1616 - W. C. Schouten
Auf Futuna
Wallis and Futuna
Am 21. [Mai] trug uns der Wind gen Osten, war aber oftmals gar schwach. Wie wir nun noch ungefähr eine Meile vom Land entfernt waren, kamen wohl zwanzig Kanus an unser Schiff, denen wir alle Freundschaft und guten Willen erzeigten; aber einer unter ihnen führte einen hölzernen, vorn zugespitzten Kolben in der Faust und drohte mit lauter Stimme, einem von uns einen Streich zu versetzen. Wir glaubten, es wäre ein Zeichen, dass sie alle uns überfallen wollten; deshalb gaben wir mit zwei Kartaunen [großen Geschützen] Feuer und ließen etliche Musketen auf sie los brennen, dass ihrer zwei verwundet wurden; die übrigen flohen schnell und warfen auch ein Hemd, das sie von der Galerie unseres Schiffes gestohlen hatten, wieder zurück. Danach fassten sich etliche aus den Kanus ein Herz und kehrten wieder um zu unserem Schiff. Wie aber wir näher an Land fuhren und doch keinen Grund fanden, schickten wir unser Boot mit acht Musketieren aus, Grund zu suchen, welchen sie aber nicht finden konnten. Wie sie nun umkehren wollten, wurden sie von oder sieben Kanus angegriffen, die mit Gewalt in ihr Boot gelangen und die Leute ihrer Waffen berauben wollten. Deshalb mussten sie abermals mit Musketen auf sie zielen, so dass sechs tot waren und viele andere schwer verwundet. Bald darauf trafen sie auf ein Kanu, in dem niemand als ein toter Mann war; den warfen sie ins Wasser. Sie brachten das Kanu mit an Bord und fanden einen hölzernen Kolben, einen Stecken und einen halben Spieß darin. Es war schon tief in der Nacht, als sie zurück zum Schiff kamen, und hatten doch keinen Grund gefunden; deshalb kreuzten wir in der Nacht in unmittelbarer Nähe des Landes hin und her.
Am 22. taten wir abermals unser Bestes, das Land zu erreichen. Als wir ganz nah ans Land gekommen waren, schickten wir unser Boot aus, einen geeigneten Ankerplatz zu finden; es traf einen Kartaunenschuss vom Land felsigen Grund auf 50 Klaftern, der sich allmählich auf 30 bis 35 Klafter hob. Wir ankerten bei 35 Klaftern, um später einen besseren Platz zu finden. Unser Schiffspatron ruderte selbst mit ans Ufer, um die Gegend in Augenschein zu nehmen, und fand eine gar bequeme Stelle nicht weit vom Schiff nahe bei einem Süßwasserfluss. Wir segelten gleich dahin, weil uns aber der Wind entgegen kam, ankerten wir einen Steinwurf entfernt bei 9 Klaftern, und machten dort unser Schiff mit vier Seilen fest. Wir fanden dort süßes Wasser, das von einem hohen Berg, vor dem wir vor Anker lagen, herab floss. So konnten wir die Wilden mit unseren Geschützen leicht zu Gehorsam bringen, wenn unsere Leute Wasser holten oder andere Sachen am Ufer verrichteten und die Wilden sie daran hindern wollten. Es kamen an diesem Tag viel Kanus zu uns, von denen etliche Kokosnüsse und Ybaswurzeln [Yams] brachten, andere brachten ein lebendiges und zwei geröstete Schweine mit sich. Wir tauschten sie um etliche nichtswürdige Messer und wenige Korallen und Nägel. Diese Leute waren auch arge Diebe, gute Schwimmer und Taucher, wie die Einwohner der vorher erwähnten Inseln. Ihre Häuser waren das Ufer entlang rund aufgeführt, oben zugespitzt, damit das Wasser abrinnen konnte, und hatten rundum 25 Schuhe, in der Höhe 10 oder 12, und hatten ein Loch, vor dem sich man sich bücken muss, wenn man hinein gehen will. Man findet nichts darinnen außer etwa ein wenig dürres Kraut, wie Heu, auf dem sie schlafen, daneben eine oder zwei Angelruten, und in jedem Haus einen hölzernen Kolben. Das ist all ihr Hausrat, sowohl bei den Vornehmen, ja dem König selbst, wie auch bei den Geringsten.
