1576 - George Best
Martin Frobishers erste Reise: Gold und Eskimos
Frobisher Bay, Baffinland, Kanada
Der ehrenwerte Kapitän segelte weiter nach Nordwesten, obwohl sein Hauptmast gesprungen und sein Topmast in allerschwerstem Wetter über Bord gegangen war. Er wusste, dass auf diesem Kurs das Meer schließlich ein Ende haben und Land auftauchen würde. Er war äußerst entschlossen, den Nachweis zu erbringen, wie Land und Meer so weit im Nordwesten beschaffen wären, so weit, dass hier noch nie jemand zuvor Entdeckungen gemacht hatte. Und am 20. Juli sichtete er hohes Land, das er zu Ehren Ihrer Majestät nach Königin Elisabeth benannte. Und sich nördlich entlang der Küste haltend, entdeckte er ein anderes Vorland und dazu eine große Rinne, Bucht oder Passage, die zwei Länder oder Kontinente trennte. Entlang der gesamten Küste gab es viel Eis, und obwohl er versuchte, weiter nach Nordwesten zu segeln, hielt ihn auch ein Gegenwind außerhalb dieser Durchfahrt, so dass er nicht hineinkommen konnte. Wenige Tage später war kein Eis mehr da, es war entweder durch starke Strömung nach Süden abgetrieben oder anderweitig verschwunden. So beschloss er, herauszufinden, wie weit die diese Einfahrt reichte und ob sie ihn hindurch tragen würde bis in ein offenes Meer auf der anderen Seite; darauf setzte er große Hoffnung und steuerte am 21. Juli hinein. Er fuhr etwa 250 Kilometer weit und hatte zu beiden Seiten ein ausgedehntes Land oder einen Kontinent. Er segelte nach Westen und hielt das Land zu seiner Rechten für den asiatischen Kontinent, getrennt vom amerikanischen Festland zur Linken.
Diese Meeresdurchfahrt nannte er nach seinem Namen Frobisherstraße, wie auch Magellan am Südwestende der Welt nach der Entdeckung der Durchfahrt zur Südsee, die Amerika und das Land am Südpol voneinander trennt, den Namen Magellanstraße vergab.
Nachdem er 300 Kilometer in die besagte Straße eingefahren war, landete er und fand Anzeichen von Lagerfeuern vor. Er sah große wilde Tiere oder Menschen, die auf ihn zurannten, und er entkam ihnen nur knapp. An dieser Stelle fand er verschiedene Anzeichen, dass sich Menschen dort aufgehalten hatten. Von der Spitze eines Hügels bemerkte er kleine Punkte, die weit draußen in der See trieben, und die er für Delfine oder Robben oder eine unbekannte Art von Fisch hielt. Als die Punkte näher kamen, stellte sich heraus, dass es Menschen in kleinen Lederbooten waren. Und bevor er vom Hügel herunterkommen konnte, hatten einige von ihnen sich schon hinter Felsen versteckt und ihn fast von seinem Boot abgeschnitten; er nahm seine Hellebarde und konnte sich und sein Boot nur mit Mühe retten. Später kam er mehrere Male mit ihnen zusammen, und sie kamen auch an Bord des Schiffes und brachten Lachs und rohes Fleisch und Fisch und aßen dies mit dem größten Appetit vor den Augen unserer Männer. Und um ihre Geschicklichkeit zu zeigen, vollbrachten sie viele Kunststücke an den Tauen des Schiffes nach der Art unserer Seeleute; sie schienen sehr kräftige Arme zu haben und bewegten sich flink. Sie tauschten Robbenfelle, Bärenhäute und ähnliches mit unseren Männern und erhielten dafür Glocken, Spiegel und anderen Tand. Nach Austausch vieler Höflichkeiten und mehrerer Zusammenkünfte begannen unsere Seeleute entgegen den Anweisungen des Kapitäns, ihnen ganz zu vertrauen. Als fünf Männer an Land gehen wollten, wurden sie in ihrem Boot abgefangen, und man hat nie wieder von ihnen gehört. Nun fehlte dem Kapitän Boot und Mannschaft, so dass er kaum genug Leute hatte, sein Schiff nach Hause zurückzubringen. Weil er kein Boot mehr hatte, konnte er gar nichts tun, um seine Leute zu retten, und die gerissenen Übeltäter waren so vorsichtig, nicht mehr in die Nähe unserer Leute zu kommen.
