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Geschichten rund um den Globus

1498 - João de Barros
Vasco da Gama erreicht Indien
Calicut / Kozhikode

Vasco da Gama ging am 24. April [von Malindi in Kenia] nach Indien unter Segel, und nachdem er den großen Golf von siebenhundert Meilen nach zweiundzwanzig Tagen durchschifft hatte, ohne auf irgendein Hindernis zu treffen, ging er mehr als zwei Meilen unterhalb der Stadt Calicut vor Anker, und wurde von Fischern des Landes, die sogleich an die Schiffe heranfuhren, in die Stadt geführt. [1 portugiesische Meile entspricht 6.172 m.] Und da diese Stadt das Ziel seiner Fahrt war und ihm in der Instruktion, die er erhalten hatte, nichts Weitergehendes befohlen war, und er Briefe und Botschaft an den König der Stadt bei sich hatte, der gemäß des Wissens, das wir zu jener Zeit in Portugal von ihm hatten, der mächtigste Fürsten jener Länder und Herr aller Gewürze war, so meinten die Unseren, als sie sich vor der Stadt sahen, dass sie das Ende ihrer Leiden erreicht hätten. Und obwohl wir später die Beschaffenheit dieser Stadt Calicut und des Landes Malabar, worin sie liegt und das ein Teil der Provinz Indien ist, später genau beschreiben, so werden wir hier, zum besseren Verständnis dieser Ankunft des Vasco da Gama eine allgemeine Beschreibung der Provinz liefern, weil es die erste Einfahrt ist, die die Unseren so viele Jahre versuchten und die der angestrebten Eroberung voranging.
   Der Erdstrich, den die Geographen eigentlich Indien nennen, ist das Land, welches zwischen den beiden berühmten und merkwürdigen Flüssen Indus und Ganges liegt (von welchem Indus es seinen Namen erhielt), und dem die Bewohner des uralten Reiches den Namen Delhi, nach Lage und Macht des Hauptes jenes Erdstrichs, und das benachbarte persische Volk jetzt den Namen Indostan beilegen. Und nach der Darstellung der Karte, welche Ptolemäus davon liefert, und richtiger nach der Kenntnis, die wir jetzt durch unsre Entdeckung davon haben, können wir es wohl mit Vorzug das große Mesopotamien nennen. Denn wenn die Griechen diesen Namen, der so viel sagen will wie »zwischen zwei Flüssen«, jenem kleinen Teile des Landes Babylon beilegten, den die zwei Flüsse Euphrat und Tigris einschließen, so könnten wir das wohl ebenso wegen seiner Lage zwischen den Wellen des großen Indus und Ganges, die ihre Wasser in das große westliche Weltmeer entladen; den wir aber, weil dieses der eigentliche Name ist, den ihm die innewohnenden und anliegenden Völker geben und in Übereinstimmung mit ihnen, Indostan nennen.
   Dieses Land umgeben die Ströme dieser beiden Flüsse einerseits und der große Indische Ozean auf der andern Seite, der Art, dass es fast eine Halbinsel im Lande bildet, in der Form einer Raute, welche die Geometer Rhombus nennen, und die gleiche Seiten und keinen rechten Winkel hat. Die Winkel, welche am weitesten voneinander entfernt sind, liegen gegen Nord und Süd; den südlichen bildet das Kap Komorin, und den nördlichen die Quellen jener Flüsse. Und obwohl die beiden Quellen in den Gebirgen, welche Ptolemäus Imaus, und die Bewohner derselben Delanguer und Nangracot nennen, getrennt zu Tage kommen, so sind diese doch so nahe aneinander gelegen, dass sie schier die Quellen jener Flüsse verbergen wollen, und nach einer Sage unter dem anwohnenden Heidenvolke scheint es, dass dieselben aus derselben Ader entspringen, woher die Fabel von den zwei Brüdern, die bei ihnen zu Hause ist, und die wir in unserer Geographie angeben, ihren Ursprung hat. Die Entfernung von diesen Quellen nach dem ihnen entgegen gesetzten Kap Komorin wird in gerader Linie wenig mehr oder minder als vierhundert Meilen betragen [2.500 km ist die Entfernung bis zum Fuß des Himalaya, die Quellen liegen aber nördlich des Hauptkammes]; und die andern beiden Winkel, welche in entgegengesetzter Richtung in einer Entfernung von dreihundert Meilen von Ost nach West liegen [1.850 km sind zu wenig geschätzt, es sind um die 2.500], bilden die Mündungen derselben Flüsse Indus und Ganges, wo sie beide durch die Wasser der großen Zahl anderer Flüsse, die in sie münden, sehr mächtig sind. Und der Teil des Landes, den sie umfassen, ist fast eben so groß wie derjenige, den der Ozean auf den beiden andern Seiten begrenzt, und diese letzteren vereinen sich in dem Vorgebirge Komorin zu jenem spitzen Winkel, den es darstellt, wodurch die Figur einer Raute, von der wir gesprochen, entsteht.
   Diese ganze Provinz Indostan wird von zwei dem Glauben nach verschiedenen und in Sitten und Gebräuchen sehr abweichenden Volksstämmen (der eine heidnisch und der andere mohammedanisch) bewohnt, und diese haben das Land unter sich in viele Reiche und Staaten geteilt, wie in die Reiche Multan [im heutigen Pakistan], Delhi, Cospetir [damit ist Orissa gemeint - ein Missverständnis von Seiten der Portugiesen], Bengalen zum Teil, Orissa, Mandore [beim heutigen Jodhpur], Chitor [Chitaurgarh], Gujarat, welches wir gewöhnlich Cambaya nennen, und in das große Land Deccan, welches in viele Herrlichkeiten geteilt ist, welche die Königswürde haben, nebst Pale [die Pala-Dynastie regierte im östlichen Indien], welches zwischen beiden liegt; und in das große Königreich Bisnaga [Vijayanagar], das einige kleine Könige nebst der ganzen Provinz Malabar umfasst, die unter viele Könige und Fürsten sehr kleiner Staaten in Vergleich mit anderen größeren, die wir genannt haben, aufgeteilt ist, von welchen einige unabhängig und andere den Genannten unterworfen sind. Und da diese Völker unter sich gerne Krieg führen und keine Treue bewahren, so würde schon dieses ganze Land dem Mächtigsten unterworfen sein, wenn die Natur die Begehrlichkeit der Menschen nicht durch große und bedeutende Flüsse, durch Berge, Seen, Wälder und Wüsten, Aufenthaltsorte vieler und verschiedener reißender Tiere, die die Verbindung zwischen den einzelnen Reichen unterbrechen, Grenzen gesetzt hätte, insbesondere durch einige bedeutende Ströme. Von denen ergießt sich ein Teil nicht in die Mutterströme Indus und Ganges, sondern durchströmt die Länder, die diese beiden Flüsse umfassen, und fällt nach vielen Krümmungen in den großen Ozean; auch gibt es viele Meeresarme, die das Küstengebiet so durchschneiden, dass man weit in das Innere schifft. Aber die bedeutendste Scheidewand, welche die Natur in diesem Lande setzte, ist eine Gebirgskette, welche die Eingeborenen, weil sie keinen besonderen Namen hat, schlechtweg Ghat nennen, was Gebirge bedeutet, ein Gebirge, das im Norden ausgeht, sich gegen Süden zieht, gerade wie die Küste des Meeres hinläuft, und zwischen dem Küstenlande und dem Innern eine ebene und sumpfige Fläche bildet, die an einigen Orten wie Wasserfelder von Wassern durchschnitten wird, bis sie am Vorgebirge Komorin endet; und dieser Lauf der Gebirge erstreckt sich nahe an zweihundert Meilen. Doch von dem Flusse Caraat beginnend, nahe am Vorgebirge und Berge Lin [nicht zweifelsfrei identifizierbar], der den Seefahrern auf jener Küste unter dem 12 1/2. Grad nördlicher Breite sehr wohl bekannt ist, erstreckt sich ein Strich Landes, der zwischen diesem Ghat und dem Meere liegt, in einer Breite von sechs bis zehn Meilen, je nachdem die Meerbusen und Buchten sich zurückziehen oder hervortreten; und dieser Landstrich, der über achtzig Meilen in der Länge haben wird, heißt Malabar, und darin liegt die Stadt Calicut.