Am 23. tauschten wir noch etliche Kokosnüsse und Wurzeln, die die Kanus an unser Schiff brachten. Es versammelte sich eine große Menge Volk am Ufer, so dass es aussah, als ob sie von allen vier Enden der Insel zusammengekommen wären, und es konnte sich nicht genug über unser Schiff wundern.
Am 24. gingen drei von uns als Geiseln an Land, um mit den Einwohnern Kund- und Freundschaft zu machen, dafür blieben sechs ihrer Vornehmsten bei uns im Schiff; denen erwiesen wir alle Freundschaft, gaben ihnen zu trinken und zu essen, und erzeigten ihnen alle Ehre. Desgleichen taten auch die Einwohner an Land, fragten unsere Leute, gaben ihnen Kokosnüsse und Wurzeln zu essen und Wasser zu trinken. Der König tat uns große Ehre an: Er schenkte uns vier kleine Schweine und unsere Bootsknechte schöpfte fünf Tonnen Wasser bei allem guten Willen. Wenn ein Wilder sich unserem Boot nähern wollte, trieb ihn der König selbst weg oder ließ es ihm durch seine Diener untersagen. Er hielt gutes Regiment unter seinen Leuten. Als einem von uns sein Rapier [Degen] entwendet worden war und das einem Diener des Königs gemeldet wurde, wurde der Dieb nach kurzer Zeit ertappt; obschon er sich gleich ziemlich weit aus dem Staub gemacht hatte, wurde er doch zurück gebracht und für jedermann sichtbar vorgeführt. Das Rapier legten sie zu unseren Füßen nieder, der Täter aber wurde mit Stecken wohl abgeschmiert. Dazu deuteten sie mit ihren Fingern an, die sie an die Gurgel setzten, dass er es hätte mit dem Leben bezahlen müssen, wenn »Herico«, so nannten sie ihren König, es erfahren hätte. Danach ist gar nichts mehr gestohlen worden, weder zu Wasser, an Land oder auf dem Schiff, ja, sie durften nicht einmal einen Fisch anrühren, wenn wir fischten. Die Leute fürchteten sich sehr vor dem Schießen, denn wenn wir eine Muskete los brannten, liefen sie zitternd davon; wir jagten ihnen aber einen noch größeren Schrecken ein, als wir ihnen zeigten, dass wir mit den großen Kartaunen auch Feuer geben könnten. Da der König sie einmal zu hören begehrte, willfahrten wir ihm, aber sobald der Knall geschehen war, waren sie alle so bestürzt und erschrocken, auch die beiden Könige, welche in ihrem Gezelt saßen, dass sie, obschon genugsam gewarnt, vor Angst und Schrecken nicht bleiben konnten, sondern wie unsinnig dem Walde zuliefen und unseren Kommissarius allein sitzen ließen. Bald kamen sie zurück, konnten aber schwerlich wieder zu sich kommen.
Am 25. fuhren drei Leute wiederum an Land, konnten aber keine Schweine eintauschen, weil die Bewohner deren selbst bedurften, denn sie hatten beinahe keine andern Nahrungsmittel als Wurzeln, Kokosnüsse und etliche kleine Schweine, auch ein paar Bananen. Unsere Leute waren ihnen sehr willkommen; sie taten ihnen große Ehre an, breiteten ihnen Matten unter die Füße; der König und sein Sohn, der Statthalter, nahmen beide ihre Kronen von ihren Häuptern und setzen die eine Arries Clason, die andere Jacob Le Maire auf das Haupt; weshalb auch Jacob Le Maire ihnen etliche geringe Sachen verehrte, die sie höchlich erfreuten. Diese Kronen waren aus kleinen und lagen weißen Federn gemacht, die unten und oben am Rand mit kleinen grünen und roten Federn geschmückt waren. Denn es gibt dort viele Papageien und Tauben, die in großem Wert gehalten werden. Des Königs Räte und Hofjunker führen allezeit ein Tier auf einem weißen Stecken. Die Tauben sind oben weiß bis auf die Flügel, der übrige Teil ist schwarz, doch haben sie auf dem Bauch etliche rote Federn. Wir haben den ganzen Tag Wasser gesucht und Kokosnüsse und Wurzeln getauscht.
Am 27. und 28. luden wir Wasser in unsere Schiffe. Unser Schiffspatron Wilhelm Schouten ging selbst mit Arries Clason und etlichen Trompetern an Land, die der König überaus gern hörte, und erhielt zwei kümmerliche kleine Schweinlein.
