1669 - Johann Schreyer
Mit einem holländischen Ostindienfahrer auf den Kapverden
Die Kranckheit im Schiffe (gifftiges, hitziges und rasendes Fieber), der ausgelehrte Tranck, und die ungewisse Länge der Reise gaben unsern Schiffer Ursach die Insul S. Jago oder Jacob zu besegeln, massen wir auch unser Ancker vor der Stadt liessen fallen, weil aber der Grund Felßigt und desselben Schärffe das Anckerseil abschnitte, trieb uns der Strom bey sehr stillen Wetter in eine fast unvermuthliche Gefahr, dieweil uns die Wellen ie länger ie mehr nach den steinigten Uffer zutrieben. Das andere Ancker bracht uns gleich den Ersten auch keine Hülffe, sondern, dieweil es auch abbrach, noch grösser Schrecken bey.
Die Gefahr stund schon auff den Klippen, als wir mit unbegreifflicher Arbeit noch ein Ancker hinten aus brachten, und also das Schiff und uns dem Verderben aus dem Rachen wunden.
Diese Gefahr und Angst war gleichwol bald vergessen, als die überaus schönen Früchte, frisches Wasser, Hüner, grüne Kräuter, auch Schwein und Rinder, so wol uns Krancke, als die noch wenige Gesunde also erfrischten, daß wir uns vor neugeborne Menschen zu seyn liessen düncken.
Die auf dieser Insul wohnenden Portugisen, derer etliche neben andern Geistlichen unser Schiff besuchten, bezeugten uns vor Geld und Kauffmannschafft alle Freundschafft, und waren so höfflich, als im Gegentheil ihre Sclaven und Leibeigenen Diebisch, welche bisweilen mit den von Hosen abgeschnittenen Bändern, oder von Häuptern abgenommenen Hüten davon lieffen.
Nach viertägigen Stilliegen, muste unser Ancker wieder aus dem Grunde, die Seegel von den Stangen, und wir in die raume See, umb mit den ehesten unsere Reise zu vollenden. Liesen also die schöne, und mit den köstlichsten Früchten, als Citronen, Anasen, Bisanen, Weintrauben, Wasser-Melonen oder Citrollen, Melonen, Cocusnüssen, und viel andern angehäuffte Insul sehr betrübet hinter uns, dieweil wir noch einen sehr weiten Weg in einer täglich zunehmenden und unerträglichen Hitze, den Equatorem durch und noch fünff und dreysig Himmels-Stuffen auf desselbigen Mittagischen Seite segeln musten, ehe wir das so sehr verhoffte Haupt der guten Hoffnung, oder Caput bonae Spei, kunten erreichen.
Schreyer, Johann
Reise nach dem Kaplande und Beschreibung der Hottentotten 1669-1677
Neu herausgeben nach der zu Leipzig im Verlag von Johann Christian Wohlfarth (1681 gedruckten zweiten Ausgabe des im Jahre 1679 zum ersten Mal erschienenen Textes
in der Reihe: Reisebeschreibungen von deutschen Beamten und Kriegsleuten im Dienst der Niederländischen West- und Ost-Indischen Kompagnien 1602-1797; Herausgegeben von S. P: L'Honoré Naber, 7. Band, Haag 1931