   Zu der Zeit, als Vasco da Gama dort ankam, war das ganze Land Malabar überwiegend von Heiden bewohnt, obwohl in den Seehäfen viele Mauren lebten, mehr zwar wegen des Handels und Verkehrs, als weil sie einen Staat im Lande besessen hätten; denn es waren alle Könige und Fürsten von heidnischem Geschlecht und von dem Stamm der Brahmanen, dem gelehrtesten und in ihrer Art von Glauben religiösesten Volke in jenem ganzen Lande. Und der mächtigste Fürst in jenem Malabar war der König von Calicut, der sich mit Vorzug Samorin nannte, was bei ihnen so viel bedeutet wie bei uns der Titel Kaiser. Die Hauptstadt seines Staates aber, von der das Reich seinen Namen erhielt, die Stadt Calicut, welche auf einer unwirtlichen Küste liegt, hatte keine großen und hohen Gebäude, sondern nur einige prachtvolle Häuser maurischer Kaufleute sowohl aus dem Lande als auch aus Kairo und Mekka, die sich dort wegen des Gewürzhandels aufhielten und ihre Waren aus Furcht vor dem Feuer in diesen Gebäuden unterbrachten; alle übrigen Wohnungen waren meistens aus Holz und mit einer Art Palmblätter gedeckt, die sie Ola nennen. Und da ein großer Zug verschiedener Nationen in diese Stadt stattfand und das Heidenvolk darin eine große abergläubische Scheu hatte, mit Leuten außer ihrem eigenen Geschlecht in Berührung zu kommen, besonders die, welche Brahmanen und Nairen [eine besondere Gruppe von Kriegern] heißen, wohnten von diesen beiden Kasten, welche die edelsten im Lande sind, nur wenige Leute darin; alle übrigen Einwohner waren Mauren und heidnische Arbeiter. Aus diesem Grunde hielt sich auch der König außerhalb der Stadt in einem Palast auf, der etwa eine halbe Meile entfernt in einem Palmwalde lag; die edlen Leute aber hatten ihre Wohnungen in der Umgegend, wie wir es hier mit den Landhäusern halten.
   Zur Zeit, da Vasco da Gama in der Stadt Calicut ankam, was am 20. Mai, dem Anfang des Winters an jener Küste, war, war in dem Hafen kein so lebhafter Verkehr, noch eine solche Anzahl Schiffe, wie in den Sommermonaten ihre Ladung einnehmen, weil die Fremden, die gewöhnlich hinkamen, in ihre Heimat zurück gekehrt und die Schiffe des Königreiches Calicut an den Flüssen und Seearmen in Gräben gezogen und mit Palmblättern bedeckt waren, wie es an jener ganzen Küste Brauche ist; und da diese Ankunft außerhalb der Zeit ihrer Schifffahrt stattfand, setzte sie die Eingeborenen in eben solches Staunen wie die Bauart und Betakelung der Schiffe, und es schien ihnen sogleich ein fremdes Volk, das mit der Fahrt auf jenem Meere nicht vertraut wäre. Vasco da Gama aber schickte, gleich nachdem er wegen eines Riffs, an dem sich das Meer brach, ein wenig außerhalb des Hafens Anker geworfen hatte, den maurischen Lotsen [aus Afrika] und einen Verbannten an das Land, um dem König seine Ankunft und die Botschaft, die er ihm brachte, mitzuteilen und ihn zu bitten, dass er ihm sagen ließe, wann er es für gut hielte, dass er zu ihm käme, da er die Schiffe ohne seine Erlaubnis nicht verlassen wolle. Der Maure Malemo Cana, der das Land genau kannte, begab sich sogleich zum Palast des Königs, und da er erfuhr, dass er sich an einem Orte etwa fünf Meilen weiter befinde, ging er zu ihm dorthin, ohne mit dieser Nachricht zu den Schiffen zurückzukehren. Als nun Vasco da Gama sah, dass der Maure an diesem Tag nicht zurückkam und dass auch der größte Teil des anderen verstrich, begann er einen üblen Verdacht gegen ihn zu hegen, weil er ihm gesagt hatte, dass die Stadt von dem Palast des Königs nicht weit entfernt liege und besonders weil alle Barken, so viele ihrer auf den Fischfang ausfuhren, sich aus Furcht oder sonst einer Ursache von den Schiffen fernhielten. Aber als der Abend des andern Tages hereinbrach, ließ er den Verdacht fallen, als der Maure mit einem Lotsen des Samorin ankam, durch den der ihm das Vergnügen zu wissen tat, das ihm seine Ankunft mache, und später, sobald die Schiffe in einen sichern Hafen gebracht seien, wohin er sie auf seinen Befehl bringen solle, wolle er ihm sagen lassen, wann es ihm beliebte, dass er zu ihm komme.
   Mit dieser Botschaft und besonders mit der Verlegung der Schiffe von jener Küste an einen sicheren Ort war Vasco da Gama sehr zufrieden, weil der König so durch die Tat bewies, was er ihm hinsichtlich der Freude, die er über seine Ankunft hatte, durch Worte hatte sagen lassen; und weil er nach dieser Aufnahme der ersten Botschaft, die der Samorin ihm gesandt, auf eine gute Behandlung hoffen konnte. Und um diesem Lotsen, den ihm der König schickte, sein besonderes Vertrauen zu zeigen, sagte er ihm, er könne auf den Schiffen befehlen, was er wolle, da ihm alle gehorchen würden, und so geschah es, denn sie segelten unter der Leitung dieses Lotsen nach einem Hafen namens Capocat, nicht weit von da, wo Vasco da Gama zwei Tage lang auf die Botschaft des Königs gewartet hatte, ohne dass die vom Lande an die Schiffe kamen noch die Unseren an Land gingen.
   Ehe er mit dem Schiff in diesen Hafen einlief, am Tage, an dem der Lotse des Königs ihm seine Botschaft überbrachte, dass er sich dahin verfügen sollte, war unter einigen Zollbeamten des Königs, die mit jenem anlangten, ein Maure Namens Monzaide gekommen, der ein Warenmakler war, und weil er Malemo Cana kannte und diesen in der Nacht, in der er an Land schlief, in seinem Hause beherbergt hatte. Dieser Monzaide stammte, wie er später erzählte, aus dem Königreich Tunis und hatte mit den Portugiesen schon in der Stadt Oran Verkehr gepflogen, als die Schiffe dieses Reiches auf Befehl des Königs Don João II. dahin fuhren, um Tücher für den Goldhandel in Mina zu kaufen; und die Erinnerung an jene Lande des Okzidents, wo er geboren war, oder eine andere günstige Seelenstimmung wirkte so auf ihn, als er zu den Unseren kam, und mit ihnen in der spanischen Sprache, die er verstand, verkehrte, dass er von der Stunde an, da er die Schiffe betrat, mit Vasco da Gama so vertraut wurde, dass er mit ihm nach Portugal zurückkehrte, wo er als Christ starb. Und da er in diesem Staate sein Leben zu beschließen hoffte, war er unseren Interessen so treu, dass Vasco da Gama von ihm über vielerlei beraten wurde; und nach dem, was, wie wir sehen werden, geschah, scheint es, dass ihn Gott zu unserem Nutzen in jene Lande geführt hat. Und gleich während der zwei Tage, die Vasco da Gama auf die Botschaft des Samorin wartete, machte ihn dieser Monzaide auf einige Dinge aufmerksam, sodass Vasco da Gama sich mit den Kapitänen über sein Benehmen gegenüber dem Samorin, wenn er ihn rufen ließe, beriet; und er beschloss, dass sein Bruder und Nicolao Coelho auf den Schiffen bleiben sollten und gab ihnen eine Instruktion, was sie zu tun hätten.
