1785 - David Thompson
York Factory
Die Besatzungen und deren Tätigkeiten in den Faktoreien entlang der Küste der Hudson Bay sind sich so ähnlich, dass die Beschreibung einer Faktorei für alle anderen auch gelten kann. Ich werde York Factory beschreiben, weil sie die wichtigste Faktorei ist und in Bezug auf ihren Handel so wichtig ist wie alle anderen.
Das Personal der Niederlassung bestand aus einem Residenten, einem Assistenten mit einem oder zwei Schreibern sowie einem Verwalter und ungefähr 40 Mann mit einem Aufseher. Das für die Faktorei bestimmte Schiff [aus England] läuft im allgemeinen gegen Ende August ein, manchmal jedoch später; das hängt von der Durchfahrt durch die Hudson-Straße ab, die in manchen Jahren bedauerlicherweise vom Eise blockiert ist.
Das Schiff ankert in der Flussmündung, etwa fünf Meilen unterhalb der Faktorei; alle Mann arbeiten dann am Löschen der Ladung und der Wiederbeladung des Schiffes. Die dafür benötigte Zeit hängt vom Wetter ab und dauert von zehn bis zu 15 Tagen.
Wenn das Schiff nach London abgesegelt ist, beginnt sozusagen unser Jahr. Jetzt fangen die regulären Tätigkeiten in der Faktorei an. Acht bis zehn der besten Schützen unter uns, zu denen mit Sicherheit die Schreiber gehören, und ein paar Indianer aus der Nähe werden in die Sümpfe losgeschickt, um Gänse, Enten, Kraniche etc. für den gegenwärtigen Verbrauch und für die Versorgung im Winter zum Einsalzen zu schießen. Äxte werden instand gesetzt, Boote mit Proviant versehen und etwa 20 Mann zu den nächstgelegenen Wäldern den Fluß hinauf geschickt, wo sie Kiefern fällen, Äste und Spitzen abhacken und dann die Stämme auf den Schultern zu dem großen Holzstoß am Flußufer tragen. Die Bäume sind so klein, dass ein Mann normalerweise zwei oder drei Stämme zu dem Holzstoße trägt.
Wenn die als Brennholz benötigte Menge auf solche Weise gefällt und aufgestapelt ist, werden die Stämme von den Männern auf einem großen Schlitten zu einer Bucht am Flußufer gezogen, wo Flöße gemacht werden können, die flußabwärts zur Faktorei treiben. Die Arbeit des Holzfällens ist im April zu Ende, aber die Stämme können erst im Juni oder Juli zur Faktorei geflößt werden.
Abrechnungen, Buchführung und das Schießen von Wald- und Schneehühnern etc. füllen die Zeit derer, die in der Faktorei geblieben sind. Bald beginnt der Winter. Die Gänsejäger kommen zurück, und aus ihnen werden zwei Gruppen zu drei oder vier Mann gebildet, welche Schneehühner schießen, Fallen für Hasen aufstellen und Schlingen legen. Jede Gruppe hat ein Zelt aus Segeltuch, welches wie ein glockenförmiges Gruppenzelt der Soldaten aussieht, dessen Spitze ist jedoch abgeschnitten, damit der Rauch entweichen kann. Vogelflinten, Munition, Angelhaken und Leinen, Stahlfallen und eingesalzenes Fleisch als Proviant für drei Wochen, dazu unser Bettzeug aus Decken etc. vervollständigen die Ausrüstung. Das Eis am Flussufer nimmt schon eine halbe Meile Breite oder mehr ein. Die Strömung bringt viel Treibeis; es ist Zeit, dass die Jäger aufbrechen.
Die Boote sind bereit, und wir werden mit vier flachen Schlitten und einem starken, großen Neufundländer auf dem Eise abgesetzt. Die Boote kehren zurück und überlassen uns unserer anstrengenden Arbeit.
Unsere Gruppe bestand aus vier Mann und einer Indianerin. Wir beluden die Schlitten mit dem Zelt, dem Gepäck und einigen Vorräten und ließen den Rest für unseren nächsten Trip zurück. Jeder von uns zog etwa 30 Kilogramm Gewicht, der brave Hund sogar 45. Wir zogen zu einem großen Bach, French Creek genannt, an dem wir etwa eine Meile weit aufwärts gingen bis ui einem Wald, wo die Kiefern eine gewisse Größe und geraden Wuchs hatten. Wir schnitten nun Zeltstangen und stellten sie zu einer kreisförmigen Fläche von zwölf bis 14 Fuß Durchmesser und einer Höhe von zwölf Fuß auf. Die Türpfosten waren am stärksten. Über dieses Gerüst legten wir nun unsere Zeltbahnen. Die Feuerstelle war in der Mitte des Zeltes, und unsere Betten bestanden aus Kiefernästen und einem Stamm nahe beim Feuer. Unsere Möblierung bestand aus einem Messingkessel von drei Gallonen Fassungsvermögen, einem kleineren für Wasser, zwei oder drei Blechschüsseln, Löffeln etc. Dann wurde aus gut verfügten Stämmen ein Vorratsbehälter von etwa acht Fuß Länge, sechs Fuß Breite am Boden und fünf Fuß Höhe gemacht, welcher sich nach oben auf zwei Fuß Breite verjüngte und dessen Öffnung mit Holzscheiten abgedeckt wurde, um unseren Proviant und das erlegte Wild vor fleischfressenden Tieren zu schützen. Wir beschäftigten uns nun damit, Forellen zu angeln, Hasen mit Schlingen zu fangen, Schneehühner zu schießen, Mardern, Füchsen und Vielfraßen mit Fallen nachzustellen. Unser Feind, der Eisbär, trieb sich umher, da das Meer noch nicht so weit zugefroren war, dass er Robben jagen konnte.
Bis Ende November hatten wir genügend Wild erlegt, um unsere drei flachen Schlitten beladen zu können, welche von zweien von uns und dem Hund zur Faktorei zurückgezogen wurden. Um dahin zu gelangen, brauchten wir einen ganzen Tag.
David Thompson’s Narrative of his explorations in Western America 1784-1812
Toronto 1916; Reprint New York 1968
Übersetzung: U. Keller