Trotzdem wollte der Kapitän etwas mitnehmen zum Zeichen, dass er Land gefunden hätte, und war unzufrieden, dass er sich nicht früher darum gekümmert hatte. Und um die Betrüger zu betrügen, dachte er sich etwas aus: Da er wusste, wie sehr sie unsere Kleinigkeiten schätzten, insbesondere die Glocken, ließ er eine läuten und machte ihnen klar, dass der, der käme und sie holte, sie auch behalten könne. Aus Angst wollten sie nicht kommen, und so warf er sie ihnen zu, warf aber mit Absicht zu kurz, so dass sie ins Wasser fiel. Und um sie noch begieriger zu machen, ließ er eine lautere Glocke ertönen, so dass am Ende einer an die Bordwand kam, um die Glocke aus der Hand des Kapitäns zu nehmen, wurde dabei aber selber genommen. Denn der Kapitän ließ die Glocke fallen, hielt den Mann fest und holte ihn mit Gewalt mitsamt seinem Boot aus dem Wasser. Als der sich nun gefangen sah, biss er sich aus Wut und Verachtung seine Zunge entzwei. Aber daran starb er nicht, er lebte bis zur Rückkehr nach England und starb erst dann an einer Erkältung, die er sich auf See zugezogen hatte.
Mit dieser frischen Beute, die ein hinreichender Beweis der weiten und mühseligen Reise des Kapitäns in die unbekannten Teile der Welt war, mit diesem fremdartigen Ungläubigen, desgleichen man noch nie gesehen, davon gelesen oder gehört hatte, und dessen Sprache niemand kannte oder verstand, kehrte Kapitän Frobisher nach Hause zurück und erreichte England im August des Jahres 1576. Er wurde hoch gepriesen für seine großen und edle Taten, insbesondere wegen der Durchfahrt nach China, die zu finden er nicht gezweifelt und nun nach seinem Bericht mit Erfolg aufgefunden hatte.
Es muss insbesondere daran erinnert werden, dass er bei der ersten Sichtung von Land in so viel Eis geriet, dass sein Boot kaum das Ufer erreichen konnte. Schließlich befahl er nach mehreren Versuchen, wenn eine Gruppe das Land erreiche, sollte jeder das bringen, was er als erstes fände, ob Lebendiges oder Totes, Stock oder Stein, als Zeichen der christlichen Inbesitznahme für Ihre Allerhöchste Majestät. So, meinte er, wäre es gerechtfertigt, Dinge aus diesen unbekannten Weltgegenden zu besitzen und wertzuschätzen. Einige brachten Blumen, andere grünes Gras, und einer brachte einen schwarzen Stein, in der Farbe ähnlich wie Steinkohle, der dem Gewicht nach Metall oder ein Mineral zu sein schien. Auf den ersten Blick schien er unwichtig, aber seiner Herkunft wegen wurde er mitgenommen.
Nach der Ankunft in London hatte er auf Nachfrage von Freunden, was er denn aus dem fernen Land mitgebracht hätte, nichts vorzuzeigen als diesen schwarzen Stein. Und eine Dame, Ehefrau eines der Gesellschafter, hatte Glück und ein Stück davon bekommen; das geriet ihr aus Zufall ins Feuer; dann legte sie es in Essig, und da glitzerte es hell von Gold. Da wurden Untersuchungen angestellt, und das Stück wurde zur Probe zu gewissen Goldmachern in London gegeben, die tatsächlich feststellten, dass es Gold enthielt, und zwar in hohem Maße. Diese Goldmacher versprachen sich viel davon und boten an, sich an der Suche nach mehr von diesem Gestein zu beteiligen. Manche, die große Erwartungen hegten, ersuchten Ihre Majestät um eine Konzession für diese Gegenden, damit die Königin einen großen Profit und die Gesellschafter privaten Reichtum erlangten.
Und so entfachte die Erwartung, mehr von diesem Gold zu finden, in den Herzen vieler den Wunsch, die Reise zu wiederholen. Also wurden Vorbereitungen für eine weitere Fahrt im folgenden Jahr getroffen, und der Kapitän angewiesen, nach Gold und nicht mehr nach der Passage nach China zu suchen.
Best, George
A true discourse of the late voyages of discoverie …
in: Stefansson, Vilhjalmur (Hg.)
The three voyages of Martin Frobisher
London 1938
Übersetzung: U. Keller
Abgedruckt in:
Keller, Ulrike (Hg.)
Reisende im Nordmeer seit dem Jahr 530
Wien 2009