   Als nun die Botschaft vom Samorin anlangte, dass er kommen solle, ging Vasco da Gama mit zwölf Mann an Land, wo ihn ein edler Mann, den sie Catual nannten, mit einem Gefolge von zweihundert Mann empfing, einige, um das Gepäck der Unseren fortzuschaffen, einige mit Schwert und Schild, welche seine Leibwache vorstellten, und andere, um ihn in einem Palankin auf den Schultern zu tragen, weil man sich in jenem ganzen Lande Malabar keiner Saumtiere bedient. Ein solcher Palankin wurde auch Vasco da Gama angeboten, um darin zu reisen. Als nun der Catual und er auf dem Weg nach Calicut waren, das fünf Meilen von da liegen mochte, begannen die Zwölf, die er mitgenommen hatte, paarweise zurückzubleiben, da nicht nur der Weg sandig und sie des Gehens entwöhnt waren, sondern auch diejenigen, welche den Palankin trugen, so schnell liefen, dass Vasco da Gama auf dem ganzen Wege ohne seine eigene Begleitung war, bis sie des Nachts in einem Orte, wo der Catual schlief, wieder zusammen kamen. Als sie sich des andern Tags wieder auf den Weg machten, kamen sie an einen großen Tempel des Heidenvolks des Landes, der sehr schön aus Quadersteinen gebaut war, und eine mit Ziegeln gedeckte Zinne hatte; an der Türe desselben stand eine große Säule von Blech und darauf ein Hahn als Knauf. Und im Innern des Tempels stand ein Portal, dessen Flügel von Metall waren und durch das sie an eine Treppe gelangten, die zu der Zinne führte; und am ihrem Fuß, wo eine Rotunde sich nach Art eines Palankins darstellte, standen einige Bilder ihrer Götzen, die sie verehrten.
   Da nun die Unseren glaubten, dieses Volk gehöre zu den von dem Apostel Sankt Thomas Bekehrten, wie das Gerücht hier in diesen Landen ging und sie aus den Reden der Mauren schlossen, knieten einige nieder, um vor jenen Bildern ihre Andacht zu verrichten, weil sie glaubten, sie seien der Anbetung würdig, ein Akt, an dem die Heiden des Landes ein großes Vergnügen hatten, da es ihnen schien, als seien wir dem Kultus der Bilderanbetung ergeben, was sie an den Mauren nicht bemerkt hatten. Nachdem sie den Tempel verlassen hatten, kamen sie zu einem andern nahe bei einem Dorfe, wo ein anderer Catual auf sie wartete, ein sehr angesehener Mann, der auf Befehl des Samorin zum Empfang des Vasco da Gama kam. Dieser kam dem Kapitän mit vielen Kriegsleuten entgegen, die nach ihrer Weise alle mit Schildern bewaffnet und mit ihren Instrumenten, die sie anfeuern sollten, in Reihe und Glied aufgestellt waren, sodass sich die Unsrigen freuten, sie in dieser Ordnung zu sehen und besonders, da solches geschehen war, ihre Ankunft zu ehren. Nachdem der Catual mit Vasco da Gama zusammengetroffen war und ihn nach ihrer Sitte mit vieler Höflichkeit empfangen hatte, ließ er ihm einen andern Palankin geben, den er zu seiner Rechten hatte und der besser ausstaffiert war als derjenige, in dem Vasco da Gama gekommen war; und ohne sich weiter aufzuhalten, setzten sie ihren Weg nach dem Palast des Königs fort. Hier erwartete Vasco da Gama die Seinen, welche den schnellen Schritt derer, die den Palankin trugen, nicht einhalten konnten, und der größte Schaden, den sie erlitten, kam von dem Volk, das sie schier erdrückt hatte, um sie zu sehen. Und auch noch später, bei dem Eintritt in einen großen runden Hof, war der Andrang so groß, weil das Volk zugleich mit ihnen hereinkommen wollte, dass der Handel zu Faustschlägen und hernach zum Kampf mit dem Schwerte führte. Dabei wurden mehrere verwundet und einer getötet, ehe die Diener des Königs den Streit schlichteten, doch hatten sie auf die Personen der Unsern immer so Acht gehabt, dass ihnen während des ganzen Tumultes nichts Unangenehmes widerfuhr. Nachdem sie über diesen Platz geschritten waren, kamen sie in einen gedeckten Hof, wo sie Vasco da Gama und den Catual mit einigen besser gekleideten Leuten trafen, die auf sie warteten, und ohne sich von dem großen Getümmel, in dem sie gekommen waren, zu erholen, traten sie alle in ein großes, einstöckiges Gebäude, worin sich jener große Samorin der Provinz Malabar befand, den sie so sehr zu sehen verlangt hatten. In seiner Nähe erhob sich ein sehr bejahrter Mann, welcher sein Oberbrahmane und weiß gekleidet war, wodurch er, wie durch sein Alter und seine Manieren, seinen geistlichen Stand zu erkennen gab; und da Vasco da Gama in der Mitte des Saales angekommen war, nahm der ihn bei der Hand und stellte ihn dem Samorin vor. Dieser saß am Ende des Saales auf einem Ruhebett, das sie Catel nennen und das auf einem mit seidenen Tüchern bedeckten Aufsatz stand, und trug ein Kleid von Baumwollzeug, das mit einigen darauf zerstreuten Rosen von geschlagenem Gold geschmückt war, und auf dem Kopfe eine Mütze von Brokat, die hoch wie eine Bischofsmütze und mit Perlen und Edelsteinen besetzt war, und an den Armen und Beinen, die unbedeckt waren, hatte er goldene, mit Edelsteinen besetzte Bänder. Auf einer Seite des Bettes, worauf er saß, (der Samorin scheint in halbsitzender Stellung gelegen zu haben), den Kopf auf ein Kissen von glattem Seidenzeug, das mit Gold nach Art einer Stickerei versehen war, gelehnt, stand ein Mann, der nach Kleidung und Würde zu den Vornehmsten des Landes zu gehören schien und einen goldenen Teller mit Betelblättern in der Hand hielt, die sie zur Stärkung des Magens zu kauen pflegen.