An dem Tag kam der König der anderen Insel, den König dieser Insel zu besuchen; sie brachten einander Geschenke dar von Wurzeln und anderen Sachen mit großer Ehrerbietung und wunderbarlichen Zeremonien; endlich fingen beide an zu weinen und zu heulen. Da argwöhnten wir, es möchte vielleicht der König der anderen Insel dem König dieser Insel in den Sinn gebracht haben, unser Schiff zu überfallen, wovon ihm dieser König abgeraten habe, weil es sich sorgte, dass das einen bösen Ausgang nehmen könnte. Einmal kam der Statthalter oder des Königs Sohn auf unser Schiff; wir taten ihm gütlich und er wunderte sich über alles, was ihm vorkam, über die Maßen. Des Abends tanzten unsere Leute mit den Wilden, die sich höchlich darüber freuten und sich wunderten, dass wir uns so demütig gemein mit ihnen machten; endlich wandelten wir so frei unter ihnen, als ob wir in unseren eigenen Häusern gewesen wären.
Am 29. begaben sich unser Kaufherr Jacob Le Maire und andere an Land, gingen einen guten Strich über Feld und stiegen auf die Berge, damit sie das Land erkundeten und was für Früchte dort wachsen. Wie sie nun den Berg erstiegen, gesellte sich der alte König mit seinem Bruder zu ihnen. Sie sahen nichts als Wüsten und etliche vom Regen entblößte Täler, fanden auch eine Art roter Farbe, mit der die Frauen Angesicht und Wangen zu bestreichen pflegen. Wie sie nun merkten, dass wir des Gehens müde waren, gaben sie uns ein Zeichen, wir sollten zu unserem Schiff zurückkehren und führten uns auf den Weg zu einem Haufen Kokosbäumen, die voller Nüsse waren; dort hießen sie uns niedersitzen. Der Statthalter band eine Schnur an seinen Fuß und stieg gar leichtfertig auf einen sehr hohen und aufrechten Baum, brach in einem Augenblick 10 Kokosnüsse und wusste die mit einem Stab oder Hölzlein so artig aufzumachen, dass unsere Leute sich darüber verwunderten. Sie gaben uns auch zu verstehen, dass sie oftmals Krieg mit denen auf der anderen Insel geführt hätten und zeigten uns viele Löcher und Höhlen auf den Bergen und Büsche neben dem Weg, in denen sie sich versteckten und ihren Feinden aufzuwarten pflegten. Sie hätten es gern gesehen, dass wir zu der anderen Insel gesegelt und die Einwohner mit unserem Geschütz erschreckt hätten, aber weil wir dadurch wenig Nutzen zu schaffen wussten, schlugen wir es ihnen ab.
Gegen Mittag kamen unsre Leute zurück zum Schiff und brachten als Gäste mit sich den jungen König und seinen Bruder. Als wir uns zu Tische gesetzt hatten, zeigten wir ihnen an, dass wir nach 10 Tagen von dannen zu fahren entschlossen wären. Darüber war der junge König so höchlich erfreut, dass er hinter dem Tisch hervor wischte, eilends auf die Galerie lief und mit Freude seinen Leuten zu schrie, wir würden innerhalb von zwei Tagen von dannen weichen. Sie fürchteten sich sehr, obwohl wir ihnen alle Freundschaft erzeigten und sorgten sich, wir würden ihr Land einnehmen. Er verhieß uns, wenn wir innerhalb von zwei Tagen von dannen scheiden würden, so wollte er uns 10 Schweine und eine große Menge Kokos, die sie »Ali« nennen, verehren. Wie wir uns nun zum Abschied rüsteten, kam der oberste König der Insel, ein ansehnlicher und tapferer Mann von ungefähr 60 Jahren, mit 16 Edelleuten zum Schiff. Wir taten ihm gebührende Reverenz; sobald er das Schiff betrat, fiel er auf sein Angesicht und tat sein Gebet. Danach führten wir ihn unten in das Schiff, und dort tat er wie droben.
Er wunderte sich über alles, was er sah, wie auch wir in seinen wunderbarlichen Sitten uns nicht richtig auskannten. Seine Leute küssten den unsrigen die Füße, nahmen unsere Füße mit ihren Händen und legten sie sich über den Kopf und um den Hals um zu zeigen, dass sie unsere Untertanen sein wollten Der König besah das Schiff von oben bis unten, hinten bis vorn, als ob ihm besonders daran gelegen wäre, wunderte sich aber am allermeisten über das grobe Geschütz. Nachdem er alles im Schiff nach seinem Belieben besichtigt hatte, wollte er wieder an Land und nahm seinen Abschied von uns mit großer Ehrerbietung.
