Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1826 - Peter Dillon
Die Überreste von Laperouses Expedition (1)
Tikopia, Santa-Cruz-Inseln
Salomonen

Einer meiner Offiziere erzählte mir, der indische Matrose Joe hätte meinem Waffenmeister die Glocke eines Degengriffs verkauft. Ich ließ danach schicken, inspizierte sie und fand fünf Zeichen darauf, von denen ich aber keines entziffern konnte. Als ich Martin Bushart [der seit vielen Jahren auf der Insel Tikopia gelebt hatte] fragte, wie Joe dazu gekommen wäre, sagte er mir, er hätte, als er auf die Insel Tikopia gekommen sei, Dinge im Besitz der Insulaner gesehen wie Schiffsbolzen und andere Beschläge, Äxte, Messer, Porzellan und Glasperlen, auch den Griff einer silbernen Gabel und noch viel mehr. Er nahm zunächst an, ein Schiff sei an der Insel zerschellt und die Insulaner hätten die Gegenstände aus dem Wrack geholt. Aber zwei Jahre später, als er ihre Sprache gelernt hatte, fand er heraus, dass das so nicht stimmte.
    Nun erzählten ihm die Insulaner nämlich, dass die Dinge, die er gesehen hatte, auch der Teil des Degengriffs, von einer entfernten Insel kam, die Vanikoro hieß, und dass zwei große Schiffe, so groß wie mein altes, die Hunter, dort gestrandet waren, als die alten Männer von heute noch jung waren, und dass es dort immer noch viele Überreste der Wracks gäbe. Joe bestätigte das und sagte, er sei vor sechs Jahren dort gewesen und hätte zwei Männer gesehen und gesprochen, die zu diesen Schiffen gehörten.
    Dann wurde noch ein Bewohner Tikopias gerufen, der die Insel des Schiffbruchs erst vor sechs oder sieben Monaten verlassen und zwei Jahre dort gelebt hatte. Er meinte, es gäbe immer noch Wrackteile.
    Aus all diesen simplen Aussagen zog ich den Schluss, diese zwei Schiffe müssten die des weit berühmten und betrauerten Grafen Laperouse sein, da keine anderen europäischen Schiffe für diese nun schon weit zurückliegende Zeit als verschollen oder verloren gemeldet waren.
    Ich wollte von den Insulanern wissen, ob irgendwelche anderen Schiffe gelandet wären, seit die zwei Schiffe dort schiffbrüchig geworden waren. Sie sagten nein, man habe nur Schiffe in großer Entfernung vorüber fahren sehen; die hätten aber keine Verbindung mit dem Land aufgenommen.
    Meine Vorräte gingen zur Neige, aber trotzdem war ich entschlossen, nach Vanikoro zu segeln, um dort mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln die zwei Überlebenden aus den Händen der Wilden zu retten; ich hatte keinerlei Zweifel, dass es sich um Franzosen handelte.
    Ich bat Martin Bushart und den Laskaren Joe, mich zu begleiten. Martin stimmte zu unter der Bedingung, dass er nach Tikopia zurückgebracht würde, aber der Laskare wollte unter keinen Umständen mitfahren. Martin brachte aber einen der Einwohner von Tikopia dazu, mit uns zu segeln.
    An diesen Abend änderte ich den Kurs und steuerte nach Westen, weil dort Vanikoro liegen sollte. Die Nacht über gab es keinen oder wenig Wind, und wir erreichten Vanikoro erst zwei Tage nach unserer Abfahrt von Tikopia. Hier lagen wir sieben Tage bekalmt, von der Strömung hin- und hergetrieben, ungefähr acht Meilen vor der Küste.
    Das Schiff leckte stark; dazu kam noch, dass wir an Vorräten knapp waren, weil wir schon so lange unterwegs waren. Deshalb beschloss ich schweren Herzens, die Suche zunächst einzustellen.
    [Im nächsten Jahr kam Dillon zurück und fand mehr Artefakte, aber keine Überlebenden.]

Dillon, Peter
Narrative and successful result of a voyage in the South Seas …
Vol 1, London 1829
Übersetzung: U. Keller

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