1419 - João de Barros
Die Wiederentdeckung
Madeira
Was das Gerücht von der Fahrt dieser zwei Capitäne und ihrer Landung erzählt, beschränkt sich darauf, dass João Gonsalvez mit seinem Fahrzeuge an dem Orte, den wir jetzt Camara de Lobos (Seewolfskammer) nennen, nahe bei Funchal und Tristão Vaz an der Tristams Spitze (Ponta de Tristão) landete, der er bei dieser Gelegenheit den Namen gab, und dass ihnen nach der Landung, die sie jeder für sich an diesen Orten bewerkstelligten, das Gebiet zufiel, worüber ihnen der Infant [Heinrich der Seefahrer] die Kapitanie übergab. Die Erben des João Gonsalvez besitzen ein sehr ausführliches Document über diese Entdeckung und behaupten, dass ihm alle Ehre und alles Verdienst derselben zukomme, weil Tristão Vaz weder dem Alter, noch der Tüchtigkeit nach ein solcher Mann gewesen sei wie João Gonsalvez, indem er mit diesem nur durch Freundschaft und Kameradschaft verbunden gewesen und als ein junger Mensch von so geringem Gewicht immer nur Tristão genannt worden sei. Diese beiden seien nun in einem Fahrzeuge desselben João Gonsalvez angekommen und an jenem Orte gelandet, der jetzt Tristams Spitze heisst; und dort habe João Gonsalvez diesen gelassen, indem er sagte, er solle in das Innere des Eilands eindringen, während er selbst in dem Fahrzeuge die Insel umschiffe, um einen andern Hafen zu suchen. Während nun Tristão dort geblieben, sei er in seiner Barke bis zu dem Orte gelangt, den man jetzt Funchal nennt und der ihn durch seine Lage und die Beschaffenheit des Bodens, so viel man im Augenblick hat urteilen können, zufrieden gestellt habe. Er sei sodann an den Ort zurückgekehrt, wo er Tristão gelassen, und habe diesem all das Land gegeben, worüber ihm später die Capitanie verliehen worden sei, und zwar im Namen des Infanten, weil er Instruktion und Auftrag gehabt, die ihn dazu ermächtigt. Gomezeanes de Zurara, der ehemalige Chronist dieser Reiche, aus dessen Schrift wir fast den ganzen Verlauf der Entdeckung von Guinea entnehmen, sagt jedoch nur in Kürze, beide Kavaliere hätten diese Insel entdeckt; indes nennt er Tristão Vaz, als die minder bedeutende Person, immer schlichtweg Tristão.
Für unsere Geschichte genügt es, ohne auf die Einzelheiten dieses Vorgangs einzugehen, zu wissen, dass zur Zeit, als João Gonsalvez an das Land stieg, dasselbe mit dichtem und starkem Gehölze so bewachsen war, dass kein anderer Fleck, als nur eine grosse Höhle, davon frei war, welche unter einem über dem Meere gelegenen Felsen gleichsam eine gewölbte Kammer bildete. Der Boden dieser Höhle war von den Füssen der Seewölfe, die sich zeitenweis darin herumtrieben, stark aufgewühlt, weshalb er diesen Ort Camara de Lobos nannte und er nahm diesen Beinamen an, zum Andenken, dass an diesem Ort die erste Landung seiner Kolonie stattgefunden.
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Als diese Kapitäne mit der Kunde von dieser Insel in das Reich zurückgekehrt waren, teilte sie der Infant mit Bewilligung des Königs Don João, seines Vaters, in zwei Kapitanien.
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In Betreff des Eifers, womit jeder von ihnen das, was ihm zufiel, zu kolonisieren trachtete, verdienen beide hohes Lob. Und sie begannen das Werk der Ansiedlung im Jahre der Geburt unseres Herrn Jesus Christus 1420.
Als zu Anfang dieser Ansiedelung João Gonsalvez an jenem Orte, den wir jetzt Funchal nennen, in einer Rodung, die er veranstaltete, Feuer anlegte, um das Land von den Bäumen und dem Gesträuch, welches unten wuchs, frei zu machen und hierauf zu besäen, griff das Feuer in der Rodung und in dem meisten Gehölz so mächtig um sich, dass es sieben Jahre lang, in der Wildnis jener großen Waldungen, welche die Natur vor so viel hundert Jahren geschaffen, hellauf brannte. Obgleich indes diese Zerstörung des Holzes förderlich war, da die ersten Ansiedler sogleich die Erzeugnisse des Bodens gewannen, so fühlen doch die jetzigen diesen Schaden gar wohl, weil es ihnen an allem Bau- und Brennholz mangelt: da jener erste Brand mehr verzehrte, als von da bis jetzt die Kraft des Armes und der Axt hätte fällen können. Dieser Vorfall tat dem Infant sehr leid; und es scheint selbst, dass er die jetzige Holznot, die auf der Insel herrscht, vorausgesehen, denn, wie man sagt, befahl er, es sollten alle Bäume pflanzen, nachdem um des Baus des Zuckerrohrs willen, welches die Insel sogleich hervorbrachte, so viel zu Grunde gegangen war, dass es sicherlich zu dieser Not kommen musste.
Und die erste Kirche, welche der Infant bauen liess, war die Unsrer Lieben Frauen zum Kiesel, und als die Wohnplätze auf der Insel zunahmen, wurde auch unsre liebe Frau zur Himmelfahrt gegründet, welche jetzt die Erzbischöfliche Kathedralkirche von Indien ist. Später im Jahre 1433 schenkte sie der König Don Duarte, am 26. September, in der Villa de Sintra auf Lebenszeit diesem Infanten, seinem Bruder, und im folgenden Jahre gab er alles Geistliche derselben am 26. Oktober in der nämlichen Villa dem Orden Christi; Schenkungen, welche später von dem König Don Affonso, seinem Neffen, im Jahre 1439 bestätigt wurden. Und da alles, was diese Insel betrifft, uns sehr bekannt und offenkundig ist. unterlassen wir, von ihrer Fruchtbarkeit zu schreiben; es möge nur bemerkt werden, dass dieselbe so erstaunlich ist, dass der fünfte Teil des Zuckers einige Jahre hindurch dem Großmeister des Christordens über sechzigtausend Arroben [881 Tonnen] abwarf, und zwar fand dieses unerhörte Ereignis auf einem Bezirk statt, der wenig mehr als drei Meilen einnahm.
Die Insel Porto Santo gab der Infant dem Bartolomeu Perestrello, um daselbst eine Niederlassung zu gründen; was ihm wegen der Kaninchen, über welche die Bewohner nicht Herren werden konnten, sehr schwer fiel. Von diesen findet sich auf einer kleinen Insel, die nahe bei jener liegt, noch heutigen Tags eine solche Menge, dass sie ganz von ihnen wimmelt; und schon auf einer einzigen Jagd, die man auf sie anstellte, mehr als dreitausend erlegt wurden. Auch war noch ein anderer Grund vorhanden, dass die Ansiedelung auf dieser Insel nicht so gedeihen konnte wie auf Madeira, und der war, dass sie keine Bäche frischen Wassers für die Bedürfnisse der Bewohner darbot, so dass Bartolomeu Perestrello durchaus ein minder günstiges Los beschieden war, als den andern Kapitänen. Wiewohl der Infant damals glaubte, ihm sei das glücklichste zugefallen.
Feust, E. (Hg.)
Die Asia des João de Barros
Nürnberg 1844