Unser Kommissarius gab ihm das Geleit bis zu seinem königlichen Sitz und kam, vom jungen König geleitet, zum Schiff zurück. Am Abend begab sich der Kommissarius beim Mondschein zum Fischen. Wie er nun ein gut Teil Fische gefangen hatte, ging er zu des Königs Wohnung. Dort fand er einen Haufen schöner junger Mägdlein, nackt wie von der Mutter geboren, die für den König tanzten. Eines spielte auf einem hölzernen Instrument, einer Pompen gleich, das auch einen ähnlichen Klang gab; die anderen wussten so zierlich und anmutig nach dem Takt dieses Instruments zu tanzen, dass unsere Leute sich wundern mussten, so etwas bei den Wilden zu sehen. Sie kamen spät in der Nacht mit den Fischen an Bord.
Am 30. schickte der König uns am Morgen zwei kleinen Schweinlein; am selben Tage kam der König der anderen Insel abermals, diesen König zu besuchen und brachte wohl 16 Schweinlein und 300 Mann mit sich, die alle in der Mitte mit einem grünen Kraut, aus dem sie ihr Getränk bereiten, umgürtet waren. Wie der andere König sich näherte, fing er von ferne an, ihm mit wunderseltsamen Zeremonien ihm Ehre zu erzeigen, bückte sich, fiel mit dem Angesicht nieder auf die Erde und tat sein Gebet mit großem Geschrei, als ob es ihm sauber ernst wäre.
Der König ging ihm entgegen und tat ihm mit der gleichen Zeremonie große Ehre an. Sie hoben einander auf und gingen zusammen zu dem königlichen Sitz, wo sich über 900 Personen versammelt hatten. Als sie sich gesetzt hatten, fingen sie nach ihrer Gewohnheit ihre Zeremonien wiederum an, ließen den Kopf hängen, neigten sich zur Erde und schlugen mit den Händen ineinander, was uns gar seltsam vorkam. Nachmittags begaben sich Jacob Le Maire und Class Janson Bann an Land, um Arries Class zu holen, nahmen vier Trompeten und eine Trommel mit und kamen zu beiden Königen. Sie bliesen zugleich die Trompeten und schlugen die Trommel in Gegenwart der beiden Könige, die beieinander saßen und sich höchlich darüber freuten. Dann kam ein Haufen wilder Bauern von der kleinen Insel zum König und brachte ihm einen Haufen grünes Kraut, welches sie »Kava« nannten; das war das gleiche, mit dem die vorgenannten 300 Mann umgürtet waren. Sie fingen an, das Kraut zu kauen, bis es wohl zerknautscht und zermalmt war, taten es aus dem Mund und warfen es in eine große hölzerne Schüssel. Wie sie nun einen guten Teil des Krauts zerkaut hatten, schütteten sie Wasser darüber, rührten es mit einem hölzernen Stampfer durcheinander und brachten es ihren Königen zu trinken, die es mit ihren Hofjunkern für ihren Malvasier hielten. Sie präsentierten auch unseren Leuten diesen leiblichen Trank als ein seltsames und köstliches Werk. Weil die aber das wunderbarliche Vermengen gesehen hatten, war ihnen der Durst bald verloschen. Sie trugen auch einen Haufen gebratener Ybaswurzel auf neben den 16 Schweinen. Sie nehmen nur das Gedärm heraus, lassen sie danach ganz ungewaschen, tun dann etliche glühende Steine hinein, damit sie inwendig recht ausgebraten werden, außen sengen sie nur die Borsten ab. Dies halten sie für die beste Kunst, ihr Fleisch zu braten und essen es hernach gierig davon, da ihre Mägen besser solche rohe Speise vertragen als die unsrigen die allerniedlichste und zum allerbesten gekochte Speise. Dieses Volk hielt seine Oberen in großen Ehren, denn alle Speise, welche sie ihrem König, den sie »Herico« nennen, auftrugen, stellten sie auf ihr Haupt, krochen auf den Knien herzu und setzten sie vor den König. Von diesen 16 Schweinen bekamen wir von jedem König eins zur Ehre. Sie hoben sie erst über ihre Häupter und stellten sie mit geknickten Knien zu unseren Füßen. Überdies schenkten sie uns noch elf Schweine und eine mittelmäßige Sau, wir hingegen verehrten ihnen vier kupferne Becher, vier Messer, 12 alte Nägel und wenige Korallen, die sie mit großem Dank aufnahmen. Nachdem unsere Leute diesem königlichen Bankett und Gespräch nicht ohne Lust oder große Verwunderung beigewohnt hatten, sind sie abends alle wieder aufs Schiff gekommen.
