetzet vnd gezieret, vnd waren sonderlich in dem einen vber die 200. Rubinen, jeder einer kleinen Bonen groß, gleich vorne aber in der Mitte war versetzt ein köstlicher Carfunckel, so groß als ein Nagel an einem Daumen, oder wol etwas grösser. Umb seinen rechten Arm hat er langs dem Arm hinauff vierzehen güldene Armbänder, jedes zween Finger breyt, welche jhm fast den gantzen Arm bedeckten, diese waren auch voll mit köstlichen Edelgesteinen versetzet, vnd muste allezeit seiner Herren einer bey jhm stehen, der jhm den Arm hielte, von wegen deß schweren Gewichts. Umb den lincken Arm aber, hatte er nur zwey güldene Armbande, etwan zweyer Finger dick, desgleichen hatte er auch vmb sein linckes Bein zween güldene Ringe oder Bande, deren einer auch mit Edelgesteinen versetzet war, die Finger aber an beyden Händen hatte er voller güldener Ringe gesteckt, welche dann mit vberauß sehr köstlichen Edelgesteinen vnd Perlen versetzt waren, seine Ohren waren so lang vom Golt vnnd Edelgesteinen außgedehnet vnd gestreckt, daß sie jhm biß auff die Schultern hingen, dann sie hingen aller voll güldene Ringe mit köstlichen Steinen versetzt, vnnd in der Mitten hatte er einen Pusch voller Edelgesteine, vnd grosser Orientalischer Perlen, deren in der Warheit etliche so groß waren, als bey vns die kleine Wörmbser. Er hatte einen grawen gestutzten Bart, vnnd auff dem Kopff ein lang graw Haar, welches dann fein zusammen gewickelt war, also daß es mitten auff dem Haupt ein Knopff gabe, welcher mit einer köstlichen breyten Binde von Golt, Edelgesteinen, vnnd sehr köstlichen Perlen gestickt, vmwickelt war, anzusehen fast wie ein Krone, In summa, er war so gar mit Golt, Edelgesteinen vnd Perlen vmbgeben, daß es vnmüglich zu schetzen war, vor jhm stund allezeit seiner Edlen einer, mit einem sehr grossen güldenen Credentz oder Becher in der Hand, welcher jhm dann denselben allezeit vorhielt, wann er wolte außspeyen, auff daß er darinn speyen möchte, er war an jhm selbst ein lange Person, vnd hatte in dem Mund gantz Bechschwartze Zähne, dann solches fast an allen diesen Völckern gefunden wird, daß sie nemblich schwartze Zähne haben, vnd solches kompt von dem Betele, welches grosse grüne Bletter seynd, etwan einer Hand breyt, so sie täglich mit Kalck käwen, derhalben dann einer, der schöne schwartze Zähne hat, fast hoch bey jhnen geachtet vnd gehalten wird.
Verken, Johann
Molukken-Reise 1607-1612
Neu herausgeben nach der zu Frankfurt am Main im Verlag Joh. Th. De Bry 1612 erschienen Origialausgabe
in der Reihe: Reisebeschreibungen von deutschen Beamten und Kriegsleuten im Dienst der Niederländischen West- und Ost-Indischen Kompagnien 1602-1797; Herausgegeben von S. P. L'Honoré Naber, 2. Band, Haag 1930