   Der Samorin empfing zwar Vasco da Gama mit Freundlichkeit im Gesichte, allein er bewahrte eine solche Würde und saß so ernsthaft auf seinem Catel, dass er, wenn er mit ihm sprach, keine andere Bewegung machte, als dass er den Kopf von dem Kissen erhob; und so gab er auch dem Brahmanen ein Zeichen, dass er Vasco da Gama auf einer der Stufen der Estrade, auf der das Catel stand, und seine Begleiter an einem andern Ort etwas entfernt sitzen lassen sollte, weil er sah, dass sie, erschöpft wie sie vom Wege waren, einige Ruhe nötig hatten. Und nachdem er eine lange Weile ihre Personen, Kleidung und Manieren betrachtet und mit Vasco da Gama einige allgemeine Redensarten gewechselt hatte, überreichte der zwei Briefe, die der König Don Manuel schickte, den einen arabisch und den anderen desselben Inhalts in portugiesischer Sprache geschrieben, und der Samorin sagte ihm, dass er sie lesen und ihn dann mit mehr Muße anhören würde, für jetzt aber solle er sich zur Ruhe begeben. Und was seine Beherbergung betreffe, so solle er gehen, zu wem er wolle, zu den Mauren oder den Eingeborenen des Landes, da hier, wie er wisse, keine Leute von seiner Nation seien. Darauf erwiderte Vasco da Gama, zwischen den Mauren und Christen herrsche Zwiespalt bezüglich des Gesetzes, das sie hätten, und anderes besonderes Übelwollen, und was seine Untertanen betreffe, so könnten er und seine Gefährten ihre Sprache nicht und fürchteten ihnen beschwerlich zu fallen; darum bitte er seine königliche Herrlichkeit, er möge sie ohne irgendwelche Gesellschaft einquartieren lassen. Dieses leuchtete dem Samorin ein, weshalb er dem Catual befahl, ihn zufrieden zu stellen; und er lobte Vasco da Gama als einen klugen und in den Dingen des Friedens vorsichtigen Mann, wie ihm der Maure Monzaide unterwegs erzählte, bis sie in der Stadt Calicut schon tief in der Nacht ankamen. Und unter einigen Dingen, die der Catual tat, und woraus Vasco da Gama gute Hoffnung für seine Geschäfte schöpfte, war auch, dass er diesem Monzaide befahl, ihn nicht zu verlassen, damit er verlangen könnte, was er nötig hätte, weil er gesehen hatte, dass er ihm angenehm war, da er sich einigermaßen mit ihm verständigte. Monzaide aber nahm dies bereitwillig an, und erbot sich fast selbst dazu. Es scheint, dass ihn Gott wegen einer guten Anlage, die er hatte, zu seinem Heile berufen; wie er sogleich in der Wahrheit, womit er verkehrte, und in den treuen Ratschlägen, die er gab und wovon folgender einer war, dartat.
   Da Vasco da Gama am folgenden Tage zu dem Samorin gehen wollte, um ihm die Sendung, die er hatte, zu überbringen, hielt ihn der Catual zurück, indem er sagte, dass die Gesandten, welche zu dem Samorin und zu den andern Fürsten in jenen indischen Landen kämen, die Gewohnheit hatten, nicht eher vor dem Fürsten zu erscheinen, als bis er sie rufen lasse, und ferner bis sie zuvor einige Tage geruht hätten. Bei dieser Gelegenheit nun gab ihm Monzaide einen Rat, damit dieser Ruf schneller geschehe und sagte ihm, es sei der unumstößlichste Brauch der Fürsten in jenen Ländern, niemanden anzuhören, ohne dass man ihnen zuvor etwas dargebracht hätte; je fremder aber der Gesandte sei, ein desto größeres Geschenk erwarteten sie, und weil er das nicht getan hätte, habe ihm der König nicht sogleich Gehör geschenkt. Daher solle er, wenn er gut fahren wolle, sich vor allem nach dem Brauch des Landes richten, da niemand mit leeren Händen vor dem Könige erscheinen könne. Und auch seine Beamten, durch deren Hände die Geschäfte gingen, müssten auf diese Weise zufrieden gestellt werden, weil er sonst spät Gehör erlangen und noch dazu schlecht behandelt werden würde. Vasco da Gama, dem allerdings nicht unbekannt war, dass dies der Eingang und Anfang ist, womit die Geschäfte allenthalben gefördert werden, hatte doch nicht geglaubt, dass es auf einen Tag ankomme; aber da er von Monzaide erfuhr, wie sehr es in seinem Interesse liege, schickte er dem König sogleich einige Geschenke, welche mit dieser Entschuldigungsbotschaft abgingen: Als er Portugal verlassen habe, habe er sich, da er nicht gewusst habe, ob er nach Indien fahren und seine königliche Person sehen könne, nicht vorgesehen, wie er sollte: diese Dinare seien von denen, die er zu seinem Gebrauche mitgenommen habe, er schicke sie ihm, nicht wegen ihres Wertes, sondern als Probe dessen, was in Portugal zu haben sei; auch seien sie nur so über das Meer durchgekommen, da es schon lange sei, dass er darauf fahre. So wie nun der Samorin dieses Geschenk erhalten und seine Beamten nach dem Rate des Monzaide zufrieden gestellt worden waren, wurde Vasco da Gama vor ihn geführt; und er empfing ihn diesmal mit mehr Ehre in einem anderen Gebäude und sagte ihm, nachdem er ihn sitzen geheißen hatte, er habe einen der Briefe gesehen, den er ihm in arabischer Sprache geschrieben und überreicht hätte, und darin sei von dem Wohlwollen und der Liebe die Rede, die der König von Portugal, sein Herr, für ihn zu hegen vorgebe, und desgleichen, dass er ihn wegen einiger Dinge an ihn sende, welche den Frieden und Handel zwischen beiden fördern könnten und die er ihm sagen werde; darum könne er davon sprechen. Da aber Vasco da Gama von Monzaide bereits über die Weise jener Fürsten aufgeklärt war, welche darin besteht, dass sie im Anhören und Antworten sehr kurz sind, und ihren Sinn mehr auf ihren Vorteil als die Beredsamkeit der Sendung richten, namentlich, wenn sie von einem Dritten vorgebracht wird, da die Dolmetscher gewöhnlich den wesentlichen Inhalt der Sache und nicht die eindringlichen Gründe vorbringen, so fasste er, nachdem er jene Erlaubnis erhalten, und um sich nach dem Brauch des Landes zu richten, was ihm abgetragen worden war, in diesen Worten zusammen: Die Hauptursache, die den König, seinen Herrn bewogen, ihn in jene östlichen, von seinem Staate so entfernten Länder zu senden, sei gewesen, dass der Ruhm der königlichen Person des Samorin und der Größe seines Gebietes und dass der größte Teil der Gewürze, welche durch die Hände der Mauren nach den Landen der Christenheit gingen, in seiner Gewalt seien, zu ihm gedrungen sei. Und da er durch seine Kapitäne einen neuen Weg entdeckt habe, auf dass zwischen ihnen Liebe, Unterstützung und Handelsverkehr stattfinden könne, wodurch das Reich des Samorin wegen des Goldes, Silbers, der Seidenzeuge und vieler andern Arten kostbarer Waren, an denen sein Königreich Portugal solchen Überfluss habe wie Calicut an Pfeffer, reicher werden müsste, so sende er, sein Herr und König, ihn mit jenen drei Schiffen, um ihm diese seine Absicht kund zu tun; und wenn ihm solche genehm sei, würde er sehr große Schiffe mit diesen Waren beladen ausrüsten, und die Art und Weise des Handels und der Preis der Waren werde der Art sein, dass er beiden zum Vorteil gereiche. Der Samorin antwortete auf diese Rede mit einer anderen, viel kürzeren, worin er zu erkennen gab, dass er sich über die Ursache der Fahrt des Vasco da Gama freue, und schloss mit dem Bedeuten, dass er ihn sehr bald abfertigen würde, und entließ ihn hierauf.
