1768 - Louis Antoine de Bougainville
Die Tuamotus
Französisch-Polynesien
Nachdem wir bis zum 20. März auf der Südsee herumgesegelt waren, fingen wir einen Tunfisch, in dessen Magen wir eine Gattung von unverdauten Fischen fanden, die sich nicht weit von der Küste entfernen. Dies war für uns ein Zeichen, dass wir uns in der Nähe von Land befanden, und am 22. entdeckten wir vier Inseln im Südwesten und eine andere 2 Meilen westwärts [zu den Tuamotus gehörend]. Ich nannte sie die Vier Facardins, weil sie uns aber zu sehr aus dem Winde lagen, steuerte ich auf die letzte Insel zu. Als wir uns näherten, fanden wir eine sandige Küste, und das Land war mit dicken Gebüschen bewachsen, über die Kokosbäume mit ihren zweigen hervorragten. Das Grüne war unseren Augen reizvoll; die Kokosbäume hingen voller Früchte, das Gras war mit den schönsten Blumen bewachsen, unzählige Vögel schwärmten am Ufer umher und schienen eine fischreiche Küste anzudeuten.
Wir sehnten uns alle nach einem Landgang. Wir fuhren um die Westseite herum in der Hoffnung, dort unseren Zweck eher zu erreichen. Überall war die Brandung gleich stark und nirgends eine Bucht oder ein sicherer Winkel, wovor sich die Wellen gebrochen hatten. Wir gaben alle Hoffnung auf Landung auf und wollten wieder in See stechen, als einer schrie, dass ein paar Menschen ans Ufer liefen. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass eine so kleine Insel bewohnt wäre, und dachten zunächst, dass hier einige Europäer Schiffbruch erlitten hätten. Ich befahl die Segel einzuziehen und alles zu versuchen, um sie zu retten. Die Männer waren in den Wald gelaufen, kamen aber bald, 15 bis 20 an der Zahl, mit großen Schritten wieder zum Vorschein. Sie waren nackt und trugen lange Spieße, mit denen sie unseren Schiffen drohten. Dann gingen sie wieder in den Wald, wo wir ihre Hütten durch Fernrohre bemerkten. Dem anschien nach waren es braungelbe Menschen. Ich nannte diese sehr kleine Insel die Insel der Lanciers.
Am 23. sahen wir abermals Land und steuerten darauf zu, Als wir näher kamen, entdeckten wir, dass es eine Insel war, die aus zwei schmalen Streifen besteht, die im Nordwesten zusammenstoßen und nach Südost offen sind. Zwischen beiden Streifen geht das Meer hinein, so dass die Insel die Gestalt eines langen Hufeisens hat. Ihre ganze Länge beträgt acht bis neun Meilen. Nachmittags sahen wir Pirogen in dem Kanal teils segeln, teils rudern. Die darin sitzenden Wilden waren nackt. Abends bemerkten wir viele von diesen Insulanern entlang der Küste; sie schienen ebenso lange Spieße in den Händen zu haben wir die Einwohner der vorher erwähnten Insel. Wir konnten keinen Platz zum Landen ausfindig machen.
Am 24. entdeckten wir abermals eine niedrige Insel von etwa 24 Meilen Umfang. Und bis zum 27. fuhren wir durch viele niedrige und teils ganz unter Wasser liegende Inseln. Ich habe diese Gruppe von Inseln, von denen wir elf sahen und von denen es vermutlich noch mehr gibt, den Gefährlichen Archipel genannt, weil die Schifffahrt hier sehr gefährlich ist.
Ich fasste den Entschluss, nach Süden zu gehen, um aus diesen gefährlichen Gewässern herauszukommen.
Bougainvilles Reise um die Welt
in: Sammlung der besten und neuesten Reisebeschreibungen ... Band 11
Berlin 1773