Um 1901 - Alber Daiber
Die Ruinen von Ponape
Pohnpei, Karolinen
Die fünf vulkanischen Inseln der Karolinengruppe bestehen aus verwittertem Basalt. Dieses Gestein findet sich in Ponape und Kusaie auch kristallinisch in Säulen. Einst haben dieselben als Werksteine bei den Bauten auf Bele und Nan Tauaj gedient. Im Westen von Ponape, an dem Wasser Pillap en Palang, an der Feldscheide zwischen Palang und Peleker, ragt ein spitzer Kegel empor, Tol on Paiej genannt, der sich aus lauter Basaltsäulen emportürmt. Daß hier einst ein großer Steinbruch gewesen, lässt sich noch jetzt erkennen. Aber die großartigen Bauten der Ponapesen gehören der Vergangenheit an. Ponape besitzt Riesenbauten aus früheren Jahrhunderten, die in der ganzen Südsee nicht ihresgleichen an Größe haben. Da sind unbehauene Basaltblöcke von drei bis vier Kubikmeter Inhalt zu einer ungeheuren Mauer im Vierreck aufeinander geschichtet. Innerhalb der ersten Mauer erhebt sich eine zweite und innerhalb der zweiten eine dritte, so dass der ganze Bau einen festungsartigen Eindruck macht und wohl auch einst Verteidigungszwecken gedient hat. Innerhalb der letzten Mauer liegen die Gräber alter Könige. Niemand weiß, wer die Riesenmauern gebaut hat; auch unter den Eingeborenen existiert keinerlei Überlieferung darüber. Doch muß es, nach aufgefundenen Skeletten zu schließen, dieselbe Rasse gewesen sein, die heute noch die Karolinen bevölkert. Diese Riesenmauern liegen auf kleinen, zu Ponape gehörenden Inseln und bilden eine von Kanälen durchzogene Totenstadt. Nach dem Ausspruch einiger Eingeborener sollen noch mehr solcher Bauten im Inneren der Insel vorkommen; doch ist bis jetzt noch kein Europäer in den unerforschten Urwald von Ponape eingedrungen. Übrigens winken aber von den höchsten Berggipfeln der Insel (ungefähr 900 Meter hoch) Kokospalmen herab, ein Zeichen, daß dort einst Menschen gewohnt haben; denn die Kokospalme kommt, fern vom Meeresstrande, nur als Kulturbaum vor.
Auch auf anderen Südseeinseln sind große Steinbauten aus vergangenen Zeiten aufgefunden worden; doch reichen sie bei weitem nicht an diejenigen von Ponape heran. Die Leistung der Ponapesen bei diesen Riesenbauten ist um so bemerkenswerter, als sie keinerlei Instrumente zur Erleichterung ihrer Arbeit besaßen, ja, die Steine nicht einmal an Ort und Stelle vorkommen, sondern von weit her geschafft werden mussten. Den Hebel müssen sie wohl gekannt haben; doch ist derselbe jetzt bei den Eingeborenen nicht mehr im Gebrauch. Ein Zeichen ihren Rückganges!
Daiber, Albert
Eine Australien- und Südseefahrt
Leipzig 1902