   Als die Mauren, sowohl die im Lande ansässigen wie auch einige fremde, die wegen des Gewürzhandels in jener Stadt wohnten (ein Handel, den sie ganz in ihren Händen hatten, da sie über das Rote Meer fuhren) sahen, dass die Sendung des Vasco da Gama diesen Gewürzhandel zum Zweck hatte, wurden sie sehr bestürzt. Zumal als sie erfuhren, dass der Samorin sich darüber freute, dass ein König aus einem so fernen Lande, wie der Westen war, eine Gesandtschaft an ihn schickte und dass er die Unseren lobte und sagte, sie schienen ihm Leute von richtigem Verstande zu sein und würden, wenn sie in sein Reich kämen, diesem von Vorteil sein, da sie, wie sie sagten, über so viele Waren zu gebieten hätten. Über diesen Fall gingen nun die Vornehmen, welche dies am meisten betraf, zu Rate und unter vielen Reden, welche über den Schaden fielen, den sie alle erleiden würden, wenn wir in Indien Zutritt fänden, erzählte einer von ihnen auch folgendes. Er sagte nämlich, er habe im vorhergehenden Jahre wegen einiger Schiffe, die ausblieben und auf denen er Ware bekam, einige Personen, die das Astrologengeschäft und andere einschlägige Künste ausüben, befragt, und eine von diesen Personen, die er als die Hauptperson bei diesem Werke als Zeugen stellen wolle, habe ihm in einem Gefäß voll Wasser die zugrunde gegangenen Schiffe und andere unter Segel gezeigt, von denen er ihm sagte, sie kämen sehr weit her, um nach Indien zu fahren, und die Leute darauf würden der vollständige Ruin der Mauren in jenen Ländern sein. Und da jene wirklich zugrunde gegangen seien, wie sie alle wüssten, da dieser Verlust alle betroffen habe, so könne man nach der Ankunft jener Schiffe, die hier angekommen, auch das Übrige besorgen, da die Leute darauf Christen, Todfeinde der Mauren seien. Kurz nach dieser Geschichte, ob sie nun erdichtet war, um die andern zu verleiten (obwohl sie schon ohnedies gegen die Unseren hinlänglich aufgebracht waren) oder ob der Teufel ihnen dies als ihr künftiges Verderben zeigen wollte, ging der Beschluss der Beratung dahin, sie wollten auf alle mögliche Mittel sinnen, um unsere Schiffe in den Grund des Meeres zu versenken und die Leute, die an Land blieben, einen nach dem anderen zu verderben, sodass keine Erinnerung an sie oder an das, was sie entdeckt hätten, verbliebe. Aber da sie fürchteten, es möchte der Samorin Anstoß nehmen, wenn sie das offen ins Werk setzten, schien es ihnen das sicherste Mittel, diesen Plan durch den Vollstrecker aller bösen Ratschläge, nämlich das Gold, ausführen zu lassen; weshalb sie den Catual, dem die Sorge für die Unseren oblag, bestachen, damit er durch einige scheinbare Gründe, die sie ihm zu dem Zwecke angaben und versicherten, sie seien wahr und bezweckten die Wohlfahrt und den Frieden des Landes, den König gegen sie aufhetze. Der Catual, dem sie also Hände und Ohren gefüllt hatten, begann sogleich seine Schuldigkeit zu tun, und das Erste, was er begann, war, dass er den Unseren nicht erlaubte, das Haus, worin sie wohnten, zu verlassen, damit sie sich die Stadt und ihren Handel nicht besehen könnten. Dabei gab er dem Vasco da Gama zu verstehen, sie hätten, so lange er nicht Bescheid erhalten, keine Erlaubnis, frei in der Stadt herumzugehen, und dann läge ihm selbst daran, dass dies so sei, damit er jedem Schimpf auswiche, den ihnen die Mauren antun könnten, da wegen dessen, was jeder in Betreff der göttlichen Dinge glaube, zwischen ihnen beiden Feindschaft herrsche. Trotz dieser Worte aber, wodurch er alles zum Besten des Friedens zu leiten schien, verweigerte er ihm in der Tat das Nötige, das sie brauchten, sodass Vasco da Gama, welcher einen Teil seiner Absicht durchschaute, sogleich seine Abfertigung ohne eine Ladung Gewürz zu begehren begann. Denn wenn er nur einmal mit der Kunde dessen, was er entdeckt, in dies Reich zurückgekehrt war, so hatte der König Zeit, eine Flotte auszusenden, durch die er, so viel er wollte, erlangen konnte, ohne die Schiffe von Mekka zu scheuen, vor deren Ankunft ihm der Maure Monzaide bange machte, indem er ihm sagte, sie seien groß und mächtig und er könne durch sie Schaden erleiden, darum solle er versuchen, sich aus jenem Lande zu entfernen, ehe sie kämen.
   Da nun Vasco da Gama aus diesen und andern Ratschlägen, die er ihm gab, ersah, dass er ein treuer Mensch sei, so schrieb er mit ihm an seinen Bruder Paulo da Gama und tat ihm zu wissen, was vorging und was er an den Mauren merkte und empfahl ihm, in dem Verkehr mit den Leuten vom Lande, welche an Bord der Schiffe kämen, auf seiner Hut zu sein, weil die Mauren nichts unversucht lassen würden, um sie bei den Heiden des Landes verhasst zu machen. Der Catual aber sagte, sobald er eine Gelegenheit dazu sah, dem Samorin: Alle Leute aus dem Westen, die in der Stadt seien, behaupteten einstimmig, jene, welche hergekommen seien, lebten in ihrem eigenen Lande mehr von dem Seeräuberhandwerk, als von Handel und Kaufmannschaft, und seien, weil sie in dem Lande ihrer Mitbürger verfolgt würden, nach einer Gegend ausgewandert, wo man sie nicht kenne. Die Briefe, die sie ihm unter dem Namen von Gesandten, den sie führten, gegeben hätten, seien nur ein Kunstgriff, um ihre Schmach als Landstreicher zu verhehlen. Denn es stimme auch nicht mit der Vernunft überein, dass ein König von so weit her wie der Westen des Landes Franken liege, ihm eine Gesandtschaft schicke, die keinen andern Grund habe als den Wunsch seiner Freundschaft, da doch aus der Sache an sich schon erhelle, dass sie nicht stattfinden könne, weil eine der Grundlagen der Freundschaft auf persönlichem Verkehr und gegenseitiger Dienstleistung beruhe, und diese zwischen ihnen ganz unmöglich seien, sowohl wegen des verschiedenen Glaubens, dem jeder anhinge, als wegen der großen Entfernung ihrer Staaten. Ferner habe ein so mächtiger und reicher König, wie nach ihren Reden der ihre sein müsste, diese Macht in dem Geschenke, das er ihm gesandt, schlecht bewährt; denn es bestehe aus Stücken, wie sie jeder Kaufmann, der von der Meerenge komme, besser gebe. Und wenn sie sagten, dass sie wegen der Gewürze hergeschickt seien, so hätten sie keine Waren bei sich, welche dieses bewiesen, und falls auch alles wäre, wie sie sagten, so müsse er einen so gewissen Vorteil, wie er von den Mauren habe, nicht um den verlieren wollen, den ihm Leute versprächen, die an den Enden der Erde wohnten und zwei Jahre Fahrt nötig hätten. Um so mehr, als die Mauren, welche sähen, dass seine königliche Herrlichkeit neue Menschen, von denen man so viel Schlimmes erzählte und überdies ihre Feinde begünstigte, daran großen Anstoß nähmen und nicht viel fehle, dass er sie verliere, was er sehr fürchten müsse, weil er Untertanen verlieren würde und keine Schiffe aus Mekka, Aden, Hormus und vielen andern Ländern, von deren Handel sein ganzes Reich abhinge, mehr in seinen Hafen kommen würden. Indem er ihm dieses sage, tue er nur die Pflicht, die er gegen ihn habe und die darin bestehe, ihm die Angelegenheiten seines Dienstes vorzustellen, und außer dem seinen möchte er auch den Rat andrer Personen einholen, wobei er ihm sogleich einige Beamte nannte, die, wie er, der Catual, wusste, bereits auf der Seite der Mauren waren und deren Zeugnis die Wahrheit seiner Worte noch mehr bekräftigen musste. Für den König, der zwar ein kluger Mann war und überlegt hatte, welchen Vorteil er auf dem neuen Wege, den die Unseren für eine größere Ausfuhr seiner Gewürze eröffnet, ziehen könnte, hatten doch diese Worte des Catual so viel Macht, dass er sich, ohne die Wahrheit genauer zu untersuchen, durch die übrigen Zeugen, die ihm derselbe Catual angegeben und die er um ihre Ansicht befragt, so betören ließ, dass er die Unseren für das hielt, als was man sie ihm schilderte, der Art, dass wenig gefehlt hätte, dass er etwas über sie beschlossen, sodass sie nie mehr zurückgekehrt wären.