Am 31. kamen früh am Morgen beide Könige beider Inseln zu uns ins Schiff, von ihren Hofjunkern nach ihrer Gewohnheit begleitet. Die vornehmsten hatten alle grüne Kokosblätter als Friedenszeichen um den Hals. Wir empfingen sie wie sie uns mit großer Ehrerbietung, führten sie in das beste Gemach und zeigten ihnen das ganze Schiff. Nachdem sie überall gewesen waren, verehrten sie uns noch sechs Schweine. Die beiden Könige hoben sie erst Stück für Stück über ihr Haupt, dann legten sie sie zu unseren Füßen und neigten mit großer Demut ihre Häupter zur Erde. Wir ließen die Schweine wegtragen und führten die Könige wieder in unser Gemach und schenkten ihnen zwei Korallenschnüre und jedem zwei Messer und sechs Nägel. Damit nahmen sie ganz freundlich Abschied von uns und begaben sich an Land. Sie nahmen unseren Kaufherrn Jacob Le Maire mit sich an Land und verehrten ihm noch drei Schweinlein, die er mit sich aufs Schiff brachte.
Darauf rüsteten wir uns zur Abfahrt; darüber waren die Einwohner des Landes herzlich zufrieden, denn weil wir eine so geraume Zeit dort verharrten, hatten sie Sorge, wir würden sie alle miteinander erschlagen und ihr Land einnehmen. Dies Volk besteht aus starken Leuten von großem Leibe, denn der gemeine Mann ist so groß wie die allerlängsten bei uns. Die allerlängsten aber bei ihnen sind ungleich größer als bei uns. Sie sind streitbare Leute mit schönem und geradem Leib, gute Läufer, erfahrene Schwimmer, von dunkelroter Farbe. Mit den Haaren treibt jeder seine besondere Pracht: Etliche flochten sie in vier, fünf oder sechs Locken, etliche, und das kam uns fremd vor, streiften sie in die Höhe zu Bergen, eine Viertelelle hoch wie ein Bürste. Der König hatte einen langen Zopf an der linken Seite seines Hauptes herabhängen bis auf die Hüfte. Seine Hofjunker hatten einen solchen Zopf auf jeder Seite herabhängen. Sie gehen ganz nackt, Männer wie Frauen, und haben nur ein wenig ihre Scham verhüllt. Die Frauen sind klein und ungestalt, sowohl im Gesicht wie am Leibe. Ihre Haare sind kurz geschoren wie bei uns die der Männer. Sie haben lange Brüste, von denen manche wie ein lederner Sack auf den Bauch herabhängen. Sie sind sehr unzüchtig, denn sie scheuen sich nicht, in Gegenwart aller Leute ihren Leib zu prostituieren und der Liebe zu pflegen, ja, der König tut es selbst, doch hinter einer Matte. Wir haben nicht spüren können, dass diese Leute, ob klein oder groß, von Gott oder Gottesdienst etwas wissen, sondern sie leben ohne Furcht und Sorge wie die Waldvögelein. Sie wissen nichts von kaufen und verkaufen, sondern sie schenkten uns etwas, wir schenkten etwas zurück. Sie säen nicht und ernten nicht, tun auch keine Arbeit mit ihren Händen. Das Land bringt selbst, was zur Aufrechterhaltung ihres Lebens vonnöten ist: Kokos, Ybas, Bananen und dergleichen Früchte. Bei ablaufendem Wasser pflegen zuweilen die Frauen an niedrigen Stellen am Meeresufer Fisch zu suchen oder die Männer fangen Fisch mit ihren Angelruten und essen sie roh. So könnte man ein lebendiges Muster der Goldenen Zeit haben, worüber die Poeten so viel gedichtet haben. Zu guter Letzt gaben wir dieser Insel unserer Stadt Namen, nämlich Hoorns Insel, und nannten die Reede, darauf unser Schiff gelegen hatte, nach unserem Schiff »Concordia«, die Reede der Einträchtigkeit.
Historische Beschreibung der wunderbarlichen Reise, welche von einem Holländer, Wilhelm Schouten genannt, neuerlicher Zeit ist verrichtet worden
Frankfurt/Main 1619