Reiseliteratur weltweit

Geschichten rund um den Globus

1884 - Otto Finsch
Dampier-Insel, heute Karkar
Papua-Neuguinea

Dampier-Insel erscheint vorn Süden aus gesehen wie ein mächtiger, dicht bewaldeter, stumpfer Kegel, dessen Höhe auf 5000 Fuß angegeben wird und der schon in weiter Ferne die vulkanische Bildung deutlich erkennen läßt. Als Dampier Anfang 1700 die Insel entdeckte, fand er den Vulkan in voller Tätigkeit und gab der Insel deshalb den Namen die »brennende«. Jetzt ist der Krater längst erloschen - nur die den Spitzenteil verhüllenden Wolken, welche meist hier lagern, erinnern zuweilen an mächtigen Rauch.
   Wie es scheint, ist die Insel seit Dampier nicht mehr betreten worden, und auch wir mußten uns auf eine Umschiffung derselben beschränken, denn nirgends fanden wir einen Hafen- oder Ankerplatz, noch sonst eine Stelle, welche aus praktischen Gründen zu einer Landung verleiten konnte. Überall zeigte sich dichter Urwald, von der Wasserkante des Ufers bis zur höchsten Spitze, in einer Üppigkeit, wie man selten Urwald zu sehen bekommt, nirgends geklärte Stellen mit Plantagen, selten flacheres Vorland und dann nur in geringerer Ausdehnung. An der Nordwestseite der Insel sahen wir hie und da felsiges Steilufer, Basalt, aus dem die Insel zu bestehen scheint. Nur wenige Male hatten wir Korallriffen auszuweichen, aber an der Nordspitze entdeckten wir kaum eine halbe Seemeile von der Küste ein kleines Inselchen, das keine Karte verzeichnet, und von welchem sich ca. 3 Seemeilen ein Riff mit Brandung und einem einzelnen kahlen schwarzen Fels nach Ost hinzieht. Ich benannte das Inselchen, immerhin groß genug, um das größte Schiff zum Scheitern zu bringen, »Giebacht-Insel«. Vom Norden aus gesehen, bietet Dampier übrigens ein ganz anderes Bild als vom Süden und erscheint als ein langgestreckter Gebirgsrücken mit zwei hohen stumpfen Kegeln, beides erloschene Vulkane.
   Wir waren an der Leeseite, also von West nach Ost, um die Insel gegangen und beobachteten nur an dieser unbedeutende Siedelungen der Eingeborenen; die Ostseite schien unbewohnt. Die größte der westlichen Siedlungen zählte etwa 10 Häuser, die übrigen zehn je 2-4 Häuser, verdienten also kaum den Namen von Dörfern. Aus der geringen Anzahl von Kokospalmen konnte man schon mit ziemlicher Sicherheit auf die geringe Bevölkerung schließen, wie sich das meist überall wiederholt. Einzelne Siedelungen besaßen kaum mehr als etliche, die größte nur 30 Kokospalmen, das war alles!
   Die wenigen Eingeborenen, welche uns am Ufer mit Staunen betrachteten, gaben sich durch Schreien alle erdenkliche Mühe, uns an Land einzuladen, aber nur bei dem einen Dorfe kamen etliche Kanus ab, so daß wir die Maschine stoppten, um die Leutchen kennen zu lernen. »Oh! Maclay« war ihr erstes Wort und »Kai« (Eisen) ihr zweites, dies aber auch alles was ich verstand, denn auf Karkar wird eine ganz andere Sprache gesprochen. Sie klang viel rauher als in Astrolabe; dabei schrieen und spektakelten die Leute sehr viel, so daß man oft kaum das eigene Wort verstehen konnte.
   Armselig wie ihre roh aus einem Baumstamm gezimmerten Kanus waren die Insassen selbst. Sie brachten nichts als ein paar alte vertrocknete Kokosnüsse, einige Betelnüsse und Tabakblätter, hatten aber keinerlei Waffen und von sonstigen Arbeiten nicht viel mehr. Dabei wollten sie für jeden schlechten Bambukamm oder Kalkkalebasse nur Hobeleisen haben. Einer hatte es auf meinen Feldstecher abgesehen und verlangte, daß ich ihm denselben ins Kanu reichen sollte, denn an Bord wagte sich keiner. Nun habe ich Eingeborenen stets gern Spaß gemacht, und mir war auch wegen des Zurückgebens nicht bange, aber ich wußte auch, das diese Freundlichkeit nur unnützen Zeitverlust bereiten würde. Hat nämlich der eine durchgesehen und wirklich etwas gesehen, denn gewöhnlich wird das Glas soweit ab oder so dicht gehalten, daß überhaupt nichts gesehen werden kann, dann will jeder in das geheimnisvolle Ding gucken und die Sache nimmt kein Ende. Zudem lassen die meist nicht sehr reinlichen Finger Spuren zurück, an deren Vertilgung man lange putzen kann.
   Äußerlich unterschieden sich übrigens diese Insulaner durch nichts von den Bewohnern des Festlandes; es gab dunkle und hellgefärbte, und auch hier schienen die Gatessi, d. h. lang in den Nacken herabhängende Zottelstränge, eine besondere Zier. Außer dieser besaßen sie aber nicht viel: ein schlechter Lendengurt (Mal), dito Armband, ein dünner Nasenpflock aus einem Rohrstäbchen, etliche Schildpattohrringe, nebst Bambukamm und der Ausputz ist fertig. Einzelne hatten die Haarkämme mit Büscheln Kasuarfedern verziert, ein Beweis, daß die Insulaner mit den Küstenbewohnern in Verkehr stehen, wofür auch drei große Kanus, in der Bauart ganz mit solchen von Bilibili übereinstimmend, sprachen, die ich am Ufer bemerkte.

Finsch, Otto
Samoafahrten. Reisen in Kaiser Wilhelms-Land
Leipzig 1888

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