   Aber wie gegen die Dinge, die Gott beschließt, von den Menschen nicht gestritten werden kann, wenn es auch gewissermaßen scheint, dass sie dieselben hindern, war gerade das Mittel, das die Mauren gewählt hatten, sie zu verderben, die Veranlassung, dass sie abgefertigt wurden, bevor die Schiffe von Mekka kamen. Denn so wie sich der Samorin dessen, was ihm jener gesagt, überzeugt hielt, ließ er Vasco da Gama raten und sagte ihm, er solle ihm eine Wahrheit gestehen, und er verspreche, sie ihm zu verzeihen; denn es sei den Menschen angeboren, Mittel und Wege zu ihrer Empfehlung zu suchen, um ihren Vorteil zu erreichen, und wenn sie wegen eines Vorfalls aus ihrem Lande verwiesen seien, so wolle er sie in allem unterstützen. Er habe nämlich von einigen Leuten aus den Ländern der Franken, woher sie zu kommen vorgäben, in Erfahrung gebracht, dass sie keinen König hätten oder wenn einer in ihrem Vaterlande herrsche, so sei doch ihr Gewerbe mehr nach Art der Seeräuber mit bewaffneter Macht, als um des Handels willen auf dem Meere herumzufahren. Wie aber Vasco da Gama diese Worte vernahm, sagte er, ohne den König weiter fortfahren zu lassen, er lege es ihm wahrlich nicht zur Last, dass er vielerlei von ihnen glaube, weil es für alle seine Untertanen eine große Neuigkeit sein müsse, dass an Religion und Sitten ungewohnte Leute in jene Lande kämen, und ferner, dass sie auf einem noch nie befahrenen Wege und mit der Sendung eines Königs angelangt seien, der keinen andern Vorteil begehre, als seine Freundschaft und eine Handelsverbindung, um den Gewürzen dieses seines Reiches Calicut eine neue Ausfuhr zu verschaffen, weil in seinem Reiche Menschen, Waffen, Pferde, Gold, Silber, Seide und andere zum menschlichen Leben nötige Dinge in solchem Überfluss vorhanden seien, dass er nicht nötig habe, sie bei den Fremden und zumal bei so weit entfernten Leuten, wie die von Indien seien, zu holen. Aber wenn der Samorin wüsste, was der König, sein Herr, mit den tausendsechshundert Meilen Küstenland gewollt, die er und seine Vorfahren hätten entdecken lassen, so würde es ihm nicht wunderlich vorkommen, dass er längs derselben Küste weiter vorwärts gesandt habe, bis er bei seiner königlichen Herrlichkeit angelangt, deren Ruf in den Landen der Christenheit sehr verherrlicht sei. Und da sich auf diesen tausendundsechshundert Meilen, die er entdecken lassen, viele Könige und Fürsten heidnischen Stammes fänden, so habe er nichts von ihnen verlangt, als sie in dem Glauben an Jesus Christus, den Erlöser der Welt, den Herrn des Himmels und der Erde, zu dem er sich bekenne und den er als seinen Gott verehre, und zu dessen Preis und Dienst er diese Unternehmung neuer Entdeckungen von Ländern auf der Erde begonnen, zu unterweisen und nebst dieser Wohltat, der Rettung der Seelen, die der König Don Manuel jenen Ländern und Völkern, die er neu entdeckt, zu Teil werden lasse, sende er ihnen auch Schiffe mit Dingen beladen, die sie nicht hätten, als da seien Pferde, Silber, Seide, Tücher und andre Waren. Zum Ausgleich dafür nähmen sodann seine Kapitäne andre mit zurück, welche sich dort vorfänden, nämlich Elfenbein, Gold, Paradieskörner [Guineapfeffer], Pfeffer, zwei Arten Gewürz von eben so großem Ertrag und eben so geschätzt in jenen Landen der Christenheit, als der Pfeffer dieses seines Reiches Calicut. Durch diesen Tausch aber seien die Reiche, welche seine Freundschaft angenommen, aus barbarischen Staaten zu kultivierten, aus schwachen zu mächtige und aus armen zu reichen geworden; alles auf Kosten der Beschwerden und Betriebsamkeit der Portugiesen, und mit diesen Werken erziele der König, sein Herr, nichts weiter, als den Ruhm, große Dinge im Dienste seines Gottes und zur Ehre der Portugiesen zu vollenden. Mit den Mauren jedoch, als seinen Feinden, verfahre er anders; denn er habe ihnen in den Landen von Afrika, die sie bewohnten, mit Waffengewalt vier bedeutende Plätze und Seehäfen des Reiches Fez [Marokko] weggenommen; darum verunglimpften sie nicht nur den portugiesischen Namen, wo sie sich befänden, sondern sie strebten ihnen auch heimtückisch nach dem Leben, obwohl nicht von Angesicht zu Angesicht, da sie ihr Schwert kennen gelernt hätten; das Zeugnis dieser Wahrheit sehe man in dem, was sie zu Moçambique und Mombasa getan, wie seine königliche Person schon von dem Piloten Cana erfahren, eine Hinterlist und ein Verrat, wie er sie noch in keinem Lande der Heiden, so viel er ihrer entdeckt, gefunden habe. Denn diese seien von Natur aus Freunde des christlichen Volkes, da sie alle von einem Geschlechte stammten, und in einigen Sitten und in der Art ihrer Tempel vielfach übereinstimmten, wie er in diesem seinem Reiche Calicut gesehen. Selbst seine Brahmanen stimmten in der Religion von der Dreieinigkeit in drei Personen und einem einzigen Gotte, die sie hatten, und welches bei den Christen die Grundlage ihres ganzen Glaubens sei, mit ihnen überein (obwohl sie sich andererseits wieder sehr unterschieden), eine Sache, gegen die die Mauren stritten. Und weil sie diese Übereinstimmung zwischen dem Heiden- und Christenvolke erkannt hätten, so strebten sie die Portugiesen vor ihm, dem Samorin, ehrlos und verhasst zu machen, da er doch bereits so verpflichtet sei, sie zu verteidigen, weil der König, sein Herr, nachdem keine andern Ursachen vorausgegangen, weshalb er seine Freundschaft hätte wünschen müssen als der Ruf von des Samorins Größe, sich gefreut habe, ihn aus den Gründen, die er ihm genannt, an ihn zu senden. Und das habe er nicht bloß dieses Jahr getan, sondern es sei schon so viele Jahre fortgesetzt worden, und der König verlange so sehr, diesen Weg von Portugal nach Indien entdeckt zu sehen, dass, wenn auch Vasco da Gama in Folge irgend eines Missgeschicks nicht nach Portugal zurückkehre, er doch für gewiss wisse, dass der König diese Entdeckung so lange fortsetzen werde, bis er Kunde von ihm, dem Samorin erhalten habe. Darum bitte er ihn, als den Kaiser jenes ganzen Landes Malabar, und da Gott ihm, Vasco da Gama, und seinen Gefährten solche Gnade angetan, dass sie die ersten seien, die vor ihm erschienen, so wolle er die Hand seiner Macht gegen den Hass, den die Mauren gegen ihn hegten, ausstrecken, und nicht zugeben, dass sie ein großes Kriegsfeuer in jenen Landen entzündeten, da das portugiesische Volk keine Unbilden hingehen lasse, und am wenigsten von den Mauren, über welche sie große Siege erfochten hätten.
