1568 - Gómez Catoira
Mit Alvaro de Mendaña auf den Salomonen
Santa Isabel
Eines Tages, als sie die Morgenmesse hörten, sahen einige Soldaten acht leuchtend bemalte und mit Leuten angefüllte große Boote der Eingeborenen nahe der Landspitze, die diesen Hafen gegen Osten begrenzt. Und der General [Mendaña] befahl seinen Leuten, ruhig abzuwarten und zu sehen, was jene täten; und sie beobachteten sie, während sie auf den Knien lagen beim Hören der Messe. Diese Boote kamen auf den Ort zu, wo wir waren, und sogleich sahen wir sieben andere, die in derselben Weise einliefen, alle Leute an Bord in Kriegsbemalung, mit ihren Bogen und Speeren aus Palm- und Ebenholz in den Händen; und als die Soldaten sie sahen, meldeten sie es dem General. Uns sie kamen heran, die vordersten sich uns nähernd, die anderen dahinter. Und als sie sich gesammelt hatten, schickten sie zwei aus der Flottille zu den Schiffen; der Rest kam auf das Land zu, wo die Hakenschützen waren. Und einer von diesen hätte mit der Büchse auf sie gefeuert, aber der General nahm sie ihm weg und ging an den Rand des Wassers. Die Eingeborenen wandten sich an ihn, riefen ihm zu »Tauriqui!« [Herr, Häuptling] und forderten ihn auf, sich mit ihnen einzuschiffen und zum Schiff zu fahren. Als Pedro Sarmiento [Kapitän des Flaggschiffes] ihre Signale sah, sagte er, dass ein Boot losfahren solle, damit die Eingeborenen nicht denken sollten, Mendaña habe Furcht; aber der wollte es nicht so machen, weil die Handwerker beim Bau der Brigantine [eines Bootes] an Land waren und nur sehr wenige Soldaten. Und so blieb er bei ihnen, wenn schon seine Entscheidung von einigen missbilligt, von anderen gebilligt wurde. Als der General sie kommen sah, zog er sich unter ein Sonnenzelt zurück und ließ das Volk beiseite treten. Darauf näherte sich einer der Häuptlinge, stand aufrecht im Boot und hielt das Viertel eines Menschen, das er mitbrachte, zeigte es und schien zu erklären, dass es ein Geschenk für den Kapitän Sarmiento sei, der einen Eingeborenen getötet hatte; sie waren augenscheinlich den Fluss herabgekommen, den Diego Dávila entdeckt hatte. Als der General es sah, kam er heraus, und der Eingeborene nahm einige Vinahu-Knollen [Taro], hielt sie mit dem Menschenviertel, das er gebracht hatte, empor, zeigte sie und rief in seiner Sprache, dass sie das essen sollten, indem er sagte »Nalea! Nalea!«, was ihn ihrer Sprache »essen« bedeutet. Und sogleich sprang ein anderer Eingeborener in die See und ergriff das Menschenviertel und die Vinahus; aber er wagte nicht, aus dem Wasser herauszutreten und rief den Spaniern zu, ins Wasser zu kommen und es zu holen. Und der General wünschte, dass der Eingeborene an Land käme; aber als dieser sie nahen sah, um das Viertel zu holen, kehrte er zu seinem Boot zurück; sie warfen es in die See zurück, und er holte es dann wieder in das Boot und wollte nicht an Land kommen. Hierauf befahl der General einem Neger, ins Wasser zu gehen, verbot ihm aber, dem Eingeborenen das abzunehmen, was er gebracht hatte, bevor er ihn aufgefordert hatte, selbst zu kommen. Und der Neger ging hinein mit einem Messer in der Hand. Der Eingeborene hatte vor ihm Furcht und kehrte um; der General befahl hierauf dem Neger, das Messer zurückzulassen und ohne es ins Wasser zu gehen. Nun erwartete der Eingeborene ihn, streckte seinen Arm aus und reichte ihm das Menschenviertel; aber der Neger wollte es nicht nehmen. Da warf es ihm der Eingeborene zu und ging davon. Und der Neger nahm die Vinahus und das Menschenviertel und brachte sie aus dem Wasser an den Strand; und wir alle sahen, wie es zuging. Es war ein rechter Arm mit der ganzen Schulter. Es schien ein Knabe zu sein mit einer kleinen Hand und einem dünnen Arm. Wir waren alle arg betroffen vor Erstaunen und Mitleid, als wir so viel Grausamkeit und so unerhörte Dinge sahen, die wir niemals zuvor gesehen und von denen wir nie vernommen hatten; denn obwohl viele Leute die Indianer hatten Menschenfleisch essen sehen, so hatte doch bisher niemand gehört, dass es zum Essen angeboten wurde.
Als die Eingeborenen sahen, dass wir darüber erstaunt waren, kamen sie zurück, um uns aufzufordern, es zu essen. Einige der Soldaten trugen Verlagen, auf sie zu schießen, aber der General hielt sie davon ab, indem er erklärte, dass dieses Volk nicht wisse, Gut von Böse zu unterscheiden. Und die Soldaten entgegneten, dass jene das sehr wohl wüssten, denn sie zögen aus ihrem eigenen Lande fort, um sich nach anderen Eingeborenen, die sie verspeisen könnten, umzusehen. Der General beschwichtigte sie aber und sagte: »Christenbrüder! Ich handle so, weil wir sie erst belehren müssen, dass sie solche Taten nicht tun dürfen, bevor wir sie deswegen bekriegen; bis dahin würde alles Leid, das wir ihnen zufügen, auf unser eigenes Gewissen zurückfallen.«
Sogleich befahl er ihnen, das Menschenviertel zu begraben, und hieß alle beiseite treten, damit die Eingeborenen es sehen möchten.
Nachdem sie ein Loch gegraben hatten, befahl er einem Neger, das Stück mit der Hand hochzuhalten, nach zu ihnen zu wenden und es ihnen zu zeigen. Und sie alle sahen, was wir gemacht hatten; und sie sagten: »Teo nalea«, das bedeutet, dass wir es nicht gegessen hätten. Sie hielten so nahe, dass unsere Leute es hörten. Darauf begruben wir das Stück vor ihrer aller Augen, und alles verfolgten sie mit großer Aufmerksamkeit. Als sie sahen, was wir getan hatten, fuhren sie mit gekränkter Miene ab, vorwärts gebeugt über ihre Boote.
Uns als sie ein Stück von uns weggefahren waren, bliesen sie ihre Coflis [Muschelhörner], und die Hälfte der Boote blieb beisammen, die andere Hälfte fuhr auf die Schiffe zu. In diesem Augenblick kam ein Soldat zurück, der auf die Höhe des Hügels gegangen war, um Ausguck zu halten, ob vielleicht mehr Eingeborene da wären, und meldete: »Nein.« Als der General sah, dass sie sich getrennt hatten, fuhr er an Bord, und mit ihm Don Hernando Enríquez [Kommandeur der Seesoldaten], Pedro Samiento und andere Soldaten, unter Zurücklassung einer Wache für die Brigantinenbauer. Bei den Schiffen angelangt, fand er dort zwei Boote voll von Leuten, die mit der Besatzung der Capitana in Unterhaltung waren, und sieben andere lagen getrennt von diesen.
Beim Herankommen unserer Leute fuhren sie weg und stießen zu den anderen; und obwohl die Unsrigen ihnen zuriefen, wollten sie nicht kommen, sondern riefen auch unseren Leuten zu; und der General steuerte mit seinem Boot auf sie zu. Als er zu ihnen herankam, lösten sie sich auf und trennten sich, ein Boot von dem anderen; der General fuhr auf das Boot zu, in dem der Tauriqui war, und machte Jagd darauf. Der Tauriqui machte ihm Zeichen, umzukehren, und der General kehrte zu den Schiffen zurück.
In der Zwischenzeit waren Juan Henríquez und ich bei den gerichteten Kanonen im Schiff, damit wir, wenn die Eingeborenen etwas Ungehöriges tun sollten, mit den Kanonen auf sie feuern könnten. Und die Eingeborenen fuhren zu einer kleinen Insel am Eingang dieser Bucht, die sie Cuia nennen (Hakelaki).
Nach einer Weile sahen wir, dass sie ein großes Feuer angemacht hatten, um, wie wir vermuteten, das zu essen, was von ihrer Gabe noch übrig war. Später wurde durch [Häuptling] Vyles Leute bekannt, dass das richtig war. Der Häuptling dieser Eingeborenen hieß Bene. Sein Gebiet liegt westlich dieses Hafens. Er konnte 110 gut bewaffnete Eingeborene aufstellen. Sie sind von besserer Gemütsart als die, die wir bis zu diesem Augenblick gesehen hatten.
Mendaña, Alvaro de
Die Entdeckung der Inseln des Salomo
Bearbeitet und eingeleitet von Georg Frederici
Stuttgart 1925