   Der Samorin hörte auf alle diese Worte des Vasco da Gama mit großer Aufmerksamkeit, wobei er den Ausdruck, womit Vasco da Gama sprach, genau beobachtete, wie ein Mann, der nach dem Feuer und der Festigkeit, die er an ihm bemerkte, auf die Wahrheit derselben schließen wollte. Und da er von Natur ein kluger Mann war, und nach den Zeichen, die er bemerkte, das Wesen einer Sache beurteilte, wollte er dem Wunsche der Mauren zum Teil entsprechen, nämlich darin, dass er den Vasco da Gama fortschickte, und ihm befahl, auf die Schiffe zurückzukehren, weil er ihm dorthin den Bescheid auf seine Sendung senden wollte. Dabei sagte er, dass für jetzt dieses, wie ihm scheine, dem Vasco da Gama zuträglich sei, weil er selbst bekenne, dass jener Hass zwischen ihm und den Mauren bestehe, und sie, wenn er länger in der Stadt bleibe, aus Zufall in Wortwechsel geraten könnten, welches die Veranlassung sein könnte, dass er gegen seinen Willen einen Schaden nähme, was ihm, dem Samorin, sehr leid tun sollte, und damit entließ er ihn.
   Als die Mauren erfuhren, was der König dem Vasco da Gama befohlen, waren sie nicht sehr zufrieden, weil ihr ganzes Streben dahin ging, dass die portugiesischen Schiffe in den Grund gebohrt würden, damit sie, wenn die Leute auf dem Lande blieben, dieselben nach und nach verderben könnten, und um dieses Vorhaben auszuführen, bewogen sie den Catual, sie anzuhalten und zu zwingen, die Schiffe an Land zu ziehen, um sie des Nachts in Brand stecken zu können. Der Catual, welcher den Mauren in allem zu Gefallen sein wollte, gab vor, Vasco da Gama die Hälfte Wegs von Calicut zu seiner Einschiffung zu begleiten, aber insgeheim hatte er zu Capocat, wo er sich von ihm trennte, den dortigen Beamten des Königs befohlen, ihn anzuhalten, wie Leute, die solches von Amts wegen tun.
   Wie er nun sah, dass sie ihn anhielten, erkannte er wohl, dass dieses mehr auf Eingebung der Mauren als auf Befehl des Samorin geschehen sei, und damit dieses zu dessen Kunde gelangen möchte, begann er sich bei den Werkzeugen dieses Zwischenfalls bitter zu beklagen; worauf sie erwiderten, er habe weit weniger Grund sich zu beklagen, als sie, ihn anzuhalten, da sie als Beamte des Königs verpflichtet seien, für die Wohlfahrt und Sicherheit des Landes zu sorgen. Denn sie hielten ihn nicht in der Absicht an, ihm ein Leid zufügen zu wollen, sondern aus Furcht, dass er, sobald er auf die Schiffe zurückgekehrt sei, den Bewohnern des Landes Schaden zufügen mochte, was sie der Sage nach in den Häfen, woher sie kämen, getan; und wenn er und die Seinen friedliche Leute wären, so müssten sie sich in die Sitte dieses Landes, besonders in der jetzigen Winterszeit, fügen, indem sie ihre Schiffe an Land zögen, und nicht immer segelfertig mit den Rahen in der Höhe bereit liegen, wie Leute, die im Sinne haben, irgend etwas Böses zu verüben. Hierauf erwiderte Vasco da Gama, seine Schiffe seien mit einem Kiel gebaut und nicht wie die des Landes beschaffen, und darum sei es unmöglich, dass sie an Land gezogen würden, weil sich die Zurüstungen hier nicht vorfänden, die man im Reiche Portugal zu diesem Behufe habe. Schließlich bestanden sie so hartnäckig darauf, dass er die Schiffe an Land ziehen oder, einige Leute mit Waren als Geiseln zurücklassen sollte, bis ihn der Samorin abfertigte; sie sagten, dass es die Schiffer so verlangten, damit sie in Sicherheit zum Fischfang gehen könnten. So musste Vasco da Gama mit einigen wenigen Waren von denen, die sie zum Ankauf der Lebensmittel mitgenommen hatten, Diego Diaz als Faktor, Alvaro de Braga als Schreiber, Fernão Martinez als Dolmetscher, und vier Mann zu ihrer Bedienung, auf so lange, als der Bescheid des Samorin ausbliebe, am Lande zurücklassen. Die Vollstrecker dieses Werkes erlaubten, sobald sie dadurch sicher gestellt waren, dass Vasco da Gama sich einschiffte; aber, was das betraf, dass sie Diego Diaz eine Veranlassung geben wollten, einiges einzukaufen, so waren dieses nur Vorwände, damit er es nicht tun könnte, so dass sie während sechs oder sieben Tagen wie Gefangene und nicht wie Faktoren gehalten wurden, bis endlich auf die Beschwerde Vasco da Gamas der Catual, der diesen Handel veranlasst hatte, Abhilfe schaffte, und sich bei ihm erkundigen ließ, indem er sich stellte, als habe er nichts davon gewusst. Die Beamten hätten jedoch Recht gehabt, insofern der Samorin ihn noch nicht ganz abgefertigt gehabt. Und weil an jenem Orte wenig zu kaufen oder zu verkaufen sei, so lasse er seine Faktoren nach Calicut bringen, wo sich alles im Überflusse finde; deshalb scheine es ihm auch ein guter Rat, dass er sich mit seinen Schiffen in den Hafen der Stadt verfüge, damit er näher an dem Orte sei, wo der Samorin verweile, und seine Geschäfte in kürzerer Zeit abgemacht werden könnten.
   Obwohl nun Vasco da Gama merkte, dass alle diese Feinheiten nur Vorwand waren, um ihn bis zur Ankunft der Schiffe aus Mekka zurückzuhalten, wie ihm der Maure Monzaide gesagt (welcher bereits in jener Zeit heimlich mit ihm verkehrte), so brachte er doch die Schiffe vor der Stadt Calicut vor Anker, weil er, wenn er näher bei dem König war, diesem durch Monzaide eine Botschaft senden und ferner in Erfahrung bringen konnte, was mit Diego Diaz und AIvaro de Braga vorging; und allda erfuhr er durch Monzaide, dass die Mauren sie töten wollten, aber den Samorin dadurch zu erzürnen fürchteten. Wie nun Vasco da Gama sah, dass dies Geschäft schlecht ging und dass der Samorin aus dem Palast, wo er mit ihm gesprochen, nach einem entferntem gezogen war, ohne dass von seiner Abfertigung die Rede gewesen wäre, und dass sie kein anderes Mittel hatten, ihn anzugehen, als Monzaide, der schon nicht anders mit ihnen zu verkehren wagte, als dadurch, dass er den Mauren zu verstehen gab, er sei ihr Spion, kam er mit Paulo da Gama, Nicolao Coelho und den Vornehmsten von den Schiffsmannschaften zusammen, und beriet sich, was sie jetzt tun müssten, und sie beschlossen, dass sie von dem König keine andere Antwort erwarten dürften als die, die er ihnen in Worten und in der Art, wie er sie abgefertigt, gegeben, indem er sie so lange Zeit in der Gewalt ihrer Feinde gelassen, ohne ihnen eine Antwort zu schicken. Also schrieb Vasco da Gama durch Monzaide an Diego Diaz, sie sollten so heimlich, als sie könnten, an dem und dem Tage vor Sonnenaufgang ans Ufer kommen, weil sie dort Boote finden würden, um sie aufzunehmen. Aber da die Mauren ein wachsames Auge auf sie hatten, fielen sie, so wie sie dieses merkten, über sie her, und nahmen sie gefangen, wobei sie ihnen alle Waren, die sie hatten, wegnahmen. Weil nun Vasco da Gama sah, dass die Tücke der Mauren durch die Geduld und Langmut, die er mit ihnen gehabt, nicht geändert werden könnte, und er auf keine Abfertigung mehr vom König hoffte, ließ er über zwanzig Fischer, die zum Fischfang auf das Meer fuhren, einfangen, und ging mit ihnen unter Segel, was den Mauren sehr willkommen war, da sie das ganze Heidenvolk durch das Geschrei und Geheul der Weiber jener Fischer in Aufruhr versetzt sahen. Sobald aber die Kunde von diesem Vorfall zu dem Samorin gelangte, schickte er sogleich zwei vornehme Männer von den Heiden ab, um nachzusehen, wie jener Vorfall vonstatten gegangen sei, weil er den Hass der Mauren gegen die Unsrigen kannte; die Mauren versuchten, ihn durch ihre Schliche gegen die Unseren aufzuhetzen, indem sie sagten, er sehe dadurch ein, wer sie wären. Da er nun durch diese erfuhr, dass solches mehr eine Repressalie wegen der Leute, die die Mauren gefangen genommen hatte, als aus irgend einer andern Ursache geschehen schien, und ferner, dass der Kapitän vom Lande und zum Lande fahre, wie ein Mann, der über sich Rechenschaft ablegen wolle, schickte er sogleich die beiden Männer zurück, um Diego Diaz und die andern, die bei ihm waren, vor ihn zu bringen, und besprach sich mit diesen über die Art ihrer Abfertigung. Und er befahl ihnen, an Vasco da Gama zu schreiben, er solle die Leute, die er gefangen genommen, gut behandeln, weil er und seine Gefährten in der Gewalt des Samorin seien und gut behandelt würden, und er wolle sie und mit ihnen den Bescheid zurücksenden. Vasco da Gama wurde durch diesen Brief sehr erfreut, doch da er noch eine Tücke der Mauren fürchtete, stach er zwei- oder dreimal in die See, und ging eben so oft wieder vor der Stadt vor Anker, damit die Personen, welchen die Freiheit der Leute, die er gefangen genommen, am Herzen lag, den Samorin um ihre Befreiung durch Auswechslung mit den Unseren anflehten. Endlich sandte dieser, nachdem er sich von der Wahrheit überzeugt hatte, den Diego Diaz ab und schickte durch ihn an Vasco da Gama einen Brief, den er an den König Don Manuel gerichtet hatte und worin er ihm sagte, dass er dessen Brief erhalten und seinem Gesandten Gehör gewährt hatte, und dass alte Zwistigkeiten zwischen den Christen und Mauren die Ursache seiner Abfertigung in dieser Weise seien. Er würde an seiner Freundschaft und dem Handel mit den Erzeugnissen seines Reiches ein großes Vergnügen haben, wenn er ohne diese Verdrießlichkeiten stattfinden könnte, da er die Mauren, weil sie diesen Handelsverkehr schon lange betrieben, für Untertanen seines Reiches halten müsse. Mit diesem Brief und einigen Gegenständen, die er dem Diego gab, entließ er ihn, nachdem er jenen beiden heidnischen Herrn befohlen, ihn nebst der Ware, die ihm genommen worden war, Vasco da Gama auszuliefern, und die Fischer, die Vasco da Gama als Repressalie zurückhielt, von ihm in Empfang zu nehmen. Dieses taten sie unter einigen Vorsichtsmaßregeln in der Art der Auslieferung, da die Mauren noch ihre Tücke ausüben wollten; aber nachdem er trotzdem alle die Unsrigen an Bord genommen hatte, hielt Vasco da Gama wegen einiger Waren, die sie ihm nicht ausliefern wollten, einige Inder, die er, so wie den treuen Monzaide, mit sich nahm, zurück, worauf er noch denselben Tag, nämlich am 29. August, absegelte, nachdem er vor vierundsechzig Tagen in jener Stadt Calicut angekommen war.
   Als nun Vasco da Gama mit dem Bescheid, den er in seiner Abfertigung erhalten, nicht sehr zufrieden abgesegelt war, und am folgenden Tage wegen einer Windstille wenig mehr als ein und eine halbe Meile von Calicut hinfuhr, kamen über sechzig Tonen, welches kleine Fahrzeuge sind, voll von Leuten auf ihn zu, so dass ihm dünkte, sie hätten, weil ihrer so viele waren, bei den Unseren wenig zu suchen. Aber da sie die Wirkung unserer Artillerie, die sie von Ferne empfing, zu ihrem Schaden verspürten und besonders, da ein Windstoß sie zerstreute, wandten sie sich dem Lande zu, und die Unseren nach der See, indem sie ihren Weg längs der Küste fortsetzten, und weil Vasco da Gama daselbst eine der Säulen, die er bei sich hatte, aufzurichten wünschte, weil eine andere, die er durch Diego Diaz an den Samorin geschickt, um sie in der Stadt zu setzen, und die demnach in der Gewalt der Mauren blieb, gewiss nicht lange stehen bleiben durfte, so näherte er sich dem Lande, um einen deutlichen Ort auszuwählen, wo er sie setzen könnte. Mit einer Fischertone, die zu ihm herüberfuhr, ließ er Monzaide einen Brief an den Samorin schicken, worin er sich über die Betrügereien beklagte, die man bei der Auslieferung der Leute und der Ware, die er an Land gehabt hätte und wovon ein großer Teil zurückgeblieben sei, gegen ihn verübt habe. Und er möchte ihm nicht übel nehmen, dass er einige seiner Untertanen mit sich nähme, weil dieses nicht als Repressalie wegen seiner Waren geschehe, sondern damit sich der König, sein Herr, bei ihnen nach seinem Staate und den Verhältnissen seines Reichs erkundigen, und er, der Samorin, auf dieselbe Weise die von Portugal erfahren könne, wenn er, Vasco da Gama, oder ein anderer Kapitän in diese seine Stadt zurückkehre, was, wie er zu Gott hoffe, zur Beschämung der Mauren im folgenden Jahre geschehen werde.
   Nachdem er dieses Boot abgefertigt hatte, setzte er seinen Weg fort, um die Säule, von der wir gesprochen haben, aufzurichten; und da er keinen Ort fand, der mehr nach seinem Willen gewesen wäre, setzte er eine mit Namen Santa Maria auf eine von den Inseln nahe am Lande, die jetzt deshalb Ilheos de Santa Maria heißen und zwischen Bacanor und Baticala [Barkur und Bhatkal nördlich von Mangalore], zwei bedeutenden Plätzen auf jener Küste, liegen, und bei Aufrichtung derselben fand sich etliches Heidenvolk des Landes ein, die solches mit Vergnügen verrichteten, weil sie Vasco da Gama gut behandelt und ihnen allerlei geschenkt hatte, sodass mit dieser Säule, die der Zeit nach die letzte war, Vasco da Gama auf dieser Fahrt fünf Säulen aufgerichtet hatte: S. Raphael am Rio dos bons Sinaes [Zambesi], S. Jorge in Moçambique, Santo Spirito in Malindi, Santa Maria auf diesen Inseln und die letzte der Lage nach, genannt nach dem heiligen Gabriel, in Calicut.

Barros, João de
Asia
Übersetzt von E. Feust
Erster Band, Nürnberg 1844

Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende in Indien seit 326 v. Chr.
